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CBChefärzteBrief

EinkommensteuerDoppelt erfasste Einkünfte eines Chefarztes: BFH lässt Steuerbescheidänderung zu

Abo-Inhalt28.06.2023224 Min. Lesedauer

| Werden Einnahmen eines angestellten Chefarztes aus der Erbringung wahlärztlicher Leistungen in der Einkommensteuererklärung irrtümlich sowohl bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit als auch bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit erklärt, weil weder der Chefarzt noch sein Steuerberater erkannt haben – und nach den Umständen des Streitfalls auch nicht erkennen mussten –, dass diese Einnahmen bereits dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben, liegt kein „grobes Verschulden“ i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) vor (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 18.04.2023, Az. VIII R 9/20, Abruf-Nr. 235806). |

Einkünfte aus Wahlleistungen doppelt erfasst, Chefarzt klagt erfolgreich

Im Streitfall waren die Einkünfte eines angestellten Chefarztes aus im Krankenhaus erbrachten wahlärztlichen Leistungen doppelt erfasst worden – nämlich sowohl bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit als auch bei denen aus freiberuflicher Tätigkeit. Weder Finanzamt noch Finanzgericht sahen mangels einschlägiger Berichtigungsvorschrift eine Möglichkeit, die bestandskräftigen ESt-Bescheide zu ändern. Der BFH sah das anders.

BFH: Kein grobes Verschulden i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

Es sei dem Chefarzt nicht als grob schuldhaft i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorzuwerfen, dass er es unterließ, die Lohnsteuerbescheinigungen und die monatlichen Gehaltsabrechnungen daraufhin abzugleichen, ob abweichend von seinen im Dienstvertrag vereinbarten Vergütungsbestandteilen auch Einnahmen aus der stationären wahlärztlichen Tätigkeit von seinem Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug unterworfen worden waren.

Die unzutreffende Einkommensteuerfestsetzung habe allein darauf beruht, dass die Einnahmen aus den stationären Chefarztbehandlungen unerkannt in dem aus den Lohnsteuerbescheinigungen ersichtlichen Bruttoarbeitslohn enthalten waren, sodass dessen Übertragung in die Einkommensteuererklärung im Ergebnis zu einer doppelten steuerlichen Erfassung dieser Einnahmen führte. Kausal für den Doppelansatz der Einnahmen sei also nicht die unzureichende Prüfung der steuerlichen Rechtslage durch den Steuerberater, sondern die fehlende Erkennbarkeit der Zusammensetzung des Bruttoarbeitslohns, die darauf beruhte, dass ihm bei der Anfertigung der Steuererklärung weder der Dienstvertrag noch die monatlichen Gehaltsabrechnungen des Chefarztes vorgelegen hätten.

Praxistipp | Bei angestellten Chefärzten, die wahlärztliche Leistungen selbstständig oder unselbstständig erbringen, ist eine solche Doppelerfassung keine Seltenheit. Zwar sieht der BFH im Streitfall auch kein grobes Verschulden des steuerlichen Beraters, dennoch sollte Ihr Steuerberater bei der Erstellung Ihrer Einkommensteuererklärung genau prüfen, ob die Einnahmen aus der selbstständigen Nebentätigkeit bereits bei der Lohnsteueranmeldung als Bruttoarbeitslohn versteuert wurden. Fragen Sie im Zweifel nach!

AUSGABE: CB 8/2023, S. 20 · ID: 49545843

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