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BerufsrechtDeutsche Approbation für osteuropäische Ärzte: keine Internatur erforderlich!
| Ärzte, die ihr Studium außerhalb der EU absolviert haben, erhalten die deutsche Approbation nur, wenn sie nach deutschem Recht ein abgeschlossenes, gleichwertiges Studium nachweisen können. Doch wann gilt ein ausländisches Curriculum nach deutschem Recht als abgeschlossen? Eine in Kasachstan geborenen Deutsche, die in der Ukraine Medizin studiert hatte, war mit ihrer Klage erfolgreich. Das Gericht hat klargestellt: Damit ein in Osteuropa absolviertes Studium hierzulande als abgeschlossen gilt, ist die sog. Internatur (s. u.) nicht erforderlich (Verwaltungsgericht [VG] Bremen, Urteil vom 23.03.2023, Az. 5 K 1763/21). |
Der steinige Weg zur deutschen Approbation
Ärzte, die ihr Studium außerhalb der EU absolviert haben, stehen in Deutschland oft vor einer Vielzahl an Problemen, bevor sie ihre Approbation erhalten können. Meistens betrifft dies die Inhalte des Studiums, es fehlt dann (vorübergehend) an der nachgewiesenen Gleichwertigkeit der Ausbildung zur ärztlichen Ausbildung nach deutschem Recht.
Bei Abschlüssen aus einigen Ländern bereitet aber schon die Frage Probleme, ob das Studium überhaupt abgeschlossen ist. Dies ist laut der Bundesärzteordnung die zweite fachliche Voraussetzung für die Erteilung der Approbation. Bis zuletzt wurden beispielsweise Abschlüsse aus Nordzypern nicht anerkannt, da Deutschland der Region die Staatlichkeit abspricht. Nach einem Urteil des VG Bremen, das vor dem o. g. Urteil erging, ist die Frage zwar in einigen Bundesländern erledigt (vgl. Beitrag im CB 09/2022, Seite 13 ff.), aber in anderen Bundesländern weiterhin aktuell.
Wann ist ein ausländisches Medizinstudium abgeschlossen?
Die Abgeschlossenheit bedeutet nach dem rechtlichen Verständnis dabei, dass der Arzt gemäß den Gesetzen seines Studienlands aufgrund seiner Ausbildung im Studienland ohne Einschränkungen ärztlich tätig werden darf. Was zunächst einfach klingt, wird insbesondere dann kompliziert, wenn das Studium nicht im eigenen Heimatland absolviert wurde. Denn zur abgeschlossenen Ausbildung gehört i. d. R. nicht nur das sechsjährige universitäre Studium, sondern auch eine sich anschließende praktische Phase. Genau diese ist in osteuropäischen Ländern der Quell der anschließenden Probleme mit der Approbation in Deutschland:
- Direkt an das Universitätsstudium schließt sich die sog. Internatur an. Die Erlaubnis, die Internatur zu absolvieren, erhalten Ärzte nach ihrem Studium z. B. in der Ukraine nur, wenn sie über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügen.Internatur (nach Universitätsstudium) nur mit unbefristetem Aufenthaltstitel
- Ohne unbefristeten Aufenthaltstitel können Ärzte nur die sog. Ordinatur absolvieren. Regulär (d. h. für Staatsangehörige des Studienlandes) wird die Ordinatur nach der Internatur absolviert und dient der Spezialisierung.Ohne befristeten Aufenthaltstitel nur Ordinatur
Der Grund hierfür ist offenbar, dass die Ordinatur im Gegensatz zur Internatur selbst finanziert werden muss. Die Ungleichbehandlung ist damit politisch motiviert und hat mit der fachlichen Qualifikation wenig zu tun. Die Ordinatur wird aber zum einen von deutschen Approbationsbehörden nicht immer als Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung akzeptiert, sondern es wird eine abgeschlossene Internatur verlangt. Zum anderen kehren viele Ärzte unmittelbar nach dem Studium wieder in ihr Heimatland zurück und können dann weder die Internatur noch die Ordinatur vorweisen.
Lösungsvorschläge des VG Bremen
Das VG Bremen hat in seinem Urteil nun implizit Lösungen für beide Spielarten des Problems aufgezeigt. Den Urteilsgründen lässt sich erstens entnehmen, dass das Absolvieren der Internatur nach Auffassung des Gerichts nicht zwingend erforderlich ist. Es reicht aus, wenn die Ordinatur absolviert wurde. In diesem Fall verfügt der Arzt über eine abgeschlossene Ausbildung im Sinne des deutschen Approbationsrechts.
Zum anderen zeigt das Gericht auch einen Lösungsweg für die fehlende Ordinatur auf: Bei der Approbationsbehörde kann eine Berufserlaubnis gemäß § 10 Abs. 5 Bundesärzteordnung (BÄO) beantragt werden. Diese ist speziell für den Abschluss der noch nicht vollständig abgeschlossenen Grundausbildung vorgesehen, fristet aber leider in der Praxis bisher ein Schattendasein. Die Approbationsbehörden haben die Erteilung bisher oft abgelehnt. Das Urteil kann Ärztinnen und Ärzten aus Osteuropa künftig hoffentlich dazu dienen, in Deutschland die Berufserlaubnis zu erhalten. Die so absolvierte Berufstätigkeit kann dann als Ordinatur im Studienland anerkannt werden, sodass dann auch nach deutschem Recht eine abgeschlossene Ausbildung vorliegt.
Urteil ist wichtig, Lösung vom Gesetz- geber wäre aber wünschenswert! Fazit | Das Urteil des VG Bremen kann mit seinen Begründungen einen wichtigen Beitrag leisten, die Anerkennung osteuropäischer Länder zu erleichtern. Da die Begründungen nur implizit erfolgen, wird abzuwarten sein, ob die Schlussfolgerungen von den Approbationsbehörden in naher Zukunft umgesetzt werden. Etwas klarere Worte wären insofern wünschenswert gewesen, waren aber zur Entscheidung über den konkreten Fall nicht notwendig. Hier stößt die Rechtsprechung an die Grenzen ihrer Aufgabe. Zur wirklichen Bewältigung wäre es nötig, dass der Gesetzgeber sich des grundlegenden Problems annimmt. Der derzeitige Maßstab der Abgeschlossenheit, der sich allein nach der rechtlichen Lage im Studienland richtet, ist nicht immer zielführend. Stattdessen wäre es sinnvoller, wenn sich der Gesetzgeber Gedanken dazu machen würde, welche inhaltlichen Mindestvorgaben für die praktische Phase nach dem universitären Studium gelten sollen. So würden offensichtlich ungerechte Ergebnisse besser vermieden. |
- Völkerrechtlicher Status des Ausbildungslands unklar: Studium aus Nordzypern ist anzuerkennen (CB 10/2022, Seite 13 ff.)
AUSGABE: CB 9/2023, S. 14 · ID: 49511483