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CBChefärzteBrief

ChefarztvertragSind Wegzeiten länger als 20 Minuten mit Rufbereitschaft vereinbar?

Abo-Inhalt16.03.20223836 Min. LesedauerVon beantwortet von RA, MedR und ArbR, Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Hagen

| Frage: „Mit großem Interesse habe ich Ihren Beitrag zu Wegzeiten und Rufbereitschaft gelesen (CB 03/2022, Seite 10 ff.). Allerdings irritiert mich das Fazit: Zunächst belegen Sie sehr eindrücklich, dass eine enge räumliche Bindung und entsprechende knappe Zeitvorgaben mit dem Wesen einer Rufbereitschaft nicht vereinbar sind. Im Fazit erklären Sie dann, dass Wegzeiten länger als 20 Minuten eine unbillige Weisung des Arbeitgebers darstellen. Wie passt das zusammen?“ |

Antwort: Die „längeren Wegzeiten“ im Fazit des o. g. Beitrags sind keine Vorgabe des Arbeitgebers, sondern durch die Wahl des Aufenthalts-/Wohnorts verursacht, sodass es unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung faktisch bedeuten dürfte: Wenn der Wohnort mehr als 20 Minuten vom Einsatzort entfernt ist, ist die Anordnung von Rufbereitschaft eine unbillige Weisung des Arbeitgebers.

Bei der Wahl des Wohnorts ist der Arbeitnehmer i. d. R. frei. Ausnahme: Der Arbeitsvertrag enthält eine wirksame Wohnsitzklausel (nicht unüblich in Chefarztverträgen).

Beispiel: Wohnsitzklausel im Chefarztvertrag

„Der Arzt wirkt darauf hin, dass er den Dienstort in einer den medizinischen und berufsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Zeit erreichen kann. Die Parteien gehen davon aus, dass dieses Erfordernis bei einer Entfernung des Wohnsitzes von 20 km vom Sitz des Krankenhauses erfüllt ist. Bei einer größeren Entfernung als 20 km vom Sitz des Krankenhauses wird der Arzt die Zustimmung des Trägers einholen. Die Parteien werden die Wahl des Wohnsitzes insoweit abstimmen.“

Die Verpflichtung zur Beibehaltung des Wohnsitzes in unmittelbarer Nähe zu seinem Arbeitsplatz verstößt nicht gegen Art. 11 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz, soweit sie zur Erfüllung der ärztlichen Arbeitspflicht notwendig ist, (vgl. dazu Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 07.06.2006, 4 AZR 316/05; online unter dejure.org). Verletzt ein Arbeitnehmer eine vertragliche Wohnsitzvereinbarung, indem er seinen Wohnsitz nicht entsprechend wählt und weigert er sich beharrlich, dies auch künftig zu tun, kann dies – nach vorheriger Abmahnung – eine ordentliche Kündigung rechtfertigen (Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 09.01.1991, 5 Sa 31/90; online unter dejure.org).

Teilweise wird in Verträgen normiert, dass der Chefarzt das Krankenhaus innerhalb eines bestimmten Zeitraums – meist werden 10, 15 oder 20 Minuten vereinbart – erreichen können muss. Dies dürfte jedoch entbehrlich sein, da der Wert solcher Zeitangaben angesichts der heutigen Verkehrsprobleme deutlich reduziert wird.

AUSGABE: CB 5/2022, S. 3 · ID: 48086486

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