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UmsatzsteuerDifferenz- oder Regelbesteuerung: So üben Sie Ihr Wahlrecht richtig aus
| Viele Kfz-Händler wissen es nicht: Selbst wenn ein Gebrauchtwagen- geschäft die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung erfüllt, sind Sie nicht dazu verpflichtet, diese auch anzuwenden. Sie können die Differenzbesteuerung einfach „abwählen“. Wann der Verzicht für Sie sinnvoll ist und wie Sie im Einzelfall konkret vorgehen müssen, zeigt ASR. |
Inhaltsverzeichnis
- Das hat es mit der Differenzbesteuerung auf sich
- Differenzbesteuerung lässt sich „abwählen“
- B2B-Bereich: Verzicht auf Differenzbesteuerung kann lohnen
- Verkauf im Inland an einen Geschäftskunden
- Verkauf im Inland an einen Händler
- Verkauf innerhalb der EU
- Verkauf außerhalb der EU (Drittland)
- Einkauf von einem Händler
- ASR-Arbeitshilfe für das Tagesgeschäft
Das hat es mit der Differenzbesteuerung auf sich
Eigentlich unterliegen alle Umsätze – und damit auch die Umsätze von Autohäusern – der „normalen“ Umsatzsteuer, der sog. Regelbesteuerung.
Die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) stellt hierzu eine Ausnahme dar. Das Ziel: Wettbewerbsnachteile von Kfz-Händlern beim An- und Verkauf von Gebrauchtwagen vermeiden. Denn während Wiederverkäufe von privat an privat nicht mit der Umsatzsteuer belastet werden, müssten Sie als gewerblicher Kfz-Händler die Verkäufe eigentlich voll versteuern – und zwar auch dann, wenn der Sie das Fahrzeug von privat – und damit ohne Vorsteuerabzug – erworben haben. Die Differenzbesteuerung beschränkt die Besteuerung zum Vorteil der gewerbsmäßigen Händler auf die Marge, d. h. auf die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis.
Das bedeutet aber nicht, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung für Sie als Kfz-Händler immer von Vorteil ist. Deswegen räumt Ihnen § 25a Abs. 8 UStG die Möglichkeit ein, auf die Anwendung der Differenzbesteuerung zu verzichten (sog. Option zur Regelbesteuerung).
Differenzbesteuerung lässt sich „abwählen“
Verzichten können Sie auf die Differenzbesteuerung bei jeder Lieferung. Das regelt § 25a Abs. 8 S. 1 UStG. Folglich können Sie – unter den Tatbestands-voraussetzungen des § 25a UStG bei der Fahrzeuglieferung neu entscheiden, ob Sie die Differenzbesteuerung anwenden möchten oder eben nicht.
Der Verzicht auf die Differenzbesteuerung hat zur Folge, dass auf die Fahrzeuglieferung die allgemeinen Vorschriften des UStG anzuwenden sind (Abschn. 25a.1 Abs. 8 S. 5 UStAE). Damit gelten insbesondere die Bemessungsgrundlagen nach § 10 UStG.
Wichtig | Dem Ausschluss der Option für den Fall der Besteuerung nach der Gesamtdifferenz (§ 25a Abs. 4 UStG) kommt im Kfz-Handel aufgrund der Preisobergrenze (500 Euro) keine Bedeutung zu.
Hintergrund | Seit dem 01.01.1995 ist die Option zur Regelbesteuerung nicht mehr davon abhängig, dass der Käufer des Gebrauchtwagens Unternehmer ist. Seither können Sie die Regelbesteuerung somit auch bei Verkäufen an Nicht-Unternehmer anwenden. Doch Vorsicht: Sinnvoll ist die Option nur, wenn Ihr Kunde ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist.
Der Verzicht auf die Differenzbesteuerung ist an keine besondere Form gebunden. Insbesondere bedarf es keiner ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Ergo: Erteilen Sie eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis, sieht das Finanzamt darin bereits eine Verzichtserklärung.
Ebenfalls ist der Verzicht an keine Frist gebunden. Sie können ihn bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erklären – und bis dahin auch wieder rückgängig machen (Abschn. 25.1 Abs. 21 S. 2 i. V. m. Abschn. 9.1 Abs. 3 u. 4 UStAE).
B2B-Bereich: Verzicht auf Differenzbesteuerung kann lohnen
Regel- und Differenzbesteuerung unterscheiden sich – grob betrachtet – dadurch, dass die Bemessungsgrundlage bei der Regelbesteuerung das Gesamtentgelt und bei der Differenzbesteuerung nur ein Teil des Entgelts ist.
Absolut betrachtet führt die Regelbesteuerung immer zu einem höheren Bruttokaufpreis (Zahlbetrag). Somit ist die Regelbesteuerung nur dann von Vorteil, wenn ein Teil des Kaufpreises dem Kunden, weil dieser Unternehmer ist, über den Vorsteuerabzug vom Finanzamt wieder erstattet wird. Sinnvoll ist die Option zur Regelbesteuerung folglich nur im Geschäftskundenbereich. Und auch nur dann, wenn der Kunde zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Heißt im Umkehrschluss: Im Privatkundengeschäft sollten Sie wann immer möglich die Differenzbesteuerung wählen. Gleiches gilt bei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschäftskunden wie z. B. Humanmedizinern, Banken, Kleinunternehmern oder Versicherungsvertretern.
Verkauf im Inland an einen Geschäftskunden
Beispiel 1 |
Autohaus A kauft ein Fahrzeug für 10.000 Euro von privat an. A will das Fahrzeug einem Geschäftskunden mit einem Rohgewinnaufschlag in Höhe von 1.000 Euro verkaufen; es soll in Deutschland verbleiben. Differenz-
besteuerung reduziert Bruttokaufpreis Lösung: A müsste den Verkaufspreis wie folgt kalkulieren: |
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Das Beispiel zeigt: Ein Geschäftskunde mit Vorsteuerabzugsberechtigung spart sich bei Anwendung der Regelbesteuerung – im Vergleich zur Anwendung der Differenzbesteuerung – die Umsatzsteuer auf die Marge.
Wichtig | Weil ein Privatkunde immer mit dem Verkaufspreis endgültig belastet ist, verdeutlicht das Beispiel zugleich, dass für ihn die Differenzbesteuerung immer die günstigere Alternative ist. Das gilt ebenso für Geschäftskunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Verkauf im Inland an einen Händler
Beispiel 2 |
Wahlrecht besteht auch bei Ankauf von Händlerkollegen Wie Beispiel 1; Autohaus A hat das Fahrzeug jedoch zulässigerweise differenz- besteuert von einem Händler-Kollegen erworben. Lösung: A hat das Wahlrecht zwischen Differenz- und Regelbesteuerung auch dann, wenn es einen Gebrauchtwagen von einem Händlerkollegen ankauft, den Letzterer an das Autohaus differenzbesteuerert verkauft. |
Verkauf innerhalb der EU
Beispiel 3 |
Wie Beispiel 1; der Kunde ist aber Italiener. Die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. b) und 6a UStG an eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Lösung: Für differenzbesteuerte Umsätze gelten die üblichen Steuerbefreiungen mit Ausnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 25a Abs. 5 S. 2 UStG, Abschn. 25a.1 Abs. 15 S. 3 f. UStG). A müsste daher den Verkaufspreis wie folgt kalkulieren: |
Regelbesteuerung ermöglicht direkten Vorteil durch steuerfreien Einkauf Wieder spart der Geschäftskunde bei Anwendung der Regelbesteuerung die Umsatzsteuer auf die Marge – dieses Mal aber nicht wie beim Inlandsgeschäft indirekt über den Umweg des Vorsteuerabzugs, sondern direkt über einen umsatzsteuerfreien Warenbezug – also über einen günstigeren Einkaufspreis. |
Verkauf außerhalb der EU (Drittland)
Beispiel 4 |
Wie Beispiel 3; der Kunde ist Schweizer. Die Lieferung erfüllt die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. a) und 6 UStG an eine steuerfreie Ausfuhrlieferung. Lösung: Für differenzbesteuerte Umsätze gelten die üblichen Steuerbefreiungen; die einzige Ausnahme bildet das EU-Geschäft (s. Beispiel 3). A müsste daher den Verkaufspreis wie folgt kalkulieren: Hier ist es – bei einem Wareneinkauf von privat – auf den ersten Blick egal, welche der beiden Besteuerungsformen zur Anwendung kommt: Immer erfolgt der Verkauf durch das Autohaus umsatzsteuerfrei. Denn bei Exporten in Drittländer arbeitet das Gesetz nach der Devise: „Exporte bringen Devisen und Devisen sind gut!“. Beide Besteuerungsformen stellen daher die Umsätze gleichermaßen steuerfrei. Differenzbesteuerung mindert Risiko bei unvollständigen Nachweisen Es ist aber sinnvoll, die Differenzbesteuerung anzuwenden, da das Finanzamt bei unvollständigem Beleg- und Buchnachweis dann auch nur die Differenzsteuer von Ihnen nachfordern kann:
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Die Anwendung der Differenzbesteuerung mindert hier das Risiko um 1.597 Euro (1.756 Euro ./. 159 Euro). Auf der Rechnung ist sowohl auf die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG (§ 14a Abs. 6 UStG) hinzuweisen als auch auf die Anwendung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. a) und § 6 UStG (§ 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG). |
Wichtig | Bei einem Händler-Händler-Geschäft kann das Autohaus auch den Einkauf optimieren und so Geld sparen (s. Beispiel 5).
Einkauf von einem Händler
Beispiel 5 |
Differenzbesteuerung zwischen Händlern lässt Flexibilität ... Autohaus B nimmt von einem Privatkunden einen Citroën SM und damit ein sehr spezielles Fahrzeug in Zahlung. B verkauft das sofort weiter an Autohaus A. A ist auf Fahrzeuge dieses Typs spezialisiert. ... für den Weiterverkauf Lösung: Auch dann, wenn A das Fahrzeug von einem anderen deutschen Händler (B) eingekauft hat, hat A beim Verkauf die Wahl zwischen Differenz- und Regel-besteuerung. Wichtig ist aber auch der Einkauf des A, also das Geschäft zwischen B und A. Ob für A ein differenzbesteuerter oder ein regelbesteuerter Ankauf günstiger ist, kann erst entschieden werden, wenn feststeht, ob A das Fahrzeug seinerseits an einen Geschäftskunden oder an einen Privatkunden verkauft. Daher sollte das Fahrzeug unter den Händlerkollegen zunächst differenzbesteuert veräußert werden. |
Wichtig | Für den Fall der Veräußerung an einen Geschäftskunden müssen drei Zusatzvereinbarungen getroffen werden:
- 1. Der Käufer (im Beispiel 5: A) informiert den Händler-Kollegen (im Beispiel 5: B), wenn er das Fahrzeug regelbesteuert weiterverkauft.
- 2. Der Händler-Kollege optiert in diesem Fall nachträglich zur Regelbesteuerung und erteilt dem Käufer eine berichtigte Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer.
- 3. Der Käufer zahlt dem Händlerkollegen die daraus entstehende Mehrsteuer.
Im Händler-Händler-Vertrag könnte das wie folgt vereinbart werden:
MusterFormulierung / Option zur Regelbesteuerung |
Zusatzverein-
barungen treffen! Der Käufer erwirbt das Fahrzeug zum Weiterverkauf. Optiert der Käufer bei der Weiterveräußerung zur Regelbesteuerung, ist er berechtigt, dies dem Verkäufer mitzuteilen. |
Der Verkäufer ist in diesem Fall verpflichtet, auch seinen Umsatz der Regelbesteuerung zu unterwerfen und dem Käufer darüber eine ordnungsgemäße Rechnung (§ 14 UStG) mit gesondertem Umsatzsteuerausweis zu erteilen. Letzteres steht unter dem Vorbehalt, dass eine Option seitens des Verkäufers umsatzsteuerlich noch möglich ist (BFH, Urteile vom 19.12.2013, Az. V R 6/12, Abruf-Nr. 141687, BStBl II 2017, 837, und Az. V R 7/12, Abruf-Nr. 141688, BStBl II 2017, 841; Abschn. 25a.1 Abs. 21 i. V. m. Abschn. 9.1 Abs. 3 u. Abs. 4 UStAE). Der Käufer verpflichtet sich in diesem Fall zur Zahlung der Mehr-Umsatzsteuer. |
Wichtig | Die Erklärung zur Option nach § 9 UStG sowie die Rücknahme dieser Option sind zulässig, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 AO noch änderbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 19.12.2013, Az. V R 6/12, BStBl II 2017, 837, und Az. V R 7/12, BStBl II 2017, 841, Abschn. 25a.1 Abs. 21 i. V. m. Abschn. 9.1 Abs. 3 u. Abs. 4 UStAE).
ASR-Arbeitshilfe für das Tagesgeschäft
Die vorstehenden Überlegungen lassen sich – etwa zur Unterstützung der Ein- und Verkäufer – wie folgt zusammenfassen:
cHeckliste / Differenz- oder Regelbesteuerung? | ||
Differenzbesteuerung | Regelbesteuerung | |
Verkauf / Inland / Privatkundengeschäft | √ | |
Verkauf / Inland / Geschäftskundengeschäft | √ | |
Verkauf / EU / Privatkundengeschäft | √ | |
Verkauf / EU / Geschäftskundengeschäft | √ | |
Verkauf / Non-EU / Privatkundengeschäft | √ | |
Verkauf / Non-EU / Geschäftskundengeschäft | √ | |
Einkauf „Händler-Händler“ für ein differenzbesteuertes Geschäft | √ | |
Einkauf „Händler-Händler“ für ein regelbesteuertes Geschäft | √ |
- Beitrag „Autohaus nutzt Kfz zwischen An- und Verkauf als Werkstattwagen: Differenzbesteuerung?“, ASR 10/2024, Seite 9 → Abruf-Nr. 50153622
- Beitrag „Differenzbesteuerung: Ist sie nach innergemeinschaftlichem Erwerb von Oldtimern erlaubt?“, ASR 10/2024, Seite 10 → Abruf-Nr. 50133488
- Beitrag „Verkauf von Fahrzeugen „zum Ausschlachten“: Ist die Differenzbesteuerung anwendbar?“, ASR 12/2023, Seite 6 → Abruf-Nr. 49689915
AUSGABE: ASR 12/2024, S. 19 · ID: 50222253