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MitarbeiterführungGeneration Z: Herausforderung und Chance für Anwaltskanzleien – mit Selbsttest

Top-BeitragAbo-Inhalt31.01.20259 Min. LesedauerVon Ralf Ecker, Bexbach

| Die Generation Z schließt alle Jahrgänge von 1996 bis 2010 ein. Sie hat, wie jede Generation, ihre Besonderheiten: Sie will im Berufsleben anders geführt werden und ist sehr viel schneller darin, einen Arbeitsplatz zu wechseln als die Generationen vorher. Um die Generation Z zu verstehen und abzuholen, sind vor allem soziale Kompetenzen gefragt. Sie stellt deswegen Arbeitgeber und Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Die folgenden Tipps liefern Ansätze, die Ihnen bei der Bewerberauswahl und im Umgang mit jungen Mitarbeitern in der Kanzlei helfen. |

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Im Umgang mit Generationen-Klischees vorsichtig sein

Pauschale Generalisierung und Schubladendenken passen nicht in eine Zeit, in der dringend Fachkräfte benötigt werden. Negativ gefärbte Vorannahmen fördern Trennung statt Miteinander und Regression statt Fortschritt. Individuelle Potenziale sind in jedem Alter und in jeder Generation entfaltbar. Sie hängen sowohl von persönlichen Merkmalen (Motive, Potenziale) als auch vom individuellen Umfeld (Elternhaus, Freundeskreis, Vorbilder, Kollegen und Vorgesetzte etc.) ab. Es gibt in jeder Generation Menschen, die ihre Potenziale weit über die einengenden Generationsparadigmen hinaus erweitern und trotz ihres fortgeschrittenen Alters sehr agil, technikaffin und digital veränderungsbereit sind. Oder es gibt solche, die trotz ihrer Jugend enorm leistungsorientiert, abgeklärt und fokussiert sind. Genauso wie es in jeder Generation genügend Menschen gab, die lust-, ziel- und planlos in einem Beruf landeten, der nicht zu ihren Motiven und Potenzialen passte. Wie so häufig liegt die Wahrheit also irgendwo zwischen „tiefschwarz“ und „blütenweiß“.

Für Sie als Kanzleiinhaber wird es deswegen immer wichtiger, dass Sie als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden und dadurch Wahlmöglichkeiten erhalten. Wer die Bewerber nehmen muss, die übrig geblieben sind, wird wahrscheinlich viele Klischees und Annahmen über die Generation Z in seiner Kanzlei bestätigt bekommen.

Die Generationen in der Kanzlei und der Wertewechsel

Es sind vier Generationen, die in einer Kanzlei aufeinandertreffen können: Die Babyboomer (1946 bis 1964), die Generation X (1965 bis 1979), die Generation (wh)Y (oder Millennials, 1980 bis 1995) und die Generation Z (1996-2010). Wer geschichtlich-gesellschaftlich interessiert ist, bemerkt schnell, dass die Sozialisationsbedingungen dieser Generationen sehr unterschiedlich ausfielen. Sie reichen von den Nachkriegs- und „Wirtschaftswunderjahren“ bis in das Zeitalter von Internet und Social Media. Es wäre deshalb verwunderlich, wenn sich die Generationen nicht in ihren Ansichten voneinander unterscheiden würden (Stichwort Wertewandel). Ich möchte – ganz ohne wissenschaftlichen Anspruch – drei Punkte herausgreifen, um diesen Wandel zu illustrieren:
1. Spannungsfeld Berufsleben – Privatleben
Die Gewichte haben sich deutlich zugunsten des Privatlebens verschoben. Arbeit und Beruf zu vereinen, ist nicht mehr die alleinige Baustelle des Arbeitnehmers. Von Ihnen als Arbeitgeber wird an dieser Stelle Verständnis und Flexibilität erwartet. Gleichzeitig ist die Trennung von Beruf und Privatleben schwieriger geworden (Stichwort: ständige Erreichbarkeit, Homeoffice, freiere Arbeitszeiten). Der Arbeitgeber wird auch nicht mehr als „Brötchengeber“ verstanden, der bestimmt, weil er zahlt. Es besteht der Anspruch, etwas Sinnvolles selbstbestimmt zu tun und die Arbeitsplatzsicherheit hat an Bedeutung (wieder) zugenommen.
2. Offenheit für Informationstechnologie am Arbeitsplatz
Der Umgang mit neuen Technologien ist selbstverständlicher geworden – erst recht bei denen, die mit Smartphone und Tablet groß geworden sind. Das prägt die Erwartungen an die Arbeitsprozesse. Niemand möchte heute noch lernen, wie man gestern gearbeitet hat. Das betrifft Hard- und Software. Digitale Kanzleien sind hier eindeutig im Vorteil, nicht zuletzt, weil sie z. B. durch Remote Work mehr Flexibilität bieten können.
3. Einstellung zu Hierarchien und Führung
Führen heißt nicht mehr, vorzuschreiben, was wie zu tun ist, und dann zu kontrollieren. Führung wird in gewisser Weise sogar erwartet und zwar als wertschätzende Feedback-Kultur. Die Führungskraft entwickelt sich damit mehr zu einem Mentor, der den Sinn der Arbeit/der Aufgabe vermittelt und den Mitarbeitern hilft, ihre Potenziale zu entfalten und zu entwickeln. Machtgehabe und starre Hierarchien werden (innerlich) immer weniger akzeptiert. Damit einher geht eine gesteigerte Sensibilität für Fairness.

Konsequenzen für Personalverantwortliche

Man kann sich leicht vorstellen, dass Bewerbungsgespräche mit einem Bewerber aus der Generation X und einem Bewerber aus der Generation Z unterschiedlich verlaufen wird. Das liegt nicht nur an dem Alters- und Erfahrungsunterschied, sondern auch an den Erwartungen. Wichtig ist dabei, dass beide Seiten ihre Erwartungen äußern, nachfragen und mit klaren Vorstellungen aus dem Gespräch herauskommen.

Schildern Sie deshalb dem jungen Bewerber das Berufsbild eines Rechtsanwaltsfachangestellten oder Rechtsanwalts genau. Skizzieren Sie die Entwicklungsperspektiven und den Abwechslungsreichtum, aber auch die Notwendigkeit, eigenverantwortlich und verlässlich zu arbeiten und mit vielen Veränderungen umzugehen.

Achten Sie darauf, ob der Bewerber detaillierte Fragen stellt oder eher reaktiv Ihre Fragen beantwortet. Durch reflektierte Fragen des Bewerbers kann der Kanzleiinhaber abschätzen, wie motiviert der Bewerber ist. Andererseits ist es wichtig, ihm im Onboardingprozess erfahrene Mitarbeiter an die Seite zu stellen. Das sind zwei wichtige Voraussetzungen, um gegenseitige Erwartungen zu matchen und nicht bereits in einem frühen Stadium Frust zu erzeugen.

Beispiel für Fragen im Bewerbungsgespräch

Gute Fragen und eine klare und ehrliche Darstellung der Tätigkeit gehören zwingend in einen guten Auswahlprozess:
  • Will der junge Mensch genau diesen Beruf/Ausbildungsplatz oder will er nur irgendeinen Beruf/Ausbildungsplatz?
  • Will der junge Mensch diesen Ausbildungsplatz oder wollen seine Eltern diesen Ausbildungsplatz?
  • „Was genau fasziniert Sie an diesem Beruf/an diesem Arbeitsplatz?“
  • „Was genau erwarten Sie von diesem Beruf/Arbeitsplatz?“
  • „Was erwarten Sie von mir als Arbeitgeber/wie sieht Ihre ideale Arbeitsumgebung aus?“
  • „Was hat Sie an Ihrem bisherigen Arbeitgeber/Arbeitsplatz gestört?“
  • „Was hat Ihnen an der Schule/Studium/Referendariat gefallen/nicht gefallen?“
  • „Arbeiten Sie lieber im Team oder eher individuell?“
  • „Sagt Ihnen strukturiertes Arbeiten mehr zu oder sind Sie eher ein Freigeist?“
  • „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren/zehn Jahren?“

Schlüsselfaktoren Integration und Kommunikation

Kümmern Sie sich intensiv um Ihre jungen Mitarbeiter. Dann ist die Chance höher, dass sie in Ihrer Kanzlei bleiben und gute Arbeit leisten. Lenken Sie die Potenziale von Beginn an in die richtigen Bahnen, indem Sie für einen Mentor bzw. einen oder mehrere feste Ansprechpartner sorgen. Erfahrungsgemäß ist das einer der wichtigsten Faktoren, der darüber entscheidet, wie gut und schnell sich der junge Mensch in Ihrer Kanzlei integriert, Identität aufbaut und Kompetenzen vertieft und steigert.

Sie tun zudem gut daran, dem jungen Mitarbeiter immer wieder ein ehrliches und wertschätzendes Feedback über Arbeitsqualität und Entwicklungsstand zu geben. Häufig vergleichen sich diese Mitarbeiter mit den erfahrensten, was wiederum negative Auswirkungen auf das Selbstvertrauen der jungen hat. Häufig ist das ein Thema in Gesprächen mit Angehörigen der Generation Z. Es braucht Jahre, um Exzellenz aufzubauen. Junge Mitarbeiter dürfen sich zwar an den routiniertesten und fachlich besten Kollegen orientieren, sollten sich jedoch nicht mit ihnen vergleichen.

Beispiele: O-Töne junger unzufriedener Mitarbeiter

  • „Die anderen sind alle so beschäftigt und viele wirken so gestresst. Es ist mir unangenehm, sie immer wieder mit meinen Fragen zu unterbrechen.“
  • „Ich habe das Gefühl, dass ich störe bzw. nerve, wenn ich etwas nicht weiß.“
  • „Mir ist nicht klar, was ich überhaupt mache“. „Ich verstehe die Zusammenhänge nicht und niemand hat die Zeit, sie mir zu erklären“.
  • „Die anderen in der Berufsschule sind sehr viel weiter als ich; ihnen wird vertraut und um sie wird sich gekümmert.“
  • „Mir wurde zugesagt, dass ich gerade in der Anfangszeit immer einen Ansprechpartner hätte. Ich wurde dann jedoch allein gelassen und musste mir die Vorwürfe des Mandanten anhören, was für Fehler mir unterlaufen seien.“
  • „Ich habe das Gefühl, dass mir die Fälle abgegeben werden, die sonst keiner machen will“.

Schlüsselfaktor sinngeleitete Führung

Arbeiten Sie als Kanzleiinhaber an Ihrer Mission und Vision, um Ihre Arbeitgebermarke zu stärken. Eine gute Mission ist sinnstiftend für alle. Menschen, die „nur“ ihrer Arbeit nachgehen, sind in der Regel weit weniger agil als Menschen, die einen tiefen Sinn in ihrer Arbeit erkennen und ihren Beruf als bereichernden Bestandteil ihres Lebens (Berufung) wahrnehmen. Eine „gute Mission“ beinhaltet auch einen „guten Weg zum Ziel“. Wenn ich mich als Mensch in einem Team wertgeschätzt und wohlfühle, bin ich produktiver und entwickle Identifikation. Warum macht es Spaß, gerade in Ihrer Kanzlei zu arbeiten? Lassen Sie die jungen Menschen teilhaben und begeistern Sie sie.

Beispiele: Sinnfragen

  • Warum tun Sie/Ihre Mitarbeiter die Dinge, die Sie tun?
  • Was fehlt, wenn der Mitarbeiter fehlt?
  • Welchen Nutzen haben Ihre Mandanten?
  • Welcher Schaden würde entstehen, wenn es Sie/Ihre Kanzlei nicht gäbe?
  • Welche Relevanz hat dies (haben Sie) für die Wirtschaft, Gesellschaft, den Wohlstand, die ökonomische und soziale Sicherheit etc.?
  • Warum ist gerade Ihre Kanzlei ein Ort, an dem die Arbeit auch Freude macht?
  • Was macht Ihr Team so besonders?

Schlüsselfaktor Entwicklung

Leistungsorientierte junge Menschen brauchen Perspektiven. Das ist Fluch und Segen für Sie. Gerade die Mitarbeiter, die Sie für Ihre Kanzlei gewinnen wollen, sind häufig „fordernd“. In Stressgutachten kann man bei jungen Mitarbeitern sehen, dass sie hohen Stress entwickeln, wenn es mangelnde Entwicklungsperspektiven (monetär und karrieretechnisch) gibt. Sprechen Sie deswegen immer wieder mit Ihren jungen Mitarbeitern über individuelle Förder- und Entwicklungsmöglichkeiten und über die beruflichen Ziele, damit sie Ihnen als Arbeitskräfte erhalten bleiben.

Beachten Sie | Aufgrund der hohen Inflation rückt auch das Thema Gehalt wieder sehr viel stärker in den Fokus. Junge Menschen mit Weitblick planen langfristig. Sie stellen sich bereits frühzeitig die Frage, ob es mit ihren Gehaltsperspektiven möglich sein wird, eine Familie zu gründen, Wohneigentum zu erwerben und etwas zu sparen. Geben Sie hier eine realistische und eine ihrem „Nutzen“ für die Kanzlei entsprechende Entwicklungsperspektive, sodass sie nicht in die Industrie oder zur Konkurrenz abwandern.

Schlüsselfaktor Vorbildfunktion: „you go first“

Wie wirken Sie auf Ihre jungen Mitarbeiter: motiviert oder frustriert? Emphatisch oder desinteressiert? Begeistert oder gestresst? Kraftvoll oder ausgelaugt? Ihr Auftreten ist zu einem weiten Teil dafür verantwortlich, wie motiviert Ihre jungen Mitarbeiter sind. Machen Sie sich diese wichtigen Faktor bewusst und arbeiten Sie konsequent an Ihrem Auftreten.

Soziale Kompetenz ist der Schlüssel

Um die Generation Z zu verstehen und abzuholen, sind soziale Kompetenzen gefragt. Hier sind ein paar Fragen zur Selbsteinschätzung. Beantworten Sie die folgenden Fragen ehrlich und spontan, um wertvolle Impulse zu erhalten und um sich und Ihre Kanzlei zu optimieren. Den Test können Sie unter der Abruf-Nr. 50308072 downloaden.

Selbsttest / Wie attraktiv ist die Kanzlei für die Generation Z?

von wenig bis viel
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  • Es fällt mir leicht, Menschen zu motivieren und zu begeistern.
  • Ich bin dafür verantwortlich, wie motiviert die Mitarbeiter sind.
  • Ich bin kommunikativ und locker.
  • Ich führe partizipativ und baue bewusst Barrieren ab.
  • Ich mag meine (jungen) Mitarbeiter und kann sie verstehen.
  • Ich mag meine (jungen) Mitarbeiter auch, wenn sie Probleme haben.
  • Ich möchte gerade die jungen Menschen fördern.
  • Ich spreche mit meinen Mitarbeitern über ihre Ziele und Visionen.
  • Ich spreche generell mit meinen Mitarbeitern und nicht über sie.
  • Ich lasse nicht den Chef heraushängen oder bin überprofessionell.
  • Ich bin empathisch und kann mich gut in Menschen einfühlen.
  • Ich führe regelmäßige konstruktive Feedbackgespräche.
  • Diese Gespräche fallen mir leicht bzw. immer leichter.
  • Ich bin bereit, zu führen und die Richtung vorzugeben.
  • Ich bin selbst stark intrinsisch motiviert.
  • Ich werde als Führungskraft akzeptiert und werde geschätzt.
  • Ich bin agil, innovativ und kann mich schnell auf Neues einstellen.
  • Ich binde die Menschen ein und kommuniziere viel.
  • Wir fördern unsere Mitarbeiter fachlich.
  • Wir fördern unsere Mitarbeiter in ihrer Persönlichkeit.
  • Ich bin bereit, die Meinungen meiner Mitarbeiter zu akzeptieren.
  • Ich revidiere meine Meinung und lasse mich von Mitarbeitern überzeugen.
  • Ich hinterfrage bestehende Systeme und Strukturen immer mal wieder.
  • Ich kann Kontrolle abgeben.
  • Ich lasse meine Mitarbeiter eigenverantwortlich agieren.
  • Ich biete kreative und flexible Arbeitszeitmodelle an.
  • Ich habe eine Mission und Vision.
Weiterführende Hinweise
  • „Ach, du lieber Bot“: Die Auszubildenden- Bewerber kommen!, AK 23, 193
  • „Hey Bot, hilf’ mir, neue und kreative Kanzleimitarbeiter zu finden!“ AK 24, 5

AUSGABE: AK 2/2025, S. 32 · ID: 49948671

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