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Betriebsausgaben- und VorsteuerabzugWenn der selbstständige Anwalt Geschenke macht und Bewirtungskosten hat
| Eigentlich jeder Anwalt überreicht Geschäftspartnern und Mitarbeitern ab und an ein Geschenk oder lädt sie zum Essen ein. Doch wie und unter welchen Voraussetzungen berechtigen diese Aufwendungen den selbstständigen Anwalt zum lukrativen Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug? AK schafft Klarheit! |
1. Betriebsausgabenabzug für Geschenke
Aufwendungen für Geschenke mit betrieblichem Hintergrund lassen sich in unbeschränkter Höhe als Betriebsausgabe absetzen. Bei Geschenken an Geschäftspartner – nicht an Mitarbeiter – muss § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG beachtet werden: Das Geschenk ist nur abzugsfähig, wenn die Anschaffungskosten der Geschenke an den Empfänger im Kalenderjahr 50 EUR (bis 31.12.23: 35 EUR) nicht übersteigen. Hat ein Geschäftspartner in einem Jahr mehrere Geschenke erhalten, sind die Aufwendungen aller Geschenke zu addieren (Freigrenze, kein Freibetrag!). Zu den Anschaffungskosten des Geschenks zählen der Nettokaufpreis und die Kosten einer Kennzeichnung als Werbeträger. Verpackungs- und Versandkosten für den Transport des Geschenks zum Empfänger werden hingegen nicht berücksichtigt.
Beispiel 1 |
Anwalt A wendet einem Geschäftspartner und einem Mitarbeiter jeweils ein Geschenk zu. Für dieses hat er a) netto 45 EUR, b) netto 55 EUR bezahlt. Lösung: In der Variante a) kann der Anwalt beide Geschenke als Betriebsausgabe absetzen, in der Variante b) nur das Geschenk an den Mitarbeiter, weil bei dem Geschäftspartner die maßgebende Grenze von 50 EUR überschritten wurde. |
Damit das Finanzamt das Überschreiten der Grenze leicht überprüfen kann, muss der Anwalt die Geschenke an Geschäftspartner gemäß § 4 Abs. 7 EStG fortlaufend, zeitnah, einzeln und getrennt von den übrigen Betriebsausgaben auf einem gesonderten Konto in der Buchführung aufzeichnen (auch, wenn der Wert des Geschenks bereits mehr als 50 EUR beträgt!). Dabei muss der Name des Geschäftspartners aus dem Buchungsbeleg bzw. der Buchung ersichtlich sein. Ohne gesonderte Aufzeichnung entfällt der Betriebsausgabenabzug.
Beispiel 2 |
Anwalt A schenkt einem Geschäftspartner eine Flasche Wein im Wert von netto 20 EUR. Die Aufwendungen erfasst er auf dem Konto „Werbeaufwand“. Lösung: Weil die Aufwendung nicht gesondert aufgezeichnet wurde, entfällt der Betriebsausgabenabzug – unabhängig von der 50-EUR-Grenze. |
Merke | Bei Streuwerbeartikeln (z. B. Taschenkalender, Kugelschreiber) ist eine Angabe der Namen der Empfänger nicht erforderlich (R 4.11 Abs. 2 Nr. 2 EStR). |
2. Vorsteuerabzug für Geschenke
Für den Vorsteuerabzug des Anwalts gilt § 15 UStG. Da er grundsätzlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringt, ist er zum Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für Geschenke berechtigt. Davon gibt es zwei Ausnahmen:
Beispiel 3 |
Anwalt A schenkt einem Mitarbeiter zum Geburtstag einen Präsentkorb. Dieser hat a) brutto 40 EUR bzw. b) brutto 80 EUR gekostet. Lösung: In der Variante a) steht dem A der volle Vorsteuerabzug zu. In der Variante b) ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da die Grenze zu den Aufmerksamkeiten durch den Bruttowert von mehr als 60 EUR überschritten wird. |
Beispiel 4 |
Anwalt A übergibt einem Geschäftspartner ein Präsent. Das hat ihn a) 40 EUR zzgl. Umsatzsteuer bzw. b) 60 EUR zzgl. Umsatzsteuer gekostet. Lösung: In der Variante a) ist der A zum Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug berechtigt. In der Variante b) wird die Grenze von 50 EUR überschritten, sodass sich weder Betriebsausgaben- noch ein Vorsteuerabzug ergeben. |
Formale Fehler schaden hier nicht! Merke | Wird der Betriebsausgabenabzug nicht wegen des Überschreitens der 50-EUR-Grenze, sondern wegen einer Missachtung der gesonderten Aufzeichnungspflichten (§ 4 Abs. 7 EStG) versagt, bleibt der Vorsteuerabzug bestehen (Abschnitt 15.6 Abs. 2 S. 6 UStAE). Diesen Umstand übersehen regelmäßig viele Betriebsprüfer. |
Beispiel 5 |
Wie Beispiel 2, der Wein (20 EUR) wird nicht gesondert aufgezeichnet. Lösung: Mangels gesonderter Aufzeichnung entfällt zwar der Betriebsausgabenabzug. Der Vorsteuerabzug bleibt jedoch bestehen. |
- Übersteigt das Geschenk an einen Mitarbeiter die Grenze für Aufmerksamkeiten, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Begünstigte Aufmerksamkeiten liegen vor, wenn das Geschenk im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht wird und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung führt. Dazu rechnen Sachzuwendungen im Wert von maximal 60 EUR brutto, die aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses (z. B. zum Geburtstag des Mitarbeiters) zugewendet werden.Ausnahme 1, wenn Mitarbeiter mehr als Aufmerksamkeit bekommt
- Bei Geschenken an Geschäftspartner kommt es für den Vorsteuerabzug – wie bereits bei dem Betriebsausgabenabzug – auf die Höhe der Aufwendungen für jeden einzelnen Empfänger im Jahr an. Betragen die Aufwendungen je Empfänger und Jahr mehr als 50 EUR, ist nicht nur der Betriebsausgabenabzug, sondern gemäß § 15 Abs. 1a S. 1 UStG auch der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.Ausnahme 2, wenn Geschäftspartner mehr als 50 EUR im Jahr bekommt
3. Betriebsausgabenabzug für Bewirtungskosten
Auch bei den Bewirtungskosten wird unterschieden, wer bewirtet wird. Handelt es sich um die Bewirtung eigener Mitarbeiter, besteht für den Anwalt ein vollständiger Betriebsausgabenabzug (R 4.10 Abs. 7 EStR). Klassische Beispiele hierfür sind die jährliche Weihnachtsfeier oder ein Sommerfest.
Bei der Bewirtung von Geschäftspartnern gilt: Die Aufwendungen für die Bewirtung aus geschäftlichem Anlass gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen wurden. Hier ergibt sich daher nur ein Betriebsausgabenabzug von maximal 70 %.
Beispiel 6 |
Anwalt A lädt einen Geschäftspartner anlässlich einer Besprechung in ein Restaurant ein. Er übernimmt die Rechnung in Höhe von 150 EUR netto. Lösung: Von den 150 EUR lassen sich nur 70 % (105 EUR) absetzen. |
Der Anwalt muss außerdem hohe formale Anforderungen erfüllen und schriftlich angeben: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Diese Angaben muss er abschließend unterschreiben. Bei einer Bewirtung in einer Gaststätte genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung sowie die Unterschrift, wenn die Rechnung über die Bewirtung beigefügt wird. Beim Anlass reichen allgemeine Angaben wie „Arbeits-/Info-/Hintergrundgespräch“, „Kundenpflege“ oder „Geschäftsessen“ nicht aus (BFH 15.1.98, IV R 81/96) – er ist genauer zu bestimmen (z. B. genaue Bezeichnung des geplanten Projekts). Zudem gilt § 4 Abs. 7 EStG: Die Aufwendungen sind – wie Geschenke an Geschäftspartner – einzeln und getrennt von sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.
Beachten Sie | Wird ein formaler Punkt nicht erfüllt, entfällt der Betriebsausgabenabzug vollständig. Da die Angaben zeitnah bis zum Ablauf des Geschäftsjahres gemacht werden müssen (BFH 31.7.90, I R 63/88), können fehlende Angaben nicht nachträglich ergänzt werden (BFH 25.3.88, III R 96/85).
Beispiel 7 |
Wie Beispiel 6. Allerdings vermerkt der Anwalt auf der Rechnung nicht seinen Geschäftspartner bzw. den Anlass der Bewirtung oder zeichnet die Aufwendungen nicht auf einem gesonderten Konto in der Buchführung auf. Lösung: Der volle Betrag (150 EUR) ist nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. |
Merke | Unter die hohen formalen Anforderungen fallen keine in der Kanzlei gereichten Aufmerksamkeiten. Erhält ein Geschäftspartner in der Kanzlei während eines Meetings ein Getränk (z. B. Kaffee, Tee, Wasser) und/oder kleinere Leckereien (z. B. Süßigkeiten, Gebäck, Obst), sind die Aufwendungen ohne formale Voraussetzungen vollständig abzugsfähig (vgl. R 4.10 Abs. 5 S. 9 Nr. 1 EStR). |
Nehmen an einer Betriebsveranstaltung (z. B. Kanzleijubiläum) sowohl Mitarbeiter als auch Geschäftspartner teil, muss der Anwalt die Aufwendungen aufteilen. Die Bewirtung der Mitarbeiter ist vollständig abzugsfähig und die Bewirtung der Geschäftspartner bei Erfüllung der formalen Voraussetzungen mit 70 % der Aufwendungen (BFH 18.9.07, I R 75/06).
4. Vorsteuerabzug für Bewirtungskosten
Für den Vorsteuerabzug spielt es keine Rolle, wer bewirtet wurde. Nur wenn es sich um unangemessene oder nicht nachgewiesene Aufwendungen handelt, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1a S. 2 UStG). Bei der Bewirtung von Geschäftspartnern bedeutet das, dass sich zwar nur zu 70 % Betriebsausgaben ergeben, die Vorsteuer aber vollständig abzugsfähig ist.
Beispiel 8 |
Anwalt A bewirtet einen Geschäftspartner in einem Restaurant. Die Kosten betragen 100 EUR zzgl. 10 EUR Umsatzsteuer und der Anwalt erfüllt alle formalen Voraussetzungen für den Abzug (§ 4 Abs. 7 und Abs. 5 Nr. 2 EStG). Lösung: Während ein Vorsteuerabzug in Höhe von 10 EUR besteht (100 %), kann A nur 70 EUR (70 %) als Betriebsausgabe absetzen. |
Beachten Sie | Bei Betriebsveranstaltungen für Mitarbeiter (z. B. Weihnachtsfeier) gilt für den Vorsteuerabzug eine Freigrenze. Nur überwiegend durch das unternehmerische Interesse des Anwalts veranlasste Aufwendungen berechtigen zum Vorsteuerabzug. Hiervon ist auszugehen, wenn der Bruttobetrag der auf jeden Mitarbeiter entfallenden Aufwendungen je Betriebsveranstaltung 110 EUR nicht überschreitet und maximal zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr durchgeführt werden (Abschnitt 1.8 Abs. 4 Nr. 6 UStAE).
Beispiel 9 |
Die Aufwendungen für eine Weihnachtsfeier betragen a) brutto 1.000 EUR bzw. b) 1.500 EUR. An der Veranstaltung haben 10 Mitarbeiter des A teilgenommen. Lösung: In der Variante a) betragen die Aufwendungen je Mitarbeiter 100 EUR. Der Grenzwert wird eingehalten; A ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. In der Variante b) ist der Grenzwert überschritten; die gesamte Vorsteuer ist nicht abzugsfähig. |
AUSGABE: AK 10/2024, S. 177 · ID: 50140525