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MandatsverhältnisStundenabrechnung richtig organisieren
| Wer sein Honorar auf Stundenbasis gegenüber seinem Mandanten abrechnet, muss einige Besonderheiten beachten. Das fängt schon mit der richtigen und vor allem vollständigen Belehrung des (zukünftigen) Mandanten an. Dann muss der Anwalt einen Zeittakt wählen, der nach dem Stand der aktuellen Rechtsprechung wirksam ist. Sind diese Probleme gelöst und kann der Anwalt (endlich) mit der Beratung beginnen, geht es mit der offenen Kommunikation, notwendigen Aufgaben, dem korrekten Stundennachweis, unvorhergesehenen Umständen etc. weiter. |
1. Inhaltlichen Umfang der Tätigkeit genau dokumentieren
Hat der Anwalt mit seinem Mandanten telefoniert und sitzt ihm schon der nächste Termin im Nacken, wird er erfahrungsgemäß eher zu einer kurzen Notiz wie „Telefonat mit Mandant“, „Recherche“ oder „Rücksprache“ neigen. Aus Sicht des Anwalts mag das so gewesen sein. Die Rechtsprechung sieht das allerdings anders. Sie fordert statt nichtssagender Allgemeinplätze und banalen Formulierungen eine konkrete Dokumentation der jeweiligen Tätigkeit (BGH 13.2.20, IX ZR 140/19). Diese muss so genau bezeichnet werden, dass der Mandant später überprüfen kann, was deren Gegenstand war.
Die fünf W-Fragen bei der Abgabe eines Notrufs kennt jeder (Wo? Was? Wie viele Verletzte? Welche Art von Verletzungen? Warten auf Rückfragen!). Bei der Dokumentation der eigenen anwaltlichen Tätigkeit sollte ähnlich konkret vorgegangen werden:
Beispiel |
Statt des ominösen „Tel. m. Mdt.“ sollte also bspw. „Telefonat mit Mandant wegen LG-Beschluss vom 23.10.“ festgehalten werden. So wird klar, weshalb telefoniert wurde. Und so lässt sich auch noch später erklären, warum das Telefonat überhaupt stattfand und dass es 45 Minuten dauerte ... weil der Beschluss drei Seiten lang war und neue Fragen aufwarf. |
- Wer hat mit wem warum telefoniert?
- An welchem Schriftsatz wurde gearbeitet?
- Zu welcher Frage wurde in der Literatur recherchiert?
Nicht nur aus Haftungsgründen sollte der inhaltliche Umfang der anwaltlichen Tätigkeit präzise dokumentiert werden. Ein weiterer Grund ist das Marketing! Wird nur flüchtig „Telefonat mit Mandant“ aufgenommen, wertet das die Leistung des Anwalts ab. Das Telefonat hätte auch das Sekretariat führen können. Warum aber musste es mit dem Anwalt sein? Weil es um die „Inhaltliche Erörterung des Hinweisbeschlusses des LG vom 23.10. mit Mandanten zum Schwerpunkt Inhalt der Abfindungsklausel“ ging. Ein solcher Eintrag in der Stundenaufstellung rückt die Wertigkeit der anwaltlichen Tätigkeit viel deutlicher in den Fokus des Mandanten als nichtssagende Floskeln. Hält der Mandant später seine Abrechnung in der Hand, weiß er, was er für sein Geld bekommen hat.
2. Tatsächlichen zeitlichen Umfang der Tätigkeit dokumentieren
Bei der Wahl des Zeittaktes einer Stundenvereinbarung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Von minutengenau bei zu einem 15-Minuten-Takt ist alles vertreten. Dabei macht die Rechtsprechung allerdings umso mehr Ärger, umso länger die einzelnen Takte sind. Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass ein 15-Minuten-Takt mit erheblichen Zweifeln an der Wirksamkeit behaftet ist (BGH 13.2.20, IX ZR 140/19). Manche Kanzleien haben darauf reagiert und den Takt verkürzt. Aus 15 Minuten wurden 10 oder nur 6 (OLG München AGS 19, 378). Teilweise wird sogar minutengenau abgerechnet, was am sichersten sein dürfte.
Wurde mehr als ein minutengenauer Takt vereinbart, sollte der Anwalt sicherstellen, wie sein eigener Stundenzettel aussieht. Zwar wird in der Abrechnung gegenüber dem Mandanten auch bei kleineren Einheiten der Mindesttakt angegeben werden: Wurden fünf Minuten telefoniert, aber zehn Minuten vereinbart, findet der Mandant in seiner Rechnung für das Gespräch richtigerweise eine Abrechnung über zehn Minuten.
In der Dokumentation halten deshalb viele Anwälte in einem solchen Fall ebenfalls von vornherein die zehn Minuten fest, auch wenn das Gespräch nur fünf Minuten dauerte. Das mag effizient sein, weil später für die Rechnung nicht „umgerechnet“ werden muss. Aber einen Nachteil hat dieses Vorgehen: Muss der Anwalt später seine Rechnung einklagen und sieht er sich dem Vorwurf ausgesetzt, seine Zeittakt-Klausel wäre unwirksam, kann er nicht darlegen, wie viele Einheiten er tatsächlich gearbeitet hat. Statt fünf Minuten kann er lediglich die von ihm notierten zehn Minuten vortragen, die aber auf den Mindesttakt aufgerundet sind. Achtung: Auch die eine oder andere Kanzleisoftware übernimmt das Runden von selbst.
3. Verschiedene Tätigkeiten einzeln dokumentieren
Hat der Anwalt an einem Tag für seinen Mandanten mehrere Tätigkeiten erbracht – z. B. Telefonate, Recherche und einen Schriftsatzentwurf –, wird er gern dazu neigen, dies alles in einem Sammelposten zusammenzufassen. Dann werden die drei für sich getrennten Tätigkeiten insgesamt dokumentiert. Das mag Zeit sparen, bringt aber in einem Honorarprozess erhebliche Darlegungsprobleme. Der Anwalt kann nicht mehr konkret sagen, wie lange er an einer einzelnen Tätigkeit saß. Beispielsweise rechnet der Anwalt eineinhalb Stunden „Telefonat mit Mandanten, Literaturrecherche, Erwiderung auf Aussetzungsantrag“ ab. Bestreitet der Mandant, dass telefoniert wurde, oder behauptet er, dass das Gespräch nur zwei Minuten gedauert hat, stößt der Anwalt mit seinem Vortrag schnell an die Grenzen. Er kann schlichtweg nicht mehr wissen, wie lange er telefoniert hat (es sei denn, eine Telefonanlage mit Software speichert die Daten der Telefonate).
Praxistipp | Der Anwalt sollte im Rahmen der Dokumentation keinen täglichen Sammelposten bilden. Vielmehr sollte er jede einzelne Tätigkeit nach Inhalt und mit ihrem zeitlichen Umfang konkret dokumentieren. Nur so muss er sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, seine Rechnung wäre schon nicht prüffähig. |
4. Sachbearbeiter konkret festhalten
Gerade in größeren Einheiten ist es üblich, dass einzelne Aspekte des Mandats nicht vom Mandatsführer, sondern von anderen Sachbearbeitern erledigt werden. Das mag zeitliche oder inhaltliche Aspekte haben. Oft unterscheiden sich die Mitarbeiter sogar bei ihren Stundensätzen: Der Associate rechnet einen anderen Satz ab als der Counsel und der wieder einen anderen als der Partner. Aber auch das muss dokumentiert werden, hat allerdings einen Nachteil: Wird das Mandat überwiegend durch den Associate bearbeitet und tritt der Partner mit seinem doppelten Stundensatz nur gelegentlich auf den Plan, wird sich der Mandant wundern, woher die Sprünge zwischen den Stundensätzen kommen.
Die Dokumentation des konkreten Sachbearbeiters hat einen weiteren Aspekt: Gerade die „Recherche“ ist beispielsweise oft ein beliebter Streitpunkt. Sollte im Honorarprozess umstritten sein, ob die Tätigkeit wirklich in diesem Umfang erbracht wurde, kann der jeweilige Sachbearbeiter als Zeuge benannt werden. Das wird bei einer mangelhaften Dokumentation schwieriger, wenn an einem Mandat drei verschiedene Anwälte gearbeitet haben und in der Vernehmung keiner mehr von ihnen weiß, wer was konkret gemacht hat.
Beispiel |
Für Mandant M haben die beiden Anwälte A und B an einem Gerichtstermin teilgenommen. Obwohl beide dieselbe Tätigkeit erledigt haben, muss konkret festgehalten werden, wer in der Verhandlung saß. Denn nicht immer ist das Protokoll des Gerichts an dieser Stelle genau. Manchmal fehlt einfach der zweite Anwalt, der mit am Tisch sitzt. Außerdem ist es äußerst ineffizient, wenn zur Erstellung der Abrechnung erst einmal das Protokoll in der Akte gesucht werden muss. Das kostet zehn Minuten, die dem Mandanten nicht berechnet werden können. |
Werden zur Dokumentation die Namen der Sachbearbeiter abgekürzt, sollte dies eindeutig sein. Abkürzungen aus lediglich zwei Buchstaben stoßen schnell an ihre Grenzen, gerade bei größeren Kanzleien ggf. mit mehreren Standorten. Daneben sollte sich die Kanzlei die Frage stellen, ob diese Abkürzungen in der Abrechnung genutzt werden sollen. Beim Mandanten kommt es besser an, wenn die Namen der Sachbearbeiter ausgeschrieben werden.
Fazit | Die richtige und präzise Dokumentation der Arbeit bei einem Stundenhonorar sorgt für Klarheit bei der Abrechnung und beim Mandanten. Zudem bekommt der Mandant einen wertigeren Eindruck von der anwaltlichen Tätigkeit. Sollte es doch einmal Ärger mit der Abrechnung geben, hilft die präzise Dokumentation dem Anwalt, darzulegen, was er alles in dem Mandat erledigt hat. |
AUSGABE: AK 2/2024, S. 28 · ID: 49796198