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Klimaschutz in der KanzleiErnährung und Klimaschutz spielen zusammen

Abo-Inhalt20.01.202435 Min. LesedauerVon Wissenschaftsjournalistin Ursula Katthöfer, Bonn

| Kanzleien, die sich öffentlichkeitswirksam als Klimaschützer positionieren möchten, verlieren an Glaubwürdigkeit, wenn sie z. B. Mandanten, wie konventionelle landwirtschaftliche Verbände, Importeure exotischer Früchte oder große Fleischproduzenten vertreten. Wer weniger radikal handeln möchte, hat dennoch viele kleinere Möglichkeiten, Klimaschutz und Lebensmittelkonsum im Arbeitsalltag in Einklang zu bringen. |

1. Gesunde Ernährung am Arbeitsplatz gehört dazu

Eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz gehört zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Denn ungesunde Ernährung begünstigt Diabetes, Lungenprobleme, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Frisches Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte sowie der maßvolle Genuss von Fleisch- und Milchprodukten hingegen reduzieren nicht nur das Krankheitsrisiko. Sie schützen gleichzeitig das Klima. Dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge verursacht die Produktion von 1 kg Rindfleisch zwischen 7 und 28 Kilo Treibhausgasemissionen (iww.de/s8441). Obst oder Gemüse anzubauen liege bei weniger als 1 kg an Emissionen. Insgesamt hatte die Landwirtschaft in Deutschland im Jahr 2022 laut UBA einen Anteil von 7,4 Prozent an allen Treibhausgas-Emissionen (iww.de/s8442) – Transport und Verpackung nicht mitgerechnet.

2. Sofortmaßnahmen, die jede Kanzlei umsetzen kann

Ist der Zusammenhang zwischen Ernährung und Klimawandel bewusst gemacht, gibt es viele kleine Hebel, wenn eine Kanzlei die Emissionen aus dem Verzehr von Lebensmitteln während des Arbeitstages senken möchte:

  • Saisonales und regionales Einkaufen fördert kurze Wege, vermeidet energieintensive Lagerung und trägt zum Erhalt der Kulturlandschaft im eigenen Umfeld bei.
  • Angebrochene Packungen aus dem Kühlschrank verschenken, bevor das Haltbarkeitsdatum abläuft. Ob Lebensmittel rechtzeitig verzehrt werden, sagt viel über die Einstellung des Teams zu Ressourcen aus.
  • Milch und Joghurt in Pfandflaschen und -gläsern kaufen.
  • Große Mengen und Großpackungen nur kaufen, wenn wirklich alle Lebensmittel daraus verzehrt werden. Einen Unverpackt-Laden nutzen, um Vorräte an Kaffee, Obst und Gebäck aufzustocken.
  • Einen energiesparenden Kühlschrank anschaffen, der den Bedürfnissen der Kanzlei angepasst ist. Ist er zu klein, könnten Lebensmittel verderben. Ist er zu groß, verbraucht er unnötig Energie.
  • Bioobst und -gemüse verzehren. Es wird meist klimafreundlicher angebaut als konventionelle Agrarprodukte, weil Biobauern auf Kunstdünger verzichten und bewusst Ressourcen schonen. Allerdings haben die unterschiedlichen Biolabel unterschiedlich anspruchsvolle Kriterien. Demeter hat die strengsten Qualitätsanforderungen.

3. Große Kanzleien mit Kantine haben Möglichkeiten

Größer sind die Hebel, wenn die Kanzlei über eine eigene Kantine verfügt oder ihren Mitarbeitenden Zugang zu einer Kantine ermöglicht, deren Angebot sie beeinflussen kann. Denn das können Kantinen und Bistros tun:

Merke | Lebensmittel zu vernichten, ist nicht nur unethisch, sondern verursacht auch wirtschaftliche, soziale und ökologische Schäden. Die Bundesregierung hat daher im Jahr 2019 die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung auf den Weg gebracht (iww.de/s8443). Ziel ist, die Abfälle bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. 17 Prozent der ca. 11 Mio. Tonnen an Lebensmitteln, die pro Jahr in Deutschland entsorgt werden, stammen aus der Außer-Haus-Verpflegung. Das entspricht etwa 1,9 Mio. Tonnen. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung betreibt zugutfuerdietonne.de. Ihr zufolge liegt bei der Außer-Haus-Verpflegung das größte Potenzial, um Lebensmittelverschwendung zu verringern (iww.de/s8445).

  • Mehr Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte, weniger Fleisch anbieten. Grundsätzlich gilt: je weniger Fett, desto gesünder und klimafreundlicher die Ernährung.
  • Veggie-Days einführen, denn ein geringerer Fleischverzehr liegt im Trend. Der Kantinenbetreiber Apetito fand heraus, dass seine Currywurst mit Pommes bei den beliebtesten Gerichten von Platz eins auf Platz drei abgerutscht ist; die Currywurst liegt nun hinter Spaghetti Bolognese und der vegetarischen Cappelletti-Pesto-Pfanne (iww.de/s8444). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Personen mit niedrigem Kalorienbedarf wöchentlich 300 g Fleisch und Wurst. 2021 lag die durchschnittliche Verzehrmenge in Deutschland aber bei 1.057 g.
  • Ein Büffetsystem organisieren. Kleine Speisenbehälter lassen sich bedarfsgerechter nachfüllen als große.
  • Das Angebot verkleinern: Weniger Gerichte erleichtern den Gästen die Auswahl. Das erfordert zudem weniger Lagerplatz, z. B. in Kühlschränken.
  • Kleine, im Preis reduzierte Portionen für Gäste mit kleinem Hunger bereithalten, um Reste auf den Tellern zu vermeiden. Hilfreich ist, Beilagen separat anzubieten und abzurechnen.
  • Mitnahmeboxen für Speisenreste nicht nur tolerieren, sondern aktiv unterstützen.
  • Immer Mehrweggeschirr nutzen.

4. Erfrischungen sind lohnsteuerfrei

Mitarbeiter verpflegen sich nicht nur in Küche, Bistro und Kantine. Es gibt auch den Snack zwischendurch. Den Lohnsteuerrichtlinien zufolge können im gesellschaftlichen Miteinander übliche Sachleistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer lohnsteuerfrei bleiben (AK 23, 17; AK 23, 22). Bietet eine Kanzlei Mineralwasser, Kaffee oder Tee zum Verzehr im Betrieb an, ist dies generell steuerfrei. Die Nichtbeanstandungsgrenze von 50 EUR gilt ebenfalls für den klimafreundlichen Obstkorb mit Biobananen, Birnen aus regionalem Anbau und saisonalen Früchten wie Erdbeeren oder Pfirsichen. Bei Körben mit frischem Obst ergibt sich allerdings ein ganz anderes Problem: Langeweile. Mitarbeiter, die immer nur die gleichen Äpfel vorfinden, verlieren schnell das Interesse an der gesunden Ernährung. Sinnvoll ist daher, den Einkauf an jemanden zu delegieren, der für Abwechslung sorgt und das Obst hübsch anzurichten weiß.

5. Wasserspender sparen CO2-Emissionen, Zeit und Nerven

Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) ist die gesetzliche Grundlage, um die Qualität des Trinkwassers zu sichern und zu überwachen. In § 37 IfSG heißt es: „Wasser für den menschlichen Gebrauch muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist.“ Es stellt sicher, dass Leitungswasser in Deutschland ständig kontrolliert wird und von sehr hoher Qualität ist. So können Sie Ihren Mitarbeitern ohne Sorge Wasser in Wasserspendern anbieten – kalt oder heiß, still oder sprudelnd.

Beachten Sie | Wasserspender lassen sich entweder mieten oder kaufen. Kanzleien haben die Wahl zwischen Modellen mit Festwasseranschluss oder Gallonen. Letztere eignen sich für Orte ohne Wasseranschluss. Da die meisten Kanzleien jedoch über eine Küche verfügen, dürfte das Wasser aus dem Festwasseranschluss preiswerter sein. Es entstehen keine CO2-Emissionen, da keine Behälter befüllt oder transportiert werden müssen. Die Hersteller bürgen dafür, dass Hygienestandards eingehalten werden. Wenn Wasserspender schwere Wasserkästen ablösen, ergeben sich weitere Vorteile: In den (heißen) Sommermonaten muss nicht diskutiert werden, wer zum Getränkemarkt fährt oder ob doch ein teurer Lieferdienst beauftragt werden soll. Leergut muss nicht zurückgebracht und verrechnet werden. Das spart nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch Zeit und Nerven. Wird das Wasser schließlich in Gläsern statt in Pappbechern genossen, entsteht nicht einmal Müll.

6. Nichtrauchen schützt auch das Klima

Seit 2002 regelt § 5 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz. Ob die Kanzlei ein generelles Rauchverbot verhängt oder das Rauchen nur in bestimmten Räumen verbietet, steht ihr frei. Zigaretten, Zigarren und Pfeifen schaden allerdings nicht nur der eigenen sowie der Gesundheit von Passivrauchern, sondern auch dem Klima. Die Weltgesundheitsorganisation WHO untersuchte bereits 2017, wie sich der Tabakkonsum auf die Umwelt auswirkt (iww.de/s8446): Entwaldung, hoher Wasserverbrauch in den Monokulturen des Tabakanbaus, sinkende Grundwasserspiegel, verseuchte Böden durch chemische Düngemittel, Rückgang der Artenvielfalt, Emissionen aus Produktion und Transport richten große Umweltschäden an. Vor allem die Trocknung der Tabakblätter ist sehr treibhausgasintensiv, da die Energie dazu meist aus Kohle und Holz gewonnen wird. Forschende des Imperial College London haben errechnet, dass auf eine Zigarette rund 14 g CO2-Äquivalent und 3,7 l Wasser kommen (iww.de/s8447).Kanzleien, die über das Betriebliche Gesundheitsmanagement Raucherentwöhnungskurse anbieten, unterstützen daher nicht nur das Wohlergehen ihrer Belegschaft, sondern schützen auch das Klima.

AUSGABE: AK 2/2024, S. 31 · ID: 49630522

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