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Beratung in der ApothekeVon Metformin bis CGM-App: So fühlen sich Diabetes-Patienten in Ihrer Apotheke gut aufgehoben

Abo-Inhalt16.06.20253527 Min. LesedauerVon Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

| In Deutschland leiden über 9 Mio. Menschen an Diabetes Typ 2 und über 370.000 an Diabetes Typ 1 (Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2025). Die Behandlung und Betreuung der Betroffenen ist komplex. Eine fachkundige und engmaschige Beratung in der Apotheke hilft dabei nachweislich, die Therapietreue und damit den Therapieerfolg bei dieser enorm großen Zielgruppe zu verbessern. Und nicht nur das: Sie ist für die Vor-Ort-Apotheken auch ein wichtiger Wettbewerbsvorteil gegenüber Online-Apotheken. |

Arzneimittelberatung ist auch bei Diabetes eine Kernaufgabe

Diabetiker müssen oft viele verschiedene Medikamente einnehmen, neben Antidiabetika z. B. häufig Arzneimittel gegen Bluthochdruck oder veränderte Blutfettwerte. Rezeptfreie Präparate wie Schmerzmittel kommen hinzu. In der Apotheke kommt es deshalb zum einen darauf an, die richtige Einnahme und Anwendung der Medikamente zu erklären. Zum anderen sollten die Patienten sorgfältig über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen der Präparate mit anderen Arzneien aufgeklärt werden.

Zu besonderen Beratungssituationen kommt es z. B., wenn ein Präparat wie Trulicity® aufgrund von Lieferengpässen vorübergehend auch in einer US-Verpackung mit englischem Beipackzettel verkauft werden darf. In solchen Fällen sollte (neben der Erklärung) immer eine deutsche Version der Informationen in Kopie mitgegeben werden. Weitere Beispiele sind die Beratung bei der Umstellung von Humaninsulinen auf Analoginsuline oder zur Empfängnisverhütung unter Antidiabetika wie Semaglutid. Die Apotheke kann hier wichtige Hilfestellung leisten, indem sie im Einzelfall die richtige Einnahme bespricht, ggf. individuelle Tageseinnahmepläne anbietet und auf Risiken bei der Kombination verschiedener Mittel hinweist.

Praxistipp | Machen Sie bei Patienten mit bekanntem Diabetes und solchen, die mit einem „Diabetes-Rezept“ in die Offizin kommen, bei jedem neuen – auch rezeptfreien – Medikament einen Standard-Check auf mögliche Wechselwirkungen. Fragen Sie, ob Sie die genaue Anwendung des jeweiligen Mittels erklären dürfen. Schildern Sie, was Einnahmefehler bewirken können, damit Ihre Erklärungen nicht als belehrend empfunden werden.

Erläutern Sie die technischen Hilfsmittel

Die Stoffwechselwerte kontinuierlich und sicher im Blick zu behalten, ist eine wesentliche Grundlage jeder Diabetestherapie. Die Apotheke kann einen großen Beitrag dazu leisten, dass eine zuverlässige Selbstmessung gelingt – ob mit Teststreifen, Messgerät oder CGM-System. Nehmen Sie sich Zeit für die Einweisung und Erläuterung, z. B. wie und wo die Patienten am besten stechen sollten, was zu ungenauen Messungen führen kann und dass unstimmig erscheinende Werte aus dem CGM in der Apotheke gegengeprüft werden können. Schon eine einzige entsprechende Beratung in der Apotheke kann die Fehlerquote deutlich senken.

Auch beim Umgang mit Blutdruckmessgeräten, Injektionshilfen wie Spritzen oder Pens sowie Insulinpumpen ist eine umfassende Beratung unerlässlich. Blutzuckerteststreifen und -messgeräte messen beispielsweise bei Temperaturen unter 4° C fehlerhaft oder gar nicht, Pens dürfen sommers wie winters, zu Hause wie unterwegs immer nur bei 2 bis 8° C gelagert oder transportiert werden. Als Schwerpunktapotheke Diabetes sollten Sie daher stets Kühltaschen und -akkus mitgeben bzw. verleihen können – die übrigens auch gute Werbeträger sind.

Praxistipp | Nicht nur das Messen selbst, auch die Dokumentation ist bei der Blutzuckerkontrolle wichtig. Viele Messgeräte verfügen über eine App-Schnittstelle, die die Dokumentation erleichtert. Auch diese zugehörigen Apps sollten erläutert werden – gerade bei betagteren Kunden.

Behalten Sie Begleit- und Folgeerkrankungen im Blick

Diabetes ist mit zahlreichen Begleit- und Folgeerkrankungen assoziiert, darunter diabetischer Fuß, Neuropathien, metabolisches Syndrom (Übergewicht, gestörter Kohlenhydratstoffwechsel, Hypertonie, Dyslipoproteinämie), Augenerkrankungen und Nierenschäden. Hier ist erhöhte Aufmerksamkeit gefragt, um diese Beschwerden zu erkennen, sie frühzeitig richtig einzuordnen und die Patienten ggf. an die Arztpraxis zu verweisen. Fragen Sie bei entsprechenden Verschreibungen nach krankheitsbedingten Beschwerden.

Praxistipp | Achten Sie bei Ihren Kunden mit Diabetes auf diabetesbedingte Beschwerden, die durch Selbstmedikation behandelt werden können. Empfehlen Sie aktiv geeignete Präparate, z. B. Hautpflegeprodukte, Zink, Verdauungsenzyme oder Mittel gegen Nagelpilz.

Hilfreich: Zusätzliche Angebote und Kooperationen

Zusätzliche Beratungsangebote können beispielsweise sein:

  • Prävention
  • Hypoglykämie-Management
  • Services für geriatrische Diabetes-Patienten, die die Ernährung, einen gesunden Lebensstil, Hautpflege etc. betreffen

Zudem bieten sich Kooperationen mit diabetologischen Arztpraxen, Podologen, Ernährungsberatern, Sport- und Selbsthilfegruppen an. Dies kann von der Information über die Angebote bis hin zur Begleitung frisch eingestellter Diabetiker oder sogar zu gemeinsamen Patientenschulungen reichen.

Praxistipp | Auch für die eigenen Mitarbeiter sind Schulungen wichtig. Jedes Mitglied einer Apotheke mit Schwerpunkt Diabetes sollte stets auf dem aktuellsten Stand bezüglich der Therapieoptionen und technischen Entwicklungen sein. Dies kann z. B. durch Fortbildungen, diabetologische Teamschulungen oder die Teilnahme an den Jahrestagungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) erfolgen, sollte aber auch die Lektüre von aktuellen Leitlinien, Praxisempfehlungen, Testberichten (z. B. zu Messgeräten) etc. beinhalten.

Bieten Sie Ihren Kunden ein professionelles Beratungsumfeld

Die Beratungen selbst sollten in gesonderten Räumen stattfinden, in denen auch entsprechendes Schulungsmaterial (www.iww.de/s12482) und Diabetes-Zubehör zur Demonstration und zum Üben vorhanden sind. Checklisten, Flyer und Infografiken helfen, die Therapietreue der Patienten noch einmal deutlich zu verbessern. Gleichzeitig fördert eine solch intensive Beratung und Schulung die Bindung an die Apotheke, da sie ein echtes Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Die richtige Kommunikation mit den Patienten und nach außen

Die Nationale Versorgungsleitlinie „Typ-2-Diabetes“ (www.iww.de/s12483) gibt im Anhang 2 Hinweise zu einer Kommunikationsgestaltung, mit der die Behandelnden (und entsprechend auch die Apotheken) die Umsetzung vereinbarter Therapieziele fördern können:

Praxistipp | Für die Kommunikation nach außen empfehlen sich Homepage-Elemente, Plakate, Flyer und Kundenstopper, die Ihre Apotheke klar als Schwerpunktapotheke Diabetes kennzeichnen und auf ihr besonders umfangreiches Sortiment an Arznei- und Hilfsmitteln für Diabetiker hinweisen.

  • Nehmen Sie sich Zeit.
  • Zeigen Sie Wertschätzung, nehmen Sie Fragen und Anliegen ernst.
  • Orientieren Sie sich an den Bedürfnissen Ihres Gegenübers.
  • Informieren Sie verständlich und geben Sie Zusatzinformationen in schriftlicher Form mit.
  • Beziehen Sie die Betroffenen ins Gespräch ein, fragen Sie nach Wünschen, Anliegen und Erwartungen. Versuchen Sie, diese Erwartungen zu befriedigen.
  • Ermuntern Sie zu Fragen.
  • Klären Sie über verschiedene Optionen und die Arzneimittelinformationen auf.
  • Informieren Sie über Besonderheiten der Behandlung.
  • Fragen Sie, ob weitere Hilfe gewünscht ist.
  • Schließen Sie das Gespräch mit der Frage ab, ob die Beratung als hilfreich empfunden wurde.
Weiterführende Hinweise
  • Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe (Hrsg.) (2024) Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2025. MedTriX, Wiesbaden.

AUSGABE: AH 7/2025, S. 7 · ID: 50322697

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