FeedbackAbschluss-Umfrage
AHApotheke heute

Qualitätsmanagement, Teil 4QM – vom Fluch zum Segen: Theoretische Vorgaben mithilfe von Arbeitsblättern praktisch umsetzen

Top-BeitragAbo-Inhalt23.06.20255732 Min. LesedauerVon Apothekerin Anja Hapka, Essen

| Geschickt ausgewählte Arbeitsblätter sind bei der Umsetzung der Theorie eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) in die Praxis unverzichtbar. Ausgefüllte Arbeitsblätter beweisen, dass das Team täglich mit den Vorgaben des QMS arbeitet. Für den Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB) der Apotheke bilden sie die Grundlage für eine praxisorientierte Weiterentwicklung des QMS. AH stellt Ihnen eine Auswahl von Arbeitsblättern vor, mit deren Hilfe Sie die Umsetzung des QMS in Ihrer Apotheke leicht im Blick behalten können. |

AdobeStock_959941952_Topnews.jpg (Bild: © amorn – stock.adobe.com)
Bild vergrößern
Bild: © amorn – stock.adobe.com

Unterschied Dokument und Arbeitsblatt

Als Dokumente bezeichnet man alle ausgearbeiteten Seiten im Qualitätsmanagementhandbuch (QMH). In ihnen sind Kapitel für Kapitel die theoretischen Anforderungen in jedem Arbeitsbereich dargelegt, dort befinden sich schematisch dargestellte Abläufe aller wichtigen Tätigkeiten sowie die Erläuterung bisher aufgetretener Fehler inklusive der Strategien, wie diese zukünftig im Team vermieden werden können. Dokumente werden stetig weiterentwickelt und überarbeitet. Daher enthalten sie Angaben zu ihrer Erstellung und Freigabe. Zudem müssen sie immer einen Revisionsstand ausweisen. Durch eine spezielle Art der Hervorhebung sind die letzten Änderungen durch den QMB sehr leicht erkennbar (siehe auch „QM – vom Fluch zum Segen: Aktualisierung des QMH bei Abrechnung von Milchpumpenrezepten“, AH 05/2025, Seite 7).

Arbeitsblätter hingegen sind vom QMB vorbereitete Arbeitsbögen, die noch von einem oder mehreren Teammitgliedern in bestimmten Situationen ausgefüllt bzw. je nach Tätigkeit manchmal auch nur abgezeichnet werden müssen. Sie finden ihren Platz nicht im eigentlichen QMH, sondern werden in separaten Zusatzordnern aufbewahrt. Sie tragen keine Kennzeichnungen hinsichtlich Erstellung, Freigabe und Revisionsstand. Sie dürfen nach der vorgegebenen Zeit (empfohlen werden ein bis drei Jahre, je nach Arbeitsblatt) der Aktenvernichtung zugeführt werden.

Bedeutung von Arbeitsblättern

Der QMB ist darauf angewiesen, dass das gesamte Team die vorgegebenen Arbeitsblätter gewissenhaft ausfüllt bzw. abzeichnet. Nur so kann er nachvollziehen, ob alle nicht direkt mit dem Kerngeschäft verbundenen Tätigkeiten auch wirklich erledigt wurden und ggf. einzelne Teammitglieder an ausgelassene Tätigkeiten erinnern. Die ausgefüllten Arbeitsblätter bieten ihm zusätzlich eine gute Grundlage, um Fehler zügig aufzudecken und Strategien zur Fehlervermeidung zu entwickeln. Zudem benötigt er diese Angaben, um statistische Auswertungen wie z. B. den geforderten jährlichen Managementbericht und die dazugehörige Datenanalyse verfassen zu können.

Wichtiger Grundsatz: Beim QM nicht mogeln!

Bitte bedenken Sie, dass es nicht sinnvoll ist, die Arbeitsblätter immer so auszufüllen, als wäre alles perfekt abgelaufen, wenn dies nicht so war. Das ist unnötige Arbeit, von der niemand profitiert. Ein QMS, in dem regelmäßig Fehler auftreten, die dann systematisch bearbeitet werden, ist für den Apothekenalltag weitaus wertvoller als ein QMS, das absolut fehlerfrei zurechtgemogelt wurde!

Auswahl möglicher Arbeitsblätter

Bei der Erstellung der Arbeitsblätter für das QM sollten drei Gründe berücksichtigt werden, die die Notwendigkeit der einzelnen Bögen erklären:

  • Es sollten alle gesetzlichen Vorgaben umgesetzt sein. So ergibt sich z. B. aus der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), dass Aufzeichnungen zu den Lagertemperaturen geführt und bestimmte Ausrüstungsgegenstände regelmäßig geeicht bzw. kalibriert werden müssen.
  • Es ist zu überlegen, welche Schwächen in der Organisation des eigenen Betriebs bestehen und wie diesen gezielt mit geeigneten Arbeitsblättern entgegengewirkt werden kann.
  • Es empfiehlt sich, mithilfe geschickt gewählter Arbeitsblätter die Aufmerksamkeit auf Bereiche zu lenken, die der Apothekenleitung wichtig sind, im Alltag jedoch leicht untergehen. Gängige Beispiele hierfür sind Themen wie Fortbildung oder Aktionstage.

Aufbau eines Arbeitsblatts

Bei der Erstellung eines Arbeitsblatts sollte immer festgelegt werden, wer es in welchem zeitlichen Rhythmus bzw. bei welchem Ereignis auszufüllen hat und nach welchem Zeitraum es der Aktenvernichtung zugeführt werden kann. Es sollte stets darauf geachtet werden, dass das Ausfüllen im Arbeitsalltag nur wenig Zeit in Anspruch nimmt. So ist es von Vorteil, wenn i. d. R. wenig Text eingetragen werden muss und stattdessen gängige Varianten zum Ankreuzen vorhanden sind. In bestimmten Fällen (z. B. beim Hygieneplan) reicht es auch aus, wenn die Erledigung einer bestimmten Tätigkeit mit dem Kürzel des jeweiligen Mitarbeiters abgezeichnet wird. Jedes Arbeitsblatt sollte inhaltlich grob einem Kapitel im QMH zugeordnet sein.

Gängige Arbeitsblätter zum Themenkomplex QMS

  • a) Selbstinspektionsliste: Einmal pro Kalenderjahr muss gemäß § 2a Abs. 2 ApBetrO eine systematische Überprüfung aller betrieblichen Abläufe durch das pharmazeutische Personal vorgenommen werden. Eine Checkliste zur Selbstinspektion finden Sie unter der Abruf-Nr. 50303994.
  • b) Auditbericht: Jeder Mitarbeiter sollte einmal jährlich alle für seinen Arbeitsbereich relevanten Kapitel des QMH durcharbeiten und anschließend mit dem QMB durchsprechen. In diesem Gespräch sollte geprüft werden, ob das QMH in allen Teilen verständlich und korrekt ist. Die Mitarbeiter sollen konkrete Vorschläge einbringen, welche Prozesse ausführlicher dargelegt werden müssen und welche Ausnahmefälle ihnen für ein sichereres Arbeitsgefühl im Alltag noch fehlen. Da es sich bei den Gesprächen zwischen dem QMB und den Mitarbeitern um ein internes Audit handelt, werden die entsprechenden Protokolle auch Auditberichte genannt.
  • c) Interne Fehlermeldung: Alle Mitarbeiter sollen Fehler, die ihnen auffallen, mittels einer internen Fehlermeldung dokumentieren und an den QMB weiterleiten. Falls die Fehlerursache bereits recherchiert wurde, wird diese ebenso wie mögliche Lösungen für das Problem festgehalten. Der QMB muss dann beurteilen, ob es sich um systematische oder eher um zufällige Fehler handelt und ob nur bestimmte Mitarbeiter oder das gesamte Team davon betroffen sind. Er entwickelt (ggf. mit der Hilfe anderer Personen) eine Strategie zur Fehlervermeidung und bespricht diese mit allen Betroffenen. Nach Ablauf einer festgelegten Zeitspanne wird überprüft, ob das Problem behoben ist oder ob eine erweiterte Fehlervermeidungsstrategie entwickelt werden muss.
  • Beachten Sie | Im Sinne des QM ist ein Fehler definiert als das Abweichen von der Norm. Es sollten daher nicht nur Fehler gemeldet werden, die zu starken negativen Auswirkungen geführt haben.
  • d) Managementbericht (mit Datenanalyse): Wenn die Apotheke eine QMS-Zertifizierung durch die Apothekerkammer erhalten hat, ist sie verpflichtet, einmal jährlich unaufgefordert einen Managementbericht zusammen mit den Teilnahmebestätigungen der Ringversuche für die Bereiche Rezeptur und Blutzuckermessung (sofern diese angeboten werden) sowie des Pseudo-Customer-Besuchs an die Apothekerkammer zu schicken. In diesem Bericht wird jährlich der Fortschritt geplanter Projekte beurteilt. Zusätzlich analysiert der QMB das eigene QMS im Hinblick auf seine Leistungsfähigkeit und Verbesserungsmöglichkeiten. Dabei zieht er die Ergebnisse von internen und externen Audits, Rückmeldungen von Kunden sowie den Stand von Vorbeuge- und Korrekturmaßnahmen zurate.

Gängige Arbeitsblätter zum Themenkomplex Chefsache

Beispiel für die erste Arbeitswoche einer neuen PTA

Name: …

Kenntnisse nach acht Tagen:

  • ☐ Räumlichkeiten der Apotheke, alle Angestellten und deren Aufgabengebiete
  • ☐ Alle Arztpraxen im Umfeld
  • ☐ Bedienung von Telefon, Fax, Kopierer (Rezepte kopieren!)
  • ☐ Kundennummern, Anruf- und Lieferzeiten der Großhandlungen
  • ☐ Warenlager, Lagerorte, Einsortieren von Ware, ggf. Umgang mit dem Kommissionierer
  • ☐ Umgang mit dem Kassenprogramm, Grundkenntnisse der Zusatzprogramme (z. B. ABDA-Datenbank), Umgang mit Kundenkarte/Patientenkartei
  • ☐ Umgang mit dem EC-Gerät, alternative Zahlmöglichkeiten
  • ☐ Artikelbestellungen
  • ☐ Abwicklung von Abholungen, Organisation des Botendienstes, eventuell Umgang mit der automatisierten Abholstation
  • ☐ Existenz des QMH, Erledigung zu tätigender Unterschriften
  • ☐ Grundsätze des Datenschutzes
  • a) Mitarbeiterstand, Arbeits- und Urlaubsplan: Es sollte eine Übersicht aller Mitarbeiter mit ihren jeweiligen Arbeits- und Pausenzeiten existieren. Falls nur gewisse Mitarbeiter in der Lage sind, bestimmte Tätigkeiten (wie z. B. das Anmessen von Kompressionsstrümpfen) auszuführen, bietet es sich an, dies ebenfalls zu vermerken. Der aktuelle Arbeitsplan sollte stets mit dem Urlaubsplan abgeglichen werden. So kann frühzeitig für eine stets ausreichende Personaldecke gesorgt werden.
  • b) Zuständigkeiten und Vertretungsplan: Hier wird tabellarisch für alle in der Apotheke anfallenden Tätigkeiten festgelegt, wer dafür verantwortlich ist und wer im Urlaubs- oder Krankheitsfall als Vertretung vorgesehen ist.
  • c) Einarbeitungschecklisten für Approbierte, PTA und PKA: Für neu eingestelltes Personal sollte eine Liste (angepasst an die jeweilige Berufsgruppe und das entsprechende Aufgabenfeld) ausgearbeitet werden, die angibt, was demjenigen in welcher Woche beigebracht werden soll. Wenn etwas erledigt ist, wird es abgehakt. Am Ende der Woche werden die Prozesse besprochen, die untergegangen sind.
  • d) Ermittlung des Fortbildungsbedarfs von Approbierten, PTA und PKA: Auf diesem Arbeitsblatt wird festgehalten, wer in welchem Bereich Schulungsbedarf hat und an welchen Fortbildungen Interesse besteht. Zudem lässt sich der Überblick über anstehende Pflichtfortbildungen wie den zweijährlichen Auffrischungskurs in Erster Hilfe einfach behalten.
  • e) Anregungen durch Mitarbeiter: Allen Mitarbeitern sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich mit neuen Ideen aktiv in das Geschehen der Apotheke einzubringen. Da es selten möglich ist, über jede Idee sofort zu sprechen, bietet sich ein Arbeitsblatt an, auf dem die Mitarbeiter ihre Anregungen schriftlich festhalten können. So geht keine Idee verloren.
  • f) Ausrichtung der Apotheke, Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: Der Apothekenleiter kann hier alle Formen der Öffentlichkeitsarbeit festlegen, die er zur optimalen Außenwahrnehmung seiner Apotheke nutzen möchte. Dabei sollten nicht nur Besonderheiten wie Aktionstage, sondern es sollte alles, was die Kundschaft wahrnimmt, berücksichtigt werden (z. B. Onlineauftritt, Schaufenstergestaltung, Anzeigen, Arbeitskleidung, Außen- und Innenbeleuchtung, Warenproben, Aufsteller, Grußkarten). Auf dem Arbeitsblatt wird festgehalten, wer für was zuständig ist, wer wen vertritt, in welchen Abständen bestimmte Marketingaktionen geplant sind und welches Budget dafür zur Verfügung steht.

Arbeitsblatt zum Themenkomplex Kunden

Beschwerden von Kunden: Das Arbeitsblatt bezüglich der Kundenreklamationen ist das absolute Herzstück des QMS. Diesem sollte immer volle Aufmerksamkeit geschenkt werden, auch wenn andere Aufgaben zurückgestellt werden müssen und gerade „die Hütte brennt“. Jeder Mitarbeiter – egal, ob im Backoffice am Telefon, beim Ausliefern von Ware im Zuge des Botendienstes oder im Handverkauf – sollte dieses Arbeitsblatt ausfüllen und an den QMB weiterleiten, sobald sich ein Kunde bei ihm beschwert. Der QMB beurteilt im Nachgang, ob die Beschwerde gerechtfertigt ist und ob etwas in einem bestimmten Prozess geändert werden muss.

Praxistipp | Tatsächlich sollten alle Kundenreklamationen lückenlos dokumentiert werden, auch wenn von vornherein feststeht, dass kein Fehlverhalten eines Mitarbeiters vorliegt. So erhält man wertvolle Einblicke in die Erwartungshaltung der Kunden und kann Kleinigkeiten verbessern, denen das Team sonst niemals seine Aufmerksamkeit geschenkt hätte.

Gängige Arbeitsblätter zum Themenkomplex Backoffice

Praxistipp | Ähnliche Arbeitsblätter können sich auch für die Beurteilung von Fremdfirmen anbieten, die bestimmte Aufgabenbereiche in der Apotheke übernehmen (z. B. Fenster- oder Kittelreinigung).

  • a) Temperaturkontrolle: Auf diesen Arbeitsblättern werden in vorbereiteten Tabellen die gemessenen Minimal- und Maximaltemperaturen der Arzneimittelkühlschränke, einer ggf. vorhandenen automatisierten Abholstation und einer ggf. vorhandenen Lieferschleuse sowie die Maximaltemperaturen in der Offizin, in der Rezeptur/im Labor und in den Lagerräumen notiert und abgezeichnet.
  • b) Hygieneplan: Auf diesem Arbeitsblatt wird festgehalten, was in welchen Abständen von wem gereinigt werden soll. Nach der Erledigung wird mit Namenskürzel abgezeichnet. Es ist sinnvoll, hier vor allem die besonders selten zu erledigenden Tätigkeiten aufzunehmen, damit diese nicht in Vergessenheit geraten. Dabei kann es sich z. B. um das Abtauen und gründliche Reinigen des Lebensmittelkühlschranks, das Waschen von Gardinen, das Putzen des Abzugs oder der Chemikalienregale handeln.
  • c) Kontrolllisten zur Optimierung des Warenlagers: Wichtige Beispiele sind hier u. a. die permanente Inventur und die Jahresinventur, die Verfalldatenpflege, eine auf die Bedürfnisse der Apotheke zugeschnittene Notdienstbestellliste sowie ggf. Listen zu Mindestbeständen oder den vorrätigen Betäubungsmitteln. Alles, was erledigt ist, wird mit Datum abgezeichnet.
  • d) Überprüfungen von Geräten: Hierbei handelt es sich um eine tabellarische Auflistung aller Geräte, die entweder geeicht, kalibriert oder in regelmäßigen Abständen anderweitigen Wartungen bzw. Kontrollen unterzogen werden müssen, mit Angabe des nächsten Kontrolldatums.
  • e) Lieferantenbewertung: Auf diesem Arbeitsblatt werden alle Besonderheiten festgehalten, die sich im Zusammenhang mit den verschiedenen Lieferanten ereignet haben. So kann die Apothekenleitung leichter beurteilen, ob eine Umorientierung bei einem bestimmten Lieferanten sinnvoll ist.

AUSGABE: AH 7/2025, S. 2 · ID: 50401822

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte