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ArzneimittelversorgungAchtung, Fälschung! Diese Arzneimittelverordnungen werden häufig gefälscht
| Durch das E-Rezept wird die Möglichkeit der Fälschung von Rezepten nach Ansicht von Experten wesentlich erschwert. Diese Hoffnung allein hilft jedoch wenig bei der Bekämpfung der aktuellen Fälschungen von Papierrezepten. Die Anzahl dieser Fälschungen hat in letzter Zeit massiv zugenommen. Umso wichtiger ist es für die Apotheke, Fälschungen möglichst umfassend zu erkennen und im Falle einer Fälschung keine Arzneimittel abzugeben. |
Rezeptfälschungen richten großen Schaden an
Der Apotheker unterliegt einer besonderen Sorgfaltspflicht, um Schäden durch Rezeptfälschungen zu verhindern, wie sie allein im Jahr 2024 in erheblichem Umfang entstanden sind. Dies dient nicht allein dazu, die Krankenkassen vor Schaden zu bewahren, sondern soll auch Versorgungsengpässe verhindern, die durch Rezeptfälschungen für bestimmte Wirkstoffe verstärkt wurden. Solche Engpässe beeinträchtigen vor allem Patienten, die dringend auf ihre Medikamente angewiesen sind. Insbesondere im Bereich der neuen Antidiabetika war dies in den vergangenen Monaten ein großes Problem. Darüber hinaus drohen Apotheken Retaxationen, wenn sie Arzneimittel abgeben, obwohl erkennbar ist, dass es sich um eine Fälschung handelt.
Häufige Fälschungen im Überblick
Diese Arzneimittel bzw. Wirkstoffe sind häufig von Fälschungen betroffen:
- Sehr häufig von Fälschungen betroffen sind z. B. die im Rahmen der Schmerztherapie eingesetzten Wirkstoffe Tilidin, Tramadol, Fentanyl, Oxycodon und Pregabalin sowie Benzodiazepine und Psychopharmaka. Diese Wirkstoffe werden häufig missbräuchlich verwendet und sind daher oft Gegenstand von gefälschten „privatärztlichen“ Verordnungen.In der Schmerztherapie eingesetzte Wirkstoffe, Benzodiazepine, Psychopharmaka
- Aufgrund der Möglichkeit, sie zum Abnehmen lukrativ auf dem Schwarzmarkt weiterzuverkaufen, sind auch die neueren Antidiabetika wie Ozempic (Semaglutid), Mounjaro (Tirzepatid) und Trulicity (Dulaglutid) beliebte Arzneimittel, für die Rezepte gefälscht werden.Neuere Antidiabetika
- Das Fertigarzneimittel Pegasys (Peginterferon α-2a), das u. a. zur Behandlung von Hepatitis B und Hepatitis C eingesetzt wird, war im Jahr 2024 in erheblichem Umfang von Rezeptfälschungen betroffen. Die AOK Nordost geht sogar von einer Fälschungsquote von 96 Prozent aus.Das Fertigarzneimittel Pegasys
- In diesem Jahr betreffen Rezeptfälschungen vielfach das Arzneimittel Lonsurf (Wirkstoffe Trifluridin und Tipiracil). Das Arzneimittel ist zugelassen bei Magenkarzinomen und kolorektalen Karzinomen. Bei diesen Fälschungen wird regelmäßig eine Diagnose auf der Verordnung angegeben. Meist werden laienhafte Ausdrücke wie „Magenkrebs“ verwendet, um die Verordnung unmittelbar zu rechtfertigen. Dies ist auffällig, da bei der Verordnung von Fertigarzneimitteln keine Angabe einer Diagnose vorgesehen ist.
- Auch Verordnungen von Arzneimitteln gegen Prostatabeschwerden (z. B. Alfuzosin) werden nicht selten gefälscht. Dies liegt insbesondere daran, dass sie in der „Szene“ zur Reduzierung unerwünschter Wirkungen von Kokain und anderen anticholinerg wirkenden Substanzen bekannt sind. Durch den Missbrauch dieser Substanzen kann der Harnfluss behindert oder sogar vollständig blockiert werden.Verordnungen von Arzneimitteln gegen Prostatabeschwerden
Auf diese Fälschungsmerkmale ist zu achten
Insbesondere bei Verordnungen der genannten Wirkstoffe sollte daher verstärkt auf Fälschungsmerkmale geachtet werden. So sind z. B. unterschiedliche Schriftgrößen und -arten auf dem Rezept Anlass für eine genauere Analyse und ggf. für eine Rücksprache mit dem (vermeintlich) verordnenden Arzt. Gleiches gilt bei auffälligem Verhalten des Einlösenden.
Auch eine fehlerhafte Schreibweise des Wirkstoffs oder der Arzneimittelbezeichnung sollte als Alarmsignal dienen und zu besonderer Wachsamkeit Anlass geben. Eine weit entfernte Heimatanschrift des Versicherten vom Standort der Apotheke könnte ebenfalls ein Hinweis auf eine Fälschung sein, es sei denn, die Apotheke befindet sich in einem beliebten Urlaubsziel. In diesen Fällen sowie dann, wenn die Arztpraxis in großer räumlicher Distanz zur Apotheke ansässig ist, sollte Rücksprache mit dem verordnenden Arzt gehalten werden.
In den genannten Fällen ist es auch wichtig, den Arztstempel genauer zu betrachten. Fehlende oder falsche Angaben zur Adresse des Arztes können ein Hinweis auf eine Fälschung sein. Zudem treten in Fälschungsfällen häufig auch sinnwidrige Angaben zutage. So gab es kürzlich beispielsweise Fälle, in denen der Arztstempel mit dem an dieser Stelle nicht sinnvollen Wort „Vertragsarztstempel“ überschrieben war. Darüber hinaus können fehlerhafte Angaben zur Dosierung ein Hinweis auf ein gefälschtes Rezept sein.
Schließlich weist der Hamburger Apothekerverein darauf hin, dass bei Verordnungen von Wirkstoffen, die häufig von Fälschungsversuchen betroffen sind, die Betriebsstättennummer näher in Augenschein genommen werden sollte. Eine Betriebsstätte in Hamburg trägt eine Betriebsstättennummer, die mit „02“ beginnt. Wenn vermeintliche Verordnungen einer Hamburger Praxis also eine Betriebsstättennummer aufweisen, die z. B. mit „72“ beginnt, ist dringend Rücksprache mit der Praxis zu empfehlen.
Fazit | Bei Verdacht auf eine Fälschung sollten Details wie Schriftbild, Diagnose, Dosierungsangabe und Arztstempel sorgfältig überprüft werden, da sie entscheidende Hinweise auf eine mögliche Fälschung liefern können. |
AUSGABE: AH 7/2025, S. 12 · ID: 50431873