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AHApotheke heute

SteuergestaltungBilanzierungswahlrechte steuergestaltend nutzen: Rücklage für Ersatzbeschaffung & Co.

Abo-Inhalt20.06.20255575 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Es gibt viele steuerliche Wahlrechte, mit denen sich der Gewinn der Apotheke aktiv und legal von einer Periode in eine andere Periode verschieben lässt. Durch den progressiven Einkommensteuersatz können so Steuern gespart werden. AH stellt Ihnen in diesem Beitrag die RfE, die Übertragung von stillen Reserven und die erfolgsneutrale Behandlung von Zuschüssen vor. |

Schäden mit der „RfE“ neutralisieren

Nicht immer läuft alles nach Plan. So kann es z. B. passieren, dass das Gebäude der Apotheke abbrennt oder ein Botenfahrzeug unverschuldet einen Unfallschaden erleidet. In solchen Fällen ist der Apotheker gut beraten, wenn eine Versicherung einspringt und den Schaden ausgleicht. Das Problem dabei ist allerdings die Besteuerung. Denn wenn die Versicherungssumme den Buchwert des aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Wirtschaftsguts übersteigt, werden stille Reserven aufgedeckt, die der Besteuerung unterliegen.

Beispiel 1

Im Jahr 2024 erlitt ein Botenfahrzeug (Restbuchwert: 10.000 Euro) einen Totalschaden. Die Versicherung ersetzt den Zeitwert von 30.000 Euro.

Lösung: Die Versicherungssumme ist als Betriebseinnahme zu erfassen. Im Gegenzug ist der Restbuchwert des zerstörten Pkw i. H. v. 10.000 Euro auszubuchen. Somit entsteht ein Gewinn von 20.000 Euro. Dieser muss versteuert werden.

Um diese Gewinnverwirklichung durch Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden, kann der Apotheker wahlweise gemäß R 6.6 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) eine steuerneutrale Rücklage für Ersatzbeschaffung (RfE) bilden. Das ist möglich, wenn es zur zwangsweisen Aufdeckung stiller Reserven kommt, sich das hierzu führende Ereignis aber dem Wirkungsbereich des Apothekers entzieht und ein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird. Für die Bildung der RfE müssen fünf Voraussetzungen erfüllt sein:

Beispiel 2 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Noch 2024 schafft Apotheker A ein neues Botenfahrzeug für 35.000 Euro an (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer: sechs Jahre).

Lösung: A hat die Wahl. Er kann wie in Beispiel 1 den Gewinn von 20.000 Euro realisieren und parallel die Anschaffungskosten des neuen Botenfahrzeugs i. H. v. 35.000 Euro über die Nutzungsdauer von sechs Jahren abschreiben (jährliche lineare Abschreibung = 5.834 Euro). Er kann aber auch den realisierten Gewinn auf das neue Botenfahrzeug übertragen. Dann mindern sich die Anschaffungskosten auf 15.000 Euro. Die positive Folge ist, dass die sofortige Besteuerung der 20.000 Euro verhindert wird. Parallel dazu wird der neue Pkw jedoch ausgehend von 15.000 Euro abgeschrieben (jährliche Abschreibung = 2.500 Euro).

  • 1. Ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens
  • 2. muss infolge höherer Gewalt (z. B. infolge von Elementarereignissen und anderen unabwendbaren Ereignissen wie Diebstahl, Raub, Brandstiftung, Erpressung, Sachbeschädigung, unverschuldeter Verkehrsunfall) oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs (z. B. Enteignung)
  • 3. gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheiden und
  • 4. innerhalb einer Reinvestitionsfrist muss ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut als Ersatzwirtschaftsgut angeschafft werden,
  • 5. auf dessen Anschaffungskosten die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden.

Die stillen Reserven können auch dann auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden, wenn es erst im Folgejahr angeschafft wird. In diesem Fall muss der Apotheker in der Bilanz für den Jahresabschluss, in dem die stillen Reserven realisiert wurden, eine Rücklage bilden. Diese Rücklage wird im Jahr der Anschaffung des Ersatzwirtschaftsguts steuerneutral auf dieses übertragen.

Beispiel 3 (Abwandlung von Beispiel 2)

Das Botenfahrzeug wurde erst im Jahr 2025 angeschafft.

Lösung: Die im Jahr 2024 durch die Versicherungsleistung aufgedeckten stillen Reserven i. H. v. 20.000 Euro müssten grundsätzlich 2024 versteuert werden. Es kann jedoch zum 31.12.2024 eine RfE i. H. v. 20.000 Euro gebildet werden. Der Gewinn für 2024 mindert sich dann um 20.000 Euro und es tritt keine Steuerbelastung ein. Im Folgejahr 2025 wird die Rücklage steuerneutral auf das neue Botenfahrzeug übertragen. Die Anschaffungskosten mindern sich dadurch um 20.000 auf 15.000 Euro, sodass die künftige Abschreibung des neuen Botenfahrzeugs ausgehend von 15.000 Euro zu berechnen ist.

Beachten Sie | Auch wenn die Rücklage gebildet wurde, muss der Apotheker sie nicht zwingend auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen. Er kann die Rücklage auch einfach in dem späteren Jahr (2025) gewinnerhöhend auflösen.

Realisierte stille Reserven nach § 6b EStG übertragen

Manchmal muss eine Apotheke umstrukturiert werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Apotheke ab sofort an einem anderen Ort betrieben werden soll. Wenn das bisherige Gebäude im Eigentum des Apothekers stand, wird es häufig veräußert, um mit der gewonnenen Liquidität den neuen Standort zu finanzieren. Auch hier schlägt das Finanzamt zu, denn die durch den Verkauf des Gebäudes realisierten stillen Reserven unterliegen der Besteuerung.

Beispiel 4

A zieht mit der Apotheke in neue Betriebsräume um. Das Grundstück hat er 2024 erworben und dafür 1.000.000 Euro bezahlt. Auf den Grund und Boden entfallen 300.000 Euro und auf das Gebäude 700.000 Euro.

Zudem hat er das bisherige Apothekengrundstück im Jahr 2024 für ebenfalls 1.000.000 Euro veräußert (Grund und Boden = 350.000 Euro, Gebäude = 650.000 Euro). Der Restbuchwert von Grund und Boden belief sich auf 100.000 Euro, der des Gebäudes auf 350.000 Euro.

Lösung: Auch wenn A durch den Verkauf 1 Mio. Euro realisiert und diese zugleich reinvestiert, kostet der Vorgang immense Steuern. Er kann nämlich das neue Gebäude gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) lediglich ausgehend von 700.000 Euro mit jährlich 3 Prozent (= 21.000 Euro) abschreiben, während er den Gewinn von 550.000 Euro aus dem Verkauf des alten Grundstücks sofort versteuern muss (1 Mio. Euro − 100.000 und 350.000 Euro). Bei einem Steuersatz von 45 Prozent bedeutet das eine Belastung von 247.500 Euro.

Diese erhebliche Steuerbelastung lässt sich zwar nicht endgültig umgehen, aber auf viele Jahre in die Zukunft verschieben. § 6b EStG ermöglicht es Apothekern, die durch den Verkauf von Immobilien und Grundstücken realisierten stillen Reserven ähnlich wie bei der RfE auf neue Immobilien und Grundstücke zu übertragen. Allerdings lässt sich der durch die Veräußerung einer Immobilie realisierte Gewinn ausschließlich auf neue Immobilien übertragen, während sich der durch die Veräußerung von Grund und Boden realisierte Gewinn nicht nur auf neuen Grund und Boden, sondern auch auf Immobilien übertragen lässt. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 6b EStG sind (§ 6b Abs. 4 EStG):

  • 1. Der Gewinn der Apotheke muss durch Bilanzierung ermittelt werden,
  • 2. die veräußerten Wirtschaftsgüter haben im Zeitpunkt ihrer Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum inländischen Anlagevermögen gehört,
  • 3. die neu angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter gehören zum inländischen Anlagevermögen,
  • 4. der bei der Veräußerung entstandene Gewinn ist steuerpflichtig und
  • 5. der Abzug nach § 6b EStG kann in der Buchführung verfolgt werden.

Beachten Sie | Über § 6c Abs. 1 EStG gilt die Regelung auch für Apotheker, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) ermitteln.

Beispiel 5 (Abwandlung von Beispiel 4)

A nutzt jetzt § 6b EStG.

Lösung: Der bei der Veräußerung des Grunds und Bodens entstandene Gewinn von 250.000 Euro (350.000 Euro Erlös abzüglich 100.000 Euro Buchwert) wird auf den neuen Grund und Boden steuerneutral übertragen. Dadurch reduzieren sich die Anschaffungskosten für diesen von 300.000 auf 50.000 Euro. Der bei der Veräußerung des Gebäudes entstandene Gewinn von 300.000 Euro (650.000 Euro Erlös abzüglich 350.000 Euro Buchwert) wird auf das neue Gebäude steuerneutral übertragen. Dadurch reduzieren sich die Anschaffungskosten für das neue Gebäude von 700.000 auf 400.000 Euro. Parallel dazu reduziert sich die jährliche Gebäudeabschreibung von 21.000 auf 12.000 Euro (400.000 Euro × 3 Prozent).

Beachten Sie | A verhindert die sofortige Besteuerung von 550.000 Euro. Ein Teilbetrag von 250.000 Euro (Grund und Boden) unterliegt erst dann der Besteuerung, wenn der neue Grund und Boden veräußert wird. Der auf das Gebäude entfallende Teilbetrag von 300.000 Euro wird hingegen ratierlich über 33 1/3 Jahre durch die um 9.000 Euro reduzierte Gebäudeabschreibung versteuert.

In der Praxis kommt es häufig vor, dass die Veräußerung und die Neuanschaffung nicht im selben Jahr erfolgen. Wenn die Neuanschaffung bereits im Vorjahr erfolgte, lassen sich die realisierten stillen Reserven trotzdem übertragen (§ 6b Abs. 5 EStG). Maßgebend für die Übertragung sind dann allerdings die fortgeführten Buchwerte. Zudem können die realisierten stillen Reserven gemäß § 6b Abs. 3 EStG auch auf in den Folgejahren anzuschaffende Wirtschaftsgüter übertragen werden. In diesem Fall ist zum jeweiligen Bilanzstichtag eine steuerfreie Rücklage in Höhe der realisierten stillen Reserven zu bilden. Diese wird im Jahr der Neuanschaffung auf die neuen Wirtschaftsgüter übertragen.

Apotheker dürfen sich mit der Neuanschaffung aber nicht ewig Zeit lassen. Das neue Grundstück/die neue Immobilie muss innerhalb der folgenden vier Jahre angeschafft oder hergestellt werden. Dieser Zeitraum verlängert sich auf sechs Jahre, wenn die Übertragung auf neu herzustellende Gebäude erfolgen soll, mit deren Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs begonnen wurde. Hat ein Apotheker eine Rücklage nach § 6b EStG gebildet und erfolgt keine Übertragung auf ein neues Wirtschaftsgut, ist die Rücklage spätestens am Ende des Vier- bzw. Sechsjahreszeitraums gewinnerhöhend aufzulösen. In diesem Fall muss nicht nur der realisierte Gewinn versteuert werden, sondern es fällt auch ein Zinszuschlag an. Dieser beträgt gemäß § 6b Abs. 7 EStG jährlich 6 Prozent der aufzulösenden und nicht übertragenen Rücklage. Das Jahr der Rücklagenbildung wird hierbei nicht mitgerechnet.

Beispiel 6

A hat zum 31.12.2020 eine § 6b-Rücklage i. H. v. 100.000 Euro gebildet. Da er innerhalb des vierjährigen Zeitraums kein begünstigtes Reinvestitionsgut anschafft, löst er die Rücklage zum 31.12.2024 auf.

Lösung: Durch die Auflösung muss A den bereits im Jahr 2020 realisierten Gewinn von 100.000 Euro im Jahr 2024 versteuern. Zusätzlich ist nach § 6b Abs. 7 EStG ein Zinszuschlag von jährlich 6 Prozent für vier volle Jahre (2021 bis 2024) gewinnerhöhend zu erfassen. Dieser beträgt 24.000 Euro (100.000 Euro × 6 Prozent × 4 Jahre). Im Jahr 2024 müssen somit 124.000 Euro versteuert werden.

Wahlrecht: Zuschüsse erfolgsneutral behandeln

Manchmal erhalten Apotheker Zuschüsse für die Investition in Anlagevermögen. Das können beispielsweise Zuschüsse für das Gebäude bzw. dessen energieeffiziente Sanierung oder Zuschüsse für die Einrichtung der Apotheke sein. Diese Zuschüsse stellen Betriebseinnahmen dar, die gewinnerhöhend zu erfassen sind. Parallel dazu berechtigen die Aufwendungen für die mit den Zuschüssen angeschafften Wirtschaftsgüter zum Betriebsausgabenabzug. Da die Zuschüsse sofort zu versteuern sind, sich die Betriebsausgaben über die Abschreibung jedoch über viele Jahre auswirken, kann es zu einer unerwünschten Steuerbelastung kommen.

Beispiel 7

A hat im Jahr 2024 eine neue Landapotheke eröffnet. Die Investition in die Ladeneinrichtung (Nutzungsdauer: acht Jahre) belief sich auf 50.000 Euro. Vom Staat erhielt er einen Investitionszuschuss i. H. v. 20.000 Euro.

Lösung: Da der Investitionszuschuss 2024 als Ertrag zu erfassen ist, erhöht sich der Gewinn des Jahres 2024 um 20.000 Euro. Parallel dazu ist die Ladeneinrichtung ausgehend von 50.000 Euro Anschaffungskosten über acht Jahre abzuschreiben. Der Gewinn der Jahre 2024 bis 2031 mindert sich deshalb um jeweils 6.250 Euro. Unter dem Strich bedeutet das: 2024 = + 13.750 Euro Gewinn und 2025 bis 2031 = − 6.250 Euro Gewinn.

Als Alternative gestattet die Finanzverwaltung eine erfolgsneutrale Behandlung (R 6.5 Abs. 2 EStR). Bei dieser darf der Apotheker das Wirtschaftsgut, für das der Zuschuss gewährt wurde, nur mit den tatsächlich aufgewendeten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewerten. Ein erhaltener Zuschuss mindert also den Bilanzansatz und reduziert damit auch das AfA-Volumen sowie die AfA-Bemessungsgrundlage (R 7.3 Abs. 4 EStR). Der Vorteil besteht darin, dass die gewinnerhöhende Erfassung des Zuschusses als Betriebseinnahme unterbleibt.

Beispiel 8 (Abwandlung von Beispiel 7)

Der Zuschuss ist jetzt erfolgsneutral zu behandeln.

Lösung: Durch die erfolgsneutrale Behandlung entfällt die Gewinnerhöhung von 20.000 Euro im Jahr 2024. Parallel reduzieren sich die zu bilanzierenden Anschaffungskosten für die Ladeneinrichtung um den Zuschuss auf 30.000 Euro. Als Folgewirkung reduziert sich die jährliche Abschreibung auf 3.750 Euro. Im Saldo wird zwar ein identischer Totalgewinn wie in Beispiel 7 erzielt, bezogen auf die einzelnen Jahre ergeben sich jedoch Unterschiede:

Auswirkung 2024

Auswirkung 2025 bis 2031 (7×)

Auswirkung total

Beispiel 7

+ 13.750

Jeweils − 6.250

− 30.000

Beispiel 8

− 3.750

Jeweils − 3.750

− 30.000

Beachten Sie | Apotheker haben das Wahlrecht zur erfolgsneutralen Behandlung des Zuschusses auch dann, wenn dieser im Voraus gewährt wird. In diesem Fall ist in Höhe des Zuschusses zunächst eine steuerfreie Rücklage zu bilden, die im Jahr der Investition übertragen werden muss (R 6.5 Abs. 4 EStR). Wird der Zuschuss erst in einem Jahr nach bereits erfolgter Investition gewährt, kann der Apotheker diesen ebenfalls erfolgsneutral behandeln. Dafür wird der Zuschuss im Jahr seiner Gewährung auf die bereits angeschafften Wirtschaftsgüter übertragen.

AUSGABE: AH 7/2025, S. 16 · ID: 50398261

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