FeedbackAbschluss-Umfrage
AHApotheke heute

ApothekenentwicklungpDL als Teamleistung – gemeinsam geht es leichter und effizienter

Top-BeitragAbo-Inhalt24.10.20241626 Min. LesedauerVon Apothekerin Maren Patte, MBA Health Care Management, Düsseldorf

| Die Implementierung von pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) in der Apotheke ist eine Teamleistung. Jeder im Team kann seinen Teil zum Gelingen beitragen, denn gemeinsam geht es leichter und effizienter. Das folgende Beispiel zeigt, wie Aufgaben verteilt werden können, wie sich die Teammitglieder gegenseitig unterstützen und sich erfolgreich die Bälle zuspielen. |

Ein Fall fürs Apothekenteam

Jule Weber ist mit Leib und Seele PTA. Sie arbeitet schon seit zehn Jahren in der öffentlichen Apotheke und liebt die Beratung ihrer Kunden. Für Jule Weber sind die pDL eine tolle Möglichkeit, ihre Kunden noch besser zu betreuen. Heute löst die Stammkundin Frau Sommer ein Privatrezept bei ihr ein. Verordnet sind Ramipril 10 mg 100 Tabletten. Als Frau Jule Weber fragt, wie sie mit dem Blutdrucksenker zurechtkommt, antwortet die Kundin: „Eigentlich ganz gut, ich nehme das Medikament ja schon lange. In letzter Zeit ist mir allerdings oft schwindelig“. „Wie wäre es, wenn ich Ihren Blutdruck messe“, schlägt Jule Weber deshalb vor. „Einmal im Jahr haben Sie Anspruch auf eine professionelle Blutdruckmessung in der Apotheke. Vielleicht hängt der Schwindel ja mit Ihrem Blutdruck zusammen.“ Frau Sommer nimmt das Angebot gerne an.

Gute Vorbereitung ist das A und O

Wenig später betreten beide den Beratungsraum. Hier ist bereits alles vorbereitet. Das Blutdruckmessgerät steht auf dem Tisch, die von der Kundin zu unterschreibende Vereinbarung und der „Informationsbogen Blutdruck“ liegen griffbereit in Ablagefächern. Dafür hat die PKA Verena Schwarz gesorgt. Als sie zum ersten Mal von den neuen pDL hörte, war sie zunächst enttäuscht, denn diese dürfen nur von pharmazeutischem Personal durchgeführt werden. Als die pDL dann Thema beim Teamabend waren, wurde gemeinsam mit den Kolleginnen nach Möglichkeiten gesucht, wie sie sich auch als PKA einbringen kann: Sie bereitet nun täglich den Beratungsraum vor und sorgt dafür, dass alle benötigten Materialien (Blutdruckmessgerät, Dummy-Devices, Informationsbögen, Checklisten usw.) vorrätig sind.

Schließlich ist eine gute Vorbereitung das A und O, um die pDL auch unter Zeitdruck und in Zeiten von Personalmangel erfolgreich anbieten zu können. Wenn Kunden am Telefon nach den pDL fragen, ist sie die richtige Ansprechpartnerin für Terminvereinbarungen. Sie sorgt dafür, dass Kunden, die einem „Recall“ zustimmen, nach einem Jahr zur „Folge-pDL“ in die Apotheke eingeladen werden. Denn auf die pDL haben Patienten alle zwölf Monate Anspruch. Außerdem hat sie gemeinsam mit Jule Weber einen Flyer zu den pDL gestaltet, der in die Umschau eingelegt wurde, und ein Schaufenster zum Thema dekoriert. Die Werbung kam bei den Kunden gut an: Die Zahl der pDL ist deutlich gestiegen.

Weitere Ursachenforschung

Zurück zu PTA Jule Weber: Sie ist im Beratungsraum mit der pDL „Blutdruckmessung“ fertig und füllt den „Informationsbogen Blutdruck“ aus. Der berechnete Mittelwert ist unauffällig: 128/75 mmHG, Puls 66 bpm. Sie hatte aufgrund des Schwindels der Kundin einen niedrigeren Wert erwartet. Sie zögert kurz, schließlich handelt es sich nur um einen Einzelwert. Sie rät Frau Sommer daher, ihren Blutdruck auch zu Hause regelmäßig zu überprüfen. Ein Blutdruckmessgerät besitzt diese schon. Jule Weber gibt ihr noch einen neuen Blutdruckpass mit. Möglicherweise könnte ihre Kundin aber auch von einer „Erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation“ profitieren. Ein kurzer Blick ins Kundenkonto zeigt, dass Frau Sommer mehr als fünf Arzneimittel in der Dauermedikation anwendet und daher anspruchsberechtigt ist. „Hätten Sie Interesse daran, dass sich unsere Apothekerin Frau Neumann mit einer Medikationsberatung auf die Suche nach der Ursache des Schwindels macht?“, fragt sie daher. Frau Sommer findet die Idee gut und vereinbart für die folgende Woche einen Termin für ein Erstgespräch.

Erstgespräch für die „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“

Frau Neumann ist angestellte Apothekerin. Als sie vor zwei Jahren von den neuen pDL erfahren hat, war sie direkt begeistert, endlich richtig pharmazeutisch zu arbeiten. Auf dem Tisch im Beratungsraum steht eine kleine Uhr, an der sie sich orientiert, damit die pDL zeiteffizient erbracht wird. Sie nimmt sich für das Erstgespräch 20 Minuten Zeit. „Schön, dass Sie da sind“, begrüßt sie Frau Sommer. Diese hat einen Medikationsplan der Hausärztin und alle Medikamente, die sie aktuell einnimmt, mitgebracht. Frau Neumann lässt ihre Kundin die Arzneimittel zunächst sortieren, anschließend befragt sie sie und macht dazu Notizen. Wenn ihre Kundin abschweift, lenkt sie das Gespräch schnell wieder auf das Wesentliche: „Damit ich Ihre Medikation gut überprüfen kann, benötige ich noch ein paar Informationen. Ich würde deshalb gerne auf meine letzte Frage zurückkommen.“ Nach 20 Minuten ist sie tatsächlich fertig und mit ihren Notizen zufrieden:

Arbeitshilfe Datenerfassung_01.tif (© IWW Institut)
Bild vergrößern
© IWW Institut
Arbeitshilfe Datenerfassung_02.tif (© IWW Institut)
Bild vergrößern
© IWW Institut

Pharmazeutische AMTS-Prüfung

Die anschließende pharmazeutische AMTS-Prüfung führt sie im Homeoffice durch. Dies ermöglicht ihr ihre Chefin, Frau Günther. Die pDL liegen Frau Günther sehr am Herzen. Sie hat erkannt, wie viel Spaß den Mitarbeiterinnen das neue Angebot macht und schätzt die Chancen zur Mitarbeiterbindung ebenso wie zur Kundenbindung. Deshalb unterstützt sie das Team u. a., indem sie Homeoffice-Stunden für die Medikationsberatung ermöglicht und bezahlt.

Frau Neumann verwendet für die pharmazeutische AMTS-Prüfung eine AMTS-Software. Diesmal fällt ihr die Bearbeitung leicht, denn bei dieser Patientin werden kaum relevante arzneimittelbezogene Probleme angezeigt. Sie fokussiert sich deshalb auf das Hauptanliegen von Frau Sommer: den Schwindel. Im Erstgespräch hatte die Kundin berichtet, dass dieser erst seit der Anwendung der vom Augenarzt neu verordneten Augentropfen aufgetreten sei. Tatsächlich wird von der AMTS-Software detektiert, dass Schwindel als häufige unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) in der Fachinformation von Clonid-Ophtal® und als gelegentliche UAW in der Fachinformation von Latanoprost AL® hinterlegt ist. Bei Clonid-Ophtal® ist zudem ein niedriger Blutdruck als häufige Nebenwirkung aufgeführt.

Frau Neumann beschließt, im Abschlussgespräch zunächst die richtige Anwendung von Augentropfen zu besprechen und bei Bedarf gemeinsam zu üben. Sie möchte vor allem zeigen, dass es wichtig ist, nach dem Einbringen des Tropfens das Auge für ein paar Minuten geschlossen zu halten und für zwei Minuten den Tränenkanal abzudrücken, um die systemische Resorption und somit Nebenwirkungen wie Schwindel zu verringern.

Abschlussgespräch

Tatsächlich reagiert Frau Sommer im Abschlussgespräch überrascht auf die neuen Tipps: „So habe ich das noch nie gemacht. Gut, dass Sie mir zeigen, wie es geht. Es wäre toll, wenn sich der Schwindel tatsächlich bessern sollte.“ Die Apothekerin erklärt ihr außerdem, dass es wichtig ist, zwischen den unterschiedlichen Augentropfen einen Abstand von zehn Minuten einzuhalten.

„Die neuen Anwendungshinweise zu den Augentropfen habe ich auch im neuen Medikationsplan für Sie ergänzt, den können Sie gleich mitnehmen. Probieren Sie die neue Tropftechnik ein paar Tage aus. Sollte sich der Schwindel dann nicht bessern, wenden Sie sich zur weiteren Abklärung an Ihre Hausärztin. So habe ich es auch im Ergebnisbericht für sie vermerkt, den ich ihr gleich im Anschluss zukommen lasse.“

Medikationsplan bietet Anhaltspunkte für weitere pDL

Frau Neumann verabschiedet sich von Frau Sommer und bittet die PTA Jule Weber in den Beratungsraum. Da die Kundin auch Spiriva® Respimat® wegen ihrer COPD anwendet, hat sie einmal pro Jahr Anspruch auf die pDL „Inhalativa“. Obwohl sie sich in der Anwendung recht sicher fühlt, hat Frau Neumann sie davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, die richtige Handhabung regelmäßig aufzufrischen, damit sich keine Fehler einschleichen und das Medikament gut wirkt. Sie ist sogar damit einverstanden, dass das Apothekenteam sie jedes Jahr anschreibt und erneut zu den pDL einlädt: zur Medikationsberatung, zur Blutdruckmessung und zur Inhalatorschulung. Hier kommt wieder die PKA Verena Schwarz ins Spiel, die sich um den „Recall“ der Kunden kümmert.

Kunden werden umfassend versorgt

In den intensiven Gesprächen mit den Kunden während der Medikationsberatung ergeben sich oft Ansatzpunkte für Zusatzverkäufe. So empfiehlt die Apothekerin Frau Neumann z. B. häufig Arzneidosetten oder Tablettenteiler, um die Arzneimittelanwendung zu vereinfachen. Da die Apotheke auch Grippeschutzimpfungen durchführt, lädt sie bei Bedarf dazu ein. Wenn Patienten sich zusätzlich eine naturheilkundliche Beratung wünschen, hilft sie gerne weiter. Denn Homöopathie und Naturheilverfahren sind neben der Medikationsberatung ihre große Leidenschaft. Stellt sich während der Medikationsberatung heraus, dass Kunden einen Pflegegrad haben, verweist sie bei Bedarf an die PTA Jule Weber. Diese berät nicht nur zur Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, sondern ist auch für die Betreuung der Kunden zuständig, die mit Inkontinenzmaterial versorgt werden. So ist es dem Team möglich, die Kunden umfassend zu versorgen.

Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder, die Frau Günther als Inhaberin fest im Blick hat. Sie wertet u. a. regelmäßig aus, wie viele pDL das Team monatlich abrechnet. Weil sie mit dem Ergebnis sehr zufrieden war, hat sie ihren Mitarbeiterinnen im letzten Monat einen Kinobesuch spendiert – eine tolle Motivation für alle, sich weiter in Sachen pDL zu engagieren!

Weiterführende Hinweise
  • Arbeitsmaterialien der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) für die pharmazeutischen Dienstleistungen, Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, Datenerfassung (Stand der Revision: 15.05.2023): www.iww.de/s11470
  • pDL „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“ – so finden Sie den Einstieg, in AH 04/2024, Seite 6
  • Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS): Chance für die Profilierung von Apotheken, in AH 08/2023, Seite 7

AUSGABE: AH 11/2024, S. 5 · ID: 50134038

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte