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KassenabrechnungSechs Wochen Abwarten nach Einreichen eines HKP gibt Zahnarzt und Patient keinen Freibrief
| § 13 Abs. 3a Sozialgesetzbuch (SGB) V verpflichtet die Krankenkasse, über einen Heil- und Kostenplan (HKP) innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Tut sie das nicht und gibt auch keinen „hinreichenden Grund“ dafür an, „gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.“ Mit dieser Regelung sollte auf die Krankenkassen Druck ausgeübt werden, über HKPs schnell zu entscheiden. Inzwischen hat die Rechtsprechung diese sehr großzügige Regelung allerdings erheblich eingeschränkt: Im Jahr 2020 entschied das Bundessozialgericht (BSG), dass die fingierte Leistungsgenehmigung nicht gleichwertig ist mit einem ausdrücklich genehmigten HKP (s. u). Und auch das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat die Klage eines Patienten abgewiesen, der sich auf die o. g. Regelung berief (Urteil vom 19.11.2024, Az. L 1 KR 135724). |
Genehmigungsfiktion: So urteilte das BSG schon im Jahr 2020
Eine„fingierte Leistungsgenehmigung“ stellt keineswegs einen Verwaltungsakt dar. Deshalb steht der Versicherte rechtlich nicht so wie bei einem ausdrücklich genehmigten HKP (BSG, Urteil vom 26.05.2020, Az. B 1 KR 9/18 R):
So sieht die Genehmigungsfiktion nach Auffassung des BSG aus |
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Patient klagt erfolglos gegen ablehnenden Bescheid
Im vom LSG Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall hatte der Kläger über seinen Zahnarzt einen am 06.05.2022 erstellten HKP bei der Krankenkasse eingereicht. Diese beauftragte am 18.05.2022 einen Gutachter. Dieser befürwortete den HKP jedoch nicht, da einige nach den Zahnersatz-Richtlinien erforderliche Vorbehandlungen noch nicht vorgenommen worden waren. Außerdem sei angesichts der Substanzschädigung der Frontzähne im Unterkiefer eine Versorgung mit einem Monoreduktor (eine einseitige Freiendprothese, AAZ 03/2024, Seite 15 ff.) nicht indiziert.
Dem Gutachten folgend, lehnte die Krankenkasse mit Bescheid vom 07.07.2022 – also deutlich mehr als sechs Wochen nach Antragseingang – die Kostenübernahme ab. Allerdings hatte es im Verfahren dadurch eine Verzögerung gegeben, dass der behandelnde Zahnarzt die erforderlichen Unterlagen dem Gutachter nicht sofort übersandt hatte.
Der Patient stellte daraufhin beim Sozialgericht (SG) Berlin den Antrag, die Krankenkasse per einstweiliger Anordnung zur Kostenübernahme zu verpflichten. Außerdem erhob der Patient gegen den ablehnenden Bescheid der Krankenkasse Widerspruch. Diesen wies die Krankenkasse mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2022 zurück. Daraufhin erhob der Patient Klage in der Hauptsache: Die Krankenkasse sollte verpflichtet werden, den Festzuschuss in Höhe von 1.573,57 Euro des HKP vom 06.05.2022 zu übernehmen. Die Klage des Patienten war erfolglos (Urteil vom 14.02.2024, Az. S 143 KR 2069/22). Auch das LSG wies in der Berufungsinstanz die Klage ab.
Darum verneinte das LSG eine Genehmigungsfiktion
Zur Begründung verwies das LSG auf die Regelungen im Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z). In dessen Anlage 2 heißt es in Nr. 6: „Die Festzuschüsse werden gezahlt, wenn der Zahnersatz in der bewilligten Form innerhalb von 6 Monaten eingegliedert wird.“ Ein entsprechender Vermerk befand sich auch auf dem HKP-Formular, das der Krankenkasse vorgelegt wurde. Das BSG hatte schon vor einigen Jahren entschieden, dass diese Sechs-Monats-Frist auch gegenüber dem Patienten gilt.
Im Grunde sagt das LSG: Selbst wenn eine fiktive Genehmigung vorliegen sollte, kann diese nicht mehr Rechte verschaffen als eine ausdrückliche. Anders ausgedrückt: Wenn die Krankenkasse innerhalb der Sechs-Wochen-Frist den HKP genehmigt hätte, wäre die Genehmigung längst erloschen, es gäbe keinen Anspruch auf den Festzuschuss mehr.
Im konkreten Fall kam hinzu, dass am 15.09.2023 ein neuer HKP erstellt wurde, in dem dieselbe Versorgung beschrieben wurde. Dem Patienten stand also nur ein kurzer Zeitraum zwischen Ablauf der Sechs-Wochen-Frist und der verspäteten Entscheidung der Krankenkasse zur Verfügung. In dieser Zeit hätte er sich entsprechend dem HKP behandeln lassen und die entstandenen Kosten von der Krankenkasse verlangen können.
Fazit | Nach dieser Rechtsprechung kann also keine Rede davon sein, dass ein Patient nach Stellung eines HKP einfach sechs Wochen abwarten kann und im Falle einer verspäteten Reaktion der Krankenkasse so behandelt wird, als hätte die Krankenkasse den HKP genehmigt. Damit wird natürlich der vom Gesetzgeber gewünschte Druck auf die Krankenkassen erheblich eingeschränkt. Bemerkenswert ist noch, dass die Krankenkasse drei Monate für den Widerspruchsbescheid benötigte und die Sozialgerichtsbarkeit bis zur abschließenden Entscheidung zwei Jahre brauchte. |
AUSGABE: AAZ 5/2025, S. 2 · ID: 50373297