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ImplantatprothetikKlinischer Fall: Implantatgetragenes Langzeitprovisorium beim GKV-Patienten

Abo-Inhalt20.08.2024354 Min. LesedauerVon Isabel Baumann, Betriebswirtin (Dipl. VWA), Praxismanagerin, Mülsen

| Eine implantatgetragene Krone ist defekt und muss erneuert werden. In diesem Zusammenhang soll ein weiterer frakturierter Zahn entfernt und mit einem Implantat versorgt werden. Wie das in der Einheilungszeit notwendige Langzeitprovisorium auf dem vorhandenen Implantat berechnet werden kann, erklärt dieser Beitrag an einem Fallbeispiel. |

Beim Langzeitprovisorium kommt es auf die Tragedauer an

Langzeitprovisorien müssen zwingend festsitzend eingegliedert und im indirekten Verfahren im zahntechnischen Labor hergestellt werden. Welche Gebührenziffern für die Abrechnung des Langzeitprovisoriums infrage kommen, hängt von der Tragedauer ab. Bei einer Tragedauer von

  • mindestens drei Monaten sind die Nrn. 7080 und 7090 GOZ abrechenbar,
  • weniger als drei Monaten sind die Nrn. 2260, 2270 oder 5120 und 5140 GOZ berechnungsfähig.

Fallbeispiel: Versorgung eines GKV-Patienten mit einem implantatgetragenen Langzeitprovisorium regio 17

Ein gesetzlich versicherter Patient stellt sich mit einer Fraktur der implantatgetragenen Krone regio 17 vor. Weiterhin ist der Zahn 14 nicht zu erhalten und muss extrahiert werden. Momentan trägt der Patient im Oberkiefer eine Teleskopprothese.

AAZ_Grafik-HKP_50125726.eps (Bild: IWW Institut)
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Bild: IWW Institut

Der Patient wird über die Notwendigkeit eines Langzeitprovisoriums auf dem Implantat 17 und die spätere prothetische Neuversorgung des Oberkiefers mit implantatgetragenen Brücken aufgeklärt. Die defekte implantatgetragene Krone regio 17 wird entfernt und der Patient wird mit einem indirekt hergestellten Langzeitprovisorium versorgt. Die Tragedauer wird mehr als drei Monate betragen.

Für das Langzeitprovisorium auf dem Implantat bekommt der Patient keinen Festzuschuss. Die Erweiterung der vorhandenen Prothese (Auffüllen des Sekundärteleskops am Zahn 14 im indirekten Verfahren wird als Wiederherstellungsmaßnahme nach 6.4 (Erweiterung im Kunststoffbereich) berechnet. Für den Zahn 17 kann kein Festzuschussbefund 6.4.1 für das Implantat statt der Erweiterung der Teilprothese zum Ansatz gebracht werden, da es sich bei der Versorgung nicht um eine Neuversorgung regio 17 handelt.

Behandlungsablauf*

Datum

Zahn

Leistung

BEMA

GOZ

25.07.

Eingehende Untersuchung

U (01)

14

Röntgenaufnahme zur Diagnostik, Frakturausschluss

Ä925a (Rö2)

17

Röntgenaufnahme zwecks Kontrolle Implantat und Sitz Abutment

Ä5000

Beratung über Extraktionsnotwendigkeit des Zahnes 14 und Erweiterung der vorhandenen Teleskopprothese durch Auffüllen des Sekundärteleskops im indirekten Verfahren. Beratung über mögliche prothetische Versorgungsalternativen 17–14 und 24–27

Beratung über Notwendigkeit der Entfernung der frakturierten implantatgetragenen Krone 17 und Versorgung mit einem Langzeitprovisorium auf dem Implantat

Ä1

OK

Alginatabformung zur Herstellung eines individuellen Löffels für offene Abformung

Mat.

26.07.

Aufstellen eines Heil- und Kostenplans für die Versorgung mit dem Langzeitprovisorium auf dem Implantat

0030

07.08.

17

Entfernung der defekten zementierten implantatgetragenen Krone

2290

17

Entfernung des Abutments und Einbringen einer Gingivaschraube

9050

17

Offene Abformung mit individuellem Löffel zur Herstellung eines Langzeitprovisoriums

§ 6 Abs. 1 + Mat.

17

Desinfektion Implantatkanal

§ 6 Abs. 1

14

Infiltrationsanästhesie (1 Karpule Anästhetikum)

40 (I)

14

Extraktion eines mehrwurzeligen Zahnes

44 (X2)

14

Abformung Alginat zur Erweiterung der Prothese

Mat.

12.08.

14

Nachkontrolle der Extraktionswunde, Spülung mit Desinfektionslösung

N (38)

17

Entfernung des Gingivaformers und Einbringen des Abutments

9050

17

Desinfektion des Implantatkanals

§ 6 Abs. 1

17

Verschluss des Abutments Komposit in Adhäsivtechnik

§ 6 Abs. 1 + 2197

17

Eingliederung des laborgefertigten Langzeitprovisoriums

7080

17

Adhäsive Befestigung des laborgefertigten Langzeitprovisoriums

2197

OK

Eingliederung der Erweiterung 14

100b

Erläuterungen

Nachfolgend erläutern wir die Leistungspositionen und geben Hinweise zur Abrechnung.

25.07.

Die eingehende Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 (U) zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung ist je Kalenderhalbjahr einmal ansatzfähig, frühestens nach vier Monaten. Neben der eingehenden Untersuchung sind Beratungsleistungen nicht separat abrechenbar.

Die Röntgenaufnahme an dem Zahn 14 zum Ausschluss einer Fraktur berechnet man nach BEMA-Nr. 925a (Rö2). Zum Leistungsinhalt gehört neben der Anfertigung der Röntgenaufnahme auch die schriftliche Auswertung aller sichtbaren Befunde. Die Röntgenaufnahme an einem Implantat ist beim GKV-Versicherten keine Leistung gemäß GKV-Sachleistungskatalog und mit dem Patienten schriftlich gemäß § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) privat zu vereinbaren. Die Berechnung erfolgt je Projektion nach Nr. Ä5000 GOÄ. Auch hier ist die Beurteilung und Auswertung der Röntgenaufnahme Leistungsinhalt.

Die Beratung über die Notwendigkeit der Extraktion und die Möglichkeiten der weiteren späteren prothetischen Neuversorgung im Oberkiefer in der gleichen Sitzung ist neben der BEMA-Nr. 01 (U) nicht berechnungsfähig, sondern mit der eingehenden Untersuchung abgegolten. Die Aufklärung und Beratung über die Versorgung des vorhandenen Implantats regio 17 ist privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z mit dem Patienten zu vereinbaren und nach Nr. Ä1 GOÄ (PKV) zu berechnen.

Das Material für die Alginatabformung zur Herstellung eines individuellen Löffels für die offene Abformung zur Herstellung der implantatgetragenen provisorischen Krone mit Tragedauer von mehr als drei Monaten ist gemäß § 4 Abs. 3 GOZ zu berechnen und ebenfalls mit dem Patienten privat nach 8 Abs. 7 BMV-Z zu vereinbaren.

26.07.

Das Aufstellen des Heil- und Kostenplans für Leistungen außerhalb des GKV-Sachleistungskatalogs wird nach Nr. 0030 GOZ berechnet. Alle Privatleistungen sind mit dem Patienten gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z schriftlich zu vereinbaren.

07.08.

Das Entfernen der defekten implantatgetragenen Krone berechnet man nach Nr. 2290 GOZ.

Das Entfernen des Abutments und das Einbringen des Gingivaformers berechnet man nach Nr. 9050 GOZ. Diese Leistung ist mit dem Patienten privat nach 8 Abs. 7 BMV-Z zu vereinbaren. Die Nr. 9050 GOZ ist für das Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase je Implantat berechnungsfähig.

Die offene Abformung des Abutments zur Herstellung der implantatgetragenen provisorischen Krone ist eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ genannt ist. Die Berechnung erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog.

Nach Entfernung des Abutments wird der Implantatkanal gereinigt und desinfiziert. Hierbei handelt es sich um eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ genannt ist. Die Berechnung erfolgt als Analogposition gemäß § 6 Abs. 1 GOZ.

Die Infiltrationsanästhesie erfolgt aufgrund der Extraktion, daher ist sie nach BEMA-Nr. 40 (I) berechnungsfähig. Die BEMA-Nr. 40 (I) kann im Bereich von zwei nebeneinanderstehenden Zähnen nur einmal je Sitzung berechnet werden. Die beiden mittleren Schneidezähne gelten im Falle der Infiltrationsanästhesie nicht als ein Bereich von zwei nebeneinanderstehenden Zähnen.

Das Entfernen von mehrwurzeligen Zähnen berechnet man je zu entfernendem Zahn nach BEMA-Nr. 44 (X2), die primäre Wundversorgung zählt hier zum Leistungsinhalt.

Das vorhandene Sekundärteleskop an Zahn 14 soll im Fremdlabor im indirekten Verfahren aufgefüllt werden. Hierfür wird ein Abdruck genommen. Das verwendete Material kann über den Eigenbeleg berechnet werden.

12.08.

Die Nachkontrolle und Nachbehandlung nach Extraktion durch das Spülen einer desinfizierenden Lösung wird nach BEMA-Nr. 38 (N) berechnet.

Das Entfernen des Gingivaformers und Einbringen des Abutments berechnet man nach Nr. 9050 GOZ. Diese Leistung ist mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z zu vereinbaren. Die Nr. 9050 GOZ kann für das Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase je Implantat berechnet werden.

Das Abutment wird mittels Komposit in Adhäsivtechnik verschlossen. Da es sich hier weder um eine implantatgetragene Krone nach Nr. 2200 GOZ noch um einen Reparaturfall handelt, ist der Verschluss des Abutments als selbstständige Leistung analog nach § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen. Für die Anwendung der Adhäsivtechnik kommt zusätzlich die Nr. 2197 GOZ zum Ansatz.

Das im Labor hergestellte Langzeitprovisorium wird adhäsiv eingesetzt. Im vorliegenden Fall wird eine implantatgetragene provisorische Krone mit Tragedauer von über drei Monaten adhäsiv eingegliedert. Dafür können die Nrn. 7080 und 2197 GOZ abgerechnet werden.

Die Wiedereingliederung desselben festsitzenden laborgefertigten Provisoriums nach den Nrn. 7080 oder 7090 GOZ, ggf. auch mehrmals, einschließlich Entfernung ist mit den Nrn. 7080 bis 7100 GOZ abgegolten. Mehrfaches Abnehmen und Wiederbefestigen schlägt sich im Steigerungssatz nieder.

Das Auffüllen des Sekundärteleskops an 14 in indirekten Verfahren erfolgt als Wiederherstellung mit Abformung und wird nach BEMA-Nr. 100b berechnet. Das verwendete Abformmaterial kann zusätzlich berechnet werden. Der Patient erhält den Festzuschussbefund 6.4 (Erweiterung im Kunststoffbereich).

AUSGABE: AAZ 9/2024, S. 15 · ID: 50125726

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