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PräventionKlinischer Fall: PZR mit privaten Zusatzleistungen beim gesetzlich versicherten Patienten

Abo-Inhalt09.04.2024586 Min. LesedauerVon Isabel Baumann, Betriebswirtin (Dipl. VWA), Praxismanagerin, Mülsen

| Die professionelle Zahnreinigung (PZR) gehört in der Zahnarztpraxis zum Tagesgeschäft. Doch denken wir immer auch daran, die flankierenden Leistungen zu berechnen? Welche Leistungen im Rahmen der PZR ggf. zusätzlich anfallen können und wie sie abgerechnet werden, veranschaulicht dieser Beitrag an einem Fallbeispiel. |

Ausgangsbefund und Therapieplanung

Ein 42-jähriger gesetzlich versicherter Patient erscheint zur Untersuchung und zur PZR in der Zahnarztpraxis. Im Unterkiefer trägt der Patient einen Aufbissbehelf mit adjustierter Oberfläche. Die Mundhygiene ist nicht optimal und bedarf insbesondere im Molarenbereich einer Verbesserung.

Da neben der PZR auch die damit zusammenhängenden Begleitleistungen nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) berechnet werden dürfen, ist es erforderlich, vor Behandlungsbeginn mit gesetzlich versicherten Patienten eine Privatvereinbarung § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) zu schließen.

Diese Zusatzleistungen werden mit dem Patienten privat vereinbart

  • Die Beratung über die Privatleistungen im Zusammenhang mit der professionellen Zahnreinigung (Ä1, GOÄ)
  • Erstellung eines Mundhygienestatus sowie praktische Unterweisung zur Mundhygiene (Nr. 1000 GOZ)
  • Subgingivale nicht chirurgische Belagsentfernung (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
  • Reinigung der intraoralen Schleimhaut und der Zunge zur Bakterienminimierung (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
  • Auftragen eines bakterienreduzierenden Lacks (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
  • Finieren einer Restauration (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
  • Finieren und Polieren einer Rekonstruktion (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
  • Professionelle Schienenreinigung (§ 9 GOZ bzw. analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)
  • Erstellung mindestens eines Gingival- oder Parodontalindex (Nr. 4005 GOZ)
  • Nachkontrolle nach Entfernung harter und weicher Zahnbeläge (Nr. 4060 GOZ)
  • Fluoridierung in von der PZR getrennter Sitzung (Nr. 1020 GOZ)

Wichtig | Der Patient ist gemäß Patientenrechtegesetz bzw. § 630c Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darauf hinzuweisen, dass die GKV die vereinbarten Leistungen nicht übernimmt. Hat der Patient eine private Zahnzusatzversicherung, weisen Sie ihn zusätzlich darauf hin, dass diese die gemäß § 6 Abs. 1 GOZ berechneten Leistungen möglicherweise nicht erstattet.

Behandlungsablauf*

Datum

Zahn

Leistung

BEMA

GOZ/GOÄ

12.03.

Eingehende Untersuchung, suboptimale Mundhygiene

01 (U)

Beratung zur PZR mit flankierenden Leistungen, Privatvereinbarung gem. § 8 (7) BMV-Z

Ä1

OK/UK

Erstellen eines parodontale Screening Index (PSI)

04 (PSI)

Aushändigen des Vordrucks PSI

20.03.

UK

Kontrollbehandlung, ggf. mit einfachen Korrekturen des Aufbissbehelfs oder der Fixierung

K7

OK/UK

Erstellen eines Mundhygienestatus und Unterweisung zur Vorbeugung gegen Karies und parodontale Erkrankungen, Dauer: 28 Min.

1000

17–27, 37–47

Professionelle Zahnreinigung

28 x 1040

17–14, 25–27, 37–47

Subgingivale nicht chirurgische Belagsentfernung

§ 6 Abs. 1 GOZ

OK/UK

Reinigung der intraoralen Schleimhaut und Zungenreinigung

§ 6 Abs. 1 GOZ

OK/UK

Auftragen eines bakterienreduzierenden Lackes als Therapiekonzept (z. B. Chlorhexidinlack)

§ 6 Abs. 1 GOZ

16

Kontrolle, Finieren/Polieren einer Restauration

2130

26

Finieren und Polieren einer Rekonstruktion

§ 6 Abs. 1 GOZ

UK

Professionelle Schienenreinigung

§ 9 GOZ oder § 6 Abs. 1 GOZ

OK/UK

Lokale Fluoridierung

25.03.

OK/UK

Erstellen eines BOP-Index (Bleeding on probing)

4005

26, 27, 36, 37

Kontrolle nach Entfernung harter und weicher Zahnbeläge oder professioneller Zahnreinigung nach der Nummer 1040 mit Nachreinigung, einschließlich Polieren, je Zahn

4060

OK/UK

Lokale Fluoridierung zur Verbesserung der Zahnhartsubstanz mit Lack

1020

Erläuterungen zu den einzelnen Leistungen

Nachfolgend werden die einzelnen Leistungen und Abrechnungspositionen erläutert.

12.03.

Die eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen einschließlich Beratung berechnet man nach BEMA-Nr. 01 (U). Die Leistung kann einmal je Kalenderhalbjahr, frühestens jedoch nach vier Monaten berechnet werden.

Neben der eingehenden Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 (U) sind Beratungsleistungen nach BEMA-Nr. Ä1 nicht zusätzlich abrechenbar. Die Beratung über die Privatleistungen im Zusammenhang mit der PZR ist dagegegen privat vereinbarungsfähig und wird nach Nr. Ä1 (GOÄ) dem Patienten privat in Rechnung gestellt.

Die Erhebung des parodontalen Screening-Index (PSI) ist innerhalb von zwei Jahren einmal nach BEMA-Nr. 04 berechnungsfähig, frühestens jedoch nach sieben Leerquartalen. Zum Leistungsinhalt des PSI gehören neben der Feststellung der Sondierungstiefen mittels Messsonde, die Erhebung der Blutungsneigung und das Erfassen von Plaque und Zahnstein. Der Befund ist schriftlich zu dokumentieren und der Vordruck 11 (Ergebnisse des parodontalen Screening-Index) ist als Information dem Versicherten auszuhändigen.

20.03.

Die Kontrolle eines Aufbissbehelfs oder einer Fixierung inklusive einfacher Korrekturen berechnet man je Sitzung nach BEMA-Nr. K7. Je Sitzung ist nur eine der BEMA-Nrn. K6–K9 berechenbar. Die Abrechnung erfolgt über das Kieferbruchformular.

Aufgrund der unzureichenden Mundhygiene erhält der Patient eine eingehende Unterweisung zur Vorbeugung gegen Karies und parodontale Erkrankungen. Ein Mundhygienestatus wird erstellt und der Patient erhält eine praktische Unterweisung zur Mundhygiene und Interdentalraumpflege. Die Mundhygieneunterweisung dauert 28 Minuten und wird nach Nr. 1000 GOZ privat berechnet.

Die PZR ist je Zahn, Implantat oder Brückenglied nach Nr. 1040 GOZ abrechenbar. Sie umfasst das Entfernen der supragingivalen und/oder gingivalen Beläge auf Zahn- und freiliegenden Wurzeloberflächen, einschließlich der Reinigung der Zahnzwischenräume, das Entfernen des Biofilms und die Oberflächenpolitur. Die Fluoridierung ist ebenfalls in der Leistung enthalten und kann in der gleichen Sitzung nicht zusätzlich berechnet werden.

Merke | Besondere Umstände, wie z. B. besonders hartnäckige und stark anhaftende Beläge, ein entzündetes Gebiet, Blutungen etc. können möglicherweise eine Faktorsteigerung gemäß § 5 Abs. 2 GOZ erfordern.

Die subgingivale nicht chirurgische Belagsentfernung ist kein Leistungsinhalt der PZR nach Nr. 1040 GOZ. Es handelt sich dabei um eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch im für Zahnärzte geöffneten Teil der GOÄ enthalten ist. Daher ist sie analog nach § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen.

Zur Bakterienminimierung werden die intraorale Schleimhaut und die Zunge gereinigt. Auch hierbei handelt es sich um eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ genannt ist. Diese Leistung ist mit dem Patienten analog gemäß § 6 (1) GOZ zu berechnen.

Das Auftragen eines bakterienreduzierenden Lackes (z. B. Chlorhexidinlack) dient der „chemischen Biofilmbeeinflussung und wirkt hauptsächlich reduzierend auf die Aktivität von grampositiven Keimen (Streptococcus mutans, Streptococcus sobrinus, Lactobazillen). Diese Lacke werden gezielt insbesondere auf kariesgefährdete Wurzelflächen, Zahnhalsbereiche oder Fissuren aufgetragen oder in der Parodontologie oder Implantologie verwendet. Das Lackieren mit Chlorhexidin-Lack (z. B. Cervitec®) erfüllt nicht die Kriterien der Leistungslegende der Nr. 1020 GOZ (da keine Fluoridierungsbehandlung), sodass in diesen Fällen die Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ anzuwenden ist.“ (vgl. Liebold Raff Wissing, Kommentar zur Nr. 1020 GOZ, Abschnitt 2.7)

Die vorhandene schon ältere Kompositfüllung an dem Zahn 16 wird finiert und poliert. Diese Leistung ist nicht im Sachleistungskatalog der GKV enthalten und wird mit dem Patienten privat gemäß § 8 Abs. 7 GOZ vereinbart. Sie ist je Restauration nach Nr. 2130 GOZ abrechenbar. Das bedeutet, dass die Nr. 2130 GOZ gegebenenfalls auch mehrfach an einem Zahn berechenbar ist, sofern mehrere Restaurationen an diesem Zahn finiert und poliert werden.

Die Kontrolle, das Finieren und Polieren an einer Rekonstruktion fällt nicht unter die Nr. 2130 GOZ. Es handelt sich dabei um eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch im für Zahnärzte geöffneten Teil der GOÄ enthalten und daher analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen ist.

Der Patient trägt im Unterkiefer einen Aufbissbehelf mit adjustierter Oberfläche. Um auch an dem Aufbissbehelf die Bakterien zu minimieren, wird dieser ebenfalls professionell gereinigt. Diese Leistung ist vergleichbar mit einer Prothesenreinigung, sie kann chairside, im Eigenlabor oder im Fremdlabor erfolgen und wird als zahntechnische Leistung gemäß § 9 GOZ abgerechnet.

Merke | „Handelt es sich bei der Prothesen-/Schienenreinigung um eine „zahnärztliche“ Behandlungsmaßnahme, so kann laut Bundeszahnärztekammer diese auch analog nach § 6 Abs. 1 GOZ berechnet werden (vgl. Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zur Nr. 5250 GOZ, Abschnitt 2.11).

Die lokale Fluoridierung ist Leistungsbestandteil der Nr. 1040 GOZ und kann in derselben Sitzung nicht zusätzlich berechnet werden.

25.03.

Die Erstellung mindestens eines Gingival- oder Parodontalindex (z. B. BOP, SBI, PSI) berechnet man nach Nr. 4005 GOZ.

Merke |

  • Werden mehrere Indizes erhoben, so wird dies über einen höheren Steigerungsfaktor berechnet.
  • Die Nr. 4005 GOZ ist bei Kindern und Erwachsenen höchstens zweimal innerhalb eines Jahres berechenbar.

Die Nachkontrolle nach Entfernung harter und weicher Zahnbeläge oder nach der PZR (Nr. 1040 GOZ) mit Nachreinigung und inklusive der Politur wird je Zahn nach Nr. 4060 GOZ berechnet.

Zum Behandlungsabschluss werden die Zähne im Ober- und Unterkiefer mit einem Fluoridlack behandelt. Da die Leistung in separater Sitzung zur PZR erfolgt und im BEMA keine vergleichbare Leistung für die Fluoridierung bei Erwachsenen vorhanden ist, erfolgt die Berechnung je Sitzung privat nach Nr. 1020 GOZ.

AUSGABE: AAZ 5/2024, S. 15 · ID: 49966247

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