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PrivatliquidationStellungnahme der BZÄK konkretisiert die Loslösung vom Basistarif

Abo-Inhalt22.02.2024409 Min. Lesedauer

| Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), haben Anspruch auf eine Versorgung, die im GKV-Sachleistungskatalog enthalten ist. Wer darüber hinausgehende Leistungen wünscht, muss nach § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) eine Privatvereinbarung schließen. Für privat (PKV-)Versicherte im Basistarif (AAZ 11/2014, Seite 11) gibt es mit der Loslösung vom Basistarif ein ähnliches Konstrukt. Allerdings fehlten dazu bisher explizite Regelungen. Wie auch zur aufsuchenden Betreuung in Pflegeeinrichtungen (AAZ 12/2023, Seite 3 ff.) hat die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) im Rahmen ihrer Stellungnahmen zur GOZ im September 2023 Empfehlungen veröffentlicht, um diese Regelungslücke zu schließen. |

Diese Regelungen gelten für PKV-Versicherte im Basistarif

Die bisher existierenden Regelungen für PKV-Versicherte im Basistarif ergeben sich aus der Sozialgesetzgebung und der einschlägigen Rechtsprechung.

Basistarif-Leistungen sind den Leistungen nach SGB V „vergleichbar“

Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, welche die substitutive Krankenversicherung betreiben, haben nach § 152 Abs. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) V vergleichbar sind, auf die ein Anspruch besteht. Das gilt seit dem Jahr 2007 durch die Vorgaben des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG).

Versicherte im Standard- oder im Basistarif der PKV haben insoweit einen Leistungsanspruch auf zahnärztliche Leistungen, die mit den Vertragsleistungen vergleichbar sind. Diese Formulierung ist nicht näher definiert. Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V sowie den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses im Zusammenwirken mit dem BEMA ergibt sich jedoch der Umfang dieser Leistungen. Diese wiederum sind dem Patienten auf Grundlage der GOZ in Rechnung zu stellen.

Sicherstellungsauftrag liegt bei den KZVen, nicht beim Zahnarzt!

In § 75 Sozialgesetzbuch (SGB) V finden sich Regelungen zur vertrags-(zahn-)ärztlichen Versorgung dieser Patienten sowie zur Rechnungsstellung. Die Regelungen im SGB V kommen deswegen ins Spiel, weil der Verordnungsgeber für diese Patientengruppe den Sicherstellungsauftrag den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) übertragen hat.

Mit Ausnahme der Behandlung im akuten Notfall resultiert hieraus aber für den einzelnen Vertrags-(Zahn-)Arzt keine Behandlungsverpflichtung, so die BZÄK. Sie beruft sich auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfG; Beschluss vom 05.05.2008, Az. 1 BvR 807/08 und vom 05.05.2008, Az. 1 BvR 808/08).

Die Bundesregierung hat als Antwort auf eine kleine Anfrage am 15.02.2011 sinngemäß ausgeführt, dass der Gesetzgeber zwar den KVen und KZVen den Auftrag zur Sicherstellung der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung von Basistarif-Versicherten übertragen habe, dies aber nicht zu einer unmittelbaren Erstreckung der Behandlungspflicht des einzelnen Vertrags-(Zahn-)Arztes auf diese Patientengruppe führe. Allerdings wäre es im Rahmen einer Notfall- oder Schmerzbehandlung schon aus berufsrechtlichen Gründen nicht zulässig, dass ein Vertrags-(Zahn-)Arzt die Behandlung eines Basistarif-Versicherten verweigere (Bundestagsdrucksache [BT-Drs.] 17/4782.

Im Basistarif gelten reduzierte Steigerugnsfaktoren für GOZ und GOÄ

Bei der Rechnungsstellung ist zu beachten, dass nach § 75 Abs. 3a SGB V das Honorar bei Leistungen nach der GOZ auf den 2,0-fachen Steigerungssatz begrenzt ist. Für die GOÄ gelten – je nach Abschnitt des Gebührenverzeichnisses – maximale Steigerungssätze zwischen 1,8- und 1,16-fach.

Merke | Auf Grundlage von § 75 Abs. 3b SGB V wurden in Verhandlungen zwischen dem PKV-Verband, den Beihilfeträgern und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zum 01.04.2010 weitere Absenkungen der maximal möglichen Steigerungssätze der GOÄ bei ärztlichen Leistungen zum Basistarif vereinbart. Die BZÄK kann jedoch kein Verhandlungsmandat der KBV für die Zahnärzteschaft erkennen, insofern behalten für Zahnärzte die gesetzlich festgelegten Steigerungssätze unverändert ihre Gültigkeit.

Basistarif-Patienten müssen sich als solche ausweisen

Eine Behandlung und Rechnungslegung gemäß den rechtlichen Bestimmungen des Basistarifs kann ohnehin nur erfolgen, wenn sich der Basistarifversicherte vorab als solcher ausweist. Diese Pflicht zur Bekanntgabe des Versichertenstatus resultiert aus § 9 Abs. 5 Allgemeine Versicherungsbedingungen für den Basistarif (AVB/BT) 2009. Die vor der Behandlung durch den Patienten zu erbringende Erklärung zu seinem Versicherungsstatus ist bereits aufgrund möglicher therapeutischer Konsequenzen unverzichtbar. Wenn sich der Patient als Versicherter im Basistarif ausweist – wozu er nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Basistarif verpflichtet ist –, gilt die vorgenannte Begrenzung des Steigerungssatzes für die o. g. Leistungen, die mit den Vertragsleistungen vergleichbar sind.

Die Loslösung vom Basistarif – und was die BZÄK empfiehlt

Die Begrenzung der zulässigen Steigerungssätze gilt dann nicht, wenn es um Leistungen geht, die ohnehin nicht Gegenstand des Basistarifs sind, also bei Leistungen, die nicht mit den Vertragsleistungen vergleichbar sind.

Beispiele für Leistungen, bei denen eine Loslösung infrage kommt

  • Professionelle Zahnreinigung
  • Funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen
  • Implantologische Leistungen
  • Zahnersatzversorgungen, die von der Regelversorgung abweichen
  • Wurzelkanalbehandlung an einem unteren Molaren, bei dem die Aufbereitung bis zur Wurzelspitze nicht möglich ist

Aber auch dann, wenn der Zahnarzt mit dem Patienten eine individualvertragliche Vereinbarung zur grundsätzlichen Loslösung vom Basistarif treffen will, ist das möglich. Die Überlegung liegt nahe, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits im Jahr 2004 davon ausging, dass der 2,3-fache Steigerungssatz für Gebührenpositionen aus der GOZ der Vergütung entsprechender Leistungen zulasten der GKV entspricht (Beschluss vom 25.10.2004, Az. 1 BvR 1437/02). Durch die regelmäßigen Punktwertanhebungen im BEMA hat sich das Verhältnis zwischenzeitlich noch weiter verschlechtert.

Wie Zahnärzte vorgehen sollten und warum die Loslösung unabdingbar ist

Anders als bei der vertragszahnärztlichen Versorgung in § 8 Abs. 7 BMV-Z existieren keine expliziten Regelungen zur Loslösung vom Basistarif, auch blieb der Basistarif im Verordnungsteil der am 01.01.2012 in Kraft getretenen GOZ unberücksichtigt. Die BZÄK empfiehlt daher folgendes Prozedere:

Loslösung vom Basistarif – so sollten Zahnärzte vorgehen

  • 1. Mit einer aus Gründen der Rechtssicherheit in Schriftform (von Zahnarzt und Zahlungspflichtigem eigenhändig unterzeichnet) vorzunehmenden Erklärung sollte der Patient/Zahlungspflichtige sein Verlangen nach einer Behandlung und Rechnungslegung, losgelöst von den Beschränkungen des Basistarifs, bestätigen.
  • 2. Nach der Loslösung gelten die gebührenrechtlichen Bestimmungen von GOZ und GOÄ vollumfänglich, also auch z. B. in Bezug auf die Pflicht und das Recht zur schriftlichen Vereinbarung einer abweichenden Vergütungshöhe oder von Leistungen, die auf Verlangen des Patienten erbracht werden.
  • 3. Alle planbaren Leistungen sollten in einem schriftlichen Heil- und Kostenplan erfasst und vereinbart werden. Dem Patienten/Zahlungspflichtigen sollte Gelegenheit gegeben werden, seine Entscheidung zu überdenken und ggf. Informationen im Hinblick auf zu erwartende Kostenerstattungen einzuholen.

Ohne eine derartige Loslösung ist bei Basistarif-Versicherten eine zielgerichtete und adäquate Therapie unter wirtschaftlich akzeptablen Konditionen nicht möglich, denn der Gesetzgeber hat keine Klarheit hinsichtlich der zum BEMA „vergleichbaren“ Leistungen in der GOZ geschaffen. Das sorgt für Unsicherheit über den vom Basistarif abgedeckten Therapieumfang. Zudem stellt sich durch die Unschärfe hinsichtlich des Therapieumfangs in zahlreichen Fällen auch die Frage der Berechnungsfähigkeit und -pflicht gemäß den Bedingungen des Basistarifs.

So sollte eine Vereinbarung zur Loslösung vom Basistarif aussehen

Der Stellungnahme beigefügt ist eine Empfehlung für ein Formular (Muster online unter iww.de/s10317), mit dem der Patient sinngemäß Folgendes erklärt:

  • Dem Patienten ist bekannt, dass er als Versicherter des Basistarif/Standardtarif/Notlagentarifs nur Anspruch auf Versicherungsleistungen hat, die in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach dem SGB V vergleichbar und ausreichend, notwendig und zweckmäßig sind.
  • Er wünscht ausdrücklich, vollumfänglich gemäß den Bestimmungen der GOZ und der GOÄ behandelt zu werden.
  • Ihm ist bewusst, dass die Kosten dieser Behandlung gemäß der GOZ bzw. GOÄ berechnet werden und verpflichtet sich, die anfallenden Kosten vollständig selbst zu tragen.
  • Ihm ist bekannt, dass eine Erstattung der Vergütung durch seine Versicherung nicht gewährleistet ist.

AUSGABE: AAZ 3/2024, S. 6 · ID: 49899800

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