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ChirurgieKlinischer Fall: Prämolarisierung des Zahnes 24 bei einem 67-jährigen GKV-Patienten

Abo-Inhalt15.02.2024187 Min. LesedauerVon Isabel Baumann, Betriebswirtin (Dipl.VWA), Praxismanagerin, Mülsen

| Bei der Hemisektion (Teilextraktion) teilt man den zwei- oder mehrwurzligen Zahn und extrahiert eine Zahnhälfte. Die verbliebene Zahnhälfte wird dann häufig mit einer Krone versorgt (vgl. AAZ 08/2023, Seite 6 f.). Anders verfährt man bei der Prämolarisierung. Hier wird der zwei- oder mehrwurzlige Zahn ebenfalls geteilt, jedoch werden die beiden entstandenen Zahnhälften belassen. Dieses Fallbeispiel veranschaulicht, wie eine Prämolarisierung bei einem gesetzlich versicherten Patienten (GKV-Patienten) abzurechnen ist. |

Hemisektion ist in begründeten Ausnahmefällen über die GKV abrechenbar

Die Hemisektion darf nur nach BEMA-Nr. 47b abgerechnet werden, wenn sie dazu dient, eine geschlossene Zahnreihe und/oder eine bestehende prothetische Versorgung zu erhalten. Die Hemisektion setzt immer eine Aufklappung voraus. „Sinn der Hemisektionen ist es, ein noch erhaltungswürdiges, aus Wurzel und Krone bestehendes Zahnsegment zu erhalten, das für sich genommen ein funktionstüchtiges Element der Zahnreihe darstellen kann.“ (vgl. dazu Liebold/Raff/Wissing zur BEMA-Nr. 47b). Eine Hemisektion kann beispielsweise notwendig sein, wenn eine nur an einer Wurzel isolierte tiefe Knochentasche vorliegt.

Im Unterschied dazu versteht man „unter einer Prämolarisierung [...] die Halbierung eines Zahnes. Nach ihrer Durchführung werden bei dieser zahnsegmentierenden Maßnahme alle Segmente belassen.“ (vgl. Liebold/Raff/Wissing). Die entstandenen Zahnsegmente sind endodontisch zu behandeln, falls sie noch keine oder eine insuffiziente Wurzelfüllung aufweisen.

Wichtig | Eine Prämolarisierung ist nicht im Sachleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthalten und mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) zu vereinbaren.

Fallbeispiel: Eine Furkationsbeteiligung erfordert die Prämolarisierung des Zahnes 24

Bei einem 67-jährigen gesetzlich versicherten Patienten weist der Zahn 24 eine fortgeschrittene Beteiligung der Zahnfurkation am parodontalen Abbau auf. Der Zahn 24 soll geteilt und prämolarisiert und beide Zahnhälften mit einer Hülse versorgt werden. Die parodontalen Knochendefekte in der Bifurkation sollen mit Aufbaumaterial (Knochenersatzmaterial) aufgefüllt und die Operationswunde soll primär versorgt werden. Insgesamt hat der Patient einen guten Mundhygienezustand.

Behandlungsablauf*

Datum

Zahn

Leistungsbeschreibung

BEMA

GOZ

10.01.

Eingehende Untersuchung und Aufklärung über Notwendigkeit der Prämolarisierung

01 (U)

24

Röntgenaufnahme zur Diagnose, Zahn weist intakte Wurzelfüllung bis in die apikale Konstriktion auf

Ä925a (Rö2)

Erläuterung alternativer Behandlungen

Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans und einer Privatvereinbarung gem. § 8 Abs. 7 BMV-Z

0030

Aufklärung über den Behandlungsablauf und die privaten Kosten

Ä1

15.01.

24

Oberflächenanästhesie

0080

24

Infiltrationsanästhesie vestibulär und palatinal

2 x 0090 + Material

24

Prämolarisierung ohne Teilextraktion eines zweiwurzligen Zahnes

§ 6 Abs. 1

24

Lappenoperation, offene Kürettage, einschließlich Osteoplastik an einem Seitenzahn, je Parodontium

4100

Zuschlag bei nicht stationärer Durchführung von zahnärztlich-chirurgischen Leistungen

0500

24

Auffüllen von Knochendefekten mit Knochenersatzmaterial

4110 + Material

24

Primäre Wundversorgung

24

Eingliederung von provisorischen Hülsen

2 x 2260 + Material

16.01.

24

Kontrolle/Nachbehandlung nach parodontalchirurgischen Maßnahmen (Spülung der Wunde und Aufbringen einer desinfizierenden Salbe)

4150

22.01.

24

Kontrolle/Nachbehandlung nach parodontalchirurgischen Maßnahmen (Spülung der Wunde und Aufbringen einer desinfizierenden Salbe)

4150

Weitere prothetische Behandlungsplanung in ca. drei Monaten

Erläuterungen

Nachfolgend erläutern wir die Leistungspositionen und geben Hinweise zur Abrechnung. Die Reihenfolge der folgenden Ausführungen mit Abrechnungshinweisen entspricht nicht zwingend der Reihenfolge der Leistungen in der obigen Tabelle.

25.05.

Die eingehende Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 (U) ist beim gesetzlich Versicherten einmal je Kalenderhalbjahr, frühestens jedoch nach vier Monaten berechnungsfähig. Zum Leistungsinhalt zählt die Dokumentation des erhobenen Befundes wie auch die Beratung. Daher darf im zeitlichen Zusammenhang neben der BEMA Nr. 01 (U) die Beratung nach Nr. Ä1 nicht zusätzlich berechnet werden.

Die Röntgenuntersuchung für bis zu zwei Aufnahmen berechnet man nach BEMA-Nr. Ä 925a (Rö2). Zum Leistungsinhalt gehört neben der Anfertigung der Röntgenaufnahme die Dokumentation der Diagnose und der Indikation, wie auch die Dokumentation der Auswertung.

Das Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans (HKP) berechnet man nach Nr. 0030 GOZ. Zusätzlich erhält der Patient eine schriftliche Privatvereinbarung für die Prämolarisierung und die Begleitleistungen gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z. Da die Prämolarisierung ohne Teilextraktion nicht im Sachleistungskatalog der GKV enthalten ist, werden auch die Begleitleistungen mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 GOZ vereinbart und nach GOZ berechnet. Vor Behandlungsbeginn muss der Patient diese Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z unterschreiben.

Merke | Wird ein Steigerungsfaktor > 3,5-fach vereinbart, so ist zusätzlich vor Behandlungsbeginn eine abweichende Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ zu unterzeichnen (vgl. AAZ 01/2023, Seite 8 ff.). Beide unterzeichneten Formulare (Privatvereinbarung und abweichende Vereinbarung) werden zunehmend von den privaten Krankenversicherungen und Zusatzversicherungen eingefordert. Liegen die Formulare nicht vor, so kann der Patient die Zahlung verweigern.

Erfolgt eine Beratung über die Privatleistungen, wie beispielsweise die Aufklärung über Prämolarisierung ohne Teilextraktion, so berechnet man diese Beratung nach Nr. Ä1 GOÄ-PKV.

15.01.

Die Oberflächenanästhesie berechnet man je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich nach Nr. 0080 GOZ. Das verwendete Anästhetikum ist nicht zusätzlich berechenbar.

Die Infiltrationsanästhesie ist je Zahn nach Nr. 0090 GOZ berechnungsfähig. Sollten mehrere Injektionen notwendig sein – wie im hiesigen Beispiel eine vestibuläre und eine palatinale Injektion –, so kann man das über einen höheren Steigerungsfaktor oder über die mehrfache Berechnung der Nr. 0090 GOZ auf der Rechnung abbilden. Das verwendete Anästhetikum darf zusätzlich abgerechnet werden. Bei Mehrfachhberechnung der Nr. 0090 GOZ gilt die zugehörige Abrechnungsbestimmung: „Wird die Leistung nach der Nummer 0090 je Zahn mehr als einmal berechnet, ist dies in der Rechnung zu begründen.“

Bei der Prämolarisierung ohne Teilextraktion handelt es sich um eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ aufgeführt ist. Die Berechnung erfolgt daher analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ. Die Analogleistung ist entsprechend dem Aufwand zu kalkulieren. Bitte beachten Sie bei der Kalkulation, dass neben einer Analogposition der OP-Zuschlag nicht berechnungsfähig ist.

Aufgrund des parodontalen Defektes ist zusätzlich eine offene Kürettage einschließlich Osteoplastik notwendig. Die Osteoplastik dient dabei zur Formung der Segmente. Diese knochenformende Maßnahme ist notwendig, damit in der ehemaligen Furkation des Zahnes keine Überhänge, Kanten oder Nischen verbleiben. Sonst besteht die Gefahr, dass sich in diese Nischen Zahnbelag anheftet. Es muss also für einen ausreichend großen Zwischenraum gesorgt werden. Die Osteoplastik berechnet man je Zahn, Parodontium oder Implantat nach Nr. 4100 GOZ.

Neben der Nr. 4100 GOZ ist die Nr. 500 GOZ berechnungsfähig (Zuschlag bei nicht stationärer Durchführung von zahnärztlich-chirurgischen Leistungen, die mit Punktzahlen von 250 bis 499 Punkten bewertet sind, oder zu den Leistungen nach den Nummern 4090 oder 4130).

Wichtig | Die Kosten für die Aufbereitung wiederverwendbarer Operationsmaterialien bzw. -geräte sowie die Kosten für Materialien, die mit der einmaligen Verwendung verbraucht sind (z. B. OP-Set) dürfen nicht zusätzlich berechnet werden, da sie mit dem Zuschlag abgegolten sind.

Zusätzlich wird der parodontale Abbau mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt. Hierfür ist je Zahn, Parodontium oder Implantat die Nr. 4110 GOZ berechnungsfähig. Gemäß den allgemeinen Bestimmungen zu Teil E. im GOZ-Kommentar der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) darf das verwendete Knochenersatzmaterial zusätzlich abgerechnet werden:

BZÄK, GOZ-Kommentar, Allgemeine Bestimmungen zu Teil E. (Auszug)

„Alle Maßnahmen, die als Abschluss eines parodontalchirurgischen Eingriffs für eine möglichst komplikationslose Wundversorgung in der Regel erbracht werden, sind mit der Gebühr für die entsprechende Position abgegolten. Gewebekleber und Nadel-Faden-Kombinationen sind gesondert berechnungsfähig. Wird Knochenersatzmaterial [Hervorhebung durch die Redaktion], Material zur Geweberegeneration oder ein Medikament zur Beschleunigung der Blutgerinnung eingesetzt, so können diese Kosten gesondert in Rechnung gestellt werden [Hervorhebung durch die Redaktion]. Leistungen dieses Abschnitts an Implantaten werden analog berechnet, sofern sie nicht in der jeweiligen Leistungsbeschreibung ausdrücklich aufgeführt sind.“

Die beiden entstandenen Zahnsegmente werden jeweils mit einer provisorischen Hülse versorgt. Diese Hülsen werden nach Nr. 2260 GOZ berechnet. Die Materialkosten für die Hülse sind zusätzlich berechnungsfähig. Zum Leistungsinhalt der Nr. 2260 GOZ gehören

  • das Provisorium im direkten Verfahren (ohne Abformung),
  • die einfache Ausarbeitung,
  • das Eingliedern durch Zementierung oder Verschraubung,
  • die ggf. mehrmalige Abnahme und Wiederbefestigung des Provisoriums und
  • die Entfernung des Provisoriums.

16.01. + 22.01.

Die Kontrolle/Nachbehandlung nach parodontalchirurgischen Maßnahmen, je Zahn, je Implantat oder Parodontium ist nach Nr. 4150 GOZ zu berechnen. Zum Leistungsinhalt gehören dabei die Nachkontrolle, die Wundreinigung, die Nahtentfernung und die Applikation von Medikamenten.

Weiterführender Hinweis

AUSGABE: AAZ 3/2024, S. 15 · ID: 49891304

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