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ProthetikSo vermeiden Sie eine unwirtschaftliche Interimsversorgung – dies sind die Vorgaben des G-BA

Abo-Inhalt05.01.2024101 Min. LesedauerVon Jasmin Klecker, ZMV, ZAMA – Praxismanagement

| Interimsversorgungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind oft unwirtschaftlich: Laut Jahrbuch 2023 der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) musste im Jahr 2021 ein Zahnarzt 370 Euro Honorarumsatz pro Stunde zur Deckung der Praxiskosten und für sein eigenes Einkommen erwirtschaften (ebenda, Seite 106). Dabei hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Rahmen der Zahnersatz-Richtlinie (online unter iww.de/s10062) klar formuliert, wann eine Interimsversorgung indiziert ist. Welche Folgerungen sich daraus für Zahnarztpraxen ergeben und wie Sie als Behandelnde unwirtschaftliches Arbeiten und damit Honorarverluste vermeiden, fasst dieser Beitrag zusammen. |

Keine definitive Versorgung gewünscht? Dann ist die Kunststoffprothese auch keine Versorgung nach Festzuschuss 5.1!

Nach Abschnitt 9. Zahnersatz-Richtlinie ist die „Mitwirkung des Patienten […] eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung des Behandlungsziels. Regelmäßige Zahnpflege und der Nachweis der zahnärztlichen Untersuchungen nach § 55 Abs. 1 SGB V sind wichtige Kriterien für die Festlegung der im Einzelfall notwendigen Form der Versorgung mit Zahnersatz. Ist die Mundhygiene des Patienten unzureichend und/oder lehnt der Patient die Mitwirkung an einer notwendigen Parodontalbehandlung ab, ist das Behandlungsziel neu zu bestimmen.“

Falls ein Patient schon im Vorfeld suggeriert, dass er keine definitive Versorgung anstrebt, sondern die Kunststoffprothese bzw. hochwertigere Valplastversorgung als Dauerversorgung tragen will, sollten Sie den Festzuschuss 5.1 ff. nicht beantragen. Denn die Versorgung erfüllt nicht den Inhalt einer Interimsversorgung gemäß Behandlungsrichtlinie 13. Diese Versorgung sowie nachfolgende Reparaturen sollten grundsätzlich privat vereinbart werden.

Merke | Dem Patienten darf keine Versorgung über die GKV vorenthalten werden. Das Ziel sollte sein, eine Behandlung nach der Zahnersatz-Richtlinie durchzuführen. Ist dies nicht gegeben, erstellen Sie einen privaten Kostenvoranschlag sowie ein formloses Schreiben für die Krankenkasse. Der Patient soll die Möglichkeit bekommen, mit seinem privaten Kostenvoranschlag bei seiner Krankenkasse eine Erstattung zu erwirken. Dieses Schreiben darf sich auf den § 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V (Solidarität und Eigenverantwortung) beziehen. Es ist Aufgabe der Krankenkasse, die gesundheitliche Eigenkompetenz und Eigenverantwortung des Versicherten zu fördern.

So wirkt sich eine PAR-Therapie auf den Zahnersatz aus

Falls parallel zur Zahnersatzversorgung eine Parodontitis-(PAR-)Therapie erfolgt, ist das Mitwirken des Patienten zur Verbesserung der Mundhygiene zu fokussieren, auch wenn es gemäß der PAR-Behandlungsrichtlinie nicht explizit erforderlich ist. Somit ist es sinnvoll, den Patienten trotz laufender UPT-Strecke sinnvolle Maßnahmen aus der GOZ anbieten.

Beispiel: Leistungen zur Mundhygieneoptimierung und Kontrollmaßnahmen aus der GOZ

  • Nr. 1000 GOZ (Erstellung eines Mundhygienestatus und eingehende Unterweisung zur Vorbeugung gegen Karies und parodontale Erkrankungen, Dauer mindestens 25 Minuten)
  • Nr. 1010 GOZ (Kontrolle des Übungserfolges einschließlich weiterer Unterweisung, Dauer mindestens 15 Minuten)
  • Nr. 4005 GOZ (Erhebung mindestens eines Gingivalindex und/oder eines Parodontalindex [z. B. des Parodontalen Screening-Index PSI])

Aber auch eine sinnvolle Prophylaxe-Strecke während der Interimsphase schafft eine wichtige Basis für die definitive prothetische Versorgung (siehe den Beitrag zur PAR-Vorbehandlung in AAZ 10/2023, Seite 4 ff.).

Behalten Sie die Gesamtplanung im Auge!

Nach Abschnitt 10. Zahnersatz-Richtlinie hat der „Versorgung mit Zahnersatz, Zahnkronen und Suprakonstruktionen […] die Erhebung des Gesamtbefundes des Gebisses und dessen Dokumentation im Heil- und Kostenplan vorauszugehen. Die Versorgung hat die Wiederherstellung der Kaufunktion im Sinne einer Gesamtplanung zum Ziel. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen.“

Die Interimsversorgung sollte immer so gewählt werden, dass eine definitive Versorgung direkt im Behandlungsverlauf erfolgen kann. Das bedeutet: Sollte der Patient aus persönlichen Gründen nur einem Teil der Behandlung zustimmen und teilweise extraktionswürdige Zähne auf persönlichen Wunsch vorläufig im Mund behalten, sollte auch hier die medizinisch tolerierbare Wunschbehandlung vom kassenwirtschaftlichen Gesamtkonzept abgegrenzt werden.

Beispiel: Der Patient möchte nur drei von fünf Zähnen extrahieren lassen

Ein Patient sollte fünf Zähne extrahiert bekommen, er möchte jedoch aktuell nur drei Zähne entfernen lassen, ist eine private Therapie angezeigt. Grundlage für die private Vereinbarung ist das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 SGB V sowie die Problematik, dass gemäß Zahnersatz-Richtlinie Nr. 10 die Gesamtplanung das Ziel ist. Erfolgt die Behandlung in Etappen, werden Erweiterungsmaßnahmen erforderlich, die im Rahmen des Gesamtplanungsgebots vermieden werden können. Grundsätzlich gilt: Jegliche Reparaturmaßnahmen an Interimsversorgungen sollten mit individueller Indikationsstellung zur Genehmigung an die GKV gesendet werden.

Berücksichtigen Sie, dass nicht jede Interimsversorgung zulasten der GKV berechnungsfähig ist!

Nach Abschnitt 13 Zahnersatz-Richtlinie kann in „Fällen, in denen eine endgültige Versorgung nicht sofort möglich ist, […] ein Interimsersatz angezeigt sein. Dies gilt insbesondere bei fehlenden Frontzähnen und zur Sicherung der Bisslage.“

Das heißt, nicht jede Interimsversorgung, ist zulasten der GKV abrechenbar. Ein Beispiel hierfür sind Einzelzahnlücken im Seitenzahngebiet. Oft steht hier zwar die Vermeidung des Lückenschlusses im Mittelpunkt, jedoch ist eine definitive Versorgung innerhalb kurzer Zeit möglich. Sollte eine implantologische Versorgung mit einem Behandlungszeitraum über mehrere Monate erfolgen, so ist die Interimsversorgung keine Kassenleistung, da die definitive Versorgung aufgrund einer privaten Behandlung wie beispielsweise Augmentation und Implantatinsertion verzögert wird (vgl. AAZ 08/2016, Seite 13).

Wichtig | Auch Unterfütterungen und Modellationen an der Prothesenbasis zur Sicherung des Therapieerfolgs sind nicht zulasten der GKV abrechenbar.

Verwenden Sie den richtigen Werkstoff!

Abschnitt 14 Zahnersatz-Richtlinie erlaubt nur die Verwendung solcher Werkstoffe, „die den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes entsprechen. Bei nachgewiesener Allergie gegen einen Werkstoff ist ein als verträglich ermittelter Werkstoff zu wählen. Der Nachweis einer Allergie ist gemäß den Kriterien der Kontaktallergiegruppe der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie zu erbringen. Die Erprobung von Werkstoffen auf Kosten der Krankenkassen ist unzulässig. Bei der Auswahl der Dentallegierungen im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung soll beachtet werden, dass Nichtedelmetall und NEM-Legierungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein können.“

Praxistipps |

  • Klammerfreie Nylonprothesen (z. B. Valplast) sind nicht Bestandteil der GKV‑Versorgung (AAZ 11/2019, Seite 14). Es ist jedoch anzumerken, dass die Abrechnung sehr unterschiedlich in den einzelnen KZV-Gebieten erfolgt. Erkundigen Sie sich daher im Zweifel bei Ihrer KZV!
  • Für die Abrechnung von Sonderkunststoff bei Allergikern ist dieses im Feld „zusätzliche Angaben“ zu vermerken.

Vereinbaren Sie Individualisierungen zur Verbesserung der Behandlungsqualität und Bissregistrierungen privat!

Nach Abschnitt 31 Zahnersatz-Richtlinie ist ein „Abdruck mit individuellem Löffel oder individualisiertem Löffel […] nur angezeigt, wenn für die Abdrucknahme der übliche Löffel nicht ausreicht“. Individualisierungen zur Verbesserung der Behandlungsqualität müssen daher nach § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) privat mit dem Patienten vereinbart werden.

Nach Abschnitt 33 Zahnersatz-Richtlinie gehören „Funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen […] nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung“. Auch Bissregistrierungen aller Art sind daher nach § 8 Abs. 7 BMV-Z privat zu vereinbaren.

Fazit | Die Zahnersatz-Richtlinie schreibt wirtschaftliches und zweckmäßiges Handeln vor. Aber auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte die Vermeidung von Honorarverlusten in Ihrem Interesse sein. Hinterfragen Sie daher Ihre bestehenden Routinen und Vorgehensweisen bei der Versorgung von Patienten mit Zahnersatz und prüfen Sie die Dokumentation auf Vollständigkeit. Wie sich die Umsetzung der o. g. Handlungsempfehlungen auf den Honorarumsatz auswirkt, veranschaulicht ein Folgebeitrag unter Abruf-Nr. 49853515.

Weiterführende Hinweise
  • Modellguss- statt Plastprothese als Interimsversorgung – daher kein Festzuschuss nach Befundklasse V? (AAZ 11/2019, Seite 14)
  • Patientin will später Implantate: Kostet sie das den Zuschuss 5.1 für die Interimsversorgung? (AAZ 08/2016, Seite 13)

AUSGABE: AAZ 2/2024, S. 10 · ID: 49853416

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