Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Aug. 2025 abgeschlossen.
RechtErst Personalausweis, dann Behandlung?
| GKV-Patienten identifizieren sich mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte. Bei Privatpatienten bedarf es eines gewissen Vertrauens in die korrekten Angaben und die Bonität des Patienten. Da Ärzte mit ihrer Behandlung grundsätzlich in Vorleistung treten und somit das Risiko eines Zahlungsausfalls tragen, sehen sie sich zunehmend vor die Notwendigkeit gestellt, sich auch bei Privatpatienten deren Identität zu vergewissern. Ist in diesem Fall die Aufforderung zur Vorlage des Personalausweises statthaft? |
Die Rechtsprechung
Vor Gericht landeten solche Fälle bisher eher selten. Das Amtsgericht (AG) Lünen hatte einen solchen Fall einmal zu entscheiden. In seinem Urteil vom 10.02.2016 (Az. 7 C 424/15) hielt das Gericht den Arzt für berechtigt, sich den Personalausweis vorlegen zu lassen und die Behandlung mangels der Möglichkeit einer Identitätsfeststellung abzulehnen. Der Arzt sei nicht verpflichtet – von Notfällen einmal abgesehen-, einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten zu schließen. Er habe die Behandlung vielmehr in „legitimer Weise zur Sicherung seiner Honorarforderung von der eindeutigen Identifizierung des Klägers abhängig gemacht“. Damit verneinte das Gericht den geltend gemachten Schadenersatzanspruch und wies die Klage ab. Zu Recht?
Die Rechtslage
Die Bitte um Vorlage des Personalausweises zur Identifikation des Patienten ist datenschutzrechtlich zulässig. Ein Arzt hat an der Identitätsfeststellung der Patienten ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 f) Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Diese muss allerdings gemäß Art. 5 Abs. 1 c) DS-GVO auf das notwendige Maß beschränkt sein und sollte daher lediglich durch die Vorlage des Ausweises und die Aufzeichnung der wesentlichen Personendaten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) erfolgen. Ebenso ist der Arzt berechtigt, die Behandlung abzulehnen oder sogar einen bereits geschlossenen Behandlungsvertrag einseitig zu beenden. Dies sehen so auch die Berufsordnungen der einzelnen Landesärztekammern vor (vgl. § 7 Abs. 2 MBO-Ä). Abgesehen von Notfällen besteht für Ärzte kein sogenannter Kontrahierungszwang.
Praxistipp | Auch wenn es rechtlich zulässig ist, sich bei Neupatienten den Personalausweis vorlegen zu lassen und die Behandlung abzulehnen, ist hier ein gewisses Fingerspitzengefühl gefragt. Die Behandlung allein damit abzulehnen, dass der Patient keinen Personalausweis bei sich führt, insbesondere nach telefonischer Terminvereinbarung ohne entsprechenden Hinweis, überzeugt nicht und wird entgegen der Auffassung des AG Lünen von anderen Gerichten unter Umständen anders bewertet werden. Insbesondere dann, wenn diese nicht der Auffassung sind, dass das ureigene Interesse des Arztes und die Ausrichtung seiner beruflichen Tätigkeit in der Gewinnerzielungsabsicht liegt. Sollten allerdings berechtigte Zweifel an der Identität des Patienten und möglicherweise auch an dessen Bonität bestehen, ist die Identitätsprüfung durch Vorlage des Personalausweises durchaus anzuraten. Ein entsprechender Hinweis sollte allerdings bereits vorab bei der Terminvergabe (online oder telefonisch) erfolgen, um für alle Beteiligten einen reibungslosen Behandlungsablauf zu gewährleisten. |
AUSGABE: AAA 8/2025, S. 17 · ID: 50220913