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Arzneimittel-RichtlinieRegressrisiko!? G-BA konkretisiert zu Pankreasenzymen und passt an zu Gallenwegstherapeutika
| Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte bereits am 20.02.2025 zwei Beschlüsse gefasst, die für die Verordnungen in Hausarztpraxen Bedeutung haben: So wurde die bestehende Regelung zur ausnahmsweisen Verordnungsfähigkeit der nicht verschreibungspflichtigen Pankreasenzyme in Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL; das ist die sogenannte OTC-Ausnahmeliste) konkretisiert. Statt des Begriffs „Pankreasenzyme“ lautet die Formulierung nun „aus dem Pankreas gewonnene Enzyme“. In dem weiteren Beschluss hat der G-BA die bestehende Regelung zu Gallenwegstherapeutika in Anlage III AM-RL („Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse“) neu gefasst. Beide Beschlüsse gelten seit dem 09.05.2025. |
G-BA-Beschluss zu den Pankreasenzymen
Der G-BA hatte Hinweise erhalten, dass bei der Verordnungsfähigkeit von Pankreasenzymen unterschiedliche Auffassungen zur Erstattungsfähigkeit fungaler Enzyme zulasten der GKV bestehen. Die Regelung wurde dahin gehend überprüft. Das Ergebnis: Lediglich und alleinig porzine Enzyme, nicht aber fungale Enzyme, stellen den Therapiestandard zur Behandlung der in Anlage I AM-RL genannten schwerwiegenden Erkrankungen dar. Da unter dem Begriff „Pankreasenzyme“ jedoch im weitesten Sinne auch Gemische fungaler Herkunft von im Pankreas gebildeten Enzymen (z. B. Lipasen, Proteasen und Amylasen) verstanden werden könnten, wurde der Begriff „Pankreasenzyme“ in der Anlage I Nr. 36 durch die Formulierung „Aus dem Pankreas gewonnene Enzyme“ ersetzt (Beschluss beim G-BA online unter iww.de/s13010).
Fungale Enzyme bei schwerwiegenden Erkrankungen kein Therapiestandard
Nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 34 Abs. 1 SGB V) und deren Konkretisierung in der AM-RL (in § 12 Abs. 4) können nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ab dem vollendeten 12. Lebensjahr (bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr) nur dann zulasten der GKV verordnungsfähig sein, wenn sie
Merke | Dies ist laut G-BA für fungale Enzyme nicht gegeben, da weder entsprechende geeignete Studien zum Einsatz fungaler Enzyme als Therapiestandard bei schwerwiegenden Erkrankungen und auch keine dahin gehenden Leitlinienempfehlungen für Erwachsene identifiziert werden konnten. Hier besteht Regressrisiko! |
- als Therapiestandard bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen gelten und
- sie vom G-BA auf die sogenannte OTC-Ausnahmeliste gesetzt wurden.
Fungale Enzyme bei Kindern und Jugendlichen u. U. verordnungsfähig
Da der G-BA nur die Regelung zu Pankreasenzymen in Anlage I (OTC-Ausnahmeliste), nicht aber in Anlage III AM-RL konkretisiert hat, besteht für versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und versicherte Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr weiterhin die Möglichkeit der Verordnung von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wie fungalen Verdauungsenzymen zulasten der GKV. Im Fall der Mukoviszidose ist vor dem Hintergrund, dass diese auch bei leichter Ausprägung als (teilweise) Behinderung bewertet wird, davon auszugehen, dass in vielen Fällen eine „Störung der körperlichen Entwicklung“ und damit eine Erstattungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zwischen Vollendung des 12. und 18. Lebensjahrs vorliegt.
Pankreasenzyme in den Anlagen I und III AM-RL und die Folgen für die Verordnungsfähigkeit | ||
Anlage I AM-RL | Anlage III AM-RL | |
Formulierung | Aus dem Pankreas gewonnene Enzyme, ausgenommen in fixer Kombination mit anderen Wirkstoffen, nur zur Behandlung chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz oder Mukoviszidose sowie zur Behandlung der funktionellen Pankreasinsuffizienz nach Gastrektomie bei Vorliegen einer Steatorrhoe. | Enzympräparate in fixen Kombinationen, ausgenommen Pankreasenzyme nur zur Behandlung chronischer, exokriner Pankreasinsuffizienz oder Mukoviszidose sowie zur Behandlung der funktionellen Pankreasinsuffizienz nach Gastrektomie bei Vorliegen einer Steatorrhoe. |
Folge | Ab vollendetem 12. Lebensjahr (bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen ab vollendetem 18. Lebensjahr) keine entsprechenden fungalen Enzyme mehr verordnungsfähig | Auch entsprechende fungale Enzyme sind verordnungsfähig, aber aufgrund der Regelung in Anlage I nur bis zum vollendeten 12. bzw. 18. Lebensjahr (bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen) |
G-BA-Beschluss zu den Gallenwegstherapeutika
Der Beschluss zu den Gallenwegstherapeutika betrifft Anlage III Nr. 27 AM-RL (siehe iww.de/s13011). In der Neufassung sind die „Gallenwegstherapeutika und Cholagoga zur Behandlung funktioneller Dyspepsie“ von der Verordnung zulasten der GKV ausgeschlossen. Bei einem Großteil der zugelassenen Arzneimittel handelt es sich um Arzneimittel zur Behandlung von Verdauungsbeschwerden (dyspeptischen Beschwerden, siehe unten), besonders bei funktionellen Störungen des ableitenden Gallensystems. Diese Arzneimittel unterliegen überwiegend nicht der Verschreibungspflicht und sind damit für Erwachsene in der GKV nicht verordnungsfähig. Es sind jedoch auch verschreibungspflichtige Arzneimittel in diesem Anwendungsgebiet der dyspeptischen Beschwerden verfügbar, die durch die Regelung in Anlage III Nr. 27 AM-RL ebenfalls von der Verordnung auszuschließen sind (um eine Gleichbehandlung der nicht verschreibungspflichtigen und verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu erreichen). Dies wird mit der Neufassung der Regelung in Anlage III Nr. 27 erreicht, nach der „Gallenwegstherapeutika und Cholagoga zur Behandlung funktioneller Dyspepsie“ nicht verordnungsfähig sind.
Zur funktionellen Dyspepsie heißt es in den tragenden Gründen des G-BA-Beschlusses: „Eine funktionelle Dyspepsie liegt vor, wenn über mehr als drei Monate innerhalb der letzten sechs Monate anhaltend eine persistierende beziehungsweise rezidivierende Dyspepsie besteht und in der Routinediagnostik einschließlich Endoskopie keine ursächlichen strukturellen und biochemisch erfassbaren Abweichungen nachweisbar sind (Rom-IV-Kriterien).“
Merke | Der Verordnungsausschluss gilt insofern also nicht, wenn der Dyspepsie eine ursächliche Grunderkrankung, z. B. eine Gallenrefluxgastritis oder Gallensteine, zugrunde liegt. |
AUSGABE: AAA 6/2025, S. 10 · ID: 50409804