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Telemedizin | EBM 2024Pflicht zur digitalen Verordnung: Das E-Rezept wird zum Standard

Abo-Inhalt08.01.2024824 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund/Münster

| Seit Jahresbeginn sind (selbst oder in entsprechenden Einrichtungen) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte zur elektronischen Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel verpflichtet. Wird die Ausstellung des E-Rezepts nicht gewährleistet, drohen Sanktionen. Erfahren Sie im Folgenden alles Wesentliche zur deutschlandweiten Einführung digitaler Verordnungen. |

Was sich ändert – oder wie bisher bleibt

Mit dem Ende 2023 verabschiedeten Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens wurde es „offiziell“: Das E-Rezept ersetzt Verordnungen auf Papier. Künftig werden Rezepte nur noch auf einem Server innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) abgelegt. (Zahn-)Arztpraxen stellen sie aus. Apotheken rufen sie ab. Patienten sollen sie per App einsehen, einlösen und auch selbst löschen können.

Die Pflicht zur E-Rezept-Ausstellung gilt zunächst jedoch ausschließlich für bisher über das „Muster 16“ verordnete verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt. Wo keine TI-Anbindung besteht (etwa bei technischen Störungen und Hausbesuchen) oder die Versichertennummer nicht bekannt ist, dürfen Verordnende noch auf Papier zurückgreifen. E-Rezept-Ausstellungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung steht nichts entgegen, sofern das genutzte Praxisverwaltungssystem (PVS) sie ermöglicht.

Tipp | Zur Realisierung der E-Rezept-Prozesse in verschiedenen PVS bietet die gematik aufgezeichnete Schulungsvideos an (daebl.de/QC14).

Diese Verordnungen erfolgen weiterhin ausschließlich auf Papier

  • BtM-Rezepte
  • T-Rezepte
  • Verordnungen sonstiger nach § 31 SGB V einbezogener Produkte (wie Verbandmittel und Teststreifen)
  • Hilfsmittel-Verordnungen
  • Verordnungen von Sprechstundenbedarf
  • Verordnungen von Blutprodukten, die von pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern gemäß § 47 AMG direkt an Ärzte abgegeben werden
  • Verordnungen Digitaler Gesundheitsanwendungen
  • Verordnung Enteraler Ernährung
  • Verordnungen zulasten sonstiger Kostenträger (Sozialhilfe, Bundeswehr etc.)
  • Verordnungen für im Ausland Versicherte

Praktische Umsetzung: Technik, Software und Signatur

Elektronische Rezepte werden über die Praxissoftware mit einer qualifizierten elektronischen Signatur ausgestellt. Voraussetzung ist die Praxis-Anbindung an die TI mit einem Konnektor der Version PTV4+. Zudem ist das entsprechende PVS-Modul freizuschalten. Die digitale ärztliche „Unterzeichnung“ erfolgt mittels eines elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) der zweiten Generation – in Form einer Einzel-, Stapel- oder Komfortsignatur.

Wer die Komfortsignatur nutzt, muss nicht in jedem Behandlungsraum ein Kartenlesegerät vorhalten. Abgestimmt mit der Praxissoftware ermöglicht sie die Rezeptsignatur an allen Rechnern der Praxis. Der (Zahn-)Arzt kann so binnen 24 Stunden bis zu 250 Dokumente unterschreiben, bevor eine neue Eingabe der Signatur-PIN nötig wird. Die digitale Verordnung wird damit unmittelbar (und nicht wie bei der Stapelsignatur gesammelt zu einem bestimmten Zeitpunkt) an den E-Rezept-Server gesendet.

Hinweise zur Vorbereitung und Ausstellung

Die Vorbereitung eines E-Rezepts können Fachangestellte übernehmen. Wie bei allen Verordnungen muss jedoch deutlich werden, wer das Rezept anschließend geprüft, ausgestellt und unterschrieben hat. Signieren muss, wer verordnet. E-Rezept-Ausdrucke sind auch ohne zusätzliche handschriftliche Unterzeichnung des Ausstellenden gültig.

Zur Dauermedikation chronisch Kranker können im Einzelfall – unter Wahrung der ärztlichen Sorgfalt – bis zu vier elektronische Rezepte gleichzeitig ausgestellt werden, die der Patient nacheinander und in unterschiedlichen Apotheken einlösen kann. Ein Anspruch darauf besteht jedoch nicht. Solche Mehrfachverordnungen sollten für den Fall einer Wirtschaftlichkeitsprüfung dokumentiert werden.

Die E-Rezept-Einlösung: Drei Varianten

Die Einlösung einer digitalen Verordnung in der Apotheke ist mittels der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) des Patienten (ohne Geheimzahl-Eingabe), via E-Rezept-App (das-e-rezept-fuer-deutschland.de/app) oder mit einem Ausdruck der Zugangsdaten zum Rezept möglich. Wer die E-Rezept-App nutzt (für die Anmeldung zur Nutzung wird eine eGK mit Kontaktlosfunktion und PIN benötigt), empfängt für jedes verordnete Arzneimittel einen eigenen Rezeptcode. In der App können Patienten dann wählen, bei welcher Apotheke sie es einlösen möchten: entweder vor Ort oder bei einer Online-Apotheke. Wohl aufgrund des komplizierten Anmeldeprozesses kam die App bisher allerdings kaum zum Einsatz. Rezeptausdrucke sind wie bisher in der Apotheke vorzulegen.

Hinweise zur Gültigkeit und Löschung

Eine elektronische Verordnung ist stornierbar, solange sie noch nicht eingelöst wurde. Ihr Aussteller kann festlegen, ab wann bzw. wie lange sie eingelöst werden kann. Nicht eingelöste E-Rezepte werden zehn Tage nach Ablauf ihrer Gültigkeit automatisch vom TI-Server gelöscht. Die Löschung abgerufener Verordnungen erfolgt einhundert Tage nach ihrer Einlösung ebenso automatisch.

Wie werden elektronische Verordnungen abgerechnet?

Für E-Rezepte, die im persönlichen APK in der Praxis oder einer Videosprechstunde ausgestellt werden, fällt die Grund- oder Versichertenpauschale an. Im Falle einer digitalen Verordnung ohne persönlichen Kontakt ist der Verwaltungskomplex mit der EBM-Nr. 01430 abrechenbar. Für bei telefonischen Beratungen ausgestellte elektronische Rezepte lässt sich die Haus-/Fachärztliche Bereitschaftspauschale nach der Nr. 01435 ansetzen.

Vertretung und Weiterbildung

Behandelt der Vertreter eines Kollegen Versicherte in der eigenen Praxis als eigene Patienten, sind von ihm wie gewohnt die eigene LANR und BSNR zu verwenden. In Verordnungen muss nicht vermerkt werden, dass es sich um Vertretungsfälle handelt. Erfolgt dagegen eine persönliche Vertretung in fremder Praxis, gibt der Vertreter bei der Rezeptausstellung den Namen, die LANR und die BSNR der Praxis des Vertretenen an. In beiden Fällen kommt bei der Signatur der Elektronische Heilberufsausweis (eHBA) des Vertreters zur Anwendung. Auch Ärzte in Weiterbildung dürfen unter der LANR des verantwortlichen Weiterbilders digital verordnen.

Nachweispflicht und Sanktionen

Erbringer vertragsärztlicher Leistungen müssen nachweisen können, dass sie zur Ausstellung und Übermittlung elektronischer Verordnungen in der Lage sind. Misslingt der Nachweis, kann dies eine pauschale Vergütungskürzung um ein Prozent und verringerte TI-Pauschalen nach sich ziehen. Praxen, die keine verschreibungspflichtigen Arzneimittel verordnen, sind von der Nachweispflicht befreit.

Fazit | Die Digitalisierung bringt auch hinsichtlich der Handhabung ärztlicher Rezepte zahlreiche positive Aspekte mit sich. Elektronische Verordnungen bedeuten Zeitersparnis und Arbeitsentlastung in den Praxen. Sofern es aus medizinischer Sicht vertretbar erscheint, kann die E-Rezept-Ausstellung ohne persönlichen Kontakt erfolgen, was Praxisbesuche zu diesem Zweck unnötig macht.

Für den Patienten werden digitale Rezepte bereits Sekunden nach der Verordnung in der App sichtbar. Er kann dort eine Apotheke zur Einlösung auswählen und durch die Versendung des Zugangscodes bestimmen, wo und wann das Medikament zur Abholung bereitsteht. Über die Anwendung ist auch die Einlösung der Rezepte Familienangehöriger möglich.

Um das E-Rezept und seine Einlöse-Möglichkeiten bei den Patienten bekannter zu machen, stellt die KBV das Info-Blatt „Der digitale Weg zum Arzneimittel“ zur Verfügung, dass Sie ausdrucken und auslegen können (iww.de/s10066).

Fehlerhafte Verordnungen kann der Aussteller kurzfristig löschen und korrigieren. Zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit sollen E-Rezept-Daten künftig (mit dem Einverständnis der Betroffenen) in den Medikationsplan der elektronischen Patientenakte übertragen werden, um eine verlässliche Übersicht über die Gesamtmedikation und mögliche Wechselwirkungen zu ermöglichen.

AUSGABE: AAA 1/2024, S. 11 · ID: 49853294

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