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ABC der Abrechnung„O“ – Oberschenkelhalsfraktur

Abo-Inhalt13.07.2023359 Min. LesedauerVon Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Östringen-Tiefenbach

| Herr L., ein 76-jähriger, bisher rüstiger und komplett selbstständiger Patient stürzt im häuslichen Umfeld. Die Tochter ruft den Hausarzt an, der den notwendigen Hausbesuch aus der Sprechstunde heraus durchführt. Die Untersuchung zeigt den Patienten in bekanntem körperlichen Zustand auf einem Küchenstuhl sitzend. Der Patient berichtet, nach dem Sturz nicht mehr auf dem rechten Bein stehen zu können. |

AAA_Grafik_ICD-10-Baum_Oberschenkelfraktur.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Untersuchung, Therapie und weitere Betreuung

Die vorsichtig durchgeführte Untersuchung zeigt das rechte Bein in typischer Außenrotation. Die leichte Bewegung verursacht schon eine fühlbare Krepitation im Bereich des proximalen Oberschenkels. Es wird ein Krankentransport organisiert und der Patient unter dem Verdacht einer Oberschenkelhalsfraktur in die Klinik eingeliefert. Dort wird eine TEP eingesetzt und eine Anschlussheilbehandlung (AHB) eingeleitet. Postoperativ entwickelte der Patient ein hirnorganisches Psychosyndrom.

Trotz intensiver Behandlung wird Herr L. nach der AHB als Pflegefall in ein entsprechendes Pflegeheim entlassen, wo er von seinem bisherigen Hausarzt weiter betreut wird. Wenige Tage vor der Entlassung wird der Hausarzt über den Verlauf der AHB und die bevorstehende Entlassung informiert. Der Hausarzt besucht danach den Patienten im Pflegeheim. Neben einer geänderten Medikation, die zu verordnen ist, ist der Medikationsplan anzupassen. Physiotherapie ist einzuleiten und die entsprechenden Verordnungen sind auszustellen. Der Patient ist in die Hausbesuchsliste aufzunehmen und die notwendigen Facharztbesuche sind zu organisieren. Da der Patient nun hilfebedürftig ist, sind die entsprechenden Krankentransporte zu organisieren und terminlich abzustimmen. Hier zeigt sich schon ein erstes Problem: Die Krankenhäuser oder Kliniken dürfen keine ambulanten Aktionen verordnen bzw. veranlassen, außer den Transport des zu entlassenden Patienten von der Klinik nach Hause bzw. in eine andere Klinik und die notwendige Medikation für den Entlasstag. Der Patient benötigt nun aber zügig seine Medikamente und ggf. Physiotherapie u. v. m., was letztendlich vom Hausarzt zu erledigen ist. Das nächste Problem ergibt sich aus der Tatsache, dass die niedergelassenen Vertragsärzte so lange keine Aktionen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen veranlassen dürfen, wie sich der Patient noch in stationärer Behandlung befindet. Der betreuende Hausarzt darf frühestens am Tag der Entlassung des Patienten Rezepte und Verordnungen ausstellen, nicht jedoch schon im Vorfeld. Letzteres wäre jedoch oft notwendig, da die neu zu verordnenden Medikamente in den Apotheken oft nicht vorrätig sind. Im Zusammenhang mit der Überleitung eines Patienten von der Reha oder Klinik in das häusliche Umfeld sind weiterhin Gespräche mit den weiterbetreuenden Heimen, mehrere Konsile mit Fachkollegen und vor allem eingehende Erörterungen mit den Angehörigen notwendig.

Die Abrechnung nach EBM

Für den dringenden Besuch aus der Sprechstunde heraus ist nach EBM die Nr. 01412 zuzüglich des Wegegelds zu berechnen. Da der Patient in dem betreffenden Quartal schon in der Praxis war, sind die Versichertenpauschale und die verschiedenen Zuschläge nach EBM schon abgerechnet. Weitere abrechnungsfähige Leistungen nach EBM fallen nicht an.

Für all die oben geschilderten Aktionen bzw. Aufgaben des betreuenden Hausarztes erhält dieser bei gesetzlich krankenversicherten Patienten außer der Besuchsleistung kein gesondertes Honorar. Die in diesem Zusammenhang zu berechnenden Chronikerpauschalen (Nrn. 03220 und 03221), NäPa-Zuschläge (Nrn. 03060 und 03061) sowie die Geriatriegebühren nach den Nrn. 03360 und 03362 sind in dem Quartal, da die zugehörigen Voraussetzungen gegeben sind, schon abgerechnet. Insofern sind auch viele der im Zusammenhang mit der Überleitung eines Patienten aus der Klinik in das häusliche Umfeld bzw. in eine betreuende Einrichtung stattfindenden Gespräche mit weiteren in die Versorgung des Patienten involvierten Ärzten sowie den Angehörigen nicht gesondert berechnungsfähig. Letztendlich bleibt lediglich das hausärztliche Gespräch nach Nr. 03230 für die Abrechnung dieser zeitaufwendigen Gespräche.

Merke | Abrechnungstechnisch ist zu beachten, dass die Nr. 03230 (128 Punkte)„je vollendete zehn Minuten“ zu berechnen ist. Wird in diesem Zusammenhang ein Gespräch mit Angehörigen geführt, das z. B. etwa 38 Minuten dauert, so wäre hierfür dreimal die Nr. 03230 abzurechnen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Gebühr für das hausärztliche Gespräch ist ausschließlich für die Zeit der Gesprächsführung zu berechnen. Natürlich wird sich der Arzt auch schon während der körperlichen Untersuchung mit dem Patienten unterhalten, jedoch gilt diese Zeit nicht für das hausärztliche Gespräch, da er in dieser Zeit andere medizinische bzw. abrechnungsfähige Leistungen erbringt.

Die Abrechnung nach GOÄ

Die symptombezogene Untersuchung im Fall ist aufgrund einer Ausschlussbestimmung leider nicht neben Nr. 50 GOÄ berechnungsfähig.

Merke | Würde es sich um eine vollständige körperliche Untersuchung nach Nr. 8 GOÄ handeln, so würde eine Ausschlussbestimmung der Nr. 8 GOÄ greifen, nach der Nr. 800 GOÄ für die orientierende neurologische Untersuchung nicht abgerechnet werden kann. Dann würde sich anbieten, die Nr. 7 GOÄ für die Untersuchung abzurechnen, die neben der die Berechnung der Nr. 800 GOÄ möglich ist.

Konsultation: Dringender Besuch

EBM

GOÄ

Position

Punkte

Euro

Legende

Position

Punkte

Euro

01412

626

71,94

Dringender Besuch (II) aus der Sprechstunde heraus

50

320

42,90

–*

Zuschlag für unverzügliche Ausführung

E

160

9,33

40220

3,65

Wegegeld – entfernungsabhängig

bis 2 km

3,58

–*

(Symptombezogene Untersuchung)***

(5)

(80)

(10,72)

–*

Neurologischer Status

800

195

26,14

03230

128

14,71

Hausärztliches Gespräch (mind. zehn Min., je vollendete zehn Min.)

–**

AUSGABE: AAA 7/2023, S. 17 · ID: 49570215

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