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Beitragsreihe (Teil 5)Die neue professionelle Praxissteuerung – was bleibt wirklich als Praxisgewinn?
| Wirtschaftliche Lebensgrundlage der meisten niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte ist der Praxisgewinn. Er betrug im arithmetischen Bundesdurchschnitt laut KZBV-Jahrbuch 2024 rund 200 TEuro je Praxisinhaber und ist gegenüber dem Vorjahr leicht gefallen (Details in ZP 02/2025, Seite 3). Doch dieser Gewinn ist nur die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit als Zahnarzt und zeigt nicht die tatsächliche Liquidität. Wer also wissen will, was an Geld tatsächlich im Portemonnaie landet, muss anders rechnen. |
Bandbreite der Gewinne schwankt stark
Die Bandbreite der Gewinne schwankt stark: 23,8 Prozent der Praxisinhaber in Deutschland haben Gewinne von unter 100 TEuro p. a. Auf der anderen Seite erwirtschaften 9 Prozent Gewinne von über 400 TEuro p. a. Außerdem gibt nach wie vor es ein Ost-/West-Gefälle: In den neuen Ländern liegt der Gewinn pro Praxisinhaber im Schnitt um ca. 18 Prozent unter dem in den alten Ländern.
Ein Großteil der Praxen hat zudem stark schwankende Quartalsergebnisse. Dies liegt nicht nur daran, dass die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) durch die Zufälligkeiten des Zahlungsverkehrs beeinflusst wird. Vielmehr verschieben viele Praxen Gewinne ganz bewusst zum Jahresende und damit auch Steuerbelastungen ins Folgejahr. Dafür werden z. B. zum Jahresende Privatliquidationen so spät versendet, dass Patienten erst im neuen Jahr das Honorar begleichen. Umgekehrt werden Laborrechnungen zum Jahresende früher als ansonsten üblich beglichen oder im alten Jahr noch Materialbestände aufgefüllt, um höhere Materialrechnungen noch im alten Jahr bezahlen zu können. Will man also den zu erwartenden Praxisjahresgewinn beispielsweise auf Grundlage der ersten drei Quartale berechnen, so darf bei solchen Verschiebungen nicht einfach das Ergebnis der ersten drei Quartale um 1/3 hochgerechnet werden.
Beispiel |
Dr. Dent hatte im Vorjahr einen Gewinn von 210 TEuro. In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres hatte er einen Gewinn von 189 TEuro (im Vorjahr 180 TEuro – Steigerung: 5 Prozent). Falsch wäre, den Gewinn des laufenden Jahres wie folgt zu berechnen: 189 TEuro x 4/3 = 252 TEuro. Denn dabei wäre unberücksichtigt, dass regelmäßig im vierten Quartal der Gewinn ins nächste Jahr verschoben wird. Richtig wäre die Berechnung 210 TEuro x 1,05 = 220,5 TEuro.Diese Prognose ist besonders für die Berechnung der voraussichtlich zu erwartenden Steuer für das laufende Jahr von Bedeutung, aber auch für die Berechnung möglicher Entnahmen. |
EÜR zeigt nicht die Liquidität
Die meisten Praxen ermitteln ihren Gewinn per EÜR. Ein verbreitetes Missverständnis ist in diesem Zusammenhang, dass der Einnahmen-Überschuss – also der Gewinn – zeige, was an Geld jährlich tatsächlich von der Praxis erwirtschaftet wurde. Denn der Gewinn nach EÜR ist nur die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit als Zahnarzt. Wer wissen will, was wirklich an Geld bleibt, muss wie folgt rechnen:
Berechnung der Liquidität | ||
IST-Quartal | ||
Gewinn lt. BWA | 40.135 Euro | |
+ | Abschreibung | 7.597 Euro |
= | Geldzufluss vor Tilgung („Cashflow“) | 47.732 Euro |
./. | Investitionen | -16.654 Euro |
+ | Aufnahme von Praxisdarlehen | 7.000 Euro |
./. | Tilgung von Praxisdarlehen | -2.393 Euro |
= | Entnahmefähige Liquidität aus der Praxis | 35.685 Euro |
In diesem Beispiel hat die Praxis nicht 40 TEuro, sondern nur knapp 36 TEuro an Geld erwirtschaftet. Die folgende Abbildung zeigt auf einen Blick, ob der Praxisinhaber mehr entnommen hat, als die Praxis an Liquidität erwirtschaftet hat oder ob er mehr hätte entnehmen können, ohne die Praxis finanziell auszuhöhlen.
Im Laufe des Lebens erschließen viele Zahnärzte und Zahnärztinnen z. B. durch die Anschaffung von Immobilien oder durch Aufbau eines Depots noch andere Einkunftsquellen für sich. Heiraten sie, so fließt vielleicht ein weiteres Einkommen in die Familienkasse. Dies alles hat Einfluss auf die Liquidität, die zur privaten Verwendung zur Verfügung steht:
Einflüsse auf die Liquidität | ||
IST-Quartal | ||
= | Entnahmefähige Liquidität aus der Praxis | 35.685 Euro |
+ | Liquidität aus anderen Einkünften lt. Fibu
| 5.548 Euro -17.208 Euro -124 Euro 484 Euro 5.700 Euro |
= | Liquidität vor privater Verwendung | 30.085 Euro |
Und wofür wurde diese Liquidität verwendet? Hat das erwirtschaftete Geld gereicht?
Im Beispiel hat der Praxisinhaber für private Zwecke in etwa entnommen, was die BWA an Gewinn für das Quartal ausgewiesen hat. Dieses Geld stand aber gar nicht zur Verfügung. Folge: Der Kontostand hat sich im Beispiel um gut 9 TEuro verschlechtert, wie die folgende Tabelle zeigt:
Unterdeckung | ||
IST-Quartal | ||
Liquidität vor privater Verwendung | 30.085 Euro | |
Steuerzahlungen | -6.307 Euro | |
Versorgungswerk/Krankenversicherung | -6.475 Euro | |
Vermögensbildung (Lebensversicherung, private Altersvorsorge) | -3.210 Euro | |
Tilgung/Tilgungsaussetzungsversicherung | -3.556 Euro | |
Sonstige private Verwendung | -19.621 Euro | |
= | Liquidität zur freien Verfügung (+) / Unterdeckung (-) | -9.084 Euro |
Die EÜR allein führt in die Irre
Die übliche BWA führt einen Zahnarzt leicht in die Irre. Schön ist es, wenn der Zahnarzt oder die Zahnärztin jedes Quartal auf einen Blick sieht, was bleibt und ob vielleicht noch etwas mehr aus der Praxiskasse hätte entnommen werden können. Sehr empfehlenswert ist, wenn auch der Privatbereich verbucht wird. Dann wird auch transparent, wo das Geld privat geblieben ist. Das ist gerade in Zeiten rückläufiger Praxisgewinne und bei steigenden privaten Ausgaben elementar.
Ein nützliches betriebswirtschaftliches Steuerungsinstrument ist die vom Autor entwickelte PraxisNavigation®, die eine ganzheitliche Sicht auf die wirtschaftliche Lage sowie eine umfassende betriebswirtschaftliche Analyse ihrer Praxis ermöglicht. Infos unter bischoffundpartner.de.
AUSGABE: ZP 7/2025, S. 9 · ID: 50444295