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VersicherungsrechtAktuelles aus dem Versicherungsrecht von A bis Z

Abo-Inhalt21.06.20225213 Min. Lesedauer

| Jeden Monat entscheiden deutsche Gerichte Hunderte von Streitigkeiten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern (VN). Hier finden Sie die Quintessenz der wichtigsten Urteile und Beschlüsse von A bis Z – sortiert nach Personen- und Sachversicherung. |

Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Personenversicherung

Berufsunfähigkeitsversicherung

Kein befristetes Anerkenntnis rückwirkend für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum der Berufsunfähigkeit

In der Berufsunfähigkeitsversicherung kann der Versicherer ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgeben (BGH, Urteil vom 23.02.2022, Az. IV ZR 101/20, Abruf-Nr. 228040).

Selbstständiger Friseur muss auch bei größerem Betrieb nicht umorganisieren

Die Umorganisation seines Betriebs, die bei einem mitarbeitenden selbstständigen Friseurmeister dazu führt, dass die zuvor in erheblichem Umfang ausgeübte handwerkliche Tätigkeit vollständig wegfällt, ist ihm nicht zumutbar, auch wenn es sich um einen größeren Betrieb (hier: bis zu zehn festangestellte Friseure, insgesamt 15-19 Mitarbeiter) handelt (OLG Dresden, Urteil vom 22.02.2022, Az. 4 U 1585/21, Abruf-Nr. 228456).

Ausschlussfrist in der BUZ-Versicherung ist wirksam

Die in § 1 Abs. 3 S. 2 BB-BUZ enthaltene Ausschlussklausel ist wirksam. Sie ist nicht nach § 305c Abs. 1 BGB überraschend und hält einer Inhaltskontrolle stand (OLG Hamm, Urteil vom 22.06.2021, Az. 20 U 106/21, Abruf-Nr. 228222).

Krankenversicherung

Formelle Unwirksamkeit einer Beitragserhöhung mangels Angabe der Überschreitung des Schwellenwerts

Fehlt in einem Beitragserhöhungsschreiben in der PKV die Angabe, dass die Veränderung den maßgeblichen Schwellenwert überschreitet, ist die Erhöhung formell unwirksam. Wird die erforderliche Begründung später nachgeholt, wird hierdurch die für die Neufestsetzung angeordnete Frist in Lauf gesetzt. Es reicht aus, wenn sich die erforderlichen Angaben aus einer Zusammenschau der übersandten Unterlagen ergeben; es ist nicht erforderlich, dass diese im Erhöhungsschreiben selbst enthalten sind. Mit Erhalt des jeweiligen Anpassungsschreibens ist auch dann die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis gegeben, wenn der VN in Unkenntnis über die Rechtslage ist (OLG Dresden, Urteil vom 15.03.2022, Az. 4 U 2025/21, Abruf-Nr. 229383).

Lebensversicherung

Pfändungsschutz: Einmalleistungen aus Lebensversicherung sind „sonstige Einkünfte“ nach § 850i ZPO

Erhält der Schuldner aus einer Kapitallebensversicherung, die ihm zur Sicherung für Ansprüche aus einer für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erteilten Pensionszusage wirksam verpfändet ist, nach Pfandreife eine Einmalleistung, kann er hierfür Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte nach § 850i ZPO geltend machen (BGH, Urteil vom 29.04.2021, Az. IX ZB 25/20, Abruf-Nr. 223245).

Kein „ewiges Widerspruchsrecht“ bei unzureichenden Angaben über die einzuhaltende Form des Widerspruchs

Enthält eine bei Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags unter Geltung des § 5a VVG in der Fassung vom 02.12.2004 erteilte Widerspruchsbelehrung nur die Angabe, dass hinsichtlich des Widerspruchs die „rechtzeitige Absendung“ genüge, nicht aber, dass dabei die Schriftform einzuhalten sei, wird einem Versicherungsnehmer durch den Belehrungsverstoß nicht die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Ihm steht damit kein „ewiges Widerspruchsrecht“ zu (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2022, Az. 7 U 30/21, Abruf-Nr. 229831).

Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Sachversicherung

DO-Versicherung

Vorläufige Deckung von PR-Kosten in der DO-Versicherung bis zum vereinbarten Sublimit

Vorläufige Abwehrkosten umfassen auch die Public-Relations-Kosten zur Abwendung oder Minderung des Reputationsschadens des Versicherten (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.11.2021, Az. 7 U 96/21, Abruf-Nr. 229215).

Hausratversicherung

VHB 2000/VGB 2000: Feststellung der Leistungspflicht wegen eines Leitungswasserschadens

Der Klage eines VN auf Feststellung der Eintrittspflicht des Versicherers (hier: nach § 31 Nr. 1 S. 1 VGB 2000 und § 34 Nr. 1 S. 1 VHB 2000 wegen Leitungswasserschadens) kann nicht die Möglichkeit einer Leistungsklage entgegengehalten werden, wenn in den Versicherungsbedingungen die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zur Klärung der Schadenhöhe vorgesehen ist (BGH, Urteil vom 13.04.2022, Az. IV ZR 60/20, Abruf-Nr. 228943).

Einbruchdiebstahlversicherung: Erweiterte Schlüsselklausel als primäre Risikobeschreibung wirksam

Die erweiterte Schlüsselklausel in der Einbruchdiebstahlversicherung, wonach ein Einbruchdiebstahl auch vorliegt, wenn der Täter „in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat“, ist eine primäre Risikobeschreibung und keine sog. verhüllte Obliegenheit. Die Klausel hält der Wirksamkeitskontrolle gemäß § 307 BGB stand. Insbesondere weicht sie nicht von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§§ 28, 81 VVG) ab und genügt dem Transparenzgebot. Die fehlende Fahrlässigkeit des (berechtigten) Schlüsselbesitzers ist eine Voraussetzung für das Bestehen des Versicherungsschutzes, deren Vorliegen der VN beweisen muss (KG, Urteil vom 29.03.2022, Az. 6 U 125/19, Abruf-Nr. 228455).

Kfz-Versicherung

Kosten für Notöffnung des Kofferraums bei Begutachtung

Lässt der Schadengutachter durch die Werkstatt, bei der das verunfallte Fahrzeug steht, den nicht mehr ordnungsgemäß öffnenden Kofferraum notöffnen, um „hinter die Kulissen“ zu schauen, muss der gegnerische Versicherer die dafür entstanden Fremdkosten erstatten (AG Chemnitz, Urteil vom 04.05.2022, Az. 17 C 1449/21, Abruf-Nr. 229137).

Geschädigter muss Subunternehmerrechnung nicht vorlegen

Die Rechnung des Lackierers muss vom Geschädigten nicht vorgelegt werden, wenn der Lackierer Subunternehmer der Werkstatt war, die mit der Reparatur beauftragt war. Das schon deshalb, weil der Geschädigte gegenüber dem Lackierer keinen Anspruch darauf hat, die Rechnung offengelegt zu bekommen. Der Darlegungs- und Beweislast genügt der Geschädigte, wenn er die Rechnung der von ihm beauftragten Werkstatt vorlegt (AG Oldenburg, Urteil vom 04.05.2022, Az. 7 C 7011/22 (XXX), Abruf-Nr. 229116).

Beschädigter Reifen nicht mehr lieferbar: Paarweise Ersatz

Ist zwar nur ein Reifen beschädigt, das Reifenmodell aber nicht mehr lieferbar, hat der Geschädigte Anspruch darauf, dass beide Reifen der Achse erneuert werden. Denn unterschiedliche Reifen auf einer Achse können die Fahreigenschaften negativ beeinflussen (AG Burgwedel, Urteil vom 07.04.2022, Az. 7 C 239/21, Abruf-Nr. 229185).

Fiktive Abrechnung und Nutzungsausfallentschädigung

Auch bei der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten hat der Geschädigte Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, wenn er den tatsächlichen Ausfall des Fahrzeugs nachweist (AG Tostedt, Urteil vom 04.03.2022, Az. 4 C 163/21, Abruf-Nr. 229115).

Wohngebäudeversicherung

Leistungskürzung bei nicht ausgeschaltetem Elektroherd unmittelbar vor Verlassen des Hauses

Die Versicherung ist berechtigt, die Leistung aus der Wohngebäudeversicherung nach einem Brandschaden zu kürzen, wenn der VN im guten Glauben, den Elektroherd ausgeschaltet zu haben, das Haus verlässt, tatsächlich aber beim Abschalten ein falsches Kochfeld bedient hat. In einem solchen Fall liegt grobe Fahrlässigkeit vor, weil eine Vergewisserung unterblieben ist, ob das richtige Kochfeld ausgeschaltet und auch kein anderes in Betrieb ist. Eine solche Nachschaupflicht besteht jedenfalls dann, wenn der Küchenherd ohne Sicht auf die Bedienelemente und in dem Wissen, dass unmittelbar an die Beendigung des Bedienvorgangs das Haus verlassen wird, betätigt worden ist (OLG Bremen, Urteil vom 12.05.2022, Az. 3 U 37/21, Abruf-Nr. 229832).

Austrocknung und Bodenschrumpfung – keine Erdsenkung

Die Senkung des Bodens infolge Austrocknung und dadurch verursachter Schrumpfung des Bodens ist mangels Hohlraum grundsätzlich keine Erdsenkung (LG Köln, Urteil vom 02.12.2021, Az. 24 O 473/20, Abruf-Nr. 228224).

Weiterführender Hinweis
  • Wer nach diesem ersten Überblick tiefer einsteigen möchte, findet alle Urteile im Volltext auf vvp.iww.de. Geben Sie dazu in den Suchschlitz (oben rechts auf der Website) die genannte sechsstellige Abruf-Nr. ein.

AUSGABE: VVP 7/2022, S. 23 · ID: 48238861

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