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SozialversicherungspflichtÜbungsleiterverträge zielgerichtet gestalten: Rechtsprechung bestätigt DOSB-Mustervertrag

Abo-Inhalt31.01.20232220 Min. Lesedauer

| Vereine, die Übungsleiter beschäftigen, stehen stets vor einer Frage: Soll das vertragliche Verhältnis als selbstständige Tätigkeit gestaltet werden oder ist die abhängige Beschäftigung gewünscht? Das LAG Hessen hat für die Zielerreichung jetzt wertvolle Hinweise gegeben. Es hat klargestellt, dass der Mustervertrag, den der DOSB zusammen mit den Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger entwickelt hat, in der Tat zu einer selbstständigen Tätigkeit führt (auch im Mannschaftssport). VB erläutert die Folgen für Vertragsgestaltung und -durchführung. |

Historie und Inhalt des Mustervertrags des DOSB

Der Mustervertrag ist vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gemeinsam mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bzw. der Deutschen Rentenversicherung Bund, den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger und dem Haufe-Verlag speziell für den Sportbereich entwickelt worden. Er wird – so die offizielle „Vorbemerkung“ – fortlaufend mit Blick auf Änderungen des materiellen Rechts und der Rechtsprechung überprüft. Er ist ausschließlich für die nebenberufliche Tätigkeit in Vereinen/Verbänden konzipiert und erfasst Gesamthonorare bis 700 Euro monatlich.

Praxistipp | Der Zeitumfang einer Tätigkeit hat für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung grundsätzlich keine Bedeutung. Allerdings wird sich bei einem hauptberuflichen Dienstverhältnis eher eine organisatorische Einbindung in die Organisation des Auftragsgebers ergeben.

Klauseln mit Hinweis auf „selbstständige Tätigkeit“

Der Honorarvertrag enthält insbesondere folgende Regelungen, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen:

  • Der Auftragnehmer führt die erteilten Aufträge in eigener unternehmerischer Verantwortung aus.
  • Er unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist in Bezug auf die Arbeitsausübung frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden.
  • Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, jeden Auftrag höchstpersönlich auszuführen. Er kann sich auch der Hilfe von Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen bedienen.
  • Er hat im Einzelfall das Recht, Aufträge des Auftraggebers ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
  • Er hat das Recht, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Er unterliegt keinerlei Ausschließlichkeitsbindungen und/oder einem Wettbewerbsverbot.
  • Über die erbrachte Tätigkeit ist dem Auftraggeber eine monatliche Abrechnung vorzulegen. Das jeweilige Honorar ist am Ende des Monats nach Rechnungsvorlage fällig.

Klauseln mit Hinweis auf „abhängige Beschäftigung“

Einige Regelungen sprechen aber eher für eine abhängige Beschäftigung:

Praxistipp | Grundsätzlich würde sich empfehlen, solche Regelungen nicht in den Vertrag aufzunehmen. Dem steht aber natürlich das Bedürfnis des Vereins entgegen, die Tätigkeit des Trainers in gewissem Umfang kontrollieren und organisatorisch einpassen zu können.

  • Der Auftragnehmer muss fachliche Vorgaben des Auftraggebers so weit beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert.
  • Er hat über allgemeine sportliche Grundsätze hinaus auch die Vereinsgrundsätze, Richtlinien und sonstigen Verbandsvorgaben zur Sportausübung zu beachten.
  • Er muss den Vorstand oder einen legitimierten Beauftragten über Inhalt und Leistungsstand regelmäßig oder bei Bedarf informieren.
  • Es sind Rahmenzeiten für das Training vorgegeben.

Der Hockey-Fall vor dem LSG Hessen

Im Fall vor dem LSG Hessen ging es um den sozialversicherungsrechtlichen Status von zwei Trainern einer Hockey-Herrenmannschaft.

Vertragsgestaltung orientierte sich am DOSB-Mustervertrag

Der Verein hat sich bei der Vertragsgestaltung am Mustervertrag „Freier-Mitarbeiter-Vertrag als Übungsleiter/Sport“ des DOSB orientiert. Der soll ja – wie es der Name sagt – und zwischen DOSB und den Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger abgestimmt ist, bei nebenberuflichen Übungsleitern eine selbstständige Tätigkeit implizieren.

So wurde der Vertrag gelebt

Die Trainingseinheiten umfassten an zwei Tagen jeweils ca. zwei Stunden. Dazu kamen zwei bis drei Stunden pro Woche für Wettkämpfe. Die Vorarbeit bzw. Vorbereitung der Trainingseinheiten machten die Trainer im häuslichen Büro. Vorgaben dazu bekamen sie nicht. Darüber hinaus kümmerten sie sich um die Aufbereitung der Videoanalyse. Der Aufwand dafür betrug im Durchschnitt ca. zwei Stunden pro Spiel.

Sämtliche Arbeitsmittel hatten die Trainer auf eigene Rechnung angeschafft und als Ausgaben bzw. Anlagevermögen in ihrer Einnahme-Überschussrechnung unter selbstständiger Tätigkeit verbucht. Dazu gehörten u. a. Laptop, Beamer, Videokamera, Aktivkamera, Taktiktafel, Fernsehapparat und Büromaterialien und -Mobiliar, außerdem Hockeybälle, Hütchen, Pylonen u. ä. Einzig die Sportstätten wurden vom Auftraggeber (z. B. Kunstrasenplatz) oder der A-Stadt (Sporthalle) zur Verfügung gestellt.

Rentenversicherung Bund plädiert auf Unselbstständigkeit

Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens kam die Rentenversicherung Bund zu der Ansicht, die Trainer wären unselbstständig tätig. Dagegen klagte der Verein.

Die Entscheidung des LSG Hessen

Das LSG gab dem Verein recht. Entscheidend war, dass der Vertrag größtenteils so gelebt worden war wie vereinbart. Die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit wich von den vertraglichen Vorgaben kaum ab. Die vertraglichen Vorgaben sprachen aber für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Das LSG hat den DOB-Mustervertrag damit faktisch abgesegnet (LSG Hessen, Urteil vom 28.07.2022, Az. L 8 BA 49/19, Abruf-Nr. 233304).

Eine korrekte vertragliche Gestaltung genügt aber nicht. Es kommt auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Der Vertrag kann zwar zum Ausschluss einer selbstständigen Tätigkeit führen, kann sie aber allein nicht herstellen. Ausgangspunkt der Prüfung ist – so das LSG – zunächst das Vertragsverhältnis. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor.

Praxistipp | Das wird bei Prüfungen der Rentenversicherung BUND natürlich nur zum Problem,

  • wenn Gegebenheiten dokumentiert sind, die von den vertraglichen Vorgaben abweichen,
  • die beteiligten Parteien abweichende Angaben machen oder
  • die Honorarkraft an einer (nachträglichen) Behandlung der Tätigkeit als Arbeitsverhältnis interessiert ist – etwa wegen der sozialen Absicherung.

Worauf es konkret ankommt

Das LSG stellt mit Verweis auf den Mustervertrag folgende Punkte heraus, die bei der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung eine Rolle spielen:

Keine Weisungsgebundenheit

Es darf keine Weisungsgebundenheit des Trainers im Hinblick auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Trainertätigkeit bestehen. Allerdings kann der Vorstand mit Rücksicht auf die Vereinsorganisation die Zeiten auch nicht beliebig wählen. Wichtig ist vor allem, dass der Trainer hier keinen laufenden Weisungen unterliegt.

Keine Eingliederung in die organisatorischen Abläufe des Vereins

Im Mustervertrag wird die Weisungsfreiheit bzw. das Fehlen eines Direktionsrechts mehrfach ausdrücklich betont. Dabei muss Rücksicht genommen werden auf die üblichen Gegebenheiten des Spiel- und Trainingsbetriebs einer Vereinsmannschaft. Die betreffenden Vertragsklauseln wurden auch in der praktischen Ausgestaltung so umgesetzt.

Fachliche Vorgaben des Auftraggebers

Dass der Vertrag vorsieht, dass der Trainer die fachlichen Vorgaben des Auftraggebers so weit zu beachten hat, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordert, spielt nach Auffassung des LSG keine Rolle. Im Kerngehalt bedeute dieser Passus, dass der Trainer die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung schuldet und ihm entsprechende Vorgaben gemacht werden können. Insoweit handelt es sich um eine Leerformel, da entsprechende vertragliche Pflichten jedem Dienst-, Werks- und Arbeitsvertrag unterlegt sind.

Höhe der Vergütung

Die Modalitäten und die Höhe der Vergütung (80 Euro pro Stunde) stellen – so das LSG – keine aussagekräftigen Indizien für den sozialversicherungsrechtlichen Status dar. Bei abhängig beschäftigten Mannschaftstrainern im Spitzensport fehlt es an einer üblichen Vergütungshöhe, die als Maßstab zugrunde gelegt werden könnte.

Unternehmerisches Risiko

Da es sich bei der zu bewertenden Tätigkeit des Trainers um eine reine Dienstleistung handelt, für deren Ausübung kein Einsatz von Risikokapital erforderlich ist, steht das fehlende unternehmerische Risiko der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen.

Praxistipp | Regelmäßig genügt hier, dass der Trainer ein Ausfallrisiko hat. Auf keinen Fall darf also eine Vergütung vereinbart werden, die von den tatsächlich geleisteten Stunden unabhängig ist.

Mustervertrag ist auf andere Tätigkeiten übertragbar

Die Regelungen des Mustervertrags lassen sich auch auf andere Honorarverhältnisse – z. B. Lehrkräfte – übertragen. Auch hier darf keine Rolle spielen, dass die Honorarkraft auf Räumlichkeiten und Großtechnik des Vereins bzw. Auftraggebers angewiesen ist. Andernfalls käme eine selbstständige Tätigkeit in diesen Bereich kaum in Frage.

Weiterführender Hinweis
  • Den Wortlaut des Mustervertrags finden Sie auf der Homepage des DOSB und zwar hier: www.iww.de/s7544

AUSGABE: VB 2/2023, S. 11 · ID: 49030381

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