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SpendenabzugMitgliedsbeiträge bei Kultureinrichtungen: Das BFH-Urteil zum Spendenabzug und die Folgen

Top-BeitragAbo-Inhalt31.01.20232213 Min. Lesedauer

| Bei Kultureinrichtungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, sind die Mitgliedsbeiträge nicht als Sonderausgaben (§ 10b Abs. 1 S. 8 EStG) abzugsfähig. Nach Ansicht der Finanzverwaltung gilt das auch, wenn der Verein auch noch andere Zwecke verfolgt. Diese nicht eben vereinsfreundliche Auffassung hat der BFH jetzt bestätigt. |

Wann dienen kulturelle Zwecke der Freizeitgestaltung?

Die Finanzverwaltung hat sich bisher nur recht allgemein zur Regelung in § 10 b Abs. 1 S. 8 EStG geäußert. Eine Förderung kultureller Zwecke, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, liegt danach immer dann vor, wenn sich die Vereinsmitglieder selbst – im Rahmen einer aktiven Mitwirkung – kulturell betätigen und somit ihre Freizeit gestalten. Auf die künstlerische Gestaltungshöhe kommt es für die Abgrenzung nicht an (OFD Karlsruhe, Schreiben vom 21.11.2001, Az. S 2223 A - St 333).

Diese Vereine sind vom Abzugsverbot nicht betroffen

Unterschieden wird also in „passive“ Kulturvereine und Kulturvereine mit aktiver Beteiligung der Mitglieder. Nicht vom Abzugsverbot betroffen sind

  • Fördervereine von Kultureinrichtungen – auch wenn der geförderte Verein der Freizeitgestaltung der Mitglieder dient,
  • Einrichtungen, die Kulturveranstaltungen mit fremden Künstlern durchführen,
  • Kulturvereine, in denen die Mitglieder beruflich tätig sind.

Diese Vereine sind vom Abzugsverbot betroffen

Unklar ist dabei allerdings, ab welcher Vergütungshöhe es sich um keine Freizeitgestaltung mehr handelt. Zu den Vereinen, in denen sich die Mitglieder selbst innerhalb des Vereins im Rahmen einer aktiven Mitwirkung kulturell betätigen und somit ihre Freizeit gestalten, gehören z. B. Gesang- und Musikvereine, Theaterspielvereine und Theaterbesuchsorganisationen. Gleiches gilt für Trägervereine von Musikschulen, in denen die Mitgliedschaft Voraussetzung ist, um an Kursen der Musikschule teilnehmen zu können (FinMin Bayern, Schreiben vom 26.06.2000, Az. 32 – S 2223 – 333/54 – 27 438).

BFH: Auch nicht begünstigte Nebenzwecke sind schädlich

Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass ein Spendenabzug auch dann nicht möglich ist, wenn nur ein Teil der Satzungszwecke unter die Ausnahmeregelung fällt (R 10b.1, Abs. 1 EStR). Das gilt nicht nur für

  • Kultureinrichtungen, sondern für auch für
  • Sport,
  • Heimatpflege und Heimatkunde, sowie
  • die sogenannten privilegierten Freizeitzwecke des § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO (z. B. Brauchtumspflege oder Kleingärtnerei).

Diese Auffassung hat der BFH jetzt bestätigt. Das Abzugsverbot gilt bereits dann, wenn die Körperschaft neben anderen Zwecken auch kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Die Frage – so der BFH – ist lediglich, ob eine betriebene kulturelle Betätigung in erster Linie der Freizeitgestaltung dient. Auf den Umfang dieser Betätigung kommt es nicht an (BFH, Urteil vom 28.09.2022, Az. X R 7/21, Abruf-Nr. 232942).

Darum ging es im konkreten Fall

Das Urteil betraf einen gemeinnützigen Verein, der ein sinfonisches Blasorchester betrieb und die musikalische Bildung und Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen förderte. Das Finanzamt hatte im Freistellungsbescheid festgestellt, dass der Verein für die Mitgliedsbeiträge keine Zuwendungsbestätigungen ausstellen darf. Dagegen machte der Verein geltend, er fördere nicht in erster Linie kulturelle Betätigungen, die der Freizeitgestaltung dienten. Die Ausbildungstätigkeiten machten im Gegenteil den Schwerpunkt seiner Tätigkeit aus.

BFH überstimmt das FG Köln

Das FG Köln hatte dem Verein auf seine Klage hin Recht gegeben (FG Köln, Urteil vom 25.02.2021, Az. 10 K 1622/18, Abruf-Nr. 222156). Der BFH hingegen kam zu einem anderen Ergebnis. Er begründet sein Entscheidung damit, dass der Verein durch den Betrieb des Laienorchesters kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Die Tätigkeit des Vereins war geprägt durch das Unterhalten von Laien-Blasorchestern, die gemeinsamen Proben der Mitglieder und die Auftritte der Blasorchester bei Konzerten und Marschmusiken. Damit erfüllt er für den BFH die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 S. 8 Nr. 2 EStG, sodass Mitgliedsbeiträge nicht als Sonderausgaben abziehbar sind. Es spielt keine Rolle, ob und in welchem Umfang der Verein zusätzlich auch noch andere Zwecke fördert (BFH, Urteil vom 28.09.2022, Az. X R 7/21, Abruf-Nr. 232942).

Gilt das Urteil auch für andere Satzungszwecke?

Das BFH-Urteil ist nicht nur für Kulturvereine von Bedeutung. Grundsätzlich betrifft es auch andere Vereine, bei denen das Finanzamt den Spendenabzug ausschließt, weil sie teilweise nicht begünstigte Zwecke verfolgen. Diese Zwecke werden ja oft bewusst in die Satzung aufgenommen, damit auch diese Tätigkeit im Rahmen der Satzungszwecke begünstigt sind (also Mittel dafür verwendet werden dürfen) und Einnahmen in diesem Bereich in den Zweckbetrieb fallen. Betroffen sind auch die (Neben)-Zwecke

  • Sport
  • Heimatpflege und Heimatkunde
  • Tier- und Pflanzenzucht und Kleingärtnerei
  • traditionelles Brauchtum einschließlich Karneval, Fastnacht und Fasching
  • Soldaten- und Reservistenbetreuung
  • Amateurfunken, Freifunk
  • Modellflug
  • Hundesport

Vereine mit diesen Zwecken können also für Mitgliedsbeiträge keine Zuwendungsbestätigungen ausstellen.

Beispiel

Ein Verein mit dem Satzungszweck Behindertenhilfe bildet Assistenzhunde für Behinderte aus. Laut Satzung betreibt er auch Hundesport. Das schließt den Sonderausgabenzug für Mitgliedsbeitrage aus. Der Verein darf keine Zuwendungsbestätigungen dafür ausstellen.

Vereine riskieren Spendenhaftung

Die Frage des Spendenabzugs für Beiträge betrifft also sowohl den Verein als auch die Mitglieder. Vereine sollten beim Ausstellen von Zuwendungsbestätigungen Vorsicht walten lassen, weil sie Haftungsfolgen (Spendenhaftung) riskieren. In vielen Fällen werden die Mitgliedbeiträge ohnehin nicht so hoch sein, dass das für die Mitglieder steuerlich relevant ist.

BFH klärt rechtliche Systematik des Spendenabzugs

Der BFH hat die rechtliche Systematik des Spendenabzugs geklärt. Die Unterscheidung zwischen Spenden und Mitgliedsbeiträgen bezieht sich auf zwei Grundvoraussetzungen für den Spendenabzug – die Freiwilligkeit und die Unentgeltlichkeit, also das Fehlen einer Gegenleistung. Bei Mitgliedsbeiträgen fehlt infolge der rechtlichen Verpflichtung zu ihrer Zahlung zumindest die Freiwilligkeit. Außerdem wird in vielen Fällen ein Mitgliedsbeitrag auch in Erwartung einer Gegenleistung gezahlt.

Diese Unterscheidung nimmt die Regelung des § 10b Abs. 1 S. 8 EStG typisierend auf. Das – so der BFH –ist auch sachgerecht und entspricht dem Normzweck. Alle dort genannten Förderzwecke zeichnen sich durch eine große Nähe zum Freizeit- bzw. Hobbybereich aus. Es wäre deshalb kaum zu rechtfertigen, wenn Steuerzahler Aufwendungen für ihre Freizeitgestaltung nur deshalb einkommensteuerlich geltend machen könnten, weil die Freizeitgestaltung in einem Verein erfolgt, während alle anderen Steuerpflichtigen ihre Freizeitaufwendungen aus versteuertem Einkommen decken müssen.

Der Abzug von (echten) Spenden ist dagegen auch bei freizeitbezogenen Tätigkeiten möglich. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass die Spenden nicht in erster Linie für die eigene Freizeitgestaltung geleistet werden, deren Kosten schon durch die nicht abziehbaren Mitgliedsbeiträge abgedeckt sein sollten.

Aus diesem Grund hat der BFH auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Gleichstellungsgrundsatz) gegen diese Regelung.

Diese drei Gestaltungsmöglichkeiten hat ein Kulturverein

Um für die Mitglieder einen Spendenabzug zu ermöglichen, gäbe es für Kulturvereine mit Freizeitzwecken grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  • 1. Sie senken die Beiträge und bitten die Mitglieder stattdessen um Spenden.
  • 2. Sie gründen einen Förderverein.
  • 3. Sie lagern die Tätigkeiten, für die ein Spendenabzug der Mitgliedsbeiträge grundsätzlich möglich ist, in einen rechtlich eigenständigen Verein aus.

1. Spenden statt Mitgliedsbeiträge

Ein solches Verfahren ist allein schon hinsichtlich der Finanzierung des Vereins problematisch. Während für Mitgliedsbeiträge eine Zahlungsverpflichtung besteht, müssen Spenden der Höhe und den Zeitpunkt nach unabhängig von Vorgaben des Vereins geleistet werden. Der Verein riskiert also, dass die Finanzierung seiner Tätigkeiten nicht mehr sichergestellt ist.

Wesentlich problematischer ist aber die steuerliche Seite einer solchen Gestaltung. Regelmäßig wird das Finanzamt das als Gestaltungsmissbrauch bewerten. Das gilt in jedem Fall dann, wenn die laufende Vereinstätigkeit ohne die Spenden nicht finanziert werden kann. Der Verein müsse nachweisen können, dass Mitgliedsbeiträge und andere Einnahmen die Kosten des laufenden Betriebs decken. Spenden der Mitglieder dürften dafür nicht zwingend erforderlich sein.

2. Gründung eines Fördervereins

Fördervereine hat der Gesetzgeber vom Ausgabenabzug der Mitgliedsbeiträge ausgenommen, auch wenn der Empfängerverein die Freizeitzwecke seiner Mitglieder fördert. Die zusätzliche Gründung eines Fördervereins bedeutet aber nicht nur einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand. Auch hier wird das Finanzamt einen Gestaltungsmissbrauch unterstellen können. Darauf hat der BFH in seinem Urteil ausdrücklich hingewiesen.

Das gilt zumindest dann, wenn die Mitglieder von Verein und Förderverein weitgehend identisch sind und der Verein auf die Zahlungen des Fördervereins angewiesen ist, um seinen laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten.

3. Auslagerung der begünstigten Tätigkeiten

Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich deswegen vor allem für solche Vereine, die neben den nichtbegünstigten Freizeitaktivitäten auch andere Satzungszwecke verfolgen, für die ein Spendenabzug möglich ist. Das gilt z. B. für Musikvereine, die auch im Ausbildungsbereich tätig sind. Hier könnten die Ausbildungstätigkeiten in einen eigenständigen Verein ausgegründet werden.

Auch hier kann das Finanzamt einen Gestaltungsmissbrauch geltend machen. Das gilt aber nur, wenn die rechtliche Gestaltung vorwiegend aus steuerlichen Gründen erfolgt. Bei Vereinen, die unterschiedliche Satzungszwecke haben, wird sich aber darstellen lassen, dass die Aufteilung organisatorische Gründe hat.

Um den Verwaltungsaufwand einer Doppelstruktur zu vermeiden, wäre es denkbar, mit einem anderen Verein zu kooperieren. So könnten z. B. verschiedenen Chöre oder Instrumentalensembles ihre Ausbildungstätigkeiten in einem eigenen Verein zusammenfassen.

AUSGABE: VB 2/2023, S. 3 · ID: 49028854

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