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VereinsrechtFakultative Vereinsorgane: Den Verein jenseits der Pflichtorgane zeitgemäß aufstellen

Abo-Inhalt31.01.20232312 Min. Lesedauer

| Vereine sind in der rechtlichen Ausgestaltung eine außerordentlich flexible Rechtsform. Das gilt nicht nur für Mitgliederversammlung und Vorstand als Pflichtorgane. Es können weiteren Organe dazu genommen werden, die die unterschiedlichsten Aufgaben übernehmen können. Man spricht hier von fakultativen Vereinsorganen. Während es für die Aufgaben und Rechte der Pflichtorgane gesetzliche Vorgaben gibt, sind für die weiteren (fakultativen) Organe allein die Satzungsregelungen ausschlaggebend. VB klärt die rechtlichen Rahmenbedingungen und gibt Tipps zur Ausgestaltung. |

Was ist überhaupt ein Vereinsorgan?

Bei juristischen Personen wie Vereinen sind für das Außen- und Innenhandeln, ebenso wie für die Willensbildung Personen erforderlich, die das einzeln oder kollektiv übernehmen. Diese Personen nennt man Organe. Üblicherweise werden Organbefugnisse als Ämter, die Organmitglieder als Amtsträger bezeichnet. Die Entscheidungen treffen die Amtsträger aber nicht für sich selbst, sondern für den Verein. Das Handeln des Organs wird also der juristischen Person wie eigenes Handeln zugerechnet.

Selbstorgan und Fremdorgan

Organmitglieder können grundsätzlich sowohl Mitglieder (Selbstorganschaft) als auch Nichtmitglieder (Fremdorganschaft) werden. Das gilt für Pflichtorgane ebenso wie für fakultative Organe. Die Satzung kann aber Vorgaben machen, indem sie alle oder bestimmte Ämter nur Mitgliedern zugänglich macht.

Amtsträger, die keine Mitglieder sind, haben keine Mitgliedschaftsrechte. Sie dürfen also z. B. nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen bzw. werden dort allenfalls als Gäste behandelt, d. h. die Teilnahme ist mangels entsprechender Satzungsvorgaben von der Zustimmung der Versammlung abhängig.

Praxistipp | Sollen Mitglieder fakultativer Organe, die nicht Vereinsmitglied sind (z. B. ein Geschäftsführer oder ein Aufsichtsrat), an der Mitgliederversammlung teilnehmen dürfen, sollte das die Satzung ausdrücklich regeln.

Pflichtorgane und fakultative Organe

Einzig Mitgliederversammlung und Vorstand sind Pflichtorgane des Vereins. Daneben kann der Verein per Satzung weitere Organe schaffen. Das ergibt sich aus § 32 Abs. 1 BGB. Besondere gesetzliche Vorgaben für fakultative Organe gibt es allein für den besonderen Vertreter (§ 30 BGB). Der Grund dafür ist, dass der besondere Vertreter den Verein wie der Vorstand nach außen vertreten darf, also Rechtsgeschäfte für den Verein tätigen kann. Die Sicherheit im Rechtsverkehr verlangt hier eine Eintragung ins Vereinsregister.

Eine solche gesetzliche Außenvertretungsbefugnis haben aber nur Vorstand und besondere Vertreter.

Wichtig | Die beiden gesetzlichen Außenvertretungsorgane des Vereins haben in der Satzung oft abweichende Namen, wie z. B. „Präsidium“ für den Vorstand oder „Geschäftsführer“ für den besonderen Vertreter. Rechtlich handelt es sich hier aber immer um eines der beiden Organe. Andere Organe können zwar eine Außenvertretungsbefugnis haben. Die ist aber nicht gesetzlich geregelt, sondern beruht auf Einzelvollmachten.

Wichtige Punkte zu fakultativen Vereinsorganen

1. Typische fakultative Vereinsorgane

Die fakultativen Vereinsorgane, die in der Praxis am häufigsten vorkommen, sind

  • der erweiterte Vorstand,
  • der besondere Vertreter,
  • Abteilungsleiter und Leiter regionaler Untergliederungen,
  • Kassen- oder Rechnungsprüfer,
  • Vereins- oder Schiedsgerichte,
  • Aufsichts- und Kontrollgremien, Beiräte, Kuratorien sowie
  • Ausschüsse.

Bis auf den besonderen Vertreter haben diese Organe nur eine Funktion nach innen. Dazu gehören die Kontrolle und Beratung des Vorstands, die Schlichtung von Streitigkeiten im Verein und verschiedene Verwaltungsaufgaben.

2. Hauptorgan oder Unterorgan

Fehlt in der Satzung eine Bestimmung zu Bestellung und Funktion eines fakultativen Vereinsorgans, handelt es sich im Zweifel um ein Unterorgan des jeweiligen Pflichtorgans, von dem es bestellt wird:

Beispiel

Sieht die Satzung Rechnungsprüfer vor, sind das in der Regel fakultative Vereinsorgane. Bestellt die Mitgliederversammlung dagegen Rechnungsprüfer, ohne dass eine entsprechende Satzungsregelung besteht, sind sie ein bloßes Unterorgan der Mitgliederversammlung.

Solche Unterorgane sind Teil des Hauptorgans und ausschließlich diesem Organ verantwortlich. Umgekehrt hat das Hauptorgan die Verantwortung für das von ihm bestellte Unterorgan.

Beispiel

Der Vorstand stellt ohne entsprechende Satzungsregelung einen Geschäftsführer an. Der ist dann allein dem Vorstand verantwortlich und der Vorstand haftet für ein eventuelles Fehlverhalten des Geschäftsführers.

3. Gleichrangigkeit fakultativer Vereinsorganen

Die Mitgliederversammlung ist das Hauptorgan des Vereins. Soweit die Satzung das nicht anders regelt, fallen im Zweifel alle Zuständigkeiten unter ihre Beschlussfassung. Fakultative Vereinsorgane sind dagegen grundsätzlich gleichrangig. Sie müssen sich, soweit das nicht zu ihrem satzungsmäßig definierten Aufgabenbereich gehört, nicht gegenseitig überwachen. Sie unterliegen – mit Ausnahme der Mitgliederversammlung – auch nicht Weisungen der anderen Vereinsorgane.

Wichtig | Das bedeutet insbesondere, dass der Vorstand grundsätzlich keine Weisungsbefugnis anderen Vereinsorganen gegenüber hat, auch wenn er für deren Bestellung zuständig ist oder die Sitzung dieser Organe (z. B. eines Beirats) einberuft.

4. Satzungsbestimmung ist erforderlich

Um ein fakultatives Vereinsorgan zu konstituieren, muss die Satzung dazu enthalten

  • die Bezeichnung des Organs,
  • eine Aufgabenbeschreibung, insbesondere eine Abgrenzung zu den Aufgaben anderer Organe,
  • die Zuständigkeit für die Bestellung (Vorstand, Mitgliederversammlung)
  • die Zahl der Organmitglieder,
  • die Dauer der Bestellung (Amtszeit) sowie
  • Vorschriften für die Tätigkeit der Organe (z. B. zur Einberufung, Beschlussfassung etc.).

Fehlen entsprechende Regelungen, können Vorschriften für andere Organe herangezogen werden.

Beispiel

Für die Einberufung einer Beiratssitzung gelten dann die gleichen Formen und Fristen wie für die Mitgliederversammlung.

5. Die Beschlussfassung in fakultativen Vereinsorganen

Soweit die Satzung das nicht anders regelt, gelten für die Beschlussfassung in fakultativen Vereinsorganen die (Satzungs-)Regelungen zur Mitgliederversammlung. Alle Mitglieder des Organs haben gleiches Stimmrecht. Aus Amtsbezeichnungen (z. B. „Beiratsvorsitzender“) ergeben sich keine Sonderrechte, die über die Einberufung und Leitung der Sitzungen hinausgehen. Anders als bei der Mitgliederversammlung gibt es bei fakultativen Organen allerdings keine Anfechtung von Beschlüssen. Organbeschlüsse können nur wirksam oder unwirksam (nichtig) sein. Eine Anfechtung ist nicht erforderlich bzw. möglich, um die Nichtigkeit von Beschlüssen festzustellen.

6. Bestellung und Anstellung von Organmitgliedern

Werden Organmitglieder gegen Vergütung tätig, ist wie beim Vorstand zu unterscheiden zwischen der Bestellung und dem Dienstverhältnis. Weil mit der

Abberufung regelmäßig nicht das Dienstverhältnis endet, sollte das im Anstellungsvertrag entsprechend geregelt werden.

Ehrenamtlich tätige Organmitglieder stehen in einem Auftragsverhältnis zum Verein (unentgeltliche Geschäftsbesorgung nach §§ 662ff BGB). Sie haben deswegen nach § 670 BGB einen Anspruch auf Aufwandsersatz (z. B. für Reisekosten). Die Bestellung von Organmitgliedern kann wie beim Vorstand grundsätzlich jederzeit widerrufen werden. Zuständig für die Abberufung ist das Bestellorgan – wenn die Satzung das nicht anders regelt.

Praxistipp | Auch hier sind aber vielfältige Gestaltungsvarianten möglich. So kann z. B. der Vorstand ein Vorschlagsrecht bei der Wahl von Beiratsmitgliedern haben. Dem Beirat kann aber auch das Recht zur Selbstergänzung eingeräumt werden, wenn ein Mitglied vor Ende seiner Amtszeit ausscheidet.

7. Die Zuständigkeit fakultativer Organe

Der Zuständigkeitsbereich von fakultativen Organen ergibt sich aus den entsprechenden Satzungsbestimmungen. Dabei können dem Organ auch Aufgaben übertragen werden, die grundsätzlich bei der Mitgliederversammlung liegen. Dazu kann z. B. im Fall eines Aufsichtsrats die Wahl, die Kontrolle und Entlastung des Vorstands gehören; ebenso die Fassung von Beschlüssen zu Bereichen, die sonst in die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung oder des Vorstands fallen.

Nicht möglich ist es aber, alle Befugnisse der Mitgliederversammlung vollständig auf ein solches Organ zu übertragen. Wäre das der Fall, würde die Mitgliederversammlung faktisch abgeschafft und damit die Rechte der Mitglieder in unzulässiger Weise beschränkt. Grundsätzlich nicht entzogen werden kann der Mitgliederversammlung vor allem das Recht zur Satzungsänderung und zur Abberufung des Vorstands. Überschreitet ein (fakultatives) Vereinsorgan seine Zuständigkeit, sind seine Beschlüsse ungültig bzw. getroffene Maßnahmen unwirksam.

Beispiel

Ein Aufsichtsrat kann ohne ausdrückliche Satzungsregelung den Vorstand nicht wirksam entlasten, auch wenn er explizit als Kontrollorgan des Vorstands konzipiert ist.

8. Die Mitgliedschaft in mehreren Organen

Grundsätzlich können Personen Mitglied mehrerer Vereinsorgane sein. Denkbar wäre z. B., dass die Rechnungsprüfer zugleich Mitglied eines Aufsichtsrats sind oder Abteilungsleiter Mitglied des erweiterten Vorstandes. Im Einzelfall kann eine solche Personalunion durch die Funktion des Organs ausgeschlossen sein. So dürfen z. B. Rechnungsprüfer nicht Mitglied des Vorstands sein, den sie kontrollieren.

Weiterführender Hinweis
  • In der März-Ausgabe lesen Sie mehr zum fakultativen Vereinsorgan.

AUSGABE: VB 2/2023, S. 15 · ID: 49039581

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