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SatzungsgestaltungWelche Zuständigkeiten können per Satzung auf den Vorstand übertragen werden?

Abo-Inhalt31.10.20229923 Min. Lesedauer

| Die Mitgliederversammlung ist grundsätzlich das oberste Vereinsorgan des Vereins. Sie kann aber per Satzung die meisten Zuständigkeiten an den Vorstand übertragen. VB erklärt Ihnen, was möglich ist und wo die Übertragungsgrenzen sind. |

Weisungsbefugnis der Mitgliederversammlung

Wenn die Satzung das nicht anders regelt, ist die Mitgliederversammlung nicht nur für die Bestellung der Vereinsorgane zuständig. Sie überwacht auch deren Amtsführung und entscheidet darüber, ob sie bei Pflichtverletzungen Ersatzansprüche geltend macht.

Grundsätzlich darf die Mitgliederversammlung dem Vorstand Weisungen erteilen, wie er seine Vorstandsaufgaben erledigen soll. Für die Geschäftsführung des Vorstands kann das problematisch sein, weil alle seine Entscheidungen der Revision durch die Mitgliederversammlung unterlägen.

Allerdings gilt, dass die Mitgliederversammlung dem Vorstand nur in den Bereichen Weisungen erteilen darf, die nicht alleine dem Vorstand zugewiesen sind. Nach § 32 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Mitgliederversammlung nur für die Angelegenheiten des Vereins zuständig, die nicht aufgrund Gesetzes oder einer Regelung in der Satzung vom Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind. Eine Zuständigkeit der Mitgliederversammlung besteht also nur vorbehaltlich anderweitiger Regelungen in der Satzung.

Die Satzung kann also die Rechte der Mitgliederversammlung einschränken und Aufgaben, die nach dem Gesetz eigentlich ihr obliegen, einem anderen Vereinsorgan zuweisen. Die Mitgliederversammlung hat also zugleich die Kompetenz-Kompetenz, d. h. sie kann Zuständigkeiten auf andere Vereinsorgane, insbesondere den Vorstand, übertragen. Das erfordert aber regelmäßig eine entsprechende Satzungsregelung.

Verein profitiert von der Stärkung des Vorstands

Eine solche Übertragung der Zuständigkeiten auf dem Vorstand ist in mehrfacher Hinsicht interessant.

  • 1. Bei Vereinen mit nur wenigen aktiven Mitgliedern ist oft eine Stärkung des Vorstands und entsprechende Verringerung des Einflusses der Mitgliederversammlung gewünscht.
  • 2. Der Vorstand kann als Geschäftsführungsorgan weit schneller und flexibler agieren als die Mitgliederversammlung. Es macht deswegen Sinn, die Zuständigkeit für Fälle, die im Vereinsleben häufiger vorkommen, auf den Vorstand zu übertragen, damit nicht jedes Mal die Mitgliederversammlung einberufen werden muss.
  • 3. Die eindeutige Übertragung bestimmter Kompetenzen erzeugt Rechtssicherheit für den Vorstand. Er muss dann im Zweifel nicht die Mitgliederversammlung befragen, sondern kann eigenständig handeln.

Haftungsrisiken bei Geschäften ohne Zustimmung der Versammlung

Grundsätzlich gilt: Rechtsgeschäfte im „gewöhnlichen Geschäftskreis“ darf der Vorstand ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung tätigen. Dazu gehört alles, was üblicherweise und regelmäßig anfällt und auch bisher schon ohne Abstimmung mit der Mitgliederversammlung gemacht wurde (Vereinsherkommen).

„Grundlagengeschäfte“ bedürfen dagegen der Zustimmung, auch wenn die Satzung das nicht ausdrücklich regelt. Dazu gehören auch Geschäfte, die für den Verein von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind. Dazu zählen etwa außergewöhnlich hohe Ausgaben, wie z. B. für den Bau oder die Anschaffung einer Immobilie. Geschäfte außerhalb dieses gewöhnlichen Geschäftskreises könnte die Mitgliederversammlung als unzulässige Mittelverwendung betrachten und den Vorstand in Haftung nehmen. Auch diese Geschäfte sind zwar nicht zustimmungspflichtig (außer die Satzung regelt das so). Die fehlende Zustimmung kann aber zur Haftung des Vorstands führen.

Diese Zuständigkeiten können nicht auf den Vorstand übertragen werden

Die Gestaltungsmöglichkeiten gehen sehr weit. Grundsätzlich nicht auf dem Vorstand übertragen werden können aber

  • die Zuständigkeit für die Auflösung des Vereins. Dafür ist nach § 41 BGB immer die Mitgliederversammlung zuständig. Diese Regelung ist auch nicht nach § 40 BGB nachgiebig.
  • Kompetenzen, die der Vorstand von der Sache her nicht wahrnehmen kann. Dazu gehören insbesondere
    • die Rechnungsprüfung,
    • seine Entlastung und
    • seine Abberufung.

Diese Zuständigkeiten können übertragen werden

Fast alle anderen Zuständigkeiten können uneingeschränkt auf dem Vorstand oder ein anderes Vereinsorgan übertragen werden. Das kann nicht nur bei der Gründungsversammlung des Vereins erfolgen, sondern auch durch eine spätere Satzungsänderung.

Das gilt z. B. für:

  • die Ordnungsgewalt über die Mitglieder, also das Verhängen von Vereinsstrafen, insbesondere auch der Vereinsausschluss;
  • die Bestellung mindestens eines Teils der Vorstandsmitglieder (Selbstergänzung des Vorstands);
  • die Bestellung weiterer Vereinsorgane (wie z. B. von Aufsichtsräten oder Ausschüssen);
  • die Bestimmung der Vermögensanfallsberechtigten oder
  • die Festlegung der Mitgliedsbeiträge

Wenn die Satzung bestimmte Zuständigkeiten auf den Vorstand überträgt, ist das verbindlich. Ein anderslautender Beschluss der Mitgliederversammlung ist unwirksam. Die Mitgliederversammlung müsste dann zunächst die Satzung ändern, um sich die Zuständigkeit wieder anzueignen.

Beispiel

Ist lt. Satzung der Vorstand für den Ausschluss von Mitgliedern zuständig, kann die Mitgliederversammlung weder selbst Mitglieder ausschließen, noch einem Ausschluss durch den Vorstand widersprechen. Auch eine Anrufung der Mitgliederversammlung durch das ausgeschlossene Mitglied ist dann grundsätzlich nicht möglich.

Wichtig | In bestimmten Fällen kann es deswegen sinnvoll sein, dem Vorstand zwar zur Verwaltungsvereinfachung die Kompetenz zu übertragen, der Mitgliederversammlung aber ein Weisungsrecht einzuräumen, mit der sie entsprechende Entscheidungen des Vorstands revidieren kann.

Satzungsänderungen: Zuständigkeitsbereich des Vorstands?

Für Satzungsänderungen ist zwar nach § 33 BGB die Mitgliederversammlung zuständig, diese Regelung ist aber nachgiebig.

In vielen Satzungen ist z. B. geregelt, dass der Vorstand die Satzung ändern kann, soweit Vereinsregister oder Finanzamt das verlangt. So sollen insbesondere formale und kleinere Änderungen an der Satzung im Zuge der Vereinsgründung schnell vorgenommen werden können.

Die Zuständigkeit für Satzungsänderungen kann aber auch grundsätzlich auf dem Vorstand übertragen werden. Der Grundsatz der Satzungsautonomie verlangt aber, dass sich die Mitgliederversammlung die Satzungsänderungskompetenz wieder aneignen kann. Die Mitgliederversammlung kann in diesem Fall also Satzungsänderungen durch den Vorstand zwar nicht widersprechen. Sie kann aber die Regelung, mit der die Zuständigkeit auf dem Vorstand übertragen wurde, abändern.

Will sie also Satzungsänderungen durch den Vorstand revidieren, muss sie zunächst die Klausel ändern, mit der die Zuständigkeit auf den Vorstand übertragen wurde. Erst dann kann sie ihrerseits die vom Vorstand vorgenommenen Satzungsänderungen korrigieren. Das gilt unabhängig davon, wie die Zuständigkeit für Satzungsänderungen in der Satzung geregelt ist.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Die Zuständigkeiten des Vorstands (Teil 1): Umfang und Beschränkung der Außenvertretung“, VB 10/2017, Seite 14 → Abruf-Nr. 44923332
  • Beitrag „Die Zuständigkeiten des Vorstands (Teil 2): Die Geschäftsführung“, VB 11/2017, Seite 10 → Abruf-Nr. 44970828
  • Beitrag „Die Zuständigkeiten des Vorstands (Teil 3): Ressortaufteilung und Weisungsbindung“, VB 12/2017, Seite 11 → Abruf-Nr. 45027906

AUSGABE: VB 11/2022, S. 14 · ID: 48690232

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