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BetriebsausgabenAufzeichnungspflichten beim häuslichen Arbeitszimmer: So erfüllen Sie § 4 Abs. 7 EStG „bp-sicher“
| Seit 2023 gelten strengere Regeln für den Betriebsausgabenabzug häuslicher Arbeitszimmer. Doch selbst wenn Sie diese erfüllen, lauert noch eine – von der Rechtsprechung eben wieder bestätigte – Steuerfalle: § 4 Abs. 7 EStG. Er verlangt, dass Sie die Aufwendungen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzeichnen. Doch was genau bedeutet diese Pflicht? Wie weit geht sie und für wen gilt sie? SSP gibt die Antwort. |
So ist der Betriebsausgabenabzug beim Arbeitszimmer geregelt
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung können Sie nicht als Betriebsausgaben absetzen. So lautet der Grundsatz. Von dem gibt es seit 2023 nur noch eine Ausnahme: Das Arbeitszimmer muss den Mittelpunkt Ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilden (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG). Dann können Sie wählen:
- Entweder Sie ermitteln die tatsächlich auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen und machen diese geltend (z. B. anteiliger Strom, Wasser, Gas, Gebäudeabschreibung, Miete, Grundabgaben, Zinsen) oderEs besteht ein Wahl- recht zwischen ...
- Sie verzichten auf den Einzelnachweis und beanspruchen die seit 2023 eingeführte Jahrespauschale von 1.260 Euro.... einer Pauschale ...
Beispiel 1 |
Die selbstständige Autorin Viola betreibt ihr Unternehmen ausschließlich in einem Büro (15 m²) in ihrem Einfamilienhaus (150 m²). Für das Haus sind in 2023 Kosten von 13.000 Euro angefallen (Gebäudeabschreibung, Schuldzinsen, laufende Nebenkosten). ... und den tatsäch-
lichen Kosten |
Erfüllen Sie die Abzugsvoraussetzungen nicht, gibt es noch ein Hintertürchen, durch das Sie zumindest ein paar pauschale Betriebsausgaben geltend machen können: Die Home-Office-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG. Über die Home-Office-Pauschale können Sie für jeden Kalendertag, an dem Sie Ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend von zuhause ausüben, und eben keine außerhalb Ihres Zuhauses belegene erste Tätigkeitsstätte aufsuchen, eine Tagespauschale von sechs Euro als Betriebsausgaben geltend machen. Begrenzt ist die Home-Office-Pauschale auf 1.260 Euro pro Kalenderjahr; was 210 Tagen „Heimarbeit“ entspricht.
Wichtig | Steht Ihnen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können Sie die Home-Office-Pauschale auch abziehen, wenn Sie die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausüben.
Beispiel 2 |
Einzelhändler Malte kümmert sich jeden Samstag im Home-Office für etwa zwei Stunden um allgemeine Büroarbeiten für sein Unternehmen. Das Unternehmen selbst sucht er samstags nicht auf; es hat geschlossen. ... ermöglicht Abzug von maxi-
mal 1.260 Euro |
Diese Aufzeichnungspflichten gelten beim Arbeitszimmer
Erfüllen Sie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG, müssen Sie für den „bp-sicheren“ Abzug noch eine Hürde nehmen: Sie dürfen alle Aufwendungen i. S. v. § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis 4, 6b und 7 EStG – und hierzu zählen auch die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer – nur dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn Sie diese einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet haben (§ 4 Abs. 7 EStG).
Erfüllen Sie die Aufzeichnungspflichten nicht, sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer insgesamt nicht abziehbar. Grund dafür: Die Beachtung der Aufzeichnungspflichten ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung der Betriebsausgaben (BFH, Beschluss vom 27.03.2007, Az. I B 125/06, Abruf-Nr. 243439).
Wichtig | Die Aufzeichnungspflichten gelten nicht
- für die Home-Office-Pauschale, weil diese in § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG verankert ist, oder
- wenn Sie die Jahrespauschale von 1.260 Euro geltend machen (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925, Rz. 40).
Aufwendungen sind auf einem gesonderten Konto zu erfassen
Konkret erfordert § 4 Abs. 7 EStG, dass Sie alle im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer stehenden Einzelpositionen fortlaufend und zeitnah innerhalb der Buchführung auf einem besonderen Konto als Betriebsausgaben erfassen. Dieses besondere Konto können Sie z. B. „Arbeitszimmer“ nennen. Darauf erfassen Sie dann zeitnah alle anteiligen Aufwendungen im jeweiligen Zahlungszeitpunkt (z. B. alle Neben- und Energiekosten).
Bei einem Sammelkonto ist jede Buchung eindeutig zu kennzeichnen |
Aufzeichnung muss spätestens binnen eines Monats erfolgen
Wie der Begriff „zeitnah“ zu verstehen ist, ist bisher nicht abschließend geklärt. Wichtige Aufschlüsse liefert aber das BFH-Urteil vom 11.03.1988 (Az. III R 62/87). Demnach werden Aufwendungen, die unter § 4 Abs. 7 EStG fallen, dann zeitnah und folglich zulässig gesondert aufgezeichnet, wenn die Verbuchung innerhalb von zehn Tagen, ausnahmsweise innerhalb eines Monats, erfolgt.
Die gesonderte Aufzeichnung nach Ablauf des Geschäftsjahrs genügt dem BFH nicht. Erfassen Sie die Aufwendungen für das Arbeitszimmer also erst nachträglich in der Buchführung, z. B. weil Sie erst im Rahmen des Jahresabschlusses die gesamten Aufwendungen für das Arbeitszimmer ermitteln und einbuchen, verstoßen Sie gegen die zeitnahe gesonderte Aufzeichnungspflicht. Die unschöne Folge: Die Aufwendungen für das eigentlich abzugsfähige Arbeitszimmer sind doch nicht abzugsfähig – und Sie gehen leer aus. Als Rettungsanker bleibt Ihnen dann nur die Jahrespauschale von 1.260 Euro.
Beispiel 3 |
Bei „verpasster Buchung“ bleibt ... ... als Alternative „nur noch“ die Jahrespauschale Werden die Aufwendungen erst nach Ablauf des Jahres zusammengestellt und verbucht, sind sie nicht abzugsfähig (§ 4 Abs. 7 EStG).
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Abwandlung |
Wie Beispiel 3; es handelt sich aber um eine Personengesellschaft, deren Gesellschafter die Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben geltend machen will. Lösung: § 4 Abs. 7 EStG gilt auch im Sonderbetriebsvermögen. Folglich ergibt sich keine andere Lösung wie im Ausgangsbeispiel. |
Wichtig | Ebenfalls genügt den BFH-Anforderungen die in der Praxis häufig vorkommende getrennte und geordnete Belegsammlung nicht, auf deren Basis im Rahmen der Jahresabschlusserstellung die Aufwendungen für das Arbeitszimmer ermittelt und eingebucht werden (BFH, Urteil vom 26.02.1988, Az. III R 20/85).
Diese Erleichterungen gewährt das BMF
Die einzelne und zeitnahe Aufzeichnung aller im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer stehenden Aufwendungen führt in der Praxis zu einem hohen Arbeitsaufwand. Deshalb gestattet das BMF einige Vereinfachungen (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925, Rz. 25 [ab VZ 2023] und BMF, Schreiben vom 06.10.2017, Az. IV C 6 – S 2145/07/10002 :019, Abruf-Nr. 197093, Rz. 25 [bis VZ 2022]):
- Finanzierungsaufwendungen: Die anteilig auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Finanzierungsaufwendungen dürfen Sie unterjährig im Wege der Schätzung ermitteln, wenn nach Ablauf des Jahres eine Korrektur durch Aufzeichnung der Jahresabrechnung des Kreditinstituts erfolgt.
- Verbrauchsabhängige Aufwendungen (z. B. Wasser, Energie): Auch hier dürfen Sie unterjährig mit Schätzungen arbeiten, wenn Sie nach Ablauf des Jahres eine Korrektur durch Aufzeichnung der Jahresabrechnung vornehmen.... verbrauchs- abhängige Aufwendungen ...
- Abschreibungen: Es ist ausreichend, wenn Sie die (Gebäude-)Abschreibung einmal jährlich – zeitnah nach Ablauf des Jahres – aufzeichnen.
Beispiel 4 |
... können geschätzt und am Jahresende korrigiert werden Abschreibungen können einmal jährlich nachträglich erfasst werden |
Gelten die Aufzeichnungspflichten auch bei der EÜR?
Ermitteln Sie Ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG per Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), sind Sie nicht dazu verpflichtet, eine Buchführung einzurichten. Die unter § 4 Abs. 7 EStG fallenden Aufwendungen müssen Sie aber dennoch wie bilanzierende Unternehmer von Anfang an getrennt und zeitnah von Ihren sonstigen Betriebsausgaben einzeln aufzeichnen (BFH, Urteil vom 22.01.1988, Az. III R 171/82 und BFH, Urteil vom 26.10.1988, Az. X R 25/87).
Ermitteln Sie Ihren Gewinn also z. B. per Excel-Tabelle, müssen Sie die fraglichen Aufwendungen zeitnah in einer gesonderten Spalte der Gewinnermittlung erfassen. Eine geordnete Belegsammlung und die darauf aufbauende Ermittlung der Gesamtaufwendungen und Erfassung des anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Betrags als Betriebsausgabe genügt auch bei der EÜR nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 7 EStG (BFH, Urteil vom 26.02.2004, Az. IV R 50/01, Abruf-Nr. 040953).
Aktuelles Urteil des FG Hessen bestätigt bisherige BFH-Rechtsprechung
Diese vom BFH seit fast 40 Jahren vertretene Rechtsansicht hat zuletzt das FG Hessen bestätigt (Urteil vom 13.10.2022, Az. 10 K 1672/19, Abruf-Nr. 222132): Es sah eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Einzelposten nach Abschluss des Veranlagungszeitraums nicht als ausreichend an, weil es an der für den Abzug entscheidenden fortlaufenden, zeitnahen und einzelnen Erfassung der Einzelpositionen mangelte.
Steuerzahler hat Revision erwirkt – BFH muss erneut ran
Das Bemerkenswerte an dem Urteil: Das FG Hessen hatte die Revision mangels Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen. Davon ließ sich der Steuerzahler, ein freiberuflich tätiger Unternehmer, der seinen Gewinn per EÜR ermittelt, jedoch nicht abschrecken. Er legte Beschwerde beim BFH ein und erwirkte, dass die Revision nachträglich zugelassen wurde (BFH, Beschluss vom 14.02.2024, Az. VIII B 131/22).
Im Verfahren mit dem Az. VIII R 6/24 muss der BFH nun also erneut darüber entscheiden, ob die Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 7 EStG bei einem Einnahmen-Überschuss-Rechner in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht nur dann erfüllt sind, wenn sämtliche Aufwendungen einzeln fortlaufend in einem gesonderten Dokument oder Datensatz aufgezeichnet werden. Die nachträglich zugelassene Revision könnte nach Auffassung von SSP ein Indiz dafür sein, dass sich zumindest der VIII. Senat nicht ganz sicher ist, ob die bisherige Rechtsprechung Bestand haben kann.
Einspruch einlegen kann sich möglicherweise doch lohnen |
Fazit | Schenken Sie den Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG die erforderliche Aufmerksamkeit. Erfassen Sie sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem häuslichen Arbeitszimmer fortlaufend und zeitnah innerhalb der Buchführung auf einem besonderen Konto. So sind Sie für die nächste Betriebsprüfung auf der sicheren Seite. Und ganz wichtig: Das gilt nicht nur für bilanzierende Unternehmer, sondern – Stand heute – auch für 4/3-Rechner. |
AUSGABE: SSP 9/2024, S. 13 · ID: 50090166