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BetriebsausgabenAufzeichnungspflichten beim häuslichen Arbeitszimmer: So erfüllen Sie § 4 Abs. 7 EStG „bp-sicher“

Abo-Inhalt08.08.20249 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Seit 2023 gelten strengere Regeln für den Betriebsausgabenabzug häuslicher Arbeitszimmer. Doch selbst wenn Sie diese erfüllen, lauert noch eine – von der Rechtsprechung eben wieder bestätigte – Steuerfalle: § 4 Abs. 7 EStG. Er verlangt, dass Sie die Aufwendungen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzeichnen. Doch was genau bedeutet diese Pflicht? Wie weit geht sie und für wen gilt sie? SSP gibt die Antwort. |

So ist der Betriebsausgabenabzug beim Arbeitszimmer geregelt

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung können Sie nicht als Betriebsausgaben absetzen. So lautet der Grundsatz. Von dem gibt es seit 2023 nur noch eine Ausnahme: Das Arbeitszimmer muss den Mittelpunkt Ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilden (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG). Dann können Sie wählen:

  • Entweder Sie ermitteln die tatsächlich auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen und machen diese geltend (z. B. anteiliger Strom, Wasser, Gas, Gebäudeabschreibung, Miete, Grundabgaben, Zinsen) oder
  • Sie verzichten auf den Einzelnachweis und beanspruchen die seit 2023 eingeführte Jahrespauschale von 1.260 Euro.

Beispiel 1

Die selbstständige Autorin Viola betreibt ihr Unternehmen ausschließlich in einem Büro (15 m²) in ihrem Einfamilienhaus (150 m²). Für das Haus sind in 2023 Kosten von 13.000 Euro angefallen (Gebäudeabschreibung, Schuldzinsen, laufende Nebenkosten).
Lösung: Das Büro stellt nach BMF-Schreiben vom 15.08.2023 (Rz. 6 ff) keine Betriebsräume, sondern ein häusliches Arbeitszimmer dar. Dieses bildet bei einer Autorin auch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, sodass sie die dafür anteilig angefallenen Aufwendungen als Betriebsausgaben abziehen kann. Entscheidet sich Viola für den Abzug der tatsächlichen Aufwendungen, betragen die Betriebsausgaben 1.300 Euro (13.000 Euro : 150 m² x 15 m²). Entscheidet sie sich für die Jahrespauschale, beträgt der Abzug 1.260 Euro.

Erfüllen Sie die Abzugsvoraussetzungen nicht, gibt es noch ein Hintertürchen, durch das Sie zumindest ein paar pauschale Betriebsausgaben geltend machen können: Die Home-Office-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG. Über die Home-Office-Pauschale können Sie für jeden Kalendertag, an dem Sie Ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend von zuhause ausüben, und eben keine außerhalb Ihres Zuhauses belegene erste Tätigkeitsstätte aufsuchen, eine Tagespauschale von sechs Euro als Betriebsausgaben geltend machen. Begrenzt ist die Home-Office-Pauschale auf 1.260 Euro pro Kalenderjahr; was 210 Tagen „Heimarbeit“ entspricht.

Wichtig | Steht Ihnen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können Sie die Home-Office-Pauschale auch abziehen, wenn Sie die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausüben.

Beispiel 2

Einzelhändler Malte kümmert sich jeden Samstag im Home-Office für etwa zwei Stunden um allgemeine Büroarbeiten für sein Unternehmen. Das Unternehmen selbst sucht er samstags nicht auf; es hat geschlossen.
Lösung: Malte kann kein häusliches Arbeitszimmer geltend machen, da dieses nicht den Mittelpunkt seiner betrieblichen Tätigkeiten bildet. Er kann aber die Home-Office-Pauschale abziehen. Sie beträgt bei 52 Samstagen jährlich 312 Euro (52 Tage x 6 Euro) – und ist sogar dann abzugsfähig, wenn die Büroarbeiten am Küchentisch erledigt werden und kein „richtiges“ Arbeitszimmer vorhanden ist.

Diese Aufzeichnungspflichten gelten beim Arbeitszimmer

Erfüllen Sie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG, müssen Sie für den „bp-sicheren“ Abzug noch eine Hürde nehmen: Sie dürfen alle Aufwendungen i. S. v. § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis 4, 6b und 7 EStG – und hierzu zählen auch die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer – nur dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn Sie diese einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet haben (§ 4 Abs. 7 EStG).

Erfüllen Sie die Aufzeichnungspflichten nicht, sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer insgesamt nicht abziehbar. Grund dafür: Die Beachtung der Aufzeichnungspflichten ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung der Betriebsausgaben (BFH, Beschluss vom 27.03.2007, Az. I B 125/06, Abruf-Nr. 243439).

Wichtig | Die Aufzeichnungspflichten gelten nicht

  • für die Home-Office-Pauschale, weil diese in § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG verankert ist, oder
  • wenn Sie die Jahrespauschale von 1.260 Euro geltend machen (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925, Rz. 40).

Aufwendungen sind auf einem gesonderten Konto zu erfassen

Konkret erfordert § 4 Abs. 7 EStG, dass Sie alle im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer stehenden Einzelpositionen fortlaufend und zeitnah innerhalb der Buchführung auf einem besonderen Konto als Betriebsausgaben erfassen. Dieses besondere Konto können Sie z. B. „Arbeitszimmer“ nennen. Darauf erfassen Sie dann zeitnah alle anteiligen Aufwendungen im jeweiligen Zahlungszeitpunkt (z. B. alle Neben- und Energiekosten).

Praxistipp | Es reicht aus, wenn Sie für alle unter § 4 Abs. 7 EStG fallenden Aufwendungen (z. B. Geschenke, Bewirtung, Arbeitszimmer) ein gemeinsames Sammelkonto führen. Dann muss sich aber aus jeder Buchung die Art der Aufwendungen (z. B. „Geschenk“ ergeben – R 4.11 Abs. 1 EStR).

Aufzeichnung muss spätestens binnen eines Monats erfolgen

Wie der Begriff „zeitnah“ zu verstehen ist, ist bisher nicht abschließend geklärt. Wichtige Aufschlüsse liefert aber das BFH-Urteil vom 11.03.1988 (Az. III R 62/87). Demnach werden Aufwendungen, die unter § 4 Abs. 7 EStG fallen, dann zeitnah und folglich zulässig gesondert aufgezeichnet, wenn die Verbuchung innerhalb von zehn Tagen, ausnahmsweise innerhalb eines Monats, erfolgt.

Die gesonderte Aufzeichnung nach Ablauf des Geschäftsjahrs genügt dem BFH nicht. Erfassen Sie die Aufwendungen für das Arbeitszimmer also erst nachträglich in der Buchführung, z. B. weil Sie erst im Rahmen des Jahresabschlusses die gesamten Aufwendungen für das Arbeitszimmer ermitteln und einbuchen, verstoßen Sie gegen die zeitnahe gesonderte Aufzeichnungspflicht. Die unschöne Folge: Die Aufwendungen für das eigentlich abzugsfähige Arbeitszimmer sind doch nicht abzugsfähig – und Sie gehen leer aus. Als Rettungsanker bleibt Ihnen dann nur die Jahrespauschale von 1.260 Euro.

Beispiel 3

Für ein Einfamilienhaus (150 m²) werden im Januar 2024 der Stromabschlag von 75 Euro und der Gasabschlag von 120 Euro abgebucht. In dem Haus befindet sich auch das voll abzugsfähige häusliche Arbeitszimmer (15 m²).
Lösung: In der Buchführung sind zeitnah – also binnen eines Monats – auf dem gesonderten Konto „Arbeitszimmer“ folgende Aufwendungen zu verbuchen:
Werden die Aufwendungen erst nach Ablauf des Jahres zusammengestellt und verbucht, sind sie nicht abzugsfähig (§ 4 Abs. 7 EStG).
  • Stromkosten von 7,50 Euro (75 Euro : 150 m² x 15 m²)
  • Gaskosten von zwölf Euro (120 Euro : 150 m² x 15 m²)

Abwandlung

Wie Beispiel 3; es handelt sich aber um eine Personengesellschaft, deren Gesellschafter die Aufwendungen als Sonderbetriebsausgaben geltend machen will.
Lösung: § 4 Abs. 7 EStG gilt auch im Sonderbetriebsvermögen. Folglich ergibt sich keine andere Lösung wie im Ausgangsbeispiel.

Wichtig | Ebenfalls genügt den BFH-Anforderungen die in der Praxis häufig vorkommende getrennte und geordnete Belegsammlung nicht, auf deren Basis im Rahmen der Jahresabschlusserstellung die Aufwendungen für das Arbeitszimmer ermittelt und eingebucht werden (BFH, Urteil vom 26.02.1988, Az. III R 20/85).

Diese Erleichterungen gewährt das BMF

Die einzelne und zeitnahe Aufzeichnung aller im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer stehenden Aufwendungen führt in der Praxis zu einem hohen Arbeitsaufwand. Deshalb gestattet das BMF einige Vereinfachungen (BMF, Schreiben vom 15.08.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Abruf-Nr. 236925, Rz. 25 [ab VZ 2023] und BMF, Schreiben vom 06.10.2017, Az. IV C 6 – S 2145/07/10002 :019, Abruf-Nr. 197093, Rz. 25 [bis VZ 2022]):

  • Finanzierungsaufwendungen: Die anteilig auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Finanzierungsaufwendungen dürfen Sie unterjährig im Wege der Schätzung ermitteln, wenn nach Ablauf des Jahres eine Korrektur durch Aufzeichnung der Jahresabrechnung des Kreditinstituts erfolgt.
  • Verbrauchsabhängige Aufwendungen (z. B. Wasser, Energie): Auch hier dürfen Sie unterjährig mit Schätzungen arbeiten, wenn Sie nach Ablauf des Jahres eine Korrektur durch Aufzeichnung der Jahresabrechnung vornehmen.
  • Abschreibungen: Es ist ausreichend, wenn Sie die (Gebäude-)Abschreibung einmal jährlich – zeitnah nach Ablauf des Jahres – aufzeichnen.

Beispiel 4

In einem Einfamilienhaus befindet sich ein häusliches Arbeitszimmer (Anteil an der Wohnfläche: Zehn Prozent). Für die Immobilie läuft ein Darlehen mit einer monatlichen Rate von 1.000 Euro. Zum 01.01.2024 beträgt die Restschuld noch 200.000 Euro und der Zinssatz 2,5 Prozent. Anfang 2025 geht aus der Jahresabrechnung hervor, dass für 2024 Zinsen in Höhe von 4.919,23 Euro angefallen sind.
Lösung: Anstelle im Jahr 2024 Monat für Monat die tatsächlich in der Darlehensrate enthaltenen Zinsen mit dem auf das Arbeitszimmer entfallenden Anteil von zehn Prozent als Betriebsausgabe auf dem Konto „Arbeitszimmer“ zu erfassen, kann der Zinsanteil geschätzt werden, z. B. mit monatlich 41,67 Euro (Grundlage: 200.000 Euro Restdarlehen x 2,5 Prozent Zinssatz : 12 Monate x 10 Prozent). Im Laufe des Jahres 2024 werden so 500,04 Euro als Betriebsausgaben erfasst. Weil sich aus der Jahresabrechnung tatsächliche Zinsen von anteilig 491,92 Euro ergeben (4.919,23 Euro x 10 Prozent), ist der gebuchte Zinsaufwand um die Differenz von 8,12 Euro (500,04 Euro ./. 491,92 Euro) zu korrigieren.

Gelten die Aufzeichnungspflichten auch bei der EÜR?

Ermitteln Sie Ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG per Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), sind Sie nicht dazu verpflichtet, eine Buchführung einzurichten. Die unter § 4 Abs. 7 EStG fallenden Aufwendungen müssen Sie aber dennoch wie bilanzierende Unternehmer von Anfang an getrennt und zeitnah von Ihren sonstigen Betriebsausgaben einzeln aufzeichnen (BFH, Urteil vom 22.01.1988, Az. III R 171/82 und BFH, Urteil vom 26.10.1988, Az. X R 25/87).

Ermitteln Sie Ihren Gewinn also z. B. per Excel-Tabelle, müssen Sie die fraglichen Aufwendungen zeitnah in einer gesonderten Spalte der Gewinnermittlung erfassen. Eine geordnete Belegsammlung und die darauf aufbauende Ermittlung der Gesamtaufwendungen und Erfassung des anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Betrags als Betriebsausgabe genügt auch bei der EÜR nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 7 EStG (BFH, Urteil vom 26.02.2004, Az. IV R 50/01, Abruf-Nr. 040953).

Aktuelles Urteil des FG Hessen bestätigt bisherige BFH-Rechtsprechung

Diese vom BFH seit fast 40 Jahren vertretene Rechtsansicht hat zuletzt das FG Hessen bestätigt (Urteil vom 13.10.2022, Az. 10 K 1672/19, Abruf-Nr. 222132): Es sah eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Einzelposten nach Abschluss des Veranlagungszeitraums nicht als ausreichend an, weil es an der für den Abzug entscheidenden fortlaufenden, zeitnahen und einzelnen Erfassung der Einzelpositionen mangelte.

Steuerzahler hat Revision erwirkt – BFH muss erneut ran

Das Bemerkenswerte an dem Urteil: Das FG Hessen hatte die Revision mangels Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen. Davon ließ sich der Steuerzahler, ein freiberuflich tätiger Unternehmer, der seinen Gewinn per EÜR ermittelt, jedoch nicht abschrecken. Er legte Beschwerde beim BFH ein und erwirkte, dass die Revision nachträglich zugelassen wurde (BFH, Beschluss vom 14.02.2024, Az. VIII B 131/22).

Im Verfahren mit dem Az. VIII R 6/24 muss der BFH nun also erneut darüber entscheiden, ob die Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 7 EStG bei einem Einnahmen-Überschuss-Rechner in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht nur dann erfüllt sind, wenn sämtliche Aufwendungen einzeln fortlaufend in einem gesonderten Dokument oder Datensatz aufgezeichnet werden. Die nachträglich zugelassene Revision könnte nach Auffassung von SSP ein Indiz dafür sein, dass sich zumindest der VIII. Senat nicht ganz sicher ist, ob die bisherige Rechtsprechung Bestand haben kann.

Praxistipp | Hat das Finanzamt auch Ihnen den Betriebsausgabenabzug verwehrt, weil Sie die Aufwendungen erst nach Ablauf des Jahres ermittelt haben, sollten Sie gegen die entsprechenden Steuerbescheide Einspruch einlegen und auf das anhängige Revisionsverfahren (Az. VIII R 6/24) verweisen. Obgleich die Chancen gering stehen, besteht die Möglichkeit, dass der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechung abrückt, und Sie die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer doch absetzen können. Der Einspruch „kostet“ Sie nichts; er ruht nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO kraft Gesetz. Sie können sich nach Einspruchseinlegung also entspannt zurücklehnen und abwarten, zu welchem Ergebnis der BFH gelangt. Dieses Ergebnis übertragen Sie dann auf Ihren Fall.
Fazit | Schenken Sie den Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG die erforderliche Aufmerksamkeit. Erfassen Sie sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem häuslichen Arbeitszimmer fortlaufend und zeitnah innerhalb der Buchführung auf einem besonderen Konto. So sind Sie für die nächste Betriebsprüfung auf der sicheren Seite. Und ganz wichtig: Das gilt nicht nur für bilanzierende Unternehmer, sondern – Stand heute – auch für 4/3-Rechner.

AUSGABE: SSP 9/2024, S. 13 · ID: 50090166

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