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WerbungskostenWelche Aufwendungen Führungskräfte absetzen dürfen: Vom Geschenk bis zur Abschiedsfeier
| Mitarbeiter motivieren, das Unternehmen repräsentieren, Geschäftskontakte pflegen – die Aufgaben von Führungskräften unterscheiden sich von denen „normaler“ Arbeitnehmer. Darum haben Führungskräfte oft auch mehr Ausgaben im Job-Umfeld, z. B. für Geschenke an Geschäftspartner und Mitarbeiter. Handelt es sich dabei um Werbungskosten? Und was gilt beim Eintritt in den Ruhestand? Oder für die teilweise Weitergabe einer Tantieme? All diese Fragen beantwortet SSP im zweiten Teil der Serie rund um die Werbungskosten von Führungskräften. |
Wann Geschenke für Geschäftspartner Werbungskosten sind
Dem Grundsatz in § 9 Abs. 1 EStG folgend müssen Geschenke, damit die Führungskraft sie als Werbungskosten abziehen kann, einen hinreichenden objektiven Veranlassungszusammenhang zu deren Einkünften haben. Diese Voraussetzung ist am einfachsten zu erfüllen, wenn die Führungskraft erfolgsabhängige Vergütungen, wie z. B. eine Umsatz- oder Gewinntantieme, erhält oder ihr Provisionen für abgeschlossene Aufträge zustehen. Und zwar deshalb, weil das Geschenk letztlich dazu dienen soll, den Umsatz bzw. Gewinn des Arbeitgebers und damit die erfolgsabhängige Vergütung der Führungskraft zu steigern (BFH, Urteil vom 13.01.1984, Az. VI R 194/80).
Ohne eine erfolgsabhängige Vergütung sind Geschenke aber nicht per se vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Weil der berufliche Veranlassungszusammenhang nicht darauf abstellt, ob sich die Aufwendungen konkret auf die Höhe des Arbeitslohns auswirken, kann sich der Bezug zur Erwerbssphäre nämlich auch aus anderen Umständen ergeben (BFH, Urteil vom 24.05.2007, Az. VI R 78/04, Abruf-Nr. 072255, Rz. 13). Der Haken: Welche beruflichen Umstände das konkret sein könnten, hat der BFH bislang nicht näher definiert.
Kein WK-Abzug für Geschenke aus persönlichem Anlass
Davon abzugrenzen sind Geschenke, die der Beschenkte aus persönlichem Anlass erhält. Denn dann geht das Geschenk über die Repräsentation hinaus und wird aufgrund einer persönlichen Bindung übergeben. Beschenkt also z. B. ein Ressortleiter einen anderen Ressortleiter zu dessen Geburtstagsfeier, muss das Finanzamt den Werbungskostenabzug versagen (BFH, Urteil vom 01.07.1994, Az. IV R 67/93).
Zudem keine Geschenke und somit nicht abzugsfähig sind Barzuwendungen.
Wert des Geschenks darf 50 Euro nicht übersteigen
Auch „unter dem Deckmantel“ des hinreichend objektiven Veranlassungszusammenhangs zu den Einkünften der Führungskraft lassen sich nicht alle Geschenke als Werbungskosten absetzen. Das für Arbeitgeber bestehende Abzugsverbot für Geschenke im Wert von mehr als 50 Euro (bis 31.12.2023: 35 Euro) gilt nach § 9 Abs. 5 S. 1 EStG nämlich sinngemäß auch für die Führungskraft. Auf diese Weise will der Gesetzgeber verhindern, dass der Arbeitgeber teure, für ihn nicht abzugsfähige Geschenke über eine Sonderzahlung auf die Führungskraft abwälzt und diese dann als Ausgleich das Geschenk von der Steuer absetzt. Kurzum: Geschenke der Führungskraft an Geschäftspartner und Kunden sind nur dann abzugsfähig, wenn das Geschenk je Empfänger und Veranlagungszeitraum maximal 50 Euro beträgt.
Wichtig | Die 50 Euro sind brutto und als Freigrenze – nicht als Freibetrag – zu verstehen. Beläuft sich der Wert des Geschenks also bereits auf brutto 50,01 Euro, ist es nicht abzugsfähig.
Empfänger des Geschenks notieren
Zudem muss die Führungskraft den Empfänger gesondert aufzeichnen. Aber Achtung: Die für Unternehmer geltende, in § 4 Abs. 7 EStG verankerte, gesonderte Aufzeichnungspflicht, nach der Geschenke einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen sind, hat für Geschenke der nichtselbstständig tätigen Führungskraft keine Bedeutung. Die Vorschrift ist auch nicht sinngemäß anzuwenden. Besondere Aufzeichnungen muss die Führungskraft also nicht führen; sie muss lediglich Höhe und Empfänger nachweisen.
Welche Geschenke für Mitarbeiter sich absetzen lassen
Neben Geschäftspartnern beschenken Führungskräfte auch häufig ihnen unterstellte Mitarbeiter und andere Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers. Schließlich sind der Erfolg der Führungskraft stark an Einsatz, Engagement und Leistungsbereitschaft der entsprechenden Mitarbeiter gekoppelt. Insbesondere variable Gehaltsbestandteile (z. B. Gewinntantiemen) erreichen Führungskräfte gerade aufgrund der tatkräftigen Unterstützung ihrer Mitarbeiter. Das wissen die meisten Führungskräfte auch – und deshalb sind Aufwendungen für Geschenke an Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers vor allem dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die Führungskraft vom Umsatz oder Gewinn abhängige Gehaltsbestandteile erhält.
Mitarbeiter-Geschenke unterfallen nicht dem Abzugsverbot
Das Besondere am Werbungskostenabzug für derartige Geschenke ist: Es gibt keine Abzugsbeschränkungen. Zwar gilt eben über § 9 Abs. 5 S. 1 EStG die in § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG verortete Abzugsbeschränkung für Geschenke sinngemäß. Sie betrifft aber nur Geschenke an Geschäftspartner und Kunden, nicht jedoch Geschenke an unterstellte Mitarbeiter und andere Arbeitnehmer desselben Unternehmens (FG Thüringen, Urteil vom 09.10.2013, Az. 3 K 306/12, Abruf-Nr. 142662). Das bedeutet, dass solche Geschenke in unbeschränkter Höhe – auch solche mit einem Wert von über 50 Euro – als Werbungskosten abzugsfähig sind. Genau das wäre nämlich auch der Fall, wenn der Arbeitgeber selbst den Mitarbeitern das Geschenk machen würde.
Aber: Berufliche Veranlassung muss gegeben sein
Was aber auch bei Geschenken der Führungskraft an unterstellte Mitarbeiter und Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers gilt, ist, dass immer eine zumindest teilweise berufliche Veranlassung für das Geschenk gegeben sein muss (BFH, Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 7/16, Abruf-Nr. 190987). Bei rein privat veranlassten Geschenken ist der Werbungskostenabzug auch hier ausgeschlossen.
Ebenfalls nicht abzugsfähig sind unangemessene Aufwendungen (§ 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG). Damit sind Aufwendungen gemeint, die eine ordentliche und gewissenhafte Führungskraft angesichts der erwarteten Vorteile nicht auf sich genommen hätte. Die Unangemessenheit ist dabei nach der Anschauung breitester Bevölkerungskreise zu beurteilen, wobei auf den Einzelfall abzustellen ist. Eine feste Betragsgrenze gibt es nicht.
Spezialfall: Weitergabe eines Teils der Tantieme
In der Praxis kommt es schon mal vor, dass die Führungskraft einen Teil der vom Arbeitgeber gewährten Umsatz- oder Gewinntantieme an die unterstellten Mitarbeiter weiterreicht. Handelt es sich dabei dann auch um Werbungskosten? Über solch einen Fall haben die Gerichte bislang noch nicht entschieden. SSP ist der Auffassung, dass es sich bei den weitergegebenen Beträgen um abzugsfähige Werbungskosten handeln muss, weil die gute Arbeit der unterstellten Mitarbeiter der Grund der Weitergabe ist. In der Regel geht es dabei doch darum, die Mitarbeiter zu motivieren, diese gute Arbeit weiterhin zu leisten, sodass auch die Führungskraft die variablen Bezüge vom Arbeitgeber erhält – und damit ist der Veranlassungszusammenhang zwischen den weitergegebenen Beträgen und den steuerpflichtigen Einkünften der Führungskraft gegeben.
Als Nachweis dienen am besten Kontoauszug oder Em-
pfangsbestätigung |
Einen Haken hat die Weitergabe eines Teils der Tantieme unter Berücksichtigung des Werbungskostenabzugs aber: Weil die Zahlung der Tantieme durch den Arbeitgeber an die Führungskraft steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn darstellt, der Werbungskostenabzug hingegen nur eine steuerliche Entlastung bietet, bleibt die Führungskraft auf den anteiligen Sozialabgaben sitzen. Das dürfte bei den meisten Führungskräften jedoch kein Problem sein. Infolge der regelmäßig hohen Grundentlohnung überschreiten die meisten Führungskräfte nämlich ohnehin die Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherung, sodass die variable Vergütung sowieso nur Steuern und keine Sozialabgaben auslöst.
Wichtig | Bei den begünstigten Arbeitnehmern gilt es zu prüfen, ob Arbeitslohn von Dritter Seite vorliegt (§ 38 Abs. 1 S. 3 EStG). Das ist der Fall, wenn zwischen der Zuwendung der Führungskraft und der vom Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für den Arbeitgeber zu erbringenden Arbeit ein Zusammenhang besteht. Weil von einem solchen Zusammenhang regelmäßig auszugehen ist, wenn der Dritte (die Führungskraft) mit der Zuwendung anstelle des Arbeitgebers die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entlohnt, dürfte in der Praxis regelmäßig Arbeitslohn vorliegen.
Gibts den WK-Abzug auch für eine Outplacement-Beratung?
In der heutigen Zeit ist es gang und gäbe, dass Arbeitnehmer nach einigen Jahren den Job wechseln. Das gilt auch für Führungskräfte. Weil ihnen aufgrund ihrer Erfahrung und generalistischen Fähigkeiten meist viele Positionen offenstehen, ziehen sie zunehmend eine sog. Outplacement-Beratung zurate.
Hintergrund | Bei einer Outplacement-Beratung handelt es sich um die Leistung eines externen Dienstleisters, der die ausscheidende Führungskraft bei der beruflichen Neuorientierung unterstützt. Ob die Aufwendungen Werbungskosten darstellen, hängt davon ab, wer sie trägt.
Ausscheidende Führungskraft trägt die Kosten
Kommt die Führungskraft selbst für die Kosten der Outplacement-Beratung auf, handelt es sich um Werbungskosten (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.2007, Az. 4 K 280/06, Abruf-Nr. 071829). Und zwar weil die Kosten der Führungskraft aus rein beruflichen Gründen entstehen. Ziel der Beratung ist schließlich die Erlangung eines neuen Arbeitsverhältnisses (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG – „Aufwendungen zur Erwerbung … der Einnahmen“).
Bisheriger Arbeitgeber übernimmt die Kosten
Weil der Arbeitgeber – wenn er die Kosten für die Outplacement-Beratung trägt – nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse handelt, liegt Arbeitslohn vor. Die Führungskraft müsste die erhaltenen Beratungsleistungen versteuern – eigentlich. Seit dem 01.01.2020 greift in solchen Fällen aber § 3 Nr. 19 S. 2 EStG, der die erhaltene Beratungsleistung steuerfrei stellt. Im Umkehrschluss darf die Führungskraft aber auch keinen Werbungskostenabzug beanspruchen (R 9.1 Abs. 4 S. 3 LStR).
Praxistipp | Wird die Outplacement-Beratung für eine unkündbar und unbefristet beschäftigte Führungskraft durchgeführt, ist von einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers zur Durchsetzung des Personalabbaus auszugehen (BFH, Urteil vom 30.06.2022, Az. V R 32/20, Abruf-Nr. 231741). Die Kostenübernahme ist kein Arbeitslohn. Die Führungskraft hat aber auch keinen Anspruch auf Werbungskostenabzug. |
Was gilt bei Renteneintritt – und für die Abschiedsfeier?
Steht der Ruhestand kurz bevor, wollen sich die meisten Führungskräfte bei Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden für die gemeinsame Zeit bedanken. Oft werden Geschenke gemacht, manchmal wird auch gemeinsam gefeiert. Lassen sich diese Aufwendungen als Werbungskosten absetzen? Die Krux hinter der Frage: Der berufliche Zusammenhang endet ja mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis; infolge dessen dienen Aufwendungen nicht mehr der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der steuerpflichtigen Einnahmen.
Das gilt für die Abschiedsfeier
Für die Abschiedsfeier der Führungskraft gelten die in Teil 1 der zweiteiligen Beitragsserie erläuterten Grundsätze zu den Bewirtungsaufwendungen. Das bedeutet: Zunächst ist zu prüfen, ob die Bewirtung beruflich oder privat veranlasst ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Führungskraft in den Ruhestand geht und sich die Aufwendungen deshalb nicht auf die steuerpflichtigen Einkünfte aus der Tätigkeit als Führungskraft auswirken können (BFH, Urteil vom 28.10.1980, Az. VI R 193/77). Entsprechend wurden bereits in der Rechtsprechung diverse Abschiedsfeiern als beruflich veranlasst anerkannt und damit dem Werbungskostenabzug stattgegeben. Beispiele sind:
- Kommandoübergabe mit Verabschiedung aus dem Dienst eines Brigadegenerals (BFH, Urteil vom 11.01.2007, Az. VI R 52/03, Abruf-Nr. 070563)
- Abschiedsfeier eines leitenden Beamten (FG München, Urteil vom 21.07.2009, Az. 6 K 2907/08, Abruf-Nr. 093839
- Abschiedsfeier eines Oberarztes (BFH, Urteil vom 26.01.2010, Az. VI B 95/09, Abruf-Nr. 230087)
Bei nicht-geschäft-
lichem Anlass sind sogar 100 Prozent abzugsfähig |
Das gilt für Geschenke an Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter
Nach entsprechenden Grundsätzen lassen sich auch beruflich veranlasste Abschiedsgeschenke an Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter als Werbungskosten absetzen. Zwar hat der BFH entsprechende Sachverhalte bisher nicht ausgeurteilt. SSP ist aber der Auffassung, dass es keinen Unterschied machen kann, ob die Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter zu einer Abschiedsfeier eingeladen werden (nach obigen Kriterien je nach Sachverhalt ganz oder zu 70 Prozent abzugsfähige Werbungskosten), oder ob Abschiedsgeschenke verteilt werden. Auch die Geschenke müssen unter der Prämisse einer beruflichen Veranlassung als Werbungskosten zu berücksichtigen sein.
Wichtig | Bei Abschiedsgeschenken an Kunden und Geschäftspartnern gilt es jedoch die Freigrenze von 50 Euro zu beachten (§ 9 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG). Zudem müssen die jeweiligen Empfänger benannt werden.
Praxistipp | An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn die ausscheidende Führungskraft nach Eintritt in den Ruhestand noch in geringem Umfang für den bisherigen Arbeitgeber tätig werden sollte. Erfolgt die künftige Tätigkeit auf freiberuflicher Basis, wäre es für die Geschenke auch plausibel, diese als vorweggenommene Betriebsausgaben für die freiberufliche Tätigkeit zu deklarieren. Immerhin dienen sie auch dazu, die bereits geknüpften Kontakte zu erhalten. Der Abzug als vorweggenommene Betriebsausgabe sollte zumindest dann in Erwägung gezogen werden, wenn die gesamten Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht übersteigen und sich deshalb nicht auswirken würden. |
- Teil der Beitragsreihe „Welche Aufwendungen Führungskräfte absetzen dürfen: Alles rund um die Bewirtung“, SSP 7/2024, Seite 14 → Abruf-Nr. 50053432
AUSGABE: SSP 8/2024, S. 11 · ID: 50060193