FeedbackAbschluss-Umfrage

GewerbesteuerErweiterte Grundstückskürzung: Wann sind PV-Anlagen und Ladestationen schädlich?

Abo-Inhalt30.07.20246 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Per erweiterter Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG die Gewerbesteuerbelastung umgehen oder zumindest senken – der „Steuer-Hack“ erfreut sich großer Beliebtheit. Deswegen will ein Leser von SSP auch wissen, ob der Betrieb von PV-Anlagen schädlich für die lukrative Kürzung ist. Schließlich hat der Gesetzgeber die Schädlichkeitsgrenzen in den letzten Jahren immer wieder verändert. SSP klärt auf, was wann gilt und beleuchtet zudem das Modell „Ladestationen für Mieter“, das immer beliebter wird. |

So wirkt die erweiterte Grundstückskürzung

Erzielt ein Gewerbebetrieb einen Gewinn, unterliegt dieser der Gewerbesteuer. Und die beträgt je nach Hebesatz der Stadt oder Gemeinde, in der der Gewerbebetrieb angesiedelt ist, etwa 16 Prozent.

Gewerbetreibende, die diese Steuerbelastung vermeiden wollen, sollten prüfen, ob sie einen Antrag auf erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG stellen können. Ist der Antrag zulässig, darf der Gewinn des Gewerbebetriebs um den Teil des Gewerbeertrags gekürzt werden, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Konkret: Betätigt sich der Gewerbebetrieb nur mit der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes, beträgt die Kürzung 100 Prozent. Somit reduziert sich die Gewerbesteuer automatisch auf null Euro.

Praxistipp | Insbesondere Kapitalgesellschaften sollten prüfen, ob sie den Antrag auf erweiterte Grundstückskürzung stellen können, denn bei ihnen lässt sich die Gewerbesteuer nicht auf die Körperschaftsteuer anrechnen, sodass sie zu einer Definitivbelastung führt.

Beispiel 1

Die A GmbH betätigt sich nur mit der Vermietung eines in ihrem Besitz stehenden Mehrfamilienhauses und erzielt einen Gewinn von 100.000 Euro.
Lösung: Grundsätzlich unterliegt der Gewerbeertrag von 100.000 Euro der Gewerbesteuer; die beträgt etwa 16.000 Euro. Stellt die A GmbH den Antrag auf erweiterte Kürzung, wird der Gewinn aus der Grundstücksverwaltung von der Gewerbesteuer verschont. Der Gewerbeertrag reduziert sich auf null Euro und damit beläuft sich die Gewerbesteuer ebenfalls auf null Euro.

Voraussetzung für die erweiterte Grundstückskürzung ist, dass sich der Gewerbebetrieb ausschließlich auf die Verwaltung und die Nutzung des eigenen Grundbesitzes beschränkt. Übt der Gewerbebetrieb daneben eine originäre gewerbliche Tätigkeit aus, ist das für die erweiterte Grundstückskürzung schädlich. Die schädliche Tätigkeit führt dazu, dass

  • die schädlichen Einkünfte vollumfänglich der Gewerbesteuer unterliegen und
  • die erweiterte Grundstückskürzung versagt wird.

Unschädlich für die erweiterte Grundstückskürzung sind aber

  • die Verwaltung oder Nutzung eigenen Kapitalvermögens,
  • die Betreuung von Wohnungsbauten und
  • die Errichtung und Veräußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Eigentumswohnungen.

Dann erstreckt sich die Kürzung aber nicht mehr auf den gesamten Gewerbeertrag, sondern nur auf den Anteil, der auf die Grundstücksverwaltung entfällt.

Beispiel 2

Die A GmbH aus Beispiel 1 betätigt sich auch in der Kapitalverwaltung. Von ihrem Gewinn entfallen 80.000 Euro auf das vermietete Mehrfamilienhaus und 20.000 Euro auf die Verwaltung des Kapitalvermögens.
Lösung: Grundsätzlich unterliegen 100.000 Euro der Gewerbesteuer. Stellt die A GmbH den Antrag auf erweiterte Grunstückskürzung, sind es nur 20.000 Euro.

Was gilt für PV-Anlagen und die erweiterte Kürzung?

PV-Anlagen sind für die erweiterte Grundstückskürzung grundsätzlich immer schädlich. Und zwar, weil der Betrieb einer PV-Anlage eine originäre gewerbliche Tätigkeit darstellt, die die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung verhindert. Das hat jüngst erst das FG Münster nochmals für die Streitjahre 2019 und 2020 klargestellt (FG Münster, Urteil vom 07.06.2024, Az. 14 V 508/24, Abruf-Nr. 242790).

Ab 2021 gilt eine Unschädlichkeitsgrenze von zehn Prozent

Weil der Gesetzgeber den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern will, hat er aber ab 2021 eine Unschädlichkeitsgrenze eingeführt (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b GewStG). Die bewirkt, dass die erweiterte Grundstückskürzung auch gewährt wird, wenn in der Verbindung mit der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes Einnahmen aus der Lieferung von Strom durch PV-Anlagen erzielt werden und die Einnahmen hieraus im Jahr nicht höher als zehn Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes ausfallen. Aber Achtung: Die Einnahmen dürfen nicht aus der Lieferung an Endverbraucher stammen. Es sei denn, es handelt sich um die eigenen Mieter.

Beispiel 3

Die B GmbH erzielt 100.000 Euro Gewinn. Davon stammen 10.000 Euro aus dem Betrieb einer PV-Anlage (Einnahmen = 20.000 Euro) und 90.000 Euro aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses (Einnahmen = 250.000 Euro).
Lösung: Die erweiterte Grundstückskürzung ist wegen des Betriebs der PV-Anlage grundsätzlich zu versagen. Die PV-Anlage ist aber unschädlich, weil die Einnahmen hieraus (20.000 Euro) nur acht Prozent und damit nicht mehr als zehn Prozent der Mieteinnahmen (250.000 Euro) betragen. Bei Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung unterliegen deshalb nur 10.000 Euro der Gewerbesteuer (Gewinn PV-Anlage). Dieser Gewinn kann zudem gemäß § 3 Nr. 72 EStG ab 2022 von der Steuer befreit werden.

Ab 2023 hat der Gesetzgeber die Grenze auf 20 Prozent angehoben

Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes (WCG, Abruf-Nr. 240514) hat der Gesetzgeber die Unschädlichkeitsgrenze von zehn Prozent rückwirkend ab 2023 auf 20 Prozent angehoben. Somit profitieren noch mehr Gewerbebetriebe von den Vorteilen der erweiterten Grundstückskürzung.

Wichtig | Auch ab 2022 nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreie PV-Anlagen sind für die Prüfung der Zehn-Prozent-Grenze (2021 bis 2022) bzw. 20-Prozent-Grenze (ab 2023) zu berücksichtigen. Unerheblich ist auch, ob bei dem Betrieb der PV-Anlage eine Gewinnerzielungsabsicht besteht oder nicht (BFH, Urteil vom 05.03.2008, Az. I R 56/07, Abruf-Nr. 234354).

Und was gilt für Ladestationen und die erweiterte Kürzung?

Vermietete Immobilien werden immer häufiger nicht nur mit einer PV-Anlage, sondern auch mit Ladestationen wie z. B. einer Wallbox ausgestattet. Die ermöglichen es einerseits den Mietern, ihre E-Bikes und E-Autos bequem zuhause zu laden; und andererseits freuen sich die Vermieter über das lukrative Zusatzgeschäft durch den Stromverkauf. Für die erweiterte Grundstückskürzung sind Ladestationen grundsätzlich immer schädlich. Ihr Betrieb stellt nämlich – genau wie der Betrieb von PV-Anlagen – eine originäre gewerbliche Tätigkeit dar. Genau wie für die PV-Anlagen hat der Gesetzgeber aber auch für Ladestationen eine Unschädlichkeitsgrenze eingeführt (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) bb) GewStG).

Belaufen sich die Einnahmen aus dem Betrieb der Ladestation im Jahr auf nicht mehr als zehn Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes, dann ist der Betrieb der Ladestation für die erweiterte Grundstückskürzung unschädlich. Auch diese Unschädlichkeitsgrenze hat der Gesetzgeber im Rahmen des WCG rückwirkend ab 2023 auf 20 Prozent angehoben.

Aber Achtung: Auch bei Ladestationen gilt, dass die Einnahmen nicht aus der Lieferung an Endverbraucher stammen dürfen, es sei denn, es handelt sich um die eigenen Mieter. Das bedeutet konkret, dass die Ladestation nicht der Öffentlichkeit zugänglich sein darf, sondern eben nur den eigenen Mietern.

Wichtig | Die vorgestellten Unschädlichkeitsgrenzen von zehn Prozent (2021 und 2022) bzw. 20 Prozent (ab 2023) gelten nicht isoliert für den Betrieb einer PV-Anlage und einer Ladestation. Entscheiden Sie sich also dazu, beide Tätigkeitsfelder parallel anzugehen, müssen Sie die addierten Einnahmen aus beiden Tätigkeitsfeldern mit den Grenzwerten vergleichen.

AUSGABE: SSP 8/2024, S. 21 · ID: 50104131

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte