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EinkommensteuerMitarbeiterkapitalbeteiligungen – ab 2024 sind sie so lukrativ wie nie zuvor

Abo-Inhalt03.01.20245 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Mit dem „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ werden Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ab 2024 erheblich attraktiver. So steigt der steuerliche Freibetrag von 1.440 Euro auf 2.000 Euro und auch die in § 19a EStG geregelte aufgeschobene Besteuerung wurde erheblich modifiziert und verbessert. Ab 2024 können damit wesentlich mehr Arbeitgeber in den Genuss der Begünstigungen kommen. SSP beleuchtet die Neuerungen und zeigt, wie sich Mitarbeiterkapitalbeteiligungen auswirken. |

Mitarbeiterkapitalbeteiligung stärkt Bindung zum Betrieb

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sind ein gutes Instrument, um Mitarbeiter stärker an den Arbeitgeber zu binden. Sie führen dazu, dass dem Mitarbeiter fortan ein kleiner Teil des Unternehmens gehört und dieser damit ein höheres Eigeninteresse an einer positiven Entwicklung des Unternehmens hat.

Natürlich kann ein Mitarbeiter bei börsennotierten Arbeitgebern auch selbst aktiv werden und Anteile am Arbeitgeber erwerben. Das tun in der Praxis aber die wenigsten Arbeitnehmer. Die breite Menge der Beschäftigten erreicht der Arbeitgeber vielmehr dadurch, dass er aktiv Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ausgibt und z. B. kostenlos oder verbilligt Aktien an die Mitarbeiter verteilt.

So wird die Gewährung steuerlich behandelt

Die unentgeltliche oder verbilligte Ausgabe einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung stellt einen Sachbezug dar und führt beim Mitarbeiter grundsätzlich zu steuer- und beitragspflichtigem Arbeitslohn. Der Sachbezug ist mit dem gemeinen Wert der überlassenen Beteiligung anzusetzen. Bei einem börsennotierten Unternehmen ist deshalb der niedrigste Börsenkurs des jeweiligen Tages maßgebend (§ 11 BewG). Muss der Mitarbeiter einen Preis (Eigenbeteiligung) für die Beteiligung zahlen, mindert dieser den Sachbezug. Ein Abschlag von vier Prozent (R 8.1 Abs. 2 S. 3 LStR) ist aber nicht vorzunehmen (BMF, Schreiben vom 08.12.2009, Az. IV C 5 – S 2347/09/10002, Abruf-Nr. 094184).

Beispiel

Ein börsennotiertes Unternehmen überlässt allen Mitarbeitern am 02.01. 100 Aktien am Unternehmen. Der niedrigste Börsenkurs am 02.01. beläuft sich auf 25 Euro je Aktie. Die Mitarbeiter müssen a) keine bzw. b) eine Zuzahlung von zehn Euro je Aktie leisten.
Lösung: In der Variante a) beträgt der Sachbezug 2.500 Euro (100 Aktien x 25 Euro). In der Variante b) reduziert sich der Sachbezug aufgrund der Eigenbeteiligung auf 1.500 Euro (100 Aktien x 15 Euro)

Wichtig | Ob die Sachbezugsfreigrenze von 50 Euro (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG) Anwendung findet, ist umstritten. Die Finanzverwaltung verneint das (BMF, Schreiben vom 08.12.2009, Az. IV C 5 – S 2347/09/10002, Abruf-Nr. 094184). Dem steht aber eine BFH-Entscheidung gegenüber, wonach die Sachbezugsregelung anwendbar ist (BFH, Urteil vom 15.01.2015, Az. VI R 16/12, Abruf-Nr. 175924). Das Urteil erging zwar zur alten Fassung des § 19a EStG in Zusammenhang mit der damals noch in § 8 Abs. 2 S. 9 EStG verankerten Sachbezugsfreigrenze. Es gilt aber nach herrschender Auffassung der Literatur auch für aktuelle Fälle. Daran ändert auch das neue BMF-Schreiben vom 15.03.2022 (Az. IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, Abruf-Nr. 228328) zur Abgrenzung von Geldleistung und Sachbezug nichts.

Das sind die beiden Verbesserungen ab 2024

Wie oben erwähnt, haben sich zum 01.01.2024 zwei wesentliche Verbesserungen ergeben. Zum einen beim Freibetrag nach § 3 Nr 39 EStG und zum zweiten bei der aufgeschobenen Besteuerung nach § 19a EStG.

1. Der erhöhte Steuerfreibetrag in § 3 Nr. 39 EStG

Der Sachbezug aus der Mitarbeiterkapitalbeteiligung muss nicht in voller Höhe versteuert werden. Denn § 3 Nr. 39 EStG sieht vor, dass ab 2024 ein jährlicher Freibetrag von 2.000 Euro abgezogen wird (1.440 Euro bis 2023). Durch die Steuerfreiheit entfallen auch die Sozialabgaben (§ 1 Abs. 1 SvEV).

Voraussetzung für den Freibetrag ist, dass

  • es sich um eine Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers handelt,
  • der Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis steht und
  • die Möglichkeit zur Beteiligung an dem Arbeitgeber mindestens allen Arbeitnehmern des Unternehmens offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.
Praxistipp | Nicht erforderlich ist, dass es sich bei dem Vorteil um eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers handelt (§ 8 Abs. 4 EStG). Daher berechtigt auch eine Entgeltumwandlung zur Anwendung des Freibetrags von 2.000 Euro. Auch eine Haltefrist sieht das Gesetz nicht vor. Der Mitarbeiter kann deshalb die kostenlos oder verbilligt erhaltene Beteiligung gleich am nächsten Tag veräußern. Der erzielte Gewinn unterliegt dann nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG der Besteuerung zur pauschalen Abgeltungsteuer von 25 Prozent (§ 32d Abs. 1 EStG).

2. Die verbesserte aufgeschobene Besteuerung in § 19a EStG

Übersteigt die zugewendete Mitarbeiterkapitalbeteiligung den Freibetrag, fallen auf den übersteigenden Betrag Steuern und Sozialabgaben an. Das Problem ist, dass der Mitarbeiter nur die Beteiligung erhält und liquide Mittel zum Begleichen der Steuern und Sozialabgaben fehlen (sog. „dry-income“). Deshalb gestattet § 19a EStG, zumindest die Besteuerung hinauszuschieben. Sozialabgaben fallen allerdings unabhängig davon sofort an. Der Steueraufschub wird gewährt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • 1. Einem Arbeitnehmer (zukünftiges, aktives oder passives Arbeitsverhältnis) wird
  • 2. von seinem Arbeitgeber (ab 2024 auch einem Gesellschafter des Arbeitgebers)
  • 3. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn (§ 8 Abs. 4 EStG)
  • 4. eine Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, b und f bis l und Abs. 2 bis 5 des 5. VermBG
  • 5. am Unternehmen des Arbeitgebers unentgeltlich oder verbilligt übertragen. Da mit dem Steueraufschub nur „kleinere“ Startup-Unternehmen gefördert werden sollen, darf das Unternehmen des Arbeitgebers
    • im Jahr der Übertragung oder einem der vorangegangenen sechs Jahre (§ 19a Abs. 3 EStG) höchstens 999 Mitarbeiter, einen Jahresumsatz von 100 Mio. Euro und eine Bilanzsumme von 86 Mio. Euro haben und
    • maximal vor 20 Jahren gegründet worden sein.

Möchte sich der Arbeitgeber rechtlich absichern, ob die Voraussetzungen für den Steueraufschub vorliegen, kann er gemäß § 19a Abs. 5 EStG eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim Betriebsfinanzamt stellen.

Wichtig | Da die Sozialabgaben weiter anfallen, bietet der Steueraufschub nur für den Arbeitnehmer Vorteile. Deshalb kann § 19a EStG nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet werden (§ 19a Abs. 2 EStG). Diese Entscheidung ist bindend. In der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers kann keine andere Wahl getroffen werden.

Die zunächst aufgeschobene Besteuerung wird nachgeholt; und zwar als sonstiger Bezug (§ 19a Abs. 4 EStG) in dem Jahr, in dem

  • 1. die Beteiligung ganz oder teilweise entgeltlich übertragen wird,
  • 2. seit Übertragung 15 Jahre verstrichen sind (bisher galten zwölf Jahre – die neuen 15 Jahre gelten aber rückwirkend für alle Fälle), oder
  • 3. das Dienstverhältnis zum bisherigen, die Beteiligung gewährenden, Arbeitgeber beendet wird. Übernimmt der Arbeitgeber in diesem Fall die Lohnsteuer, ist der übernommene Abzugsbetrag nicht Teil des zu besteuernden Arbeitslohns.
Praxistipp | Bei den Besteuerungstatbeständen 2 und 3 findet ab 2024 jedoch keine Besteuerung statt, wenn der Arbeitgeber spätestens mit der dem Ereignis folgenden Lohnsteuer-Anmeldung unwiderruflich erklärt, bei Eintritt des Besteuerungstatbestands 1 (entgeltliche Übertragung der Beteiligung) für die Lohnsteuer zu haften, ohne sich der Haftung durch eine Anzeige nach § 38 Abs. 4 EStG entziehen zu können (§ 19a Abs. 4a EStG). Hat die Beteiligung mindestens drei Jahre lang bestanden, ist für die Besteuerung die Fünftel-Regelung zu gewähren (§ 19 Abs. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG).
Weiterführender Hinweis
  • Lehrvideo 58 „Mitarbeiterkapitalbeteiligungen wurden durch Zukunftsfinanzierungsgesetz verbessert: Ab 2024 sind sie so lukrativ wie nie zuvor!“ ssp.iww.de → Abruf-Nr. 49850154

AUSGABE: SSP 1/2024, S. 9 · ID: 49836354

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