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FamilienverträgeUnterstützung kindergeldberechtigter Kinder: Diese Steuersparmodelle stehen Eltern offen

Abo-Inhalt03.01.20249 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Eigentlich jedes Kind erhält durch die Eltern Unterhalt in Form von Sach- oder Geldleistungen. Das gilt insbesondere während eines auswärtigen Studiums. Das Problem: Solche Unterhaltsleistungen lassen sich normalerweise dann nicht von der Steuer absetzen, wenn Sie für das Kind noch Kindergeld bekommen. Deshalb sollte zur Steueroptimierung gestaltend eingegriffen werden. SSP zeigt anhand eines Musterfalls, mit welchen einfachen Unterstützungsmodellen Eltern Steuer sparen können. |

Der Ausgangsfall

Die Ehegatten Tatjana und Lukas Kern haben eine volljährige Tochter Finja. Finja hat gerade ihr Abitur beendet und nimmt ein auswärtiges Jurastudium auf. Das Studium wird sie voraussichtlich nach sechs Jahren im Alter von 24 beenden. Bis dahin erhalten ihre Eltern Kindergeld von aktuell monatlich 250 Euro. Dieses leiten sie an Finja weiter.

Anspruch auf BAföG besteht nicht, weil das zu versteuernde Einkommen der Eltern die maßgebenden Grenzen überschreitet. Deshalb sind die Eltern gezwungen, Finja durch Barmittel zu unterstützen. Sie rechnen damit, dass für die Studentenwohnung und die damit verbundenen Kosten, für Verpflegung und Freizeitaktivitäten sowie für den Studienbedarf neben dem Kindergeld monatlich 1.000 Euro benötigt werden. Sie richten deshalb einen Dauerauftrag ein und überweisen Finja monatlich 1.250 Euro Unterhalt.

Grundsatz: Nicht abziehbarer Kindesunterhalt

So alltäglich solche Sachverhalte auch sind, so ungünstige Rechtsfolgen ziehen sie nach sich. Eltern können Unterhaltsaufwendungen zwar gemäß § 33a Abs. 1 S. 1 EStG grundsätzlich bis zu einem Höchstbetrag von 10.908 Euro im Jahr 2023 von der Steuer absetzen (2024: 11.604 Euro). Beiträge zur Basisabsicherung in der Kranken- oder Pflegeversicherung (§ 33a Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG) kämen prinzipiell noch hinzu, sodass sich der tatsächlich geleistete Unterhalt von jährlich 15.000 Euro also fast vollständig steuermindernd berücksichtigen ließe.

Das Problem besteht jedoch in § 33a Abs. 1 S. 4 EStG. Voraussetzung für den Abzug der Unterhaltsaufwendungen ist nämlich, dass weder die den Unterhalt leistenden Eltern noch andere Personen für die Unterhaltsempfängerin Finja Anspruch auf Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG) oder Kindergeld (§§ 62 ff. EStG) haben. Und dieser Anspruch besteht während des Studiums grundsätzlich bis zu dem Monat, in dem das 25. Lebensjahr vollendet wird (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a) EStG). Der Unterhalt lässt sich also (doch) nicht von der Einkommensteuer absetzen.

Wichtig | Ausreichend ist der Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag. Keine Lösung ist es deshalb, einfach kein Kindergeld bei der Familienkasse und keinen Kinderfreibetrag beim Finanzamt zu beantragen. Diese „Strategie“ würde vielmehr dazu führen, dass die Familie „dreifach bestraft“ wird. Einerseits gibt es dann kein Kindergeld und keinen Kinderfreibetrag mehr, andererseits lässt sich der Unterhalt noch immer nicht von der Einkommensteuer absetzen.

Steuergestaltung Nummer Eins: Zuwendungsnießbrauch

Fallerweiterung für die Steuergestaltung

Tatjana und Lukas verfügen nicht nur über ein über den BAföG-Grenzen liegendes zu versteuerndes Einkommen von etwa 150.000 Euro jährlich. Sie haben ihr Vermögen auch gewinnbringend angelegt; einerseits in Kapitalanlagen (Festgeld und Aktien) und andererseits in Vermietungsobjekte. Eines dieser Vermietungsobjekte ist ein bereits vollständig abgeschriebenes Doppelhaus mit einem Grundbesitzwert von 350.000 Euro. Die jährliche Kaltmiete (ohne Umlagen) beträgt für beide Einheiten zusammen 25.000 Euro. Bewirtschaftungskosten fallen in Höhe von etwa 5.000 Euro pro Jahr und Einheit an (Instandhaltung und andere nicht umlagefähige Aufwendungen). Die Eltern räumen ihrer Tochter an diesem Doppelhaus einen zivilrechtlich wirksamen Zuwendungsnießbrauch für die Dauer von sechs Jahren (bis zur voraussichtlichen Beendigung des Jurastudiums) ein. Es wird also geregelt, dass für diese sechs Jahre alle Mieten Finja zufließen. Im Gegenzug muss Finja alle laufenden Ausgaben für das Doppelhaus tragen. Nach Ablauf des Zuwendungsnießbrauchs stehen die Mieterträge wieder Tatjana und Lukas zu.

Nießbrauch unterliegt (nur prinzipiell) der Schenkungsteuer

Der Vorteil, der Finja durch den Zuwendungsnießbrauch entsteht, unterliegt gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Das klingt zunächst nachteilig – führt aber aufgrund diverser Freibeträge zu keiner steuerlichen Belastung. Zunächst ist festzustellen, dass der Schenkungsteuer nicht der Wert des Doppelhauses, sondern nur der Wert des Nießbrauchs unterliegt. Denn das Eigentum an dem Doppelhaus liegt nach wie vor bei den Eltern Tatjana und Lukas.

Da Ausgangsgröße für die Schenkungsteuer gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG der Wert der Bereicherung ist, muss zunächst der Wert des Nießbrauchs ermittelt werden. Die Bewertung richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes. Deshalb ist der Kapitalwert des Zuwendungsnießbrauchs nach § 13 BewG zu ermitteln. Das geschieht durch Multiplikation des Jahreswerts mit einem sich aus der Anlage 9a zum BewG ergebenden Vervielfältiger.

Ermittlung des Werts der Bereicherung

Der für den Zuwendungsnießbrauch maßgebliche Jahreswert ist der Betrag, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich mit dem Gegenstand erzielt wird, an dem das Nießbrauchsrecht eingeräumt wird (§ 15 Abs. 3 BewG). Es ist also der Reinertrag des Doppelhauses gemeint, der im Durchschnitt der Jahre erwartet wird. Dieser ist durch Schätzung zu ermitteln (vereinfacht: Einnahmen abzüglich Aufwendungen). Dieser Wert ist nicht zwingend mit der Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG gleichzusetzen. Bspw. ist kein Abzug der Gebäudeabschreibung vorzunehmen (BFH, Urteil vom 28.05.2019, Az. II R 4/16, Abruf-Nr. 212775). Der Jahreswert beläuft sich laut Sachverhalt deshalb auf 15.000 Euro (25.000 Euro Kaltmieten abzüglich 10.000 Euro Bewirtschaftungskosten).

Praxistipp | Bei der Ermittlung des Jahreswerts ist auch § 16 BewG zu beachten. Danach darf sich der Jahreswert höchstens auf den Wert belaufen, der sich ergibt, wenn der für das Wirtschaftsgut (Doppelhaus) nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Wert (Grundbesitzwert von 350.000 Euro) durch 18,6 geteilt wird (hier: 350.000 Euro : 18,6 = 18.817 Euro). Da dieser Betrag höher ist als der Jahreswert laut Sachverhalt, verbleibt es bei den ermittelten 15.000 Euro.

Der Jahreswert von 15.000 Euro ist im nächsten Schritt mit dem sich aus § 13 Abs. 1 BewG i. V. m. der Anlage 9a zum BewG ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. Dadurch ergibt sich der Kapitalwert des Zuwendungsnießbrauchs. Da die vereinbarte Laufzeit des Zuwendungsnießbrauchs sechs Jahre beträgt, ergibt sich aus der Anlage 9a ein Vervielfältiger von 5,133. Das bedeutet, dass sich der Wert der Bereicherung in Form des Zuwendungsnießbrauchs für Finja auf 76.995 Euro beläuft (15.000 Euro Jahreswert x 5,133 Vervielfältiger).

Praxistipp | Es wurde nur ein Zuwendungsnießbrauch an dem Doppelhaus eingeräumt und nicht das Doppelhaus auf Finja übertragen. Deshalb lässt sich die in § 13d Abs. 1 ErbStG bestehende Steuerbefreiung von zehn Prozent nicht nutzen.

Freibetrag führt zu keiner Schenkungsteuer

Da der steuerpflichtige Erwerb von Finja somit 76.900 Euro beträgt (76.995 Euro abgerundet auf den nächsten durch 100 Euro teilbaren Betrag – § 10 Abs. 1 S. 6 ErbStG), würde das eingeräumte Zuwendungsnießbrauch grundsätzlich Schenkungsteuer auslösen.

Finja gehört als Tochter der Steuerklasse I an (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), weshalb die Schenkungsteuer – und ohne Berücksichtigung des Härteausgleichs – elf Prozent von 76.900 Euro und mithin 8.459 Euro betragen würde (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Für Finja ist als Kind von Tatjana und Lukas jedoch gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG vorab noch der persönliche Freibetrag abzuziehen. Dieser beläuft sich auf 400.000 Euro. Dadurch reduzieren sich sowohl die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer als auch die Schenkungsteuer selbst auf null Euro (76.900 Euro steuerpflichtiger. Erwerb ./. 400.000 Euro Freibetrag).

Praxistipp | Das ist ein Nachteil der Gestaltung, denn der schenkungsteuerliche Freibetrag wird in Höhe von 76.900 Euro verbraucht. Allerdings ist das in der Praxis regelmäßig nicht tragisch. Denn der Freibetrag erneuert sich alle zehn Jahre.

Nießbrauch spart Eltern Unterhaltsleistungen

Der Clou dieses Gestaltungsmodells vollzieht sich wie beabsichtigt im Bereich der Ertragsteuern. Bisher waren Tatjana und Lukas nicht zum Abzug der Unterhaltsaufwendungen berechtigt. Daran ändert sich auch durch das Finja eingeräumte Zuwendungsnießbrauch prinzipiell nichts. Aber: Durch den Nießbrauch fließen die Einkünfte aus dem vermieteten Doppelhaus nicht mehr Tatjana und Lukas, sondern ab sofort Finja zu. Damit erübrigt es sich, dass Tatjana und Lukas an Finja „normalen“ und gemäß § 33a Abs. 1 EStG nicht abzugsfähigen Unterhalt von monatlich 1.250 Euro (jährlich 15.000 Euro) zahlen.

Die Begründung: Finja erhält durch den Nießbrauch bereits jährliche Mieterträge von voraussichtlich 15.000 Euro (25.000 Euro Kaltmieten ./. 10.000 Euro Bewirtschaftungskosten für Instandhaltung etc.). Diese Einkünfte kommen nahezu immer „brutto wie netto“ bei Finja an. Denn neben dem steuerlichen Grundfreibetrag von 10.908 Euro im Jahr 2023 bzw. 11.604 Euro im Jahr 2024 (§ 32a Abs. 1 EStG) kann Finja noch viele andere Aufwendungen von den Einkünften absetzen – wie z. B. die Aufwendungen für ihr Erststudium mit bis zu 6.000 Euro jährlich als Sonderausgabe (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Damit verfügt Finja über ausreichende finanzielle Mittel, weiterer Unterhalt ist nicht erforderlich.

Praxistipp | Durch den eingeräumten Nießbrauch erfüllt Finja den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung. Denn sie tritt im Außenverhältnis selbst als Vermieterin in Erscheinung. Unbeachtlich ist es dabei, dass das Nutzungsrecht nur zeitlich befristet ist (BFH, Urteil vom 24.10.2012, Az. IX R 24/11, Abruf-Nr. 238818).

Der angestrebte Steuervorteil – der vollständige Abzug des Unterhaltsaufwands entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut von § 33a Abs. 1 EStG – wird parallel auf Ebene der Eltern Tatjana und Lukas erreicht. Denn während diese ohne den Finja eingeräumten Zuwendungsnießbrauch die Vermietungseinkünfte aus dem Doppelhaus hätten versteuern müssen, fallen diese durch den Nießbrauch zugunsten von Finja weg. Diese effektive Reduzierung der steuerpflichtigen Einkünfte entspricht gewissermaßen einem Abzug von Unterhaltsaufwendungen – unberührt von § 33a EStG und vor allem: Ungeachtet etwaiger Höchstbeträge!

Der Steuervorteil für Tatjana und Lukas im Detail

Das zu versteuernde Einkommen von Tatjana und Lukas beläuft sich regulär auf jährlich 150.000 Euro, die Mieteinkünfte des Doppelhauses auf 15.000 Euro.
Lösung – Ausgangsfall: Da die Unterhaltsleistungen gemäß § 33a Abs. 1 S. 4 EStG nicht abzugsfähig sind, beläuft sich die jährliche Einkommensteuerbelastung für Tatjana und Lukas auf 43.054 Euro. Unter der Annahme eines unverändert bleibenden Steuersatzes müssen sie binnen der sechsjährigen Studienzeit ihrer Tochter insgesamt 258.324 Euro an Einkommensteuern zahlen.
Lösung – Steueroptimiert: Da die Vermietungseinkünfte aus dem Doppelhaus jetzt Finja zugerechnet werden, reduziert sich das zu versteuernde Einkommen auf jährlich 135.000 Euro. Dadurch sinkt die jährliche Einkommensteuer auf 36.754 Euro. Binnen der sechs Jahre Studienzeit sind damit unter der Annahme eines unverändert bleibenden Steuersatzes insgesamt nur 220.524 Euro zu zahlen. Das bedeutet konkret: Es können binnen sechs Jahren ungeachtet von Höchstbeträgen „Unterhaltsaufwendungen“ von 90.000 Euro (6 x 15.000 Euro) von der Einkommensteuer abgesetzt werden. Dieser Abzug führt zu einer effektiven Steuerersparnis von 37.800 Euro (258.324 Euro ./. 220.524 Euro).

Wichtig | Im Musterfall war das Doppelhaus bereits vollständig abgeschrieben. Das hat zur Folge, dass sich die aufgrund des Zuwendungsnießbrauchs von Tochter Finja zu versteuernden Einkünfte auf den Betrag belaufen, den andernfalls ihre Eltern versteuert hätten. Würde die Gebäudeabschreibung noch laufen, könnte Finja die Abschreibung nicht geltend machen. Denn sie ist weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin des Gebäudes. Parallel scheidet auch ein Abzug der Abschreibung bei den Eltern aus, da sie keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr erzielen. Das ist ein Nachteil des Nießbrauchs – die Gebäudeabschreibung geht verloren. Allerdings besteht dennoch ein effektiver Vorteil für die Ehegatten: Nämlich in Höhe der auf Finja verlagerten Einkünfte abzüglich der verlorenen Abschreibung – multipliziert mit dem individuellen Grenzsteuersatz.

Fallabwandlung – Gebäudeabschreibung geht verloren

Das Haus war noch nicht abgeschrieben. Tatjana und Lukas hätten die Einkünfte von 15.000 Euro um die Abschreibung in Höhe von 6.000 Euro reduzieren können.
Lösung – Ausgangsfall: Die jährliche Einkommensteuerbelastung für Tatjana und Lukas beträgt unverändert 43.054 Euro (auf sechs Jahre: 258.324 Euro).
Lösung – Steueroptimiert: Finja muss Mieteinkünfte von 15.000 Euro versteuern (Steuerbelastung i. d. R. null Euro). Tatjana und Lukas reduzieren ihr zu versteuerndes Einkommen hingegen um „nur“ jährlich 9.000 Euro auf 141.000 Euro. Dadurch reduziert sich die jährliche Einkommensteuer auf 39.274 Euro (auf sechs Jahre: 235.644 Euro). Binnen der sechs Jahre Studienzeit setzen sie damit „Unterhaltsaufwendungen“ von 54.000 Euro (6 x 9.000 Euro) von der Einkommensteuer ab und sparen effektiv Steuern in Höhe von 22.680 Euro (258.324 Euro ./. 235.644 Euro).

Weitere Unterstützungsgestaltungsmodelle folgen

Mit dem Zuwendungsnießbrauch an Immobilien ist das Arsenal an steuersparenden Unterstützungsmodellen noch nicht erschöpft. In der folgenden Ausgabe erfahren Sie, wie das Modell bei Festgeldanlagen genutzt werden kann. Zudem zeigt SSP anhand einschlägiger BFH-Rechtsprechung, weshalb in dem Steuersparmodell kein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu sehen ist und wie es unter nur geringfügig erschwerten Bedingungen bei minderjährigen Kindern genutzt werden kann.

AUSGABE: SSP 1/2024, S. 24 · ID: 49791081

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