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BetriebsprüfungBetriebsprüfung in der Stiftung – Teil 1: Was es vor der Prüfung zu wissen und beachten gilt
| Wie läuft eine Betriebsprüfung ab? Kann sie verschoben werden? Was bedeutet die Prüfungsanordnung? Welche Unterlagen sollten vorab zusammengestellt werden? Diese und viele Fragen mehr stellen sich Stiftungen, wenn das Finanzamt eine Betriebsprüfung ankündigt. SB klärt deshalb in einer zweiteiligen Beitragsserie die wichtigsten Fragen zur Betriebsprüfung, damit Sie gut vorbereitet sind. In diesem ersten Teil geht es u. a. um die Anlässe der Betriebsprüfung, die Prüfungsanordnung, Vorlauf vor der Prüfung, Ort, Umfang und Unterlagen der Prüfung. |
Inhaltsverzeichnis
- Betriebsprüfung – das sind die Anlässe bei der Stiftung
- Die Prüfungsanordnung – das wird geprüft!
- Strafbefreiende Selbstanzeige – noch möglich?
- So viel Vorlauf vor der Prüfung haben Stiftungen
- Wenn der Termin für den Prüfungsbeginn nicht passt
- Wo wird die Betriebsprüfung stattfinden?
- Diese Unterlagen sollten Stiftungen bereithalten
- To do: Ansprechpartner bestimmen und Mitarbeiter briefen
Betriebsprüfung – das sind die Anlässe bei der Stiftung
Eine Betriebsprüfung kann grundsätzlich alle Stiftungen treffen. Hierfür ist lediglich Voraussetzung, dass die Stiftung einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält bzw. – in der Praxis eher unwahrscheinlich – freiberuflich tätig ist (§ 193 Abs. 1 AO). Weiter müssen die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig sein (§ 193 Abs. 2 Nr. 2 AO). Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die Stiftung über umfangreiches Immobilien- und Kapitalvermögen verfügt und keine Gewinneinkünfte erzielt.
Eine auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte Betriebsprüfung muss das Finanzamt besonders begründen. Hieraus muss sich ergeben, dass die gewünschte Aufklärung durch Einzelermittlung an Amtsstelle nicht erreicht werden kann (BFH, Urteile vom 07.11.1985, Az. IV R 6/85 und vom 09.11.1994, Az. XI R 16/94).
Wann genau welche Stiftung geprüft wird, entscheidet das jeweilige Finanzamt. Dabei gibt es routinemäßige Prüfungen, die vor allem als Großbetrieb eingeordnete Stiftungen und Stiftungen mit Konzernverbindungen betreffen; und es gibt anlassbezogene Betriebsprüfungen, die vor allem kleinere Stiftungen treffen. Anlass der Betriebsprüfung ist meist, dass in den eingereichten Steuererklärungen und Bilanzen Unstimmigkeiten aufgefallen sind. Es kann aber auch sein, dass dem Finanzbeamten Kontrollmaterial übermittelt wurde, das dieser mit einer Betriebsprüfung abgleichen möchte.
Beispiel |
So bringt Kontroll-mitteilung Stein ins Rollen Eine Stiftung betreibt einen Handwerksbetrieb und hat bei einem Privatkunden Leistungen erbracht. Der Privatkunde macht die Rechnung der Stiftung in seiner eigenen Steuererklärung als Handwerkerleistung geltend (§ 35a Abs. 3 EStG). Dem Finanzbeamten kommt die Rechnung – oder der Zahlungsweg – komisch vor. Er fertigt eine Kontrollmitteilung an; sprich er wendet sich an das für die Stiftung zuständige Finanzamt. |
Lösung: Der für die Stiftung zuständige Finanzbeamte muss das Kontrollmaterial prüfen und sicherstellen, dass die Stiftung den Erlös versteuert. Dafür kann er bei der Stiftung nachfragen und sich die Erlöskonten des betreffenden Zeitraums aufschlüsseln lassen. Oder aber er schaltet einen Betriebsprüfer ein. |
Wichtig | Eine Stiftung hat keinen Anspruch darauf, geprüft zu werden.
Die Prüfungsanordnung – das wird geprüft!
Betriebsprüfungen erfolgen also spontan und meistens unerwartet. Dennoch darf der Betriebsprüfer nicht einfach so vor den Geschäftsräumen der Stiftung stehen und mit der Betriebsprüfung beginnen. Denn gemäß § 196 AO muss das Finanzamt vorab eine Prüfungsanordnung erlassen. Das ist ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt, der auch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist.
Die Prüfungsanordnung bestimmt den Umfang der Außenprüfung – und das ist für Stiftungen immens wichtig. Denn aus der Anordnung ist genau ersichtlich, welche Veranlagungszeiträume und auch welche Steuerarten der Prüfer zu prüfen beabsichtigt, z. B. Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer für 2020 bis 2022. In der Praxis umfasst die Prüfungsanordnung regelmäßig die letzten drei Veranlagungszeiträume, für die die Stiftung Steuererklärungen abgegeben hat. Der Prüfungszeitraum kann aber auch länger oder kürzer ausfallen.
Wichtig | Stiftungen können gegen eine Prüfungsanordnung vorgehen. Das ist durch Einspruch möglich. Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Voraussetzungen für eine Betriebsprüfung nicht gegeben sind.
Die Prüfungsanordnung enthält aber noch mehr. Gemäß § 197 Abs. 1 AO ist auch der Nachname des Prüfers anzugeben. Damit wissen Stiftungen Bescheid, mit wem sie es zu tun haben. Womöglich kennen sie den Prüfer aus einer vorherigen Betriebsprüfung. Dann können sie ihn und seine Arbeitsweise einschätzen und wissen grob, wie die Betriebsprüfung ablaufen wird. Oder sie tauschen sich mit Berufskollegen aus, die den Prüfer kennen.
Praxistipp | In jedem Fall ist es nicht verkehrt, das Internet zu befragen. Wenn der Prüfer keinen Allerweltsnamen hat, kann meist schnell der vollständige Name in Erfahrung gebracht werden. Über Google und Co. erhält man dann einen ersten Eindruck zu dem Prüfer und findet häufig auch Einträge zu privaten Interessen und Hobbys. Damit ist bereits der Grundstock für Smalltalk gelegt. |
Strafbefreiende Selbstanzeige – noch möglich?
Wurde Steuerhinterziehung begangen, kann mit einer wirksamen Selbstanzeige Straffreiheit erlangt werden (§ 371 Abs. 1 AO). Um die Steuernachzahlung kommt die Stiftung durch eine Selbstanzeige aber nicht herum. Die Brisanz: Die Möglichkeit mit einer Selbstanzeige Straffreiheit zu erlangen, endet mit der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung (§ 370 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO). Dabei muss sich die Prüfungsanordnung auf die Steuerart und den Veranlagungszeitraum erstrecken, auf den sich die Selbstanzeige bezieht. Empfänger der Prüfungsanordnung können dabei sein: An der Tat Beteiligte oder deren Vertreter bzw. der Begünstigte i. S. v. § 370 Abs. 1 AO oder dessen Vertreter.
So viel Vorlauf vor der Prüfung haben Stiftungen
Die schriftliche oder elektronische Prüfungsanordnung muss der Stiftung angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt gegeben werden (§ 197 Abs. 1 AO); zumindest dann, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Doch wie viel Zeit ist angemessen? Das kommt auf den Einzelfall an. Typischerweise sind es zwei Wochen und bei Großbetrieben vier Wochen. Viel Zeit für die Vorbereitung der Betriebsprüfung bleibt also nicht.
Wenn der Termin für den Prüfungsbeginn nicht passt
Nicht immer kommt eine angeordnete Betriebsprüfung zeitlich passend. Vielleicht ist der Leiter Rechnungswesen oder der Steuerberater gerade erkrankt, hat für die Woche des Prüfungsbeginns Urlaub gebucht oder in der geplanten Prüfungszeit steht das arbeitsaufwendige Weihnachtsgeschäft an. Deshalb ist es gut zu wissen, dass der Prüfungsbeginn nicht in Stein gemeißelt ist. Denn gemäß § 197 Abs. 2 AO soll der Beginn der Außenprüfung auf Antrag hin auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden, wenn die Stiftung dafür wichtige Gründe glaubhaft machen.
Die Praxis zeigt, dass viele Betriebsprüfer offen für eine Verschiebung des Prüfungsbeginns sind. Vor allem dann, wenn man dem Prüfer frühzeitig schildert, warum die Prüfung gerade jetzt nicht passt, aber in einigen Wochen oder Monaten deutlich besser passen würde.
Praxistipp | Stiftungen rufen am besten den in der Prüfungsanordnung genannten Betriebsprüfer an und stimmen sich mit ihm ab. Dabei sollten sie sich jedoch nicht zu lange Zeit lassen. So kann der Prüfer seine Arbeitsplanung an die zu verschiebende Prüfung anpassen. |
Wichtig | Vor allem bei anschlussgeprüften Großbetrieben sieht die Realität oft anders aus: Hier stimmt der Betriebsprüfer regelmäßig erst den Beginn der Prüfung mit der Stiftung, dem Steuerberater oder dem Leiter Rechnungswesen ab. Erst wenn der Termin steht, wird die Prüfungsanordnung erlassen.
Wo wird die Betriebsprüfung stattfinden?
Regelmäßig soll die Betriebsprüfung direkt im Betrieb der Stiftung stattfinden. Das macht vor allem dann Sinn, wenn die Buchhaltung in der Stiftung erledigt wird. Denn dann befinden sich die meisten der zu prüfenden Unterlagen und Vorgänge direkt vor Ort. In diesem Fall ist dem Prüfer ein separater Raum mit üblicher Büroausstattung – Stuhl, Schreibtisch, Licht und Strom – zur Verfügung zu stellen. Sofern sich in der Stiftung kein freier Raum befindet, kann die Prüfung auch in der Kanzlei des Steuerberaters stattfinden. Das ist vor allem dann zweckdienlich, wenn dieser auch die Buchhaltung betreut. Soweit auch dieser keine Räumlichkeiten frei haben sollte, kann die Prüfung auch direkt im Finanzamt stattfinden.
Melden, wenn der Ort nicht passt Praxistipp | In der Prüfungsanordnung wird regelmäßig angegeben, wo die Prüfung stattfinden soll. Passt der Ort nicht, gilt wie beim Prüfungsbeginn: Stiftungen nehmen Kontakt mit dem Prüfer auf und besprechen die Alternativen. |
Diese Unterlagen sollten Stiftungen bereithalten
Im Rahmen der Betriebsprüfung schaut sich der Prüfer nicht nur die bereits von der Stiftung für die Prüfungsjahre an das Finanzamt übermittelten Unterlagen wie die Steuererklärungen und die Bilanzen an. Vielmehr wird der Prüfer auch die darin enthaltenen Zahlen „auf Herz und Nieren“ prüfen und plausibilisieren. Dabei wird der Prüfer zunächst regelmäßig auf die Daten der Finanzbuchhaltung für die Prüfungsjahre zugreifen. Seit 2002 werden diese maschinell auswertbar übergeben (§ 197 Abs. 3 AO). Der Prüfer wird dann den Datensatz in sein Notebook einspielen und dort prüfen („Z3-Zugriff“). Hierzu verwendet er die Analysesoftware IDEA.
Wichtig | Der Prüfer kann aber auch einen direkten Zugriff auf das Buchhaltungsprogramm der Stiftung verlangen. Entweder fordert er dafür einen PC oder ein Notebook der Stiftung („Z1-Zugriff“). Oder er bittet Mitarbeiter der Stiftung um Vornahme der geforderten Abfragen und Erstellung entsprechender Datenexporte („Z2-Zugriff“). Beides ist in der Praxis jedoch selten.
Der Betriebsprüfer hat auch Anspruch auf alle aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (§ 197 Abs. 3 und § 200 AO). Das sind z. B.
- Eingangs- und Ausgangsrechnungen,
- Kassenbücher,
- Jahresabschlussunterlagen,
- Sach- und Personenkonten,
- Inventuren und Inventurunterlagen,
- Spendennachweise,
- Aufzeichnungen für Bewirtungsbelege und Geschenke sowie
- Anlagevermögen und Anlagenverzeichnisse.
Wichtig | Die zur Verfügung zu stellenden Unterlagen enthalten häufig vertrauliche Informationen. Mit diesen darf der Prüfer jedoch nicht hausieren gehen. Denn er ist an das Steuergeheimnis nach § 30 AO gebunden.
Die Stiftung muss sich entscheiden, wie sie mit den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen umgeht. In der Praxis haben sich drei Modelle etabliert:
- Modell 1: Dem Betriebsprüfer werden die Unterlagen nicht automatisch zur Verfügung gestellt, sondern nur auf gesonderte Anforderung. Der Prüfer sichtet also die Buchhaltung und muss dann jeden einzelnen Beleg wie z. B. eine Ausgangsrechnung gesondert anfordern, wenn er diese sehen möchte. Der Vorteil: So sieht der Leiter Rechnungswesen der Stiftung genau, mit welchem Thema sich der Prüfer gerade beschäftigt. Der Nachteil: Das Vorgehen ist für alle Beteiligten arbeitsaufwändig. Denn oft übergibt der Prüfer täglich lange Listen mit unzähligen Belegen, die er sehen möchte.
- Modell 2: Dem Betriebsprüfer werden die Unterlagen direkt zum Prüfungsbeginn ausgehändigt. Es werden also typischerweise alle Ordner mit den Eingangs- und Ausgangsrechnungen für den Prüfungszeitraum sowie die Ordner mit den Unterlagen zur Jahresabschlusserstellung (Rückstellungen, Abschlussbuchungen etc.) im Prüferzimmer deponiert. Der Vorteil: Der Arbeitsaufwand für beide Seiten reduziert sich auf ein Minimum.
- Modell 3: Dem Betriebsprüfer werden zu Beginn der Prüfung nur die Unterlagen vorgelegt, die er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohnehin anfordern wird. Das sind vor allem die Ordner mit den Unterlagen zur Jahresabschlusserstellung sowie die Eingangs- und Ausgangsrechnungen für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, wie z. B. dem Neubau eines Betriebsgebäudes oder Verträge für eine neu erworbene Beteiligung. Die restlichen Unterlagen werden zurückbehalten und nur auf Anforderung vorgelegt.
Wichtig | Manche Prüfer fordern als Anlage zur Prüfungsanordnung die Vorlage von in der Anlage näher bezeichneten Unterlagen zum Prüfungsbeginn. Klassischerweise sind das die Unterlagen zur Jahresabschlusserstellung oder besondere Verträge. Diese Unterlagen sind dann zum Prüfungsbeginn vorzulegen.
To do: Ansprechpartner bestimmen und Mitarbeiter briefen
Der Prüfer wird für die Zeit der Betriebsprüfung in der Stiftung Augen und Ohren offen halten. Schnappt er beim Gang über den Flur oder beim Smalltalk für ihn interessante Informationen auf, können daraus weitere – eventuell unliebsame – Rückfragen resultieren.
Deshalb sollte die Stiftung vorab die Mitarbeiter entsprechend informieren und auch die Auskunftspersonen fest definieren. An wen hat der Prüfer seine Rückfragen zu richten? Wer darf dem Prüfer mündlich und/oder schriftlich Auskunft erteilen? Alle anderen Mitarbeiter sollten angewiesen werden, gegenüber dem Prüfer keine Aussagen zu machen und keine Unterlagen offen herumliegen zu lassen.
- SB beleuchtet in der nächsten Ausgabe den Ablauf der Betriebsprüfung und beantwortet Fragen zum Prozedere nach der Prüfung.
AUSGABE: SB 6/2025, S. 115 · ID: 50256147