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LeserforumUnterhaltsvorschuss: Welche Vergütung steht dem Anwalt bei Rückforderung und Einstellung künftiger Zahlungen zu?
| FRAGE: Mandantin M erhielt von der Unterhaltsvorschussstelle am 1.3.24 einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid für Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) für ihr Kind. Damit wurden die Unterhaltsvorschussleistungen rückwirkend ab 1.1.24 aufgehoben und M sollte einen Betrag von 600 EUR zurückzahlen. Weiterhin wurde entschieden, dass künftige Leistungen ab dem 1.4.24 von 200 EUR monatlich nicht mehr gezahlt werden. Rechtsanwalt R hat gegen den Bescheid Widerspruch erhoben und wurde im Widerspruchsverfahren tätig. Am 16.8.24 wurde der ablehnende Widerspruchsbescheid erlassen. Eine Klage sollte dann nicht mehr eingereicht werden. Welche Vergütung kann R nach welchem Gegenstandswert berechnen? |
Antwort von Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, (Berlin): Streitigkeiten über die Leistungen nach dem UVG sind Teil der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diese Verfahren sind nach § 188 S. 2 VwGO gerichtskostenfrei (OVG Saarbrücken 8.5.20, 2 A 91/20; BVerwG NVwZ 95, 81). In den der Klage vorgeschalteten Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erhält der Anwalt für seine Tätigkeit jeweils eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen.
Wird er nicht nur im Verwaltungs-, sondern auch im Widerspruchsverfahren tätig, entstehen die Geschäftsgebühr und die Auslagen erneut. Denn nach § 17 Nr. 1a RVG handelt es sich bei dem Verwaltungs- und dem Widerspruchsverfahren für den Rechtsanwalt gebührenrechtlich um zwei verschiedene Angelegenheiten. War der Anwalt bereits im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren tätig, muss er die Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 1, 3 VV RVG beachten: Die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens ist zur Hälfte (maximal mit 0,75) auf die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens anzurechnen. Die Anrechnung erfolgt aber nur insoweit, wie zwischen beiden Verfahren auch derselbe Gegenstand besteht.
Beachten Sie | Beim Gegenstandswert ist zu unterscheiden: Für die Rückforderung von Leistungen bestimmt der konkrete Rückforderungsbetrag den Gegenstandswert (§ 52 Abs. 3 S. 1 GKG).
Für die Einstellung künftiger Leistungen ist die Rechtsprechung dagegen uneinheitlich:
- Nach einer Meinung sollen nur die Leistungen bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids den Wert bilden (vgl. z. B. VGH Bayern 27.9.01, 12 B 98.1102; OVG Brandenburg 19.7.96, 4 A 196/95; VG Baden-Württemberg 27.5.94, 6 S 1249/94; 9.12.92, 6 S 760/91). Insofern folgt die Rechtsprechung den von der Sozialgerichtsbarkeit entwickelten Grundsätzen. Für das Sozialhilferecht sei anerkannt, dass für die Beurteilung einer auf laufende Hilfeleistung gerichteten Klage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (i. d. R. also des Widerspruchsbescheids) maßgeblich ist.
- Nach anderer Ansicht soll dagegen nach der Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG) in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 1 S. 1 GKG der Jahresbetrag der künftigen Leistungen anzusetzen sein (OVG Münster AGS 01, 276).… oder höherer Jahresbetrag der künftigen Leistungen?
- Gemäß § 23 Abs. 1 S. 2, S. 3 RVG gilt diese Rechtsprechung auch für den Wert des Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahrens.
Beispiel | |
In Fällen wie dem oben geschilderten Sachverhalt beläuft sich der Betrag der Rückforderung für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.3.24 auf 600 EUR. Hinzu kommen die künftigen Leistungen ab dem 1.4.24 von monatlich 200 EUR. | |
Variante a) Geht man mit einer Meinung der Rechtsprechung für die Wertbestimmung nur von den Leistungen bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids am 16.8.24 aus, ergibt sich ein Wert von 903,23 EUR (= 800 EUR + 103,23 EUR = 4 Monate × 200 EUR + 16/31 × 200 EUR). Insgesamt beträgt der Gegenstandswert damit 1.503,23 EUR (= 600 EUR + 903,23 EUR). Der Anwalt war hier ausschließlich im Widerspruchsverfahren tätig. Daraus folgt bei einer durchschnittlichen Angelegenheit folgende Vergütung: | |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG | 215,80 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG | 44,80 EUR |
280,60 EUR | |
Variante b) Geht man dagegen für die künftigen Leistungen von dem Jahresbetrag (= 12 × 200 EUR) aus, ergibt sich insgesamt ein höherer Gegenstandswert von 3.000 EUR (= 600 EUR + 2.400 EUR). Die anwaltliche Vergütung beträgt in diesem Fall 367,23 EUR. |
AUSGABE: RVGprof 10/2024, S. 167 · ID: 50146251