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VergütungsvereinbarungDarauf kommt es bei der Vereinbarung von Zeithonoraren an

Abo-Inhalt24.08.20244 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rennar, Hannover

| Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine sog. Zeithonorarklausel in einem Vertrag zwischen Anwalt und Verbraucher (B2C) nur klar und verständlich, wenn die Verbraucherseite vor Vertragsabschluss volle Kenntnis der wirtschaftlichen Folgen hat und die Entscheidung bewusst treffen kann. Welche praktischen Folgen sich insoweit für die Abrechnungspraxis zur Vereinbarung von Erfolgshonorarklauseln ergeben, betrachtet RVG prof. |

1. Die aktuelle EuGH-Rechtsprechung

Bei Vereinbarung einer Zeitgebühr muss diese angemessen sein. Nach der Rechtsprechung ist eine unangemessen hohe Vergütung gegeben, wenn sich ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als unzumutbar und als unerträgliches Ergebnis darstellt. So kann aber eine Gebühr in doppelter oder fünffacher Höhe der gesetzlichen Vergütung durchaus als angemessen eingestuft werden.

Gemäß dem EuGH ist eine Zeithonorarklausel transparent, wenn der betroffene Verbraucher in der Lage ist, die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen anhand genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen (12.1.23, C-395/21, Abruf-Nr. 234673). Es ist daher von grundlegender Bedeutung, dass der Verbraucher vor Vertragsabschluss über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses informiert wird. Auf der Grundlage dieser Informationen kann er entscheiden, ob er an die vorformulierten Bedingungen des Vertragspartners gebunden sein möchte.

2. Diese Anforderungen werden an den Anwalt gestellt

Aus Sicht des Verbraucherschutzes sind die Erwägungen des EuGH nachvollziehbar, da es bei Zeithonoraren in vielen Fällen nicht vorhersehbar ist, welche Kosten entstehen werden. Diese Unsicherheit lässt sich jedoch in den meisten Fällen nicht vollständig durch eine Formulierung in der Vergütungsvereinbarung beseitigen. Rechtsanwälte haben insoweit keine hellseherischen Fähigkeiten. Für Rechtsanwälte ist es oft schwer, wenn nicht sogar unmöglich, bei Vertragsabschluss genau abzuschätzen, wie viele Stunden für das Mandat erforderlich sein werden und welche Vergütung insgesamt zu erwarten ist. Zudem hängt dies oft von unvorhergesehenen Umständen ab, auf die Rechtsanwälte selbst keinen Einfluss haben.

Der EuGH verlangt daher keine Angabe der endgültigen finanziellen Folgen, was sachgerecht ist. Allerdings bleibt unklar, wie die Vergütungsvereinbarung aussehen muss und was Rechtsanwälte tun müssen, um das Risiko einer undurchsichtigen Vereinbarung zu vermeiden. Laut EuGH müssen Verbraucher informiert werden, damit sie ihre Entscheidung bewusst und mit voller Kenntnis der möglichen ungewissen Ereignisse und deren Auswirkungen während der Erbringung der Rechtsdienstleistungen treffen können. Je nach Art der Dienstleistung und den einschlägigen Vorschriften können dies unterschiedliche Informationen sein, anhand derer der Verbraucher die Gesamtkosten abschätzen kann. Der EuGH nennt hierbei als mögliche Lösungsansätze Schätzungen der voraussichtlich erforderlichen Stunden oder die Verpflichtung, regelmäßig Rechnungen mit den aufgewendeten Arbeitsstunden vorzulegen.

3. Das gilt für B2C-Vereinbarungen auf Stundenbasis

Obwohl noch unklar ist, welche genauen Anforderungen die nationalen Gerichte an die Transparenz der Zeithonorarklauseln stellen werden, ist es ratsam, zukünftig auf die Gestaltung solcher Vergütungsvereinbarungen besondere Aufmerksamkeit zu legen. Vor Vertragsabschluss erfolgte Hinweise sollten Sie vorsorglich dokumentieren. Dies ist insbesondere wichtig, da bei einer unwirksamen Vergütungsvereinbarung nach deutschem Recht die gesetzlichen Gebühren nach § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB abgerechnet werden können. Es hilft allerdings nicht bei reinen Beratungstätigkeiten weiter, da gemäß § 34 Abs. 1 S. 3 RVG für außergerichtliche Beratungen von Verbrauchern höchstens 250 EUR berechnet werden dürfen, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde.

4. Das gilt für B2B-Vereinbarungen auf Stundenbasis

Das Urteil des EuGH bezieht sich speziell auf Verträge zwischen Anwälten und Verbrauchern (B2C). Die Rechtsprechung des EuGH kann jedoch als allgemeine Orientierung für die Anforderungen an Transparenz und Information in Verträgen zwischen Dienstleistern und Verbrauchern dienen. Vorsorglich sollten Sie als Anwalt diese Grundsätze also auch bei Vergütungsvereinbarungen mit Unternehmen (B2B) im Auge behalten. Sie sollten zusätzlich die nationalen spezifischen rechtlichen Anforderungen und berufsrechtlichen Vorschriften gemäß RVG, BRAO und BORA berücksichtigen.

Fazit | Um die Anforderungen an die europarechtliche Transparenz zu erfüllen, können Rechtsanwälte zukünftig verschiedene Maßnahmen ergreifen. Es ist hierbei wichtig zu beachten, dass die genauen Anforderungen an die Transparenz von Honorarvereinbarungen von den nationalen Gerichten und den jeweiligen berufsrechtlichen Vorschriften festgelegt werden können. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Grundsätze der Transparenz und der vollständigen Information in Honorarvereinbarungen zu beachten sind. So stellen Sie sicher, dass Mandanten die wirtschaftlichen Folgen verstehen und fundierte Entscheidungen treffen können. Somit dürfte der EuGH zwar nicht unmittelbar zum Ende der Zeithonorarklauseln in der Steuer- und Rechtsberatung entschieden haben. Dieses könnte sich jedoch fortlaufend entwickeln, wenn sich europarechtliche Transparenzvorgaben nicht nachhaltig – zumindest zunächst vorrangig mit der B2C-Abrechnungspraxis – vereinbaren lassen.

AUSGABE: RVGprof 9/2024, S. 161 · ID: 50082672

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