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AnwaltshaftungDiese besonderen Hinweispflichten muss der Anwalt bei Vergütungsvereinbarungen beachten
| Die Gerichte legen großen Wert darauf, dass Vergütungsvereinbarungen (VV) transparent und verständlich sind sowie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Der Rechtsanwalt, der den Mandanten vor Übernahme des Auftrags schuldhaft nicht darauf hinweist, dass sich die Gebühren für seine Tätigkeit nach dem Gegenstandswert richten, ist dem Mandanten zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet. Außer dieser allgemeinen Hinweispflicht kann sich in Einzelfällen eine besondere Hinweis- und Informationspflicht ergeben. Die Rechtsprechung hat hierzu bestimmte Fallgruppen entwickelt. |
1. Allgemeine Hinweispflicht nach § 49b Abs. 5 BRAO
Nach dem BGH dient die vorvertragliche Pflicht, den zukünftigen Mandanten gemäß § 49b Abs. 5 BRAO zu belehren, in erster Linie dem Schutz des Mandanten. Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht führt gemäß § 280 Abs. 1 BGB zur Schadenersatzpflicht des Rechtsanwalts (BGH 24.5.07, IX ZR 89/06, Abruf-Nr. 072146). Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der Hinweispflicht rechtssystematisch um ein Gebot handelt, das die allgemeinen Berufspflichten des Anwalts nach § 43 S. 1 BRAO konkretisiert. Zweck dieser Pflicht ist es, dem Mandanten vor Auftragserteilung Gelegenheit zu geben, sich über die Kosten zu informieren und ggf. den Auftrag zu beschränken, von ihm abzusehen oder eine VV anzustreben.
Beachten Sie | Den Mandanten trifft die Beweislast dafür, dass der Anwalt nicht seiner Hinweispflicht aus § 49b Abs. 5 BRAO nachgekommen ist. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass der Anwalt die behauptete Fehlberatung substanziiert bestreiten und darlegen muss, wie er im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt hat (vgl. BGH 11.10.07, IX ZR 105/06, Abruf-Nr. 073727). Dem Mandanten obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (zuerst BGHZ 126, 217, 225; zuletzt: BGH 10.12.98, IX ZR 358/97, WM 99, 645).
2. Besondere Hinweis- und Informationspflicht nach § 242 BGB
Das OLG München greift die Argumentation des BGH auf und geht (in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit) auf eine besondere Fallgestaltung in einer VV ein (2.2.22, 15 U 2738/21 Rae, Abruf-Nr. 229254; RVG prof. 22, 115). Die Richter entschieden: Wird der Rechtsanwalt nicht gefragt, muss er seinen Auftraggeber grundsätzlich nicht auf die bisher entstandenen oder noch zu entstehenden Gebühren hinweisen. Nur auf Verlangen des Auftraggebers muss er die voraussichtliche Höhe seines Entgelts mitteilen (BGH NJW 98, 3486). Etwas anderes kann sich nur aus besonderen Umständen des Einzelfalls nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergeben. Der Anwalt muss deshalb im Rahmen einer Gesamtwürdigung berücksichtigen,
- einerseits den Schwierigkeitsgrad und den Umfang seiner anwaltlichen Aufgabe, einen etwaig ungewöhnlich hohen Gegenstandswert und sich daraus ergebende hohe Gebühren, die das vom Auftraggeber erstrebte Ziel wirtschaftlich sinnlos machen können, undDer Anwalt muss die gesamten Umstände berücksichtigen und abwägen
- andererseits die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie dessen Vermögensverhältnisse und Erfahrungen im Umgang mit Anwälten.
Die Rechtsprechung beanstandet insofern nicht die Abrechnung auf der Grundlage des RVG. Die dort geregelte Vergütung entspricht dem Willen des Gesetzgebers und dieser hat den Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO als ausreichend erachtet. Vielmehr geht es um VV-Konstellationen mit Verbrauchern, die nach § 242 BGB besondere Hinweis- und Informationspflichten auslösen. In der Rechtsprechung haben sich deshalb insbesondere die folgenden beiden Fallgruppen herausgebildet (BeckOGK/Kähler, 1.7.23, BGB § 242 Rn. 949.1 bis 949.2):
- Ein treuwidriger Rechtserwerb aufgrund Verletzung einer Informationspflicht kommt in Betracht, wenn die Folgen eines Vorschlags für die Gegenseite nicht absehbar sind (BGH NJW-RR 17, 739; 04, 174).
- Eine Treuwidrigkeit ist für den Fall anzunehmen, dass jemand in den Vertragsverhandlungen nicht auf seine erheblichen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit einer Klausel hinweist (zum Missbrauch rechtsgeschäftlicher Gestaltungsmacht: BGH NJW-RR 05, 743); 24.5.07, IX ZR 89/06, Abruf-Nr. 072146; LG Stuttgart 11.7.16, 27 O 338/15, Abruf-Nr. 187816).
3. Besondere Hinweispflicht bei VV
Die Rechtsprechung beanstandet aus denselben Gründen in den folgenden drei Konstellationen eine VV, wenn sie gegen gesetzliche Regelungen oder berufsrechtliche Vorschriften verstößt:
- Grundsätzlich ist vorgesehen, dass sich die Gebühren nach den gesetzlichen Regelungen bemessen, die angemessene Gebühren für Anwälte festlegen. VV, die die Gebührenordnungen unterlaufen oder umgehen, können überprüft und beanstandet werden.
- Anwälte dürfen keine unangemessen hohen oder überhöhten Honorare verlangen. Die Gerichte überprüfen, ob das vereinbarte Honorar in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung steht. VV dürfen nicht zu Interessenkonflikten zwischen Anwalt und Mandant führen. Es darf keine Anreize geben, die den Anwalt dazu verleiten könnten, seine eigenen, monetären Interessen über die Interessen des Mandanten zu stellen.
- VV müssen für den Mandanten verständlich und transparent sein. Wenn die Vereinbarung und die Berechnung des Honorars undurchsichtig sind, kann dies als unzulässig angesehen werden.
Merke | Nach der Rechtsprechung können bei VV besondere Hinweis- und Informationspflichten nach § 242 BGB ausgelöst werden, wenn Verbraucher geschützt werden müssen, weil
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AUSGABE: RVGprof 3/2024, S. 47 · ID: 49635830