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DifferenzverfahrensgebührBei schriftlichem Vergleich ohne Gerichtsbeteiligung entsteht volle Verfahrensgebühr

Abo-Inhalt02.01.20243 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Die Fälle, in denen in einem Prozessverfahren nicht anhängige Ansprüche mitverglichen werden, kommen täglich vor. Entweder können solche Vergleiche mündlich oder in schriftlicher Form vereinbart werden. Zur Abrechnung wird regelmäßig die Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG herangezogen. Aber wann sind tatsächlich die Voraussetzungen dafür gegeben? |

1. Diese Grundsätze regelt Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG

Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG regelt, dass der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche beim Gericht einer gütlichen Einigung zuführen soll (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl., RVG VV 3101 Rn. 81). Dafür sind folgende vier Wahlmöglichkeiten aufgeführt:

  • Einigungsgespräche vor Gericht
  • Antrag, eine Einigung zu Protokoll zu nehmen
  • Antrag, eine Einigung nach § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen (Beschlussvergleich)
  • Einigung dadurch, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen (§ 101 Abs. 1 S. 2 SGG, § 106 S. 2 VwGO).
Beispiel 1: Beschlussvergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO
R1 klagt im Auftrag des Mandanten M 5.000 EUR ein. Es bestehen weitere nicht anhängige Forderungen von 10.000 EUR. Der Beklagte B wird von R2 vertreten. Im Rahmen von Vergleichsverhandlungen einigen sich die Parteien darauf, dass zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche B an M 8.000 EUR zahlt. Das Zustandekommen des Vergleichs wird gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch das Gericht protokolliert und festgestellt. Beide Rechtsanwälte können wie folgt abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr aus 5.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG
434,20 EUR
0,8-Verfahrensgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG
491,20 EUR
925,40 EUR
Höchstens gem. § 15 Abs. 3 RVG: 1,3 aus 15.000 EUR
933,40 EUR
1,2-Terminsgebühr aus 15.000 EUR, Nr. 3104 VV RVG
861,60 EUR
1,0-Einigungsgebühr aus 5.000 EUR, Nr. 1003 VV RVG
334,00 EUR
1,5-Einigungsgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 1000 VV RVG
921,00 EUR
1.255,00 EUR
Höchstens gem. § 15 Abs. 3 RVG: 1,5 aus 15.000 EUR
1.077,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
547,96 EUR
3.431,96 EUR

2. Wenn ohne Gerichtsbeteiligung verhandelt wird

Eine andere Berechnung ergibt sich hinsichtlich der Verfahrensgebühr, wenn die Parteien außergerichtlich einen Vergleich ohne Gerichtsbeteiligung schließen und sich das Verfahren durch anschließende Klagerücknahme erledigt, oder wenn die außergerichtlichen Verhandlungen scheitern.

Beispiel 2: Schriftlicher, außergerichtlicher Vergleich
In Abwandlung zum Beispiel 1 schließen die Parteien außergerichtlich einen schriftlichen Vergleich. Ohne mündliche Verhandlung wird die Klage zurückgenommen. Beide Rechtsanwälte können wie folgt abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr aus 15.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG
933,40 EUR
1,2-Terminsgebühr aus 15.000 EUR, Nr. 3104 VV RVG
861,60 EUR
1,0-Einigungsgebühr aus 5.000 EUR, Nr. 1003 VV RVG
334,00 EUR
1,5-Einigungsgebühr aus 10.000 EUR, Nr. 1000 VV RVG
921,00 EUR
1.255,00 EUR
Höchstens gem. § 15 Abs. 3 RVG: 1,5 aus 15.000 EUR
1.077,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
549,48 EUR
3.441,48 EUR
Beispiel 3: Gescheiterter Vergleich
R1 klagt im Auftrag des Mandanten M 5.000 EUR ein. Es bestehen weitere nicht anhängige Forderungen von 10.000 EUR. Der Beklagte B wird von R2 vertreten. Beide Parteien verhandeln außergerichtlich, schriftlich über einen möglichen Vergleich. Die Verhandlungen scheitern letztlich. Beide Rechtsanwälte können wie folgt abrechnen:
1,3-Verfahrensgebühr aus 15.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG
933,40 EUR
1,2-Terminsgebühr aus 15.000 EUR, Nr. 3104 VV RVG
861,60 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
19 % USt., Nr. 7008 VV RVG
549,48 EUR
3.441,48 EUR
Merke | Die Fälle, dass Vergleichsverhandlungen außerhalb des Gerichts geführt werden oder die Parteien einen schriftlichen Vergleich abschließen, ist in Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG gerade nicht geregelt.

Beachten Sie | Eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr auf 0,8 aus dem Wert der nicht anhängigen Gegenstände greift nicht. Vielmehr entsteht neben dem Wert der anhängigen Gegenstände auch aus dem Wert der nicht anhängigen Gegenstände eine 1,3-Verfahrensgebühr (vgl. N. Schneider, AGS 23, 249), insgesamt somit aus dem Gesamtwert sämtlicher Gegenstände eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Denn bei der Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG handelt es sich nicht um einen eigenen Gebührentatbestand, sondern nur um einen Ermäßigungstatbestand bezogen auf die Nr. 3100 VV RVG („… beträgt die Gebühr 3100 …“; AnwK-RVG/Reckin, 9. Aufl., VV 3101 Rn. 2).

AUSGABE: RVGprof 1/2024, S. 12 · ID: 49687433

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