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ParkplätzeKönnen Physiopraxen von der Kommune die Einrichtung eines Behindertenparkplatzes verlangen?
| Für schwerbehinderte Personen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sieht § 45 Abs. 1b Nr. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, einen sogenannten Behindertenparkplatz auszuweisen. Ein 77-jähriger Schwerbehinderter aus Gelsenkirchen setzte seinen Anspruch auf einen Behindertenparkplatz vor seiner Wohnung gerichtlich durch (Verwaltungsgericht [VG] Gelsenkirchen, Urteil vom 05.11.2024, Az. 14 K 1401/24). Da gerade Physiopraxen auch Gehbehinderte behandeln, liegt die Idee nahe, die o. g. Vorschrift der StVO für sich zu nutzen und die Ausweisung eines Behindertenparkplatzes in Praxisnähe zu verlangen. Dies ist zwar grundsätzlich möglich, einen Rechtsanspruch haben Physiopraxen indes nicht. |
Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein
In der Regel weisen Städte und Gemeinden derartige Behindertenparkplätze von sich aus auf öffentlichen Parkplätzen oder in öffentlichen gekennzeichneten Parkreihen aus. In der unmittelbaren Nähe einer Wohnung eines Gehbehinderten kann ein Behindertenparkplatz auch personenbezogen ausgewiesen werden. Der Behindertenparkplatz wird dann zur Nutzung freigegeben mit dem Vermerk „Mit Ausweis Nr. …“. Nur der Inhaber des Ausweises darf dann den ausgewiesenen Parkplatz nutzen.
Voraussetzungen für einen personenbezogenen Behindertenparkplatz in Wohnungsnähe |
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Schwerbehinderter erstreitet personenbezogenen Parkplatz
Im vom VG Gelsenkirchen entschiedenen Fall beantragte ein 77-jähriger Schwerbehinderter mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung die Ausweisung eines Behindertenparkplatzes in der Nähe seiner Wohnung. Zu dieser Wohnung gehörte zwar eine Garage. Allerdings befand sich diese im Keller, und wegen seiner Gehbehinderung konnte der Antragsteller seine Wohnung von der Garage aus nicht erreichen. Denn er konnte weder die vorhandene Zufahrtsrampe noch eine im Gebäude befindliche schmale und steile Treppe vom Keller ins Gebäude nutzen. In der Zufahrt zur Garage konnte er sein Auto auch nicht abstellen, weil diese hierzu zu schmal und zu steil war. Die Stadt lehnte den Antrag ab. Der Antragsteller solle sein Auto parallel zur Fahrbahn auf der Straße vor seiner Garageneinfahrt abstellen. Außer ihm dürfe dort nach den Vorschriften der StVO niemand parken.
Der Anwohner klagte und bekam vom VG Gelsenkirchen recht: Auch der Kläger dürfe nicht vor seiner eigenen Einfahrt parken. Dort gelte nach der StVO ein allgemeines Parkverbot, weil für die Zufahrt der Bordstein abgesenkt war. Dieses allgemeine Parkverbot erfasse auch den Inhaber der Garage. Denn es diene nicht nur der Sicherung der Zufahrtsmöglichkeit zur Garage, sondern auch dem Interesse gehbehinderter Menschen, den Gehweg (leichter) verlassen zu können, z. B. um die Straße zu überqueren. Wegen dieses allgemeinen Parkverbots drohe jedem Zuwiderhandelnden ein Bußgeld, also auch dem Kläger, wenn er dort parkt. Er müsse sich von der Stadt nicht darauf verweisen lassen, dass diese gegen ihn wegen der begangenen Ordnungswidrigkeit (Parken vor der eigenen Garage) kein Bußgeld verhängt. Wegen der konkreten Umstände steht nach Auffassung des Gerichts dem Kläger daher ein Anspruch auf Ausschilderung eines „rechtssicheren“ Sonderparkplatzes in der Nähe seiner Wohnung zu.
Anspruch auf Behindertenparkplatz auch für die Praxis?
Grundsätzlich können auch Physiopraxen die Ausweisung eines „eigenen“ Behindertenparkplatzes in Praxisnähe beantragen bzw. anregen. Ansprechpartner ist dann die zuständige Straßenverkehrsbehörde. Diese trifft nach § 45 Abs. 1b Ziffer 2 StVO die notwendigen Anordnungen.
Diese Leitfragen helfen Ihnen, Ihren Antrag / Ihre Anregung zu begründen |
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Wichtig | Einen Rechtsanspruch auf Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes kann eine Praxis aus der genannten Vorschrift nicht herleiten, weil ein personenbezogener Behindertenparkplatz einer namentlich benannten Person zugeordnet wird und diese einen Ausweis erhält. Theoretisch könnte ein solcher Ausweis natürlich auf den Namen der Praxis ausgestellt werden, und die Praxis händigt den Ausweis dann dem behinderten Patienten für die Dauer der Therapie aus. In der Praxis dürfte dies daran scheitern, dass die Straßenverkehrsbehörde sich auf den Standpunkt stellt, dass mit dem Ausweis auch nicht behinderte Patienten den Parkplatz nutzen könnten, sofern die Praxis ihnen den Ausweis gibt.
- Wann können Praxisinhaber unbefugt parkende Fahrzeuge abschleppen lassen? (iww.de/pp, Abruf-Nr. 44306221)
AUSGABE: PP 8/2025, S. 10 · ID: 50421935