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KostenerstattungKrankenkasse darf Kostenübernahme für osteopathische Behandlungen begrenzen

Abo-Inhalt14.05.20255417 Min. LesedauerVon RA Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler, baehrle-partner.de

| Osteopathische Behandlungen zählen nicht zu den gesetzlich geregelten Leistungen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erbringen sind. Krankenkassen müssen die Behandlungskosten daher nur erstatten, wenn sie dies in ihrer Satzung vorgesehen haben. Die Satzung darf auch vorschreiben, dass die Kosten nur anteilig bzw. bis zu einem jährlichen Höchstbetrag erstattet werden. Und sie kann die Erstattung an eine bestimmte Qualifikation der Behandelnden knüpfen. Ein GKV-Patient scheiterte daher mit seiner Klage auf volle Kostenübernahme (Landessozialgericht [LSG] Hessen, Urteil vom 25.01.2024, Az. L 1 KR 74/20). |

Krankenkasse erstattet nicht voll, Patient klagt erfolglos

Ein pflegebedürftiger GKV-Patient litt an einem komplexen chronischen Krankheitsbild (u. a. Erschöpfungssyndrom, chronische Herzinsuffizienz, Mitralklappenprolaps, Hypogonadismus, Wirbelsäulen-Syndrom; Osteoporose, Polyarthritis, venöse Insuffizienz, Sicca-Syndrom der Augen). Von seinem Arzt erhielt er auf einem Privatrezept osteopathische Behandlungen verordnet. Der Patient beantragte bei seiner Krankenkasse die volle Kostenübernahme. Die Krankenkasse lehnte ab und begründete dies mit ihrer Satzung.

Satzungsgemäße Regelungen zur Erstattung osteopathischer Behandlungen

  • Die Krankenkasse erstattet ihren Versicherten anteilige Kosten für osteopathische Behandlungen (maximal 80 Prozent des Rechnungsbetrags bzw. 150 Euro jährlich, jedoch nicht mehr als 30 Euro pro Behandlung).
  • Voraussetzung für die Erstattung ist eine ärztliche Verordnung (auch Privatrezepte oder sonstige Bescheinigungen) und die medizinische Eignung der Behandlung.
  • Die Behandlung muss qualitätsgesichert von einem zugelassenen Leistungserbringer (z. B. Arzt, Physiotherapeut) erbracht werden. Dieser muss Mitglied eines Berufsverbands der Osteopathen sein oder eine erfolgreich abgeschlossene Osteopathieausbildung nachweisen, die zum Beitritt in einen Verband der Osteopathen berechtigt.

Der Patient legte Widerspruch ein. Er benötige die Behandlung, da diese das Fortschreiten seiner Pflegebedürftigkeit hinausschieben würde. Einen Osteopathen, der die von der Krankenkasse geforderten Bedingungen erfülle, gebe es an seinem Wohnort nicht. Nach dem Grundgesetz seien gleiche Lebensbedingungen für ganz Deutschland zu gewähren. Daher müsse für die am nächsten seiner Wohnung tätige Heilpraktikerin und Osteopathin M in der Nachbarstadt eine Ausnahmeregelung gefunden werden, die neben der Behandlung auch die Fahrtkostenübernahme (ca. 8 Euro pro Taxifahrt) umfasse.

Die Krankenkasse lehnte im Widerspruchsbescheid die volle Kostenübernahme ab und berief sich auf die satzungsgemäß festgelegten Regelungen zur Erstattungshöhe und zur Qualifikation der Behandelnden. Auch die Fahrtkostenübernahme lehnte die Krankenkasse mit separatem Bescheid ab: Fahrtkosten würden nur dann übernommen, wenn sie im Zusammenhang mit einer gesetzlich garantierten GKV-Leistung stünden. Die Bezuschussung osteopathischer Behandlungen sei jedoch eine (freiwillige) Leistung aufgrund der Satzung der Krankenkasse.

Der Patient klagte beim Sozialgericht (SG) Gießen. Während des Gerichtsverfahrens erstattete die Krankenkasse satzungsgemäß einen Teil der Kosten für die osteopathischen Behandlungen, die nicht von der Heilpraktikerin und ausgebildeten Osteopathin M erbracht worden waren (insgesamt 270 Euro von 782 Euro). Die Kosten für die von Frau M erbrachten Behandlungen übernahm die Krankenkasse nicht. Sie verwies erneut auf die satzungsgemäßen Qualifikationsanforderungen. Sowohl das SG Gießen (Urteil vom 24.03.2020, Az. S 7 KR 922/19) als auch das LSG Hessen wiesen die Klage ab.

Darum sahen die Gerichte keinen vollen Erstattungsanspruch

Das LSG Hessen stützte sich in seinem Berufungsurteil im Wesentlichen auf die Begründung des SG Gießen. Das SG hatte die Klage für zulässig, aber unbegründet gehalten und keinen Anspruch des Klägers auf volle Kostenerstattung gesehen. Das LSG sah hierin keinen Verfahrensfehler.

Die Kostenübernahme durch die GKV ist gerade für Osteopathie begrenzt

Versicherte haben nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern). Davon ausgeschlossen seien Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Bei Osteopathie sei dies nicht der Fall. Erstattungsansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzten voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den GKV-Sachleistungen gehört (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 08.09.2015, Az. B 1 KR 14/14 R) und reichten daher nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch.

Wie Osteopathie in der Satzung reguliert wird, ist Sache der Krankenkasse

Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus könne die Krankenkasse in ihrer Satzung zusätzliche Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität vorsehen. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 SGB V gehörten dazu auch Heilmittel.

Kein Anspruch auf Leistungsansprüche des Klägers über die Satzung der Krankenkasse hinaus

  • Die beklagte Krankenkasse habe dem Kläger bereits den maximalen Erstattungsbetrag bewilligt.
  • Unabhängig davon erfülle die für weitere Leistungen in Anspruch genommene Frau M die satzungsgemäßen Qualifikationsanforderungen nicht. Sie sei weder Ärztin noch zugelassene Physiotherapeutin. Ein Erstattungsanspruch für die von ihr erbrachten Leistungen scheide damit aus.
  • Die satzungsgemäße Beschränkung der Leistungserbringer auf Vertragsärzte bzw. zugelassene Physiotherapeuten diene der Qualität der Leistungserbringung, die die beklagte Krankenkasse zu regeln verpflichtet sei (vgl. § 11 Abs. 6 Satz 2 SGB V).
  • Ein flächendeckendes Angebot an Leistungserbringern müsse sie dabei nicht gewährleisten. Es handle sich nur um ein zusätzliches Angebot und nicht um nach dem Stand der Medizin zu erbringende gesetzliche Leistungen.

AUSGABE: PP 6/2025, S. 4 · ID: 50392177

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