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SteuergestaltungMit pauschalen Betriebsausgaben Steuern sparen
| Betriebsausgaben mindern den Gewinn der Physiotherapiepraxis und damit auch die effektive Steuerbelastung. Das Lukrative: Es gibt viele Pauschalen für Betriebsausgaben, die niedergelassene Physiotherapeuten einfach und unbürokratisch nutzen können – auch rückwirkend für 2023. Bei Erstellung der Einkommensteuererklärung für 2023 sollte deshalb geprüft werden, ob alle potenziellen Pauschalen auch tatsächlich ausgenutzt wurden. PP erläutert, wo sich insbesondere Steuersparpotenzial ergibt. |
Das E-Fahrzeug als Praxis-Pkw
Viele Physiotherapeuten nutzen bereits als Praxis-Pkw keinen normalen Verbrenner, sondern ein reines Elektro- oder ein Hybridelektrofahrzeug. Das Problem: Bei einem Verbrenner können die Spritkosten problemlos als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Bei einem (Hybrid-)Elektrofahrzeug erfolgt der Ladevorgang hingegen oft am privaten Stromanschluss des Physiotherapeuten. Aber auch dieses Problem lässt sich lösen.
Wer es kompliziert, aber genau möchte, beruft sich auf die Randziffer 19 des BMF-Schreibens vom 05.11.2021 (BStBl I 21, 2205). Hiernach kann der betriebliche Nutzungsanteil an den ansonsten privaten Stromkosten mithilfe eines gesonderten Stromzählers (stationär oder mobil) nachgewiesen werden. Aufzeichnungen über drei Monate genügen, um den Betrag auch für die Folgemonate ansetzen zu können. Wer es einfach möchte, wendet die Randziffer 20 in Verbindung mit den Randziffern 23 und 24 des BMF-Schreibens vom 29.09.2020 (BStBl I 20, 972) an. Danach ist es zulässig, dass der Praxisinhaber anstelle des im Einzelnen nachgewiesenen Ladestroms eine Pauschale als Betriebsausgabe absetzt. Bei der Höhe der Pauschale kommt es zum einen darauf an, ob es sich um ein Elektro- oder um ein Hybridelektrofahrzeug handelt und zum anderen, ob bei der Praxis eine zusätzliche Lademöglichkeit besteht.
Monatliche Pauschale für Betriebsausgaben | ||
Mit zusätzlicher Lademöglichkeit bei der Praxis | Ohne zusätzliche Lademöglichkeit bei der Praxis | |
Elektrofahrzeuge | 30 Euro pro Monat | 70 Euro pro Monat |
Hybridelektrofahrzeuge | 15 Euro pro Monat | 35 Euro pro Monat |
Beispiel |
Gewinn kann ohne weitere Nachweise um jährlich 360 Euro gemindert werden Physiotherapeut Sven lädt seinen vollelektrischen Praxis-Pkw meistens an einer Ladestation bei der Praxis. Manchmal wird der Pkw auch zu Hause über die private Wallbox geladen. Den dafür benötigten Strom hat er nicht erfasst. Lösung: Sven kann den Praxisgewinn ohne weitere Nachweise um 360 Euro im Jahr mindern (30 Euro × 12). Das gilt selbst dann, wenn sich der bei Sven für den Ladevorgang verbrauchte Strom nur auf z. B. 5 Euro monatlich belaufen sollte. |
Der private Pkw des Physiotherapeuten
Viele Physiotherapeuten besitzen auch private Fahrzeuge. Werden diese – auch nur für einen Kilometer – für eine betrieblich veranlasste Fahrt eingesetzt, lassen sich bereits pauschale Betriebsausgaben absetzen (R 4.2 Abs. 12 Einkommensteuerrichtlinien [EStR]) – konkret 0,30 Euro je betrieblich gefahrenen Kilometer. Erforderlich ist lediglich eine formlose Aufstellung der betrieblich veranlassten Fahrten mit dem privaten Pkw des Praxisinhabers. Diese betrieblich veranlassten Fahrten können z. B. Fahrten zu Patienten, Geschäftspartnern und Lieferanten sein, aber auch Fahrten zum Steuerberater, zur Post oder zur Bank. Einzig Fahrten zwischen Wohnung und Praxis fallen nicht darunter. Für diese Fahrten gilt eine Sonderregelung.
Beispiel |
Physiotherapeutin Lisa hat in einer Liste ihre im Jahr 2023 mit dem privaten Pkw zurückgelegten und betrieblich veranlassten Fahrten zusammengestellt: 600 km in Summe. Lösung: Lisa kann pauschal 180 (= 600 × 0,30) Euro an Betriebsausgaben absetzen. |
Die Fahrten zur Praxis
In den seltensten Fällen wohnt der Praxisinhaber direkt über oder neben der Praxis. Liegt die Wohnung des Praxisinhabers mindestens einen Kilometer von der Praxis entfernt, kann der Therapeut für jeden Tag, an dem er die Praxis aufgesucht hat, eine Pauschale als Betriebsausgabe absetzen. Das gilt unabhängig davon, wie er die Praxis erreicht hat. Es spielt also keine Rolle, ob der Therapeut zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, mit einer Fahrgemeinschaft oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Praxis kommt.
Die abzugsfähige Pauschale ergibt sich aus § 4 Abs. 5 Nr. 6 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG). Abzugsfähig ist für jeden Tag, an dem der Physiotherapeut die Praxis aufsucht, eine Pauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der einfachen Entfernung. Da es sich um eine Tagespauschale handelt, besteht für Mittagsheimfahrten kein Anspruch auf eine zusätzliche Pauschale. Zudem ist der Abzug pro Jahr auf einen Höchstbetrag von 4.500 Euro gedeckelt. Ein höherer Betrag als 4.500 Euro kann nur dann abgesetzt werden, wenn für die Fahrten zur Praxis ein eigener (privater) Pkw verwendet wird. Es gilt außerdem eine Besonderheit, wenn die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Praxis mehr als 20 Kilometer beträgt: Ab dem 21. Kilometer erhöht sich die Pauschale für die Jahre 2022 bis 2026 nämlich von 0,30 auf 0,38 Euro je Kilometer.
Beispiel |
Physiotherapeut Alex ist im Jahr 2023 an 230 Tagen teilweise mit einem privaten Pkw und teilweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln von seiner Wohnung zur Praxis gefahren. Die einfache Entfernung beträgt 25 km. Lösung: Alex kann 1.817 Euro als pauschale Betriebsausgabe absetzen: 230 Tage × 20 km × 0,30 Euro = 1.380 Euro 230 Tage × 5 km × 0,38 Euro = 437 Euro |
Wichtig | Befindet sich im Betriebsvermögen des Physiotherapeuten ein vom Therapeuten auch privat genutzter Firmenwagen, lässt sich diese Pauschale meistens nicht geltend machen. Denn sie wird dann regelmäßig bereits bei der Ermittlung der Entnahme für die private Pkw-Nutzung in Abzug gebracht.
Längere Auswärtstätigkeiten von mehr als 8 Stunden
Die meiste Zeit ist der Physiotherapeut in seiner Praxis oder in seiner Wohnung tätig. Es gibt aber auch Tage, an denen eine längere Auswärtstätigkeit erforderlich ist, insbesondere bei ein- oder mehrtägigen Fort- und Weiterbildungen. Damit verbunden sind auch deutlich höhere Verpflegungskosten, z. B., weil das Mittagessen in einem Restaurant eingenommen wird. Das Problem: Die Verpflegungskosten des Physiotherapeuten können nicht von der Steuer abgesetzt werden. Aber es gibt zumindest einen kleinen Rettungsanker: die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen. Diese sind in § 4 Abs. 5 Nr. 2 i. V. m. § 9 Abs. 4a EStG geregelt. Die Pauschalen betragen:
Beispiel |
Physiotherapeutin Andrea hat vom 04.05. bis zum 06.05.2023 die therapie LEIPZIG besucht und dort in einem Hotel übernachtet. Lösung: Andrea kann (neben den Hotelkosten) Verpflegungsmehraufwendungen i. H. v. 56 Euro geltend machen (14 + 28 + 14 Euro). Ob und in welcher Höhe ihr tatsächlich Verpflegungsmehraufwendungen entstanden sind, ist unerheblich. Den tatsächlichen Verpflegungsmehraufwand kann sie nicht absetzen. |
- 14 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Physiotherapeut ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der Praxis abwesend ist (Klassiker: eintägige Fortbildungen)
- 28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Physiotherapeut 24 Stunden von seiner Wohnung und Praxis abwesend ist
- 14 Euro für den An- und Abreisetag bei einer mehrtägigen auswärtigen Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Übernachtung
Abruf-Nr. 238529
Beachten Sie | Die Pauschalen beziehen sich auf Tätigkeiten im Inland. Für Tätigkeiten im Ausland sind erheblich höhere Pauschalen abzugsfähig. Die Auslandspauschalen für das Jahr 2024 können dem BMF-Schreiben vom 21.11.2023 (BStBl I 23, 2076, Abruf-Nr. 238529) entnommen werden.
Das häusliche Arbeitszimmer
Seit 2023 ist ein häusliches Arbeitszimmer gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG nur noch dann abzugsfähig, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Diese Voraussetzung erfüllen Physiotherapeuten regelmäßig nicht, da sich der Mittelpunkt in der Praxis befindet. Dennoch erledigen Physiotherapeuten oft betriebliche (Büro-)Tätigkeiten in ihrer Wohnung. So müssen sie auch 2023 nicht zwingend leer ausgehen, denn es kann eine Homeoffice-Pauschale abgesetzt werden. Diese wird seit 2023 in § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG geregelt.
Mit der Homeoffice-Pauschale kann der Physiotherapeut für jeden Tag, an dem die betriebliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte (i. d. R. die Praxis) aufgesucht wurde, einen Betrag von 6 Euro, höchstens 1.260 Euro im Kalenderjahr, steuerlich geltend machen. Die Pauschale setzt weder einen zeitlichen Mindestumfang der Tätigkeit im Homeoffice voraus noch kommt es auf den Ort der Tätigkeit im Homeoffice an. Auch Tätigkeiten am Küchentisch sind begünstigt.
Beispiel |
Praxisleiter Timo ist von Montag bis Freitag in der Praxis tätig. An Samstagen und Sonntagen sucht er die Praxis nicht auf. Samstags erledigt er im Homeoffice allgemeine Büroarbeiten für seine Praxis im Umfang von etwa zwei Stunden. Zudem wird er jeden zweiten Sonntag für 30 Minuten im Homeoffice tätig. Lösung: Timo kann den Gewinn durch die Homeoffice-Pauschale um 468 Euro reduzieren (52 Samstage + 26 Sonntage = 78 Tage × 6 Euro). |
Weder das Gesetz und die zugrunde liegende Gesetzesbegründung noch das Anwendungsschreiben des BMF vom 15.08.2023 (BStBl I 23, 1551) enthalten konkrete Regelungen zum Nachweis der Homeoffice-Pauschale. Die Kalendertage, an denen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschale erfüllt sind, sind lediglich in geeigneter Form glaubhaft zu machen. Dies kann z. B. durch Eintragungen in einen Kalender oder durch eine formlose Aufstellung erfolgen. Auch die besonderen Aufzeichnungspflichten innerhalb der Buchführung i. S. d. § 4 Abs. 7 EStG sind nicht zu erfüllen.
Beachten Sie | Steht dem Physiotherapeuten in der Praxis für seine betriebliche Tätigkeit dauerhaft kein Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Pauschale auch dann zulässig, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder in der Praxis ausgeübt wird. Es kommt in diesem Fall nicht mehr darauf an, dass der Physiotherapeut zeitlich überwiegend im Homeoffice tätig wird.
Betrieblich veranlasste Telefonate – vom privaten Anschluss
Jeder Physiotherapeut muss telefonieren – und oft wird hierfür auch der private Telefonanschluss oder das private Smartphone genutzt. Doch wie können diese nun gemischt veranlassten Aufwendungen für die privaten Telefon- und Handyanschlüsse abgesetzt werden? Es ist eigentlich ganz einfach:
Physiotherapeuten können alle Handy- und Telefonverträge, die ganz oder teilweise betrieblich genutzt werden, als Betriebsausgabe geltend machen. Das gilt nicht nur für die Grundgebühren, sondern auch für die mit den Verträgen zusammenhängenden Kosten wie Verbindungsentgelte, Datenvolumen, Gerätekosten, Zubehör etc. Als Ausgleich für die private Mitbenutzung der Geräte sind pauschal 360 Euro pro Jahr als gewinnerhöhende Entnahme anzusetzen. Diesen Betrag beanstandet das Finanzamt regelmäßig nicht (vgl. Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 21.05.1997, Az. XII 536/96).
Beispiel |
Physiotherapeutin Anja nutzt ihr privates Smartphone (jährliche Kosten 600 Euro) zum Teil auch für betriebliche Zwecke. Die Kosten hat sie bisher nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht. Lösung: Anja kann die 600 Euro als Betriebsausgabe absetzen. Parallel erfasst sie für die private Mitbenutzung eine gewinnerhöhende Entnahme von 360 Euro. Effektiv wird dadurch der Gewinn um 240 Euro gemindert. |
Betriebsausgabenpauschale für Nebentätigkeiten
Viele Physiotherapeuten üben nebenberufliche Tätigkeiten aus. Klassischerweise handelt es sich dabei um Tätigkeiten, die gewisse Berührungspunkte mit der Tätigkeit als Physiotherapeut haben, wie z. B. das Verfassen von Fachbeiträgen und -aufsätzen oder nebenberufliche Lehr-, Prüfungs- und Übungsleitertätigkeiten. Diese Tätigkeiten werden vergütet und die Vergütung stellt steuerpflichtiges Einkommen dar. Das bedeutet, der Physiotherapeut muss den Gewinn aus seiner Nebentätigkeit versteuern.
Kein Problem, denken sich in der Praxis oft viele Physiotherapeuten und erfassen die Honorare der Einfachheit halber kurzerhand in der Buchführung der Praxis. Was oft nicht beachtet wird: Dieses Vorgehen kostet Steuern, denn für die Nebentätigkeiten können pauschale Betriebsausgaben abgesetzt werden. Die Höhe der Betriebsausgabenpauschale ergibt sich aus dem BMF-Schreiben vom 06.04.2023 (BStBl I 23, 671, Abruf-Nr. 234665). Die Pauschale beträgt seit 2023 exakt 25 Prozent der Einnahmen, maximal 900 Euro im Jahr.
Beispiel |
Physiotherapeut Bernd verfasst nebenberuflich Fachaufsätze. Hierfür hat er im Jahr 2023 Honorare i. H. v. 2.000 Euro erhalten. Lösung: Grundsätzlich muss A die 2.000 Euro versteuern. Er kann aber auch eine Betriebsausgabenpauschale von 500 Euro absetzen (2.000 Euro × 25 Prozent = 500 Euro; maximal 900 Euro). Dann reduziert sich der Gewinn auf 1.500 Euro. |
Wichtig | Physiotherapeuten sollten bei nebenberuflichen Lehr-, Vortrags- oder Prüfungstätigkeiten vorrangig prüfen, ob sie in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 26 EStG („Übungsleiterfreibetrag von 3.000 Euro“) bzw. § 3 Nr. 26a EStG („Ehrenamtspauschale von 840 Euro“) fallen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) fallenden gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Einrichtung ausgeübt werden. Diese Steuerbefreiungen gehen der Betriebsausgabenpauschale nämlich vor – sie sind aber auch viel lukrativer, da dann die Honorare bis zu den genannten Beträgen steuerfrei sind.
- Nachweispflichten bei Nutzung von Übungsleiter- und Ehrenamtsfreibetrag richtig erfüllen (PP 11/2023, Seite 14 f.)
AUSGABE: PP 9/2024, S. 16 · ID: 50098770