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AbmahnungDie richtige Sanktion im Arbeitsverhältnis zur richtigen Zeit – FAQ zur Abmahnung

Abo-Inhalt29.07.20241334 Min. LesedauerVon RAin Heike Mareck, externe Datenschutzbeauftragte, Dortmund

| Eine arbeitsrechtliche Abmahnung ist eine formale Aufforderung an den Arbeitnehmer, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Viele Kündigungen des Arbeitsverhältnisses (PP 08/2024, Seite 14) erfordern eine vorherige Abmahnung. Wie eine Abmahnung auszusehen hat und andere häufig gestellte Fragen (FAQ) beantwortet dieser Beitrag. |

Was gehört in die Abmahnung, damit sie im Ernstfall greift?

Eine Abmahnung an den Arbeitnehmer muss grundsätzlich folgende vier Bestandteile aufweisen. Eine Checkliste zum korrekten Vorgehen finden Sie am Ende des Beitrags und online unter Abruf-Nr. 50086969:

Übersicht: Was ist abmahnfähig?
  • Alkoholgenuss trotz Verbots (Aber: Alkoholismus gilt als Krankheit und darf daher nicht abgemahnt werden)
  • Arbeitsverweigerung
  • Außerdienstliches Verhalten mit negativen Auswirkungen für den Arbeitgeber (zum Beispiel Nebentätigkeit eines Bankkassierers im Nachtgewerbe)
  • Beleidigungen (off- und online, auf den im Unternehmen üblichen Umgangston achten)
  • Betriebsfrieden gestört (zum Beispiel durch Denunzieren von Kollegen, Gehässigkeit, Aufstacheln)
  • Beschädigungen (grob fahrlässige / absichtliche Beschädigungen des Eigentums des Arbeitgebers)
  • Compliance-Verstöße
  • Datenschutzverstöße
  • Diebstähle
  • Krankfeiern
  • Krankmeldung, fehlende
  • Mobbing
  • Nebentätigkeiten (verbotene)
  • Unerlaubtes Surfen im Internet
  • Rauchen (nur wenn betriebliches Rauchverbot existiert)
  • Schlecht- oder Minderleistung
  • Sexuelle Belästigung
  • Urlaub ohne Bewilligung
  • Unentschuldigtes Fehlen
  • Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Krankheit
  • Verstoß gegen Schutzpflichten (zum Beispiel nicht rechtzeitiges Verhindern von Beschädigungen)
  • Verstöße gegen die Kleiderordnung (insbesondere, wenn die Kleiderordnung in einer Betriebsvereinbarung festgehalten wurde)
  • Verrat von Geschäftsgeheimnissen
  • Wiederholte Verspätungen
  • Wilder Streik
  • 1. Konkrete Angabe des beanstandeten Verhaltens, (Beispiel: „Am Donnerstag, den 28.09.2023, haben Sie Ihre Arbeit erst um 8.30 Uhr und damit 30 Minuten verspätet aufgenommen“).
  • 2. Deutlicher Hinweis auf die Pflichtverletzung, (Beispiel: „Damit haben Sie gegen § 4 Ihres Arbeitsvertrages verstoßen“).
  • 3. Unmissverständliche Aufforderung zu künftigem vertragstreuem Verhalten (Beispiel: „Wir erwarten, dass Sie Ihre Arbeitszeiten künftig einhalten und Ihre Arbeit pünktlich aufnehmen“).
  • 4. Ankündigung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall: (Beispiel: „Für den Wiederholungsfall behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte vor, die bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können“).

Das folgende Muster einer Abmahnung finden sie online unter Abruf-Nr. 50087033.

Musterformulierung / Abmahnung wegen Beleidigung

Anrede,

am Freitag, den 15.12.2023, kam es auf der Weihnachtsfeier in unserer Betriebsstätte zu folgendem Vorfall, den Sie verursacht haben:

Gegen 21.30 Uhr haben Sie Ihrem Kollegen Herrn Marvin M. zugerufen, dieser sei ein „Wichser“. Zudem betitelten Sie ihn auch als „Arschloch“. Ihre Arbeitskollegen haben versucht, Sie zu beruhigen. Sie haben daraufhin lediglich geäußert, sie seien 23 Jahre bei uns, dem Arbeitgeber xxx, beschäftigt und man könne Ihnen gar nichts. Weiterhin haben Sie Ihrem direkten Vorgesetzten Herrn Kevin U. unter weiteren Beschimpfungen den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Darüber hinaus haben Sie weitere Schimpfwörter verwendet und den Abteilungsleiter Herrn Peter L. in erheblichem Umfang beleidigt.

Mit diesem Verhalten haben Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen und den Betriebsfrieden in erheblichem Maße gestört. Auch auf betrieblichen Feiern sind Beschimpfungen und Beleidigungen von Kollegen und Vorgesetzten zu unterlassen.

Wir erwarten von Ihnen, dass solche Vorkommnisse sich in Zukunft nicht wiederholen. Wir dulden in unserem Betrieb keine Beleidigungen gegenüber Kollegen und Mitarbeitern, Vorgesetzten, Kunden oder anderen Personen. Sollten Sie dieser Erwartung nicht entsprechen, müssen Sie im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung rechnen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Arbeitgeber

Kann mehrfaches Abmahnen als Mobbing beurteilt werden?

Nein, denn es liegt noch kein Beweis für Mobbing vor, wenn der Arbeitnehmer immer wieder von der Führungskraft abgemahnt wird. Das gilt auch wenn sich einige Abmahnungen im Nachhinein als unwirksam erweisen (LAG Köln, Urteil vom 10.07.2020, Az. 4 Sa 118/20, Abruf-Nr. 217857). Der Vorwurf des Mobbings ist nur begründet, wenn sich dem Arbeitgeber verwerfliche Motive für das Abmahnen nachweisen lassen. In dem Fall hatte ein Mitarbeiter innerhalb von vier Monaten neun Abmahnungen erhalten.

Mit welchen Schritten des Arbeitnehmers ist zu rechnen?

Auf eine Abmahnung kann der Arbeitnehmer wie folgt reagieren:

  • Er fordert den Arbeitgeber auf, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.
  • Er reicht eine Gegenvorstellung gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG zu der Personalakte ein.
  • Er beschwert sich bei dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber wegen ungerechter Behandlung nach §§ 84, 85 BetrVG.
  • Er trägt bei einem späteren Kündigungsschutzprozess vor, dass die (damalige) Abmahnung zu Unrecht erfolgt sei.
  • Er klagt auf Löschung bzw. Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Sind Abmahnungen nach Ende des Arbeitsverhältnisses aus der Personalakte zu löschen?

Ob Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Entfernung seiner Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen können, ist umstritten.

Eine klärende Entscheidung des BAG dazu steht noch aus.

Nach Ansicht des LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 23.11.2018, Az. 5 Sa 7/17, Abruf-Nr. 208148; so auch das LAG Hamm, Urteil vom 13.09.2022, Az. 6 Sa 87/22) hat der Arbeitnehmer einen Löschungsanspruch, der auf Art. 17 Abs. 1 DSGVO basiert. Danach muss der Arbeitgeber jegliche Daten löschen, sobald der Zweck der Datenerhebung entfallen ist. Ausnahme: Solange noch arbeitsrechtliche Streitigkeiten möglich sind, für die die Abmahnung relevant werden kann, darf der Arbeitgeber die Abmahnung weiter in der Personalakte lassen. Das LAG Hamm betonte dabei, dass der Löschanspruch auch für Papierakten gelte. Da die Warnfunktion nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfalle, müssten Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden, unabhängig davon, ob es sich um digitale oder physische Akten handle.

Das LAG Sachsen (Urteil vom 31.03.2023, Az.4 Sa 117/21, Abruf-Nr. 235320) kam dagegen zum Ergebnis, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Rechtsschutzinteresse auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte bestehe. Art. 17 Abs. 1 DSGVO habe zu keiner Änderung der Rechtslage geführt.

Checkliste / Die Abmahnung

Fragenkatalog durchgehen

erledigt

Abmahnungserklärung: Die Abmahnung erfolgt als rechtsfolgliche Androhung (Kündigung) aufgrund einer Missbilligung eines Fehlverhaltens.

Funktion: Grundlage für eine verhaltensbedingte Kündigung sind Beweise und Dokumentationen, Hinweise/Erinnerungen und Warnungen/Ankündigungen.

Form:

  • Die Abmahnung kann mündlich oder schriftlich erfolgen, aber sollte schon zum Nachweis schriftlich erteilt werden.
  • Ausnahme: Die Abmahnung muss schriftlich erfolgen (Vorschrift Betriebsvereinbarung/Tarifvertrag).

Wer hat die Abmahnung ausgesprochen: Inhaber, Personal-, Abteilungsleiter, Geschäftsführer und andere Vorgesetzte.

Aufbau der Abmahnung

  • 1. Sachverhalt darlegen: Notieren der Punkte, die die Pflichtverletzung begründen: Was ist wann, wo, wie passiert (Verhalten, Auswirkungen, Ort/Datum, Namen, Beteiligte, Zeugen).
  • 2. Bewertung: Welches missbilligte, vertragswidrige Verhalten liegt vor?
  • 3. Verletzte Pflichten aufzählen:
    • Verstöße gegen schriftliche Vereinbarungen oder Normen (Rechtsverordnung, Gesetz, Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsanweisung, Tarifvertrag usw.).
    • Verstöße gegen mündliche Vereinbarungen.
  • 4. Aufforderung: Auffordern zu korrektem Verhalten/Handeln lt. Vertrag. Sonst Drohung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Wirkungsdauer der Abmahnung: Es existiert keine gesetzliche Regelfrist. In der Praxis verbleibt die Abmahnung für mindestens zwei Jahre in der Personalakte. Bei beanstandungsfreiem Verhalten des Arbeitnehmers während dieser Zeit gilt die Abmahnung meist als erledigt.

AUSGABE: PP 9/2024, S. 13 · ID: 50086966

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