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TrainingsangebotMedizinballtraining ist auch für Physiotherapeuten eine runde Sache!
| Die meisten von uns kennen den Medizinball sicher aus der Turnstunde in der Schule. Und Fußballfans dürften das schwere Sportgerät durch Bundesligatrainer Felix Magath kennen, der als Verfechter des Medizinballtrainings auch „Quälix“ genannt wird. Aufgrund seiner Einfachheit und Vielseitigkeit ist der Medizinball auch in der modernem Fitnesswelt beliebt und bietet auch in der Physiopraxis vielfältige Möglichkeiten zur Anwendung. |
Inhaltsverzeichnis
Aus den USA nach Deutschland
Obwohl sich sofort Assoziationen zu Turnvater Jahn aufdrängen, stammt der Medizinball aus den USA, wo er auch tatsächlich als „medicine ball“ bekannt war. Als Erfinder wird allgemein der Polizist und Ringkämpfer William Muldoon angesehen, der die schweren Bälle bereits in den 1870er-Jahren benutzte, um Rumpfmuskeln und Schnelligkeit zu trainieren. Erst gegen Ende des Ersten Weltkriegs kam der Medizinball über ehemalige Kriegsgefangene nach Deutschland, wo er vor allem über Sport-Ikone Carl Diem Verbreitung in Vereinen, bei Privatpersonen und auch in der Heilgymnastik fand – und eben auch über prominente Fußballtrainer (s. o.) bekannt wurde.
Der Medizinball bietet viele Anwendungsmöglichkeiten ...
Mit dem Medizinball lassen sich alle Muskelgruppen des Körpers gleichermaßen gut trainieren: Bein- und Rumpfmuskeln mit beinbetonten Übungen aus dem Stand (z. B. Kniebeugen, Ausfallschritte), der Rumpf mittels Bodenübungen auf der Matte (z. B. Russian Twist), die Arme durch Stützübungen, die zusätzlich ein hohes Maß an Stabilität und Koordination erfordern.
... und ist in mehreren Materialien und Größen erhältlich!
Im Gegensatz zu den meisten heutigen Bällen ist der traditionelle Medizinball ein sogenannter „Vollball“, also nicht hohl, sondern mit unterschiedlichen Materialien gefüllt. Ursprünglich waren das Rentierhaare, heutzutage ist es meist ein Kork-Gummi-Granulat oder Sand. Die Außenhülle bestand und besteht zum Teil auch immer noch aus acht Lederstreifen, die im sogenannten Zitronenschnitt zusammengenäht werden. Die Füllung erhält der Ball dann erst am Ende, wenn nur eine kleine offene Naht übrig ist. Heutzutage wird häufig synthetisches Leder genutzt, um trotzdem den alten „Look“ beizubehalten. Andere moderne Medizinbälle sind aus Gummi oder synthetischen Kunststoffen gefertigt und zum Teil innen hohl. Das Gewicht resultiert dann aus extrem dicken Wänden.
Medizinbälle werden in unterschiedlichen Größen und Gewichtsklassen angeboten. Typischerweise bringt der kleinste Ball 1 kg auf die Waage, nach oben hin sind theoretisch keine Grenzen gesetzt. Während der schwerste Ball früher bei 10 kg lag, sind mittlerweile auch Bälle über 50 kg erhältlich.
Welchen Ball Sie wählen, ist eine Geschmacksfrage!
Für welche Art von Medizinball man sich entscheidet, ist eine Geschmacksfrage. Wer eher auf Tradition steht, ist mit dem klassischen Balldesign aus Leder oder Kunstleder gut bedient. Kunststoffbälle dagegen sind unter Umständen widerstandsfähiger und haben eine höhere Lebensdauer. Preislich dagegen macht sich der Materialunterschied kaum bemerkbar. Je nach Hersteller kosten 1-kg-Bälle ab etwa 15 Euro, nach Gewicht aufsteigend. 15 kg schwere Bälle kosten ab 70 bis über 100 Euro, alles darüber hinaus ist im therapeutischen Setting vermutlich auch wenig sinnvoll. Viele Hersteller bieten Sets an, also z. B. zehn Bälle von 1 kg bis 10 kg, die entsprechend teurer und ab etwa 300 Euro zu haben sind.
Input gibt es vor allem über Bücher und Videos
Wie bei den meisten anderen Kleingeräten und Hilfsmitteln gibt es auch für das Training mit dem Medizinball nur sporadisch Seminare oder Workshops. Vor allem deshalb, weil sie für den praktischen Einsatz nicht zwingend erforderlich sind. Mit ein wenig Fantasie und Inspiration sowie Fachwissen lässt sich ein Einzeltraining, eine Kursstunde oder sogar eine Therapiesitzung relativ einfach gestalten.
Wer dennoch nicht auf externen Input verzichten möchte, der wird am ehesten bei Übungsleiterlehrgängen von Kreis- und Landessportverbänden fündig oder im Verein vor Ort. Darüber hinaus ist Medizinballtraining häufig Bestandteil größerer Aus- und Fortbildungen, wie z. B. bei der Qualifikation zum Athletiktrainer (PP 06/2018, Seite 11 f.) der BSA-Akademie (bsa-akademie.de). Abgesehen davon findet sich auf dem Markt eine schier unendliche Anzahl an Büchern, zum Teil mit fertigen Trainingsprotokollen und Übungsempfehlungen für unterschiedliche Beschwerdebilder. Eine weitere Fundgrube für Grundlagen und Übungsvariationen ist YouTube (z. B. der Kanal von Sport-Thieme). Ansonsten heißt es: selbst kreativ werden!
Für Ungeübte ist vor dem Training eine Einweisung notwendig
Der Medizinball lässt sich sowohl im Einzel- wie auch im Gruppensetting einsetzen. Nachteil hier ist, dass man entsprechend viele Bälle benötigt, im optimalen Fall auch noch in unterschiedlichen Gewichtsklassen, um den unterschiedlichen Voraussetzungen und Anforderungen der Teilnehmer gerecht zu werden. Darüber hinaus ist das Training gerade für Ungeübte nicht ganz ungefährlich – schnell landet der Ball mal am Kopf des Nebenmannes. Eine ausführliche Einweisung ist daher unerlässlich.
Eine Zertifizierung über die ZPP ist nicht möglich! Merke | Wegen seines Gerätecharakters ist ein reines Medizinballtraining nicht als Präventionskurs über die Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) zertifizierbar – ballbetonte Übungen dürfen höchstens 50 Prozent des Kursinhalts ausmachen. |
AUSGABE: PP 2/2024, S. 12 · ID: 49872407