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TerminvergabeIst ein Pfand zur Erhöhung der Termintreue von Patienten zulässig?
| Wenn Patienten dem vereinbarten Behandlungstermin unentschuldigt fernbleiben, ist dies für Physiotherapiepraxen nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer. Denn oft genug gelingt es nicht, sie kurzfristig neu zu vergeben. Insofern gab und gibt es viele Ideen, die Termintreue zu erhöhen. Es gibt Praxen, die ein Pfand – etwa eine Zahlung in Höhe von 50 Euro – verlangen. Diese Summe wird zurückgezahlt, wenn ein vereinbarter Termin wahrgenommen wurde. Was zunächst ungewöhnlich klingt, reiht sich in die Diskussion über Ausfallhonorare (PP 08/2022, Seite 3 ff.) und Ausfallgebühren ein. |
Ein berufspolitisch aktiver Internist macht es vor
Die Ärztezeitung berichtete am 18.08.2023 online über ein internistisches Zentrum in Völklingen. Dort müssen Patienten, die zweimal ohne guten Grund einen vereinbarten Termin geschwänzt haben, entweder lange Wartezeiten hinnehmen oder 50 Euro Pfand für eine neue Reservierung hinterlegen. Chef der Praxis ist Dr. med. Thomas Stolz, der auch Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland ist – sein Vorgehen hat daher wohl auch berufspolitische Gründe. Dennoch: In Extremfällen – und bei bestimmten Patienten – kann ein Pfand vielleicht auch in Physiopraxen die Lösung sein.
Denn hinter der Einführung eines Pfands steht ja primär der Gedanke, damit zunächst einmal das Bewusstsein für Termintreue zu schaffen. Damit ist idealerweise auch eine gewisse „Drohung“ verbunden, um Patienten zu erziehen. Die Sorge, damit Patienten zu verschrecken, ist natürlich verständlich. Das gilt umso mehr, als Pfandsysteme deutlich weniger verbreitet sind als Ausfallgebühren (vgl. PP 08/2022, Seite 3 ff.; PP 02/2021, Seite 5 f.; PP 09/2016, Seite 8 ff. sowie Musterklausel unter Abruf-Nr. 47104536) . Gerade in Ballungszentren nimmt die Einführung eines Pfands allerdings zu.
Das BGB erlaubt das Erheben eines Pfands
Das Pfandrecht ist in den §§ 1204 bis 1296 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Unter Pfand versteht man zunächst einmal ganz allgemein Rechtsobjekte, die dem Gläubiger als Sicherheit für seine Forderung zur Verfügung gestellt werden. Die meisten kennen Dosenpfand oder Einwegpfand. Aber auch in anderen Bereichen spielt Pfand eine zunehmende Rolle. Das Pfandrecht kann auch für künftige oder bedingte Forderungen genutzt werden.
Das Pfand dient als Voraussetzung für die Behandlung
Die Vorlage einer gültigen elektronischen Gesundheitskarte ist Voraussetzung für die Behandlung von gesetzlich Versicherten. Gleiches gilt auch für eine Überweisung. Wenn diese Unterlagen nicht vorliegen, bedeutet das für die Praxen zusätzlichen Aufwand. Daher ist es konsequent, wenn diese sich immer öfter mit der Frage beschäftigen, wie sie dennoch einen geordneten Praxisablauf sicherstellen können. Das gilt ebenso für die Einhaltung von Terminen. Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Einführung eines Pfandsystems in Praxen. Das bedeutet, dass es damit auch nicht ausdrücklich unzulässig sein dürfte. Soll ein Pfandsystem eingeführt werden, bedarf es aus Gründen der Transparenz jedoch einer Vereinbarung.
Anforderungen an die Vereinbarung eines Pfands
Voraussetzung für die Vereinbarung eines Pfands ist die schriftliche Vereinbarung. Auf rein mündliche Vereinbarungen sollte verzichtet werden. Wichtig ist, Patienten gleich zu Beginn eines Behandlungsverhältnisses darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Bestellpraxis handelt. Das bedeutet ganz konkret, dass Termine fest vereinbart werden, die letztlich einen geordneten Praxisablauf sicherstellen. Patientenseitig bedeutet das, dass damit – theoretisch – Wartezeiten vermieden oder wenigstens deutlich reduziert werden können. Das System kann indes nur bei Termintreue funktionieren, d. h., bei Verhinderung erfolgt so schnell wie möglich eine Absage. Sollte das nicht möglich sein, etwa bei einem Unfall oder einer schweren Erkrankung, kann dann kulanzweise eine Ausnahme gemacht werden. Hintergrund ist, dass Patienten bei Nichterscheinen in Annahmeverzug nach § 615 BGB geraten.
Die Höhe des Pfandbetrags wird in der Regel eine Pauschale sein. Bei der Festlegung wird zu berücksichtigen sein, dass – wie bei der Ausfallgebühr – keine Berechnungsgrundlage existiert. Insofern könnte ein ähnlicher Ansatz gewählt werden. Als Grundlage können die durchschnittlichen Einnahmen während der Dauer des vereinbarten Termins dienen.
Eine Vereinbarung sollte folgende Punkte enthalten:
Fazit | Die Erfahrung zeigt: Die Vereinbarung eines Ausfallhonorars schafft Verbindlichkeit; das gilt im Grundsatz ebenso für ein Pfandsystem. Aber: Sollte es bei einem Ausfallhonorar dazu kommen, dass ein Termin nicht eingehalten wird, kann immer noch entschieden werden, ob das Ausfallhonorar verlangt wird oder nicht, sofern eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde. Diese Flexibilität fehlt bei einem Pfandsystem: Erscheint der Patient nicht, wird das Pfand einbehalten, denn ansonsten verliert man seine Glaubwürdigkeit. Praxen sollten sich also genau überlegen, ob die Einführung eines Pfandsystems ein sinnvoller Weg für mehr Termintreue sein kann. Dabei sollte vor allem bedacht werden, dass es deutlich weniger flexibel ist. |
- Der Patient sollte wissen, dass der Termin nur für ihn freigehalten wird.Diese Inhalte sollte die Vereinbarung eines Pfands enthalten
- Es braucht eine klare Regelung, bis wann (z. B. 24 Stunden vorher) und wie (per Telefon, Fax, E-Mail) die Absage zu erfolgen hat.
- Die Höhe des Pfandbetrags muss in Euro festgelegt werden.
- Die Vereinbarung ist mit dem Patienten schriftlich zu schließen und zu unterzeichnen.
- Der Patient erhält eine Kopie für seine Unterlagen. Sie sollte auch dann ausgehändigt werden, wenn sie abgelehnt wird.
AUSGABE: PP 2/2024, S. 6 · ID: 49876340