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ArbeitgeberleistungenJobroller: Diese steuerlichen Spielregeln gelten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Abo-Inhalt20.12.2023185 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die Mobilitätsbedürfnisse sind im Wandel, immer mehr Arbeitgeber denken um. Auch in Physiotherapiepraxen halten mehr und mehr Zweiräder Einzug. Vor allem in Großstädten ganz hoch im Kurs: Roller. Solche überlassen auch immer mehr Praxisinhaber ihren Angestellten, quasi als Pendant zum klassischen Dienstwagen, egal ob ottomotorisiert oder in der E-Variante. Aber wie sieht es mit den Steuervorteilen beim Jobroller aus? PP stellt die steuerlichen Spielregeln für Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor. |

Das passiert beim Arbeitgeber durch die Roller-Überlassung

Beim Arbeitgeber wirkt sich die Überlassung eines Rollers wie folgt aus:

Praxistipp | Neben der linearen Abschreibung kann der Arbeitgeber eine Sonderabschreibung von bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten vornehmen, wenn sein Gewinn nicht mehr als 200.000 Euro beträgt (§ 7g Abs. 5 EStG).

Beispiel 1: Monatlich vom Arbeitgeber zu zahlende Umsatzsteuer

Der niedergelassene Physiotherapeut Jonas erwirbt zum Listenpreis von 2.500 Euro zzgl. 475 Euro USt einen Roller und überlässt diesen seiner angestellten Therapeutin Tanja zur privaten Nutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Entfernung: 10 km). Die laufenden Kosten betragen jährlich 300 Euro zzgl. 50 Euro Umsatzsteuer. Tanja hat für den Roller keine Eigenbeteiligung zu entrichten.

Lösung: Jonas behandelt die laufenden Kosten von jährlich 300 Euro als Betriebsausgabe. Der Nettokaufpreis von 2.500 Euro wird auf sieben Jahre abgeschrieben, sodass sich jährliche Betriebsausgaben von 358 Euro ergeben (jährliche Betriebsausgaben gesamt: 658 Euro). Zudem ist Jonas zum Vorsteuerabzug aus den laufenden Kosten (jährlich 50 Euro) wie auch aus den Anschaffungskosten (einmalig 475 Euro) berechtigt. Parallel unterliegt die Überlassung an Tanja der Umsatzsteuer. Als monatliche Bemessungsgrundlage sind 31,68 Euro anzusetzen (2.975 Euro, abgerundet 2.900 Euro x 1 % = 29 Euro zzgl. 2.900 Euro x 0,03 % x 10 km = 8,70 Euro; 29 Euro + 8,70 Euro = 37,70 Euro x 100/119 = 31,68 Euro). Die monatlich von Jonas zu zahlende Umsatzsteuer beträgt 19 Prozent, also 6,02 Euro.

  • Will der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Roller überlassen, muss er diesen zuvor entweder leasen, mieten oder kaufen. Alle dabei getätigten Aufwendungen berechtigen zum Betriebsausgabenabzug und mindern den zu versteuernden Gewinn des Arbeitgebers. Das gilt auch für alle Folgeaufwendungen im Zusammenhang mit dem Roller wie z. B. Ladestrom, Versicherungen, Reparatur- und Wartungskosten.
  • Der Arbeitgeber muss sich entscheiden, ob er den Roller seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder gegen eine Zuzahlung überlässt. Wenn der Arbeitnehmer Zuzahlungen zu leisten hat, muss der Arbeitgeber diese als gewinnerhöhende Betriebseinnahme erfassen.
  • Hat der Arbeitgeber den Roller gekauft und verkauft er ihn später, stellt der Verkaufserlös eine Betriebseinnahme dar.
  • Hat der Arbeitgeber den Roller gekauft und haben die Anschaffungskosten mehr als 800 Euro (netto) betragen, muss er den Roller ins Anlagevermögen aufnehmen und nach § 7 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) planmäßig auf die Nutzungsdauer von regelmäßig sieben Jahren abschreiben (Bundesfinanzministerium [BMF], Schreiben vom 15.12.2000, Ziffer 4.2.2, Az. IV D 2 – S 1551 - 188/00, Abruf-Nr. 010013).
  • Meist erbringen Inhaberinnen und Inhaber von Physiotherapiepraxen ausschließlich steuerfreie Leistungen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (§ 4 Nr. 14 a) Umsatzsteuergesetz). Folgen im Bereich der Umsatzsteuer ergeben sich deshalb in der Regel nicht. Ausnahmen können bestehen, wenn auch (teilweise) umsatzsteuerpflichtige Leistungen (z. B. Wellnessanwendungen, Fitnesskurse etc.) erbracht werden; lesen Sie hierzu PP 05/2022, Seite 16.
  • Wichtig | Kann der Arbeitnehmer den Roller auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen, erhöht sich die Bemessungsgrundlage pro Monat um 0,03 Prozent des Listenpreises je einfachem Entfernungskilometer. Der sich ergebende Betrag stellt einen Bruttobetrag dar, aus dem folglich die Umsatzsteuer herauszurechnen ist.

So ist der Jobroller beim Arbeitnehmer zu behandeln

Beim Arbeitnehmer unterscheiden sich die Auswirkungen der Überlassung danach, ob es sich um einen „normalen“ Roller oder einen E-Roller handelt.

Variante 1: Überlassung eines ottomotorisierten Rollers

Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Motorroller zur privaten Nutzung, ist das beim Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil. Dieser zählt zum steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn (Sachbezug, § 19 Abs. 1 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 EStG) und ist mit monatlich ein Prozent des auf volle 100 Euro abgerundeten Bruttolistenneupreises im Zeitpunkt der Erstzulassung des Rollers anzusetzen (§ 8 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG). Das gilt auch, wenn ein gebrauchter Roller überlassen wird.

Wichtig | Darf der Arbeitnehmer den Roller auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen, erhöht sich der Sachbezug um monatlich 0,03 Prozent des Bruttolistenpreises je einfachem Entfernungskilometer.

Beispiel 2: Fortführung von Beispiel 1

Bei Tanja als Arbeitnehmerin ist der Jobroller zum Bruttolistenpreis von 2.975 Euro steuer- und beitragspflichtiger Sachbezug und mit monatlich 37,70 Euro anzusetzen. Er berechnet sich wie folgt:

  • Bemessungsgrundlage ist monatlich ein Prozent des auf volle 100 Euro abgerundeten Bruttolistenneupreises des Rollers im Zeitpunkt der Erstzulassung. Das sind 29 Euro (2.975 Euro, abgerundet 2.900 Euro x 1 %).
  • Hinzu kommen 8,70 Euro für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (2.900 Euro x 0,03 % x 10 km = 8,70 Euro).

Variante 2: Überlassung eines E-Rollers

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen E-Roller, lässt sich der Sachbezug merklich reduzieren: Bei reinen Elektrofahrzeugen mit einem Bruttolistenpreis von maximal 60.000 Euro und Anschaffung nach dem 31.12.2018, aber vor dem 01.01.2031 ist der Bruttolistenneupreis nur zu einem Viertel anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 2. HS EStG). Somit reduziert sich der Sachbezug auf ein Viertel. In der Folge sparen Arbeitgeber und Arbeitnehmer etwa dreiviertel der Steuern und Sozialabgaben ein.

Abwandlung von Beispiel 2

Bei einem E-Roller sind monatlich 9,10 Euro anzusetzen:

  • Bemessungsgrundlage ist monatlich ein Viertel des auf volle 100 Euro abgerundeten Bruttolistenneupreises des Job-(E-)Rollers im Zeitpunkt der Erstzulassung. Das sind sieben Euro (2.975 Euro x ¼ = 743,75 Euro, abgerundet auf 700 Euro; 700 Euro x 1 %).
  • Hinzu kommen 2,10 Euro für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (700 Euro x 0,03 % x 10 km = 2,10 Euro).

Zuzahlungen müssen berücksichtigt werden

Sind Zuzahlungen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber vereinbart (z. B. Monats- oder Kilometerpauschale), mindern diese den Sachbezug. Gleiches gilt für einzelne Kraftfahrzeugkosten, die der Arbeitnehmer selbst zu entrichten oder dem Arbeitgeber zu erstatten hat. Leistet der Arbeitnehmer einen Zuschuss zu den Anschaffungskosten des Rollers, reduziert dieser zwar ebenfalls den Sachbezug, er ist aber maximal bis auf null Euro von dem Sachbezug abzuziehen. Verbleibende Zuzahlungen gehen aber nicht verloren, sondern mindern den Sachbezug künftiger Lohnzahlungszeiträume (ebenfalls max. bis auf null Euro).

Was gilt bei späterer Übereignung des Jobrollers?

Übereignet der Arbeitgeber den Roller nach einer gewissen Zeit dem Arbeitnehmer, wendet er ihm einen geldwerten Vorteil zu, nämlich einen Sachbezug, der steuer- und beitragspflichtig ist. Maßgebend für die Besteuerung beim Arbeitnehmer ist nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG der zugewendete Vorteil, also der Wert des gebrauchten Rollers. Leistet der Arbeitnehmer eine Zuzahlung, so reduziert diese den Sachbezug. Beträgt der zugewendete Vorteil maximal 50 Euro, ist der Sachbezug steuer- und beitragsfrei (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG).

AUSGABE: PP 1/2024, S. 17 · ID: 49802584

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