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VerrechnungspreiseKonzerninterne Darlehen nach § 1 Abs. 3d AStG – steuerliche Herausforderungen (Teil 3)

Abo-Inhalt23.07.20255899 Min. LesedauerVon StB Dr. Jens Denninger, München und Dr. Stefan Greil, LL. M., Berlinvon StB Dr. Jens Denninger, München und Dr. Stefan Greil, LL. M., Berlin

| Konzerninterne Darlehen haben dem Fremdvergleichsgrundsatz zu entsprechen, insbesondere auch hinsichtlich der Fremdüblichkeit der Zinssätze. Entscheidend ist u. a. die Anwendung eines adäquaten Ratings, das unter Berücksichtigung des Konzernzusammenhangs ermittelt wird. Der BFH (18.5.21, I R 4/17, s. PIStB 22, 4) betont die Bedeutung des Stand-alone-Ratings, während die Finanzverwaltung aufbauend auf § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 AStG in den VWG VP 2024 diverse Ansätze zur einheitlichen Rechtsanwendung und Rechtssicherheit bietet. Die korrekte Anwendung dieser Regeln minimiert steuerliche Risiken und optimiert die Verrechnungspreisbestimmung, wie dieser dritte und letzte Teil der Beitragsserie zeigt (Teil 1 und 2 s. PIStB 25, 160, 196). |

1. Fremdvergleich der Höhe nach (§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 AStG)

Nach § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 AStG sind Aufwendungen eines im Inland Steuerpflichtigen aus einer Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe fremdunüblich und werden daher für steuerliche Zwecke korrigiert, soweit der vom Steuerpflichtigen zu entrichtende Zinssatz denjenigen Zinssatz übersteigt, der sich unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten ergeben würde (sog. Konzernfinanzierungstest). § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 S. 2 AStG enthält eine Escape-Regelung für vom Unternehmensgruppenrating abgeleitete fremdübliche Ratings, das dann bei der Bemessung des Zinssatzes zu berücksichtigen ist.

1.1 Bedeutung des Ratings für die Zinssatzbestimmung

Die Höhe eines Zinssatzes ist geprägt durch verschiedene Faktoren, die am Ende das Risiko der „Investition“ widerspiegeln. Ein rational handelnder Marktakteur wird dabei beim Eingehen von höheren Risiken grundsätzlich auch eine höhere Renditeforderung stellen. So steigt der Erwartungswert der Rendite mit steigendem Risiko. Entscheidend sind bei einer Kapitalüberlassung u. a. der Zweck des Darlehens, Währungsrisiken, Darlehensvolumen, die Laufzeit des Darlehens, das Ausfallrisiko des Darlehensnehmers und eine Besicherung des Darlehens für den Fall, dass der Darlehensnehmer ausfällt. Das daraus resultierende Gesamtrisiko bestimmt aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive die Refinanzierung der Investition aus Sicht des Darlehensgebers, also die Zusammensetzung der Refinanzierung aus Eigenkapital und Fremdkapital, und damit auch die Refinanzierungskosten.

Damit lässt sich der Zinssatz einer Darlehensbeziehung relativ einfach modellieren (vgl. Schilling, DB 15, 2171 ff.; Greil/Schilling, DStR 16, 2352 ff.; Greil/Schilling, Der Konzern 16, 329 ff.). Diese Vorgehensweise ist zwar auch in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien vorgesehen, jedoch wird die Anwendung der Preisvergleichsmethode – wie im Teil 1 (PIStB 25, 160) unter 2.1 erläutert – auch vom BFH (18.5.21, I R 4/17, s. PIStB 22, 4) präferiert (Tz. 10.97 ff. OECD-Verrechnungspreisleitlinien [OECD-TPG]). Allerdings setzt die Anwendung der Preisvergleichsmethode ein hohes Maß an Vergleichbarkeit voraus.

Merke | Strittig ist insbesondere die Auswirkung des Konzernrückhalts auf die Ausfallwahrscheinlichkeit des Darlehensnehmers (Bonität; vgl. u. a. Greil/Schilling, DStR 16, 2352 ff.). Der Darlehensgeber will wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Zahlungen in welcher Höhe ausbleiben können bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit der Kapitaldienst (Tilgung und Zinszahlung) nicht oder nicht vollständig vertragsgemäß erbracht werden könnte. Je höher das Debitorenrisiko ist, desto nachteiliger wird das sog. Rating ausfallen, welches die Darlehensausfallwahrscheinlichkeit beschreibt. In der Folge wird der Zinssatz höher sein, da die Risikoprämie, die in diesem berücksichtigt wird, ansteigt.

Damit ist das Debitorenrisiko zwingend zu bestimmen. In diesem Kontext wird kontrovers diskutiert, wie Effekte aus dem Bestehen der Unternehmensgruppe heraus das Ausfallrisiko und damit das Rating beeinflussen (s. u. a. Greil/Schilling DStR 16, 2352; Scholz/Köhler, DStR 18, 15). Je nachdem in welchem Ausmaß Konzerneffekte in das Rating einer Einzelgesellschaft einbezogen werden, kann zwischen einem Stand-alone-Rating und einem All-in-Rating (auch Adjusted-Stand-alone-Rating oder Status-quo-Rating) unterschieden werden. Während in das All-in-Rating sämtliche konkreten wie potenziellen Vor- und Nachteile aus der Konzernzugehörigkeit in das Kreditwürdigkeitsurteil einbezogen werden, werden diese beim Stand-alone-Rating nicht berücksichtigt. Da beim Fremdvergleich zwar das Nahestehen wegzudenken ist, aber die Zugehörigkeit zu einem Unternehmensverbund weiterhin beachtlich ist, scheint es nicht angebracht, nur auf Basis eines Stand-alone-Ratings eine Vergütung zum Zwecke des Fremdvergleichs zu ermitteln.

Beachten Sie | Von diesen beiden Einzelratingvarianten wiederum abzugrenzen ist das sog. Konzernrating, das vor allem auf den Konzernabschluss sowie die Konzernplanung abstellt und nicht, wie beim Rating der Einzelgesellschaften, auf den Einzelabschluss und die Planungsrechnung der konkret betroffenen Rechtseinheit. Insofern kann das Konzernrating als gewichtete durchschnittliche Kreditwürdigkeit der Unternehmensgruppe interpretiert werden (Greil/Schilling, Der Konzern 16, 331).

Nach Auffassung des BFH ist für die Beurteilung der Bonität nicht die durchschnittliche Kreditwürdigkeit der Unternehmensgruppe, sondern die Bonität der darlehensnehmenden Gesellschaft maßgebend (Stand-alone-Rating; BFH 18.5.21, I R 4/17, s. PIStB 22, 4). Der BFH weist dabei aber auf die Notwendigkeit hin, im konkreten Einzelfall die bestehenden Konzernwirkungen nicht völlig auszublenden. Dieses Vorgehen ist für die Praxis nicht nur mit erheblichem Aufwand verbunden, sondern bietet auch Gestaltungspotenzial. Zugleich weisen sowohl die OECD-Verrechnungspreisleitlinien (vgl. Kap. X, Abschnitt C.1.1.2 OECD-TPG) als auch das UN-Transfer Pricing Manual (vgl. United Nations Practical Manual on Transfer Pricing [2021], 37 – 39, insbes. Rn. 9.8.1 ff.) eine Bandbreite von möglichen Vorgehensweisen auf, welche der Auffassung des BFH zumindest nahekommen dürften. Mithin wird das Adjusted-Stand-alone-Rating zum Teil als fremdüblich erachtet (u. a. Scholz/Köhler, DStR 18, 15; s. auch GE Capital Canada, Tax Court of Canada, 4.12.09, TCC 563; Brinkmann, IStR 10, 501).

1.2 Grundsatz: Verwendung des Ratings der Unternehmensgruppe

Das BMF scheiterte im Gesetzgebungsverfahren zum ATAD-UmsG damit, das Konzernrating als Grundsatz zu verankern, um Gestaltungspotenziale zu verringern und diesen Bereich erheblich zu vereinfachen. Der durch das Wachstumschancengesetz vom 27.3.24 (BGBl I 24, Nr. 108) eingefügte Abs. 3d in § 1 AStG stellt nunmehr allerdings in einem ersten Schritt auf das Rating der Unternehmensgruppe ab (vgl. dazu umfassend Greil/Schwarz/Stein, in: Greil/Hummel, AStG-Kommentar, § 1 Abs. 3d AStG; Greil, in: Greil/Greil, Steuerliche Verrechnungspreise, 3. Aufl. 2025, Kapitel 12). Folglich soll der Zinsaufwand für eine Finanzierungsbeziehung korrigiert werden, soweit er den Zinsaufwand übersteigt, der bei einem Zinssatz anfallen würde, zu dem sich das Unternehmen unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten finanzieren könnte. Hierdurch wird der Zinssatz begrenzt, ohne dass ein Einheitszinssatz (sog. Konzernzinssatz) angewendet wird; denn auch die anderen o. g. Faktoren beeinflussen den Zinssatz weiterhin. Der Steuerpflichtige kann jedoch den Ansatz eines anderen Ratings als fremdüblich nachweisen.

In diesem Kontext ist zu betonen, dass allein die Verwendung eines fremdunüblichen Ratings, als eine Bedingung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 AStG, nicht zwingend zu einer Korrektur des angesetzten Verrechnungspreises führt. Es muss damit auch eine Einkünfteminderung einhergehen.

Beispiel 9

Die in den USA ansässige A-Corp. überlässt der in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft (B-GmbH) ein Darlehen von 10 Mio. EUR. Die Laufzeit beträgt zehn Jahre, der Konzern verfügt über ein A-Rating. Die aktuelle Zinsstrukturkurve zeigt für das Rating des Konzerns (A) einen Zinssatz von 3,45 %. Für Verrechnungspreiszwecke wurde zur Zinssatzbestimmung auf ein Adjusted-Stand-alone-Rating abgestellt und ein BBB-Rating ermittelt. Auf dieser Basis beträgt der Zinssatz gemäß Zinsstrukturkurve 3,55 %. Hierbei handelt es sich um einen Punktwert, der in der Verrechnungspreispraxis grundsätzlich nicht vorliegt. In der Regel werden Bandbreiten ermittelt, da auch weitere Bedingungen zu berücksichtigen sind; z. B. für ein A-Rating 3,25 % bis 3,65 % und für ein BBB-Rating 3,40 % bis 3,80 %. Wenn nun der Steuerpflichtige einen Zinssatz angesetzt hat (z. B. 3,55 %), der beide Bandbreiten bedient, erübrigt sich eine Diskussion über das zutreffende Rating, da keine Einkünfteminderung vorliegt, die zu korrigieren wäre.

Beachten Sie | Das in dem Beispiel dargestellte Ergebnis tritt insbesondere dann nicht ein, wenn für den konkreten Darlehensnehmer ein Non-Investment-grade-Rating (relativ hohe Ausfallrate, niedrige Bonität) vorliegt oder sich das Konzernrating vom Adjusted-Stand-alone-Rating erheblich unterscheidet. In diesen Fällen wird der „Zinssprung“ regelmäßig zu groß ausfallen.

Fraglich ist jedoch, woher der Steuerpflichtige das maßgebende Unternehmensgruppenrating nehmen soll. Die VWG VP 2024 sehen hier ein verständliches und praktikables Rangverhältnis vor (Rn. 3.135 f.):

  • 1. Rating gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 in der jeweils geltenden Fassung. Hierbei handelt es sich um Ratings, die von in der EU registrierten Ratingagenturen abgegeben und der Öffentlichkeit bekannt gegeben oder an Abonnenten weitergegeben werden. Die Verwaltung geht hier wohl vom höchsten Grad der Verlässlichkeit aus.
  • 2. Private Ratings, die von Ratingagenturen aufgrund eines Einzelauftrags abgegeben und ausschließlich an die Person weitergegeben werden, die den Auftrag erteilt hat, und die nicht zur öffentlichen Bekanntgabe oder zur Weitergabe an Abonnenten bestimmt sind. Da das Rating für einen Dritten erstellt wurde, wird diesen Ratings ebenfalls ein hoher Grad an Verlässlichkeit beigemessen.
  • 3. Ein Rating kann auch mittels einer am Markt üblichen Ratingsoftware erstellt werden. Diese Stufe dürfte insbesondere in Betracht kommen, wenn für die Unternehmensgruppe noch kein Rating vorliegt. Die Verwendung von Ratingsoftware ist zwar marktüblich, aber nicht so aussagekräftig wie eines der Ratings unter 1. oder 2.
  • 4. Alternativ ist auch denkbar, dass auf ein bestehendes Rating der obersten Gruppengesellschaft abgestellt wird, wenn kein Rating für die Unternehmensgruppe vorliegt.
  • 5. Sollte diese oberste Gruppengesellschaft allerdings über kein Rating verfügen, kann aus Vereinfachungsgründen akzeptiert werden, dass ein Unternehmensgruppenrating auf den Zeitpunkt der Darlehensvergabe anhand der Finanzierungskosten der Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten bestimmt wird. Diese Variante dürfte für alle Unternehmensgruppen ohne erheblichen Compliance-Aufwand möglich sein, da aus den tatsächlichen Finanzierungskosten das Rating retrograd ermittelt wird.

Zugleich führt die Verwaltung die Möglichkeit an, dass eine durch die Deutsche Bundesbank für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Finanzierungsbeziehung erstellte Bonitätsanalyse für die Unternehmensgruppe anzuerkennen ist (VWG VP 2024, Rn. 3.136). Entsprechendes dürfte für die oberste Gruppengesellschaft gelten.

1.3 Verwendung des Einzelratings

Das Rating der Unternehmensgruppe ist gemäß dem Wortlaut nur maßgebend, wenn das Rating besser ist als das der betreffenden Darlehensnehmerin. Im konkreten Einzelfall kann dann doch wieder das Einzelrating der Darlehensnehmerin maßgebend sein, wenn dieses besser ist als das der Unternehmensgruppe. § 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 AStG zielt lediglich auf eine Begrenzung des Zinssatzes ab (vgl. dazu umfassend Greil/Schwarz/Stein, in: Greil/Hummel, AStG-Kommentar, § 1 Abs. 3d AStG; Greil, in: Greil/Greil, Steuerliche Verrechnungspreise, 3. Aufl. 2025, Kapitel 12).

§ 1 Abs. 3d S. 1 Nr. 2 S. 2 AStG sieht zugleich einen Escape von der Anwendung des Gruppenratings vor. Dafür muss nachgewiesen werden, dass ein aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Auffallend ist allerdings, dass der Gesetzgeber für die Ableitung des Ratings für ein Gruppenunternehmen weiterhin als Startpunkt auf das Unternehmensgruppenrating abstellt („ein aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating“) und somit den Anwendungsbereich von „Stand-Alone-Ratings“ einschränken könnte. Die Regelung basiert auf der Annahme, dass jede Unternehmenseinheit zum Kern der Unternehmensgruppe gehört bzw. hochgradig strategisch wichtig ist.

Merke | In der Praxis sollte es unerheblich sein, ob ein Rating vom Rating der Unternehmensgruppe ausgehend ermittelt wird oder ausgehend vom Stand-alone-Rating, sofern alle Umstände gleichermaßen berücksichtigt werden.

Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung ist eine etwaige Unternehmensgruppenzugehörigkeit der Darlehensnehmerin grundsätzlich beachtlich. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Unternehmen einer Unternehmensgruppe, das in Zahlungsschwierigkeiten steckt, mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit Zahlungshilfen von der Muttergesellschaft oder anderen Unternehmen im Unternehmensgruppenverbund erhält. Allerdings können auch Risiken allein aus der Gruppenzugehörigkeit resultieren. Somit kann das wirtschaftliche Schicksal eines Konzernteils oft direkte Auswirkungen auf andere Konzernmitglieder haben. Hieraus folgt, dass der Konzernrückhalt bei der Beurteilung jedes einzelnen Konzernunternehmens zu berücksichtigen ist. Dabei dürfte das Ausmaß der Berücksichtigung davon abhängen, inwieweit das Unternehmen Teil der konzernweiten Wertschöpfungskette ist oder in welchem Maße eine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft das gesamte Unternehmensgruppenrating oder das Rating der Mutterunternehmung verschlechtert.

Beachten Sie | In diesem Zusammenhang ist auf die sog. Notching Method zu verweisen, die auf die beiden Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s, zurückzuführen ist. Dabei handelt es sich u. a. um das Hoch- oder Herabstufen aufgrund z. B. von Konzernzugehörigkeiten. Jenes Ab- bzw. Hochstufen (Notching) drückt sich dabei in Form von „+“- oder „−“-Zusätzen zur Ratingnote bei Standard & Poor’s sowie durch die Zusätze „1, 2 oder 3“ bei Moody’s aus. Ausgangspunkt für das Rating von Konzerngesellschaften ist das Stand-alone-Rating der Einzelgesellschaft; anschließend erfolgt ein Auf- oder Abschlag, basierend auf der Konzernzugehörigkeit.

Der Konzernrückhalt spielt eine entscheidende Rolle, da dieser eine erhebliche Auswirkung auf die Ausfallwahrscheinlichkeit des Darlehensnehmers entfaltet. Der BFH spricht von einem Konzernrückhalt, der den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung beschreibt (vgl. BFH 27.2.19, I R 73/16, BStBl 19 II, 394; das Urteil wurde zwischenzeitlich vom BVerfG mit Beschluss vom 4.3.21, 2 BvR 1161/19 aufgehoben, allerdings wird der Rückhalt weiterhin im entsprechenden Sinne verstanden). International wird der Begriff „Implicit Support“ verwendet (OECD-TPG, Tz. 10.78 ff.). Es gilt zu beurteilen, welchen relativen Status die betreffende Unternehmenseinheit in der Unternehmensgruppe einnimmt (Implicit Support Analysis) und welche Auswirkung hieraus auf das Rating folgt. Es liegt die Annahme zugrunde, dass relativ wichtige bzw. bedeutende Unternehmen eher von der Unternehmensgruppe gestützt werden (OECD-TPG, Tz. 10.78). Eine solche Analyse wird am Markt für gewöhnlich aufgrund asymmetrisch verteilter Informationen vorgenommen und stellt eine subjektive und rein qualitative Einschätzung dar, die darin mündet, dass entweder das Einzelrating des Unternehmens oder das Gruppenrating angepasst wird. Die VWG VP 2024 enthalten in Kapitel III.J.3 entsprechende anschauliche Ausführungen dazu (s. insbes. Rn. 3.138 bis 3.141).

Wird aber eine solche Beurteilung von einer Unternehmensgruppe nur für Verrechnungspreiszwecke vorgenommen, stellt sich die Frage, wie verlässlich ein solches Vorgehen ist. Aus Sicht der Unternehmensgruppe bedarf es einer solchen Analyse regelmäßig nicht, da diese nicht wie fremde Dritte am Markt agieren müssen, um Informationsasymmetrien zu überwinden (vgl. auch § 1 Abs. 1 S. 3 AStG). Der Unternehmensgruppe dürfte sehr wohl bewusst sein, ob eine Unterstützung erfolgen wird oder nicht. Informationsasymmetrien bestehen hier insbesondere zwischen Finanzverwaltung und Unternehmensgruppe und entsprechend ist fraglich, weswegen sich die Finanzverwaltung wie ein fremder Dritter behandeln lassen muss und sich Unternehmensgruppen dem Aufwand eines Ratings aussetzen müssen. Die Finanzverwaltung kann die vorgenommene Einschätzung auch kaum objektiv nachvollziehen, weswegen ein solches Vorgehen erhebliches Konfliktpotenzial birgt (OECD-TPG, Tz. 10.81).

Der Steuerpflichtige sollte den Konzernrückhalt analysieren und aufzeichnen. Hierfür können folgende Fragen hilfreich sein, um die Analyse nachvollziehbar zu gestalten:

  • Welche Bedeutung hat das Unternehmen für die Strategie der Unternehmensgruppe?
  • Welche Bedeutung hat das zu finanzierende Projekt für die Unternehmensgruppe?
  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen verkauft wird?
  • Ist das Unternehmen stark verbunden mit der Reputation der Unternehmensgruppe, deren Namen, Marken oder Risikomanagement?
  • Trägt das Unternehmen wirtschaftlich zu einem signifikanten Anteil der Unternehmensgruppe bei?
  • Teilt das Unternehmen den Namen der Unternehmensgruppe und nutzt es die entsprechenden Marken?
  • Trägt das Unternehmen zu den bedeutenden Faktoren für den Gesamtgewinn der Unternehmensgruppe bei?
  • Produziert das Unternehmen Produkte der Unternehmensgruppe, die die höchsten Umsatzerlöse erzielen?
  • Erbringt das Unternehmen Dienstleistungen der Unternehmensgruppe, die die höchsten Umsatzerlöse erzielen?
  • Ist das Unternehmen in den wichtigsten geografischen Märkten für die Produkte oder Dienstleistungen der Unternehmensgruppe tätig?

Damit daher der Nachweis durch den Steuerpflichtigen erbracht werden kann, führt die Verwaltung darüber hinaus aus, dass in das Rating für den konkreten Darlehensnehmer qualitative sowie quantitative Faktoren sachgerecht einbezogen werden müssen. Verzerrungen der maßgeblichen Finanzkennzahlen durch Geschäfte mit nahestehenden Personen sind zu eliminieren. Es sollen nur Kennzahlen verwendet werden, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Das Rating muss nachvollziehbar und reproduzierbar sein. Zudem ist die am Markt übliche Ratingmethodik zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung anzuwenden.

Praxistipp | Die VWG VP 2024 bieten dahin gehend eine Erleichterung an, dass ein von einem Dritten erstelltes Rating verwendet werden kann. Hierfür bedarf es allerdings einer vergleichbaren Situation, insbesondere im Hinblick auf Darlehensvolumen und -laufzeit, eine zeitliche Nähe zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der unternehmensgruppeninternen Finanzierungsbeziehung und die Finanzierungsbeziehung muss mit dem fremden Dritten auch tatsächlich durchgeführt werden. Darüber hinaus erkennt die Verwaltung auch eine durch die Deutsche Bundesbank für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Finanzierungsbeziehung erstellte Bonitätsanalyse an.

1.4 Einfluss der Besicherung des Darlehens auf den Zinssatz

Ein Rating sagt unmittelbar nichts über eine rechtlich einklagbare Sicherheit aus. Im Einzelfall wäre noch der Einfluss einer Sicherheit, wie etwa eine Garantie oder die Bestellung von Realsicherheiten, zu analysieren. Der BFH führte aus, dass eine fehlende Darlehensbesicherung grundsätzlich zu den nicht fremdüblichen Bedingungen i. S. d. § 1 Abs. 1 AStG gehöre und Gleiches für Art. 9 Abs. 1 OECD-MA gelte (s. auch Kapitel J.3 VWG VP 2024).

Ob und inwieweit eine Besicherung für ein Darlehen zwischen fremden Dritten vorgenommen wird, ist von vielen Faktoren abhängig. Eine unreflektierte Übertragung auf eine Kapitalüberlassung zwischen nahestehenden Personen scheidet aus, da hier andere Umstände vorliegen: So bestehen weniger Informationsasymmetrien, es existieren Durchgriffsrechte oder rechtliche Gegebenheiten aufgrund des Nahestehens, die von den Beteiligten zu beachten sind.

Zwar geht der BFH von der Fiktion aus, dass die nahestehenden Personen voneinander unabhängig sind (vgl. u. a. BFH 18.5.21, I R 4/17, BFHE 273, 440, 479; I R 62/17, BFHE 273,  457). Das würde allerdings bedeuten, dass z. B. bestehende Durchgriffsrechte keinen Wert haben und Informationsasymmetrien fingiert werden. Dies könnte die Vereinbarung von Covenants erfordern oder das Insolvenzrecht aushebeln. Ein so verstandener Fremdvergleich ginge an der Realität vorbei. Denn nach dem Tatbestand des Gesetzes muss die Einkünfteminderung auf vereinbarten Bedingungen beruhen, die fremde Dritte unter vergleichbaren Verhältnissen nicht vereinbart hätten. Die vorgenannten Punkte betreffen nicht die Bedingungen, sondern die Verhältnisse bzw. Umstände.

Die Verwaltung hat eine differenzierte Auffassung und stellt in Rn. 3.144 VWG VP 2024 auf den Einzelfall ab. Es werden nicht abschließend Aspekte angeführt, die es in einer Gesamtschau zu würdigen gilt. Zugleich berücksichtigt die Verwaltung explizit die geringere Informationsasymmetrie zwischen nahestehenden Personen (Rn. 3.143 VWG VP 2024) im Einklang mit dem Gesetz (§ 1 Abs. 1 S. 3 AStG). Insbesondere bei Darlehen seitens der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft dürfte eine Besicherung eher nicht fremdunüblich sein. Das heißt aber nicht, dass automatisch ein Zinssatz wie für ein unbesichertes Darlehen anzusetzen wäre. Die Bedingungen ersetzen dann nur die Besicherung und das konkrete Risiko im Einzelfall ist maßgebend.

Zu berücksichtigen ist auch eine sogenannte De-facto-Besicherung. Diese ist insbesondere in Fällen relevant, in denen auf Ebene der Tochtergesellschaft Vermögen besteht, das – unabhängig von einer expliziten rechtlichen Einräumung von Hypotheken oder Pfandrechten – in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein vergebenes Darlehen besichert.

Beispiel 10

Die B-GmbH erwirbt eine Immobilie für 1 Mio. EUR. Der Kauf wird von einer externen Bank mit einem Kredit von 400 TEUR finanziert. Die B-GmbH finanziert den Rest aus Eigenmitteln i. H. v. 200 EUR sowie einem Darlehen der Muttergesellschaft A i. H. v. 400 EUR. Dieses Darlehen ist nachrangig gegenüber der Bank und die Einräumung erfolgt unbesichert. Allerdings ist davon auszugehen, dass eine De-facto-Besicherung über den Marktwert der Immobilie vorliegt, die auch dritte Kapitalgeber berücksichtigen und einpreisen würden.

Fazit | Mit Einfügung des Abs. 3d in § 1 AStG stellen sich viele praktische und rechtliche Fragen. Die Regelung konkretisiert den in § 1 Abs. 1 AStG enthaltenen Fremdvergleich und kommt damit nur zur Anwendung, soweit

  • a) eine Einkünfteminderung vorliegt, die aufgrund fremdunüblicher Bedingungen (konkretisiert durch Abs. 3d) eingetreten ist, und
  • b) § 1 Abs. 1 AStG anwendbar ist. Zwar kommt § 1 Abs. 1 AStG unbeschadet anderer Vorschriften zur Anwendung (§ 1 Abs. 1 S. 1 AStG), jedoch muss er zu weitergehenden Korrekturen führen (§ 1 Abs. 1 S. 4 AStG).

Zugleich kann aus der Anwendung der den Fremdvergleich konkretisierenden Vorschrift eine Doppelbesteuerung resultieren. Sie verstößt jedoch nicht gegen das Abkommensrecht, da sie lediglich die Beweislast umkehrt. Schließlich kann eine etwaig resultierende Doppelbesteuerung mittels eines Verständigungsverfahrens beseitigt werden.

Die in den VWG VP 2024 enthaltene Verwaltungsauffassung enthält für Steuerpflichtige erfreuliche Klarstellungen und Erleichterungen. Insoweit hat die Finanzverwaltung die im Schrifttum geäußerten Zweifel und Verbesserungsvorschläge – soweit möglich – aufgegriffen und in den aktualisierten Verwaltungsanweisungen berücksichtigt. Da § 1 Abs. 3d AStG eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen enthält, tragen die VWG VP 2024 erheblich zur Rechtssicherheit bei der Anwendung von § 1 Abs. 3d AStG bei.

Zu den Autoren | Dr. Jens Denninger ist Steuerberater und Counsel bei A & O Shearman sowie Lehrbeauftragter im Studiengang LL. M. Unternehmensteuerrecht an der Universität zu Köln. Dr. Stefan Greil ist u. a. Lehrbeauftragter für Internationale Besteuerung an der Universität Paderborn. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und spiegelt daher lediglich die persönliche Auffassung der beiden Autoren wider.

AUSGABE: PIStB 8/2025, S. 219 · ID: 50408517

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