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UmsatzsteuerEU-Richtlinie zur Vereinfachung der Steuererhebung bei Einfuhren geplant

Abo-Inhalt21.07.20256684 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

| Der Rat der EU (ECOFIN) hat sich am 13.5.25 über eine Anpassung des EU-Richtlinienentwurfs 8570/25 über die Mehrwertsteuervorschriften für Fernverkäufe eingeführter Gegenstände und die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr (allgemeine Ausrichtung) vom 8.5.25 (s. www.iww.de/s13070) geeinigt. Ziel der Richtlinie zur Änderung der RL 2006/112/EG (28.11.06, ABl EU Nr. L 347, 1, ber. 07 Nr. L 335, 60) ist es, mit Wirkung vom 1.7.28 die Erhebung der Mehrwertsteuer auf eingeführte Gegenstände zu verbessern, indem die Mehrwertsteuerlast bei der Einfuhr auf die Lieferer verlagert wird. Auf was müssen sich betroffene Unternehmen einstellen? |

1. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt der Änderungs-RL

1.1 IOSS-Kontaktstelle

Mit dem RL-Änderungsentwurf sollen Art. 201 ff. RL 2006/112/EG geändert und Art. 201a und Art. 205a RL 2006/112/EG neu eingefügt werden. Im Mittelpunkt des aktuellen RL-Änderungstextes, zu dem die Mitgliedstaaten am 13.5.25 eine allgemeine Ausrichtung festgelegt haben, stehen Maßnahmen zur Förderung der Nutzung der einzigen Anlaufstelle für die Einfuhr (Import-One-Stop-Shop; IOSS). Zwar beliefen sich die Mehrwertsteuererklärungen über das IOSS-System schon im Jahr 2023 auf über 26,3 Mrd. EUR, was einem Anstieg um 35 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Offenbar ist das System aber immer noch zu aufwendig und aus Sicht der EU nicht hinreichend betrugsresistent. Daher soll jetzt nachgebessert werden.

Merke | Der IOSS dient als Kontaktstelle für Importeure von Gegenständen aus Drittländern in die Europäische Union. Ihr Ziel ist es, die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr von Gegenständen in die EU zu vereinfachen, indem eine Registrierung nur in einem Mitgliedstaat erforderlich ist, auch bei Verkäufen in der gesamten EU. Da der IOSS die Entrichtung der Mehrwertsteuer im Voraus (zum Zeitpunkt des Kaufs durch den Verbraucher) anstatt an der Grenze ermöglicht, schützt er die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten und erhöht die Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften bei Einfuhren. Außerdem verlagert der IOSS die Last der Mehrwertsteuererhebung von den Verbrauchern auf die Plattformen; dies möchte der EU-Rat mit der Reform des Zollkodex der Union auch für Zölle erreichen.

1.2 Anreize für stärkere Nutzung der IOSS-Regelung

Ziel der EU-Richtlinie ist hierbei die Vereinfachung der Mehrwertsteuererhebung bei Einfuhren. Diese soll verbessert werden, indem die Mehrwertsteuerlast bei der Einfuhr auf die Lieferanten verlagert wird, die künftig für die auf Einfuhren gezahlte Mehrwertsteuer haftbar gemacht werden sollen. Ausländische Händler oder Plattformen, die bislang nicht im Rahmen der IOSS-Regelung registriert sind, sollen nach dem RL-Entwurf in Bezug auf die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr und auf Fernverkäufe von Gegenständen, die in die Mitgliedstaaten des endgültigen Bestimmungsorts der Gegenstände eingeführt werden, steuerpflichtig werden. Damit soll ein Anreiz für sie geschaffen werden, die einzige Anlaufstelle für die Einfuhr (IOSS) stärker als bisher zu nutzen. Die Erhebung der Mehrwertsteuer auf Einfuhren über die einzige Anlaufstelle soll auch die Einnahmen der Mitgliedstaaten verbessern und den Weg für die laufenden Verhandlungen über die Reform des Zollkodex der Union ebnen.

Ausländische Händler oder Plattformen, die die Möglichkeit der IOSS nicht nutzen, müssen sich nach dem Entwurf künftig in jedem Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke registrieren lassen, weil sie dort steuerpflichtig werden. In Fällen, in denen ein Lieferant seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, können die Mitgliedstaaten nach einem Ausweichverfahren den Kunden gestatten, die Mehrwertsteuer direkt zu entrichten, um Lieferungen freizugeben.

Wird die IOSS nicht genutzt, wird die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr auf infrage kommende Sendungen direkt von dem Mitgliedstaat des endgültigen Bestimmungsorts der Gegenstände erhoben, bei dem es sich um den Mitgliedstaat der Einfuhr handelt. Bei Nutzung des IOSS ist die Einfuhr der Gegenstände von der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr jedoch befreit. Die Mehrwertsteuer auf Fernverkäufe von eingeführten Gegenständen wird dann vom Lieferer erhoben und an dessen Mitgliedstaat der Identifizierung entrichtet, der die Mehrwertsteuer an die entsprechenden Mitgliedstaaten des Verbrauchs weiterleitet.

1.3 Steuervertreter

Um die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten zu schützen, sollen Händler, die nicht in der Union ansässig sind und den IOSS nicht in Anspruch nehmen, zur Bestimmung eines Steuervertreters verpflichtet sein. Dieser soll alle Mehrwertsteuerpflichten in Bezug auf sämtliche infrage kommenden Einfuhren von Sendungen übernehmen. Die Verpflichtung, einen Steuervertreter einzusetzen, gilt nach der Begründung des RL-Entwurfs als eine angemessene und verhältnismäßige Maßnahme, wenn Lieferer oder fiktive Lieferer nicht in der Union ansässig sind und die IOSS nicht in Anspruch nehmen.

Die Verpflichtung, über einen Steuervertreter zu verfügen, gilt sowohl für die Einfuhr von Gegenständen als auch für Fernverkäufe eingeführter Gegenstände in jedem Mitgliedstaat, in dem diese Lieferungen stattfinden. Wenn es sich bei dem Mitgliedstaat der Einfuhr und dem Mitgliedstaat der Fernverkäufe eingeführter Gegenstände jedoch um denselben Mitgliedstaat handelt, ist es – wenn der IOSS nicht genutzt wird – möglicherweise nicht erforderlich, in diesem Mitgliedstaat zwei verschiedene Steuervertreter zu bestellen; dies können die Mitgliedstaaten autonom im Rahmen der Umsetzung regeln.

Merke | Die Verpflichtung zur Bestimmung eines Steuervertreters soll jedoch nicht gelten, wenn der Händler in einem im Durchführungsbeschluss (EU) 2021/942 der Kommission vom 10.6.21 aufgeführten Land ansässig ist, mit dem die Union oder der Einfuhrmitgliedstaat ein Abkommen über gegenseitige Amtshilfe geschlossen hat.

1.4 Indirekter Zollvertreter

Ein indirekter Zollvertreter spielt eine wichtige Rolle bei der Zollabwicklung, insbesondere für nicht in der EU ansässige Unternehmen, indem er die Verantwortung für die Zollformalitäten übernimmt und den Importeur bei der Einhaltung der Zollvorschriften unterstützt. Daneben kann der indirekte Zollvertreter bei der Einfuhr von Waren auch zum Steuerschuldner für die Einfuhrumsatzsteuer bestimmt werden.

Im Rahmen des Ansatzes für eine stärkere Nutzung der IOSS könnte der indirekte Zollvertreter immer dann als Schuldner der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr herangezogen werden, wenn er als Steuervertreter des Schuldners der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr tätig wird. Das Tätigwerden als Steuervertreter stellt für den indirekten Zollvertreter jedoch lediglich eine Option, aber keine Verpflichtung dar. Daher will der RL-Entwurf den Mitgliedstaaten ermöglichen, indirekte Zollvertreter, die nicht als Steuervertreter tätig werden, zu Gesamtschuldnern der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr zu machen, um die Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr abzusichern. Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, andere Personen, die bei Unregelmäßigkeiten im Zollbereich Schuldner der Zollschuld sind, zu Gesamtschuldnern der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr zu machen.

1.5 Steuerschuldnerschaft

Wird das IOSS-Verfahren genutzt, ist der reale oder fiktive Lieferer umsatzsteuerlich der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Zudem ist der reale oder fiktive Lieferer dann umsatzsteuerlich der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Um zu verhindern, dass eine Nichterfüllung dieser Steuerpflicht zulasten des Erwerbers geht, dürfen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Erwerber – mit seiner Zustimmung – die Einfuhrumsatzsteuer übernimmt. Voraussetzung ist, dass der Lieferer seinen Registrierungs- oder Zahlungspflichten nicht nachkommt und der Zollanmelder den Lieferer zum Zeitpunkt der Einfuhr nicht kennt. Die Mitgliedstaaten sollen laut RL-Entwurf geeignete Bedingungen und Verfahren festlegen, um die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer durch den Erwerber klar zu regeln. Ziel ist es, sicherzustellen, dass diese Option nicht die Wirksamkeit der IOSS-Regelung untergräbt, die eigentlich Anreize für eine ordnungsgemäße Registrierung und Zahlung durch den Lieferer schaffen soll. Gleichzeitig bleibt dem Erwerber das Recht erhalten, die gezahlte Steuer zivilrechtlich vom (fiktiven) Lieferer zurückzufordern.

2. Nächste Schritte

Die Richtlinie ist Gegenstand eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens; für eine Einigung über den Entwurf ist Einstimmigkeit im Rat erforderlich. Das Europäische Parlament wird nun um Stellungnahme gebeten. Anschließend muss der Text vom Rat förmlich angenommen werden, bevor er im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird und am zwanzigsten Tag nach Veröffentlichung in Kraft tritt. Im Anschluss muss die Änderungsrichtlinie von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden, bevor sie ab 1.7.28 wirksam wird.

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: PIStB 8/2025, S. 204 · ID: 50444880

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