Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Juni 2024 abgeschlossen.
EinkommensteuerZur Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts aus der Beteiligung an einer Schweizer Holding
| Wenn ein Unternehmen aufgelöst wird, kann der hieraus entstandene Verlust unter Umständen lediglich als Verlustvortrag berücksichtigt werden. Die Rückausnahme der Verlustabzugsbeschränkung in § 2a Abs. 2 S. 2 EStG findet immer dann keine Anwendung, wenn eine Holding nicht nachweisen kann, dass sie im VZ des Verlustabzugs und in den vorangegangenen fünf Jahren aktive Tätigkeiten i. S. d. § 2a Abs. 2 S. 1 EStG entfaltet hat. Das Halten einer Beteiligung an einer Körperschaft, die ihrerseits die werbende Tätigkeit eingestellt hat und abgewickelt ist, kann ab diesem Zeitpunkt nach § 2a Abs. 2 S. 1 2. HS EStG nicht mehr als aktive Tätigkeit der Holding qualifiziert werden (FG Köln 27.4.23, 11 K 2345/19, ErbStB 23, 291; Revision unter I R 35/22). |
Sachverhalt
Der Gesellschafter war zu 4,14 % an einer Holding AG mit Sitz in der Schweiz beteiligt. Zweck der Holding AG war der „Kauf, Verkauf und die Verwaltung von Beteiligungen, insbesondere im Bereich der Technik, sowie die Vornahme aller damit zusammenhängenden Transaktionen“. Im Jahr 05 gründete die Holding AG eine AG mit Sitz in Zürich, die gegenüber der Holding AG Dienstleistungen zur Forschung und Entwicklung eines Geräts erbringen sollte. Während die Holding AG in den Jahren 08 und 09 lediglich außerordentliche Erträge verzeichnete, erzielte die AG Umsätze aus dem Vertrag mit der Holding AG sowie daneben sonstige Umsätze.
Im Jahr 11 wurde die AG durch die Eröffnung des Konkurses aufgelöst und im Jahr 13 aus dem Schweizer Handelsregister gelöscht. Die Holding AG wurde im Jahr 14 aus dem Schweizer Handelsregister gelöscht. Infolgedessen erlitt der Kläger einen Verlust, den er in der Einkommensteuererklärung 14 als Verlust gemäß § 17 EStG steuerlich geltend machte. Das FA versagte die Anerkennung des Auflösungsverlustes. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verfolgte der Gesellschafter (und Kläger) die Berücksichtigung des Verlustes weiter: Er habe einen Verlust gemäß § 17 EStG erzielt, der nach Art. 13 Abs. 4 DBA-Schweiz auch im Inland steuerpflichtig sei. Zwar seien Verluste i. S. d. § 17 EStG aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften grundsätzlich nicht ausgleichsfähig (§ 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dies gelte allerdings dann nicht, wenn die Kapitalgesellschaft ausschließlich oder fast ausschließlich sog. aktive Tätigkeiten entfaltet habe (§ 2a Abs. 2 S. 1 EStG). Aufgrund des Holding-Privilegs gelte auch das Halten einer qualifizierten Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft als aktive Tätigkeit, wenn diese Gesellschaft ihrerseits aktiv tätig sei. Die aktive Tätigkeit der AG sei der Holding AG zuzurechnen.
Anmerkungen
Das FG Köln hat entschieden, dass die fraglichen Verluste aus dem Untergang der Beteiligung sowie dem Ausfall der Forderungen gegenüber der Holding AG bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte nicht ausgeglichen werden durften. Hierzu stellt das FG fest:
- Nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG dürfen negative Einkünfte i. S. d. § 17 EStG aus der Beteiligung an einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft nur mit positiven Einkünften derselben Art aus demselben Ursprungsstaat ausgeglichen werden. Die Voraussetzungen dieser Verlustausgleichsbeschränkung lagen im Streitfall vor.Negative Drittstaaten-verluste nur mit positiven Einkünften aus demselben Staat verrechenbar
- Die Rückausnahme des § 2a Abs. 2 S. 2 EStG ist vorliegend nicht erfüllt, da es dem Gesellschafter nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass die Holding AG im VZ des Verlustbezuges und in den vorangegangenen fünf VZ ausschließlich oder fast ausschließlich sog. „aktive Tätigkeiten“ entfaltet hat.Aktivitätsklausel nicht einschlägig
- Aktive Tätigkeiten sind i. d. S. nach § 2a Abs. 2 S. 1 1. HS 1 EStG u. a. die Herstellung oder Lieferung von Waren sowie die Bewirkung gewerblicher Leistungen, wobei das Gesetz für beide genannten Varianten wiederum Ausnahmen vorsieht. Als aktive Tätigkeit gilt daneben auch das unmittelbare Halten einer Beteiligung von mehr als einem Viertel am Nennkapital einer anderen Kapitalgesellschaft, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hat (sog. Holding-Privileg), wenn diese Gesellschaft ihrerseits ausschließlich oder fast ausschließlich aktive Tätigkeiten i. S. d. § 2a Abs. 2 S. 1 1. HS EStG ausübt (§ 2a Abs. 2 S. 1 2. HS EStG).
- Stellt die Kapitalgesellschaft, an der die Holding beteiligt ist, nach Insolvenz ihre werbende Tätigkeit ein, kann ab diesem Zeitpunkt – spätestens aber mit der Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister – auch das Halten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nicht mehr als aktive Tätigkeit der Holding AG qualifiziert werden. Auch in Fällen von Liquidationen oder Insolvenzen der ausländischen Kapitalgesellschaft bzw. von etwaigen Tochtergesellschaften sind keine anderen Maßstäbe anzulegen, was sich aus der Gesetzesbegründung zum StÄndG1992 ergibt, mit dem § 2a EStG geändert worden war (BT-Drs. 12/1108, 50). Das Halten der Beteiligung war die einzige Tätigkeit der Holding AG, die der Gesellschaft Aktivität vermittelte.Aktivität der Holding geht mit Untergang der Beteiligung verloren
Relevanz für die Praxis
Für negative Einkünfte aus Drittstaaten und von Drittstaaten-Körperschaften und Drittstaaten-Kapitalgesellschaften hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten der Verlustnutzung in § 2a EStG erheblich eingeschränkt. Danach dürfen bestimmte aus diesen Staaten stammende negative Einkünfte nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden. Ein Verlustabzug gemäß § 10d EStG ist nicht möglich. Nicht ausgeglichene negative Einkünfte mindern in späteren Veranlagungszeiträumen evtl. positive Einkünfte derselben Art aus demselben Staat.
Im Streitfall hat das FA den dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen und steuerpflichtigen Verlust gemäß § 17 EStG nicht bei der Bildung der Summe der Einkünfte berücksichtigt, sondern den Verlust zum Zwecke des Vortrags gemäß § 2a Abs. 1 S. 5 EStG gesondert festgestellt; der Verlust ist insoweit nicht verloren. Die Revision ist unter BFH I R 35/22 anhängig.
AUSGABE: PIStB 6/2024, S. 152 · ID: 49685478