Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Jan. 2022 abgeschlossen.
Bauen im BestandTeilumbauten und Modernisierung in Abschnitten: Zeitbudgets und Haftungsrisiken im Griff haben
| Bei Teilumbauten oder abschnittsweisen Umbauten stellt sich die Frage, ob es möglich ist, überhöhten Zeitaufwand und unverhältnismäßig hohe Haftungsrisiken mit einfachen Mitteln zu vermeiden. Die Antwort lautet: Ja, das Instrument: konsequente räumliche Begrenzung von Bauanträgen oder Nutzungsänderungsanträgen. PBP zeigt Ihnen, wie Sie konkret vorgehen. |
Der fachliche Hintergrund
Die Baubehörde prüft im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren nur den räumlichen Umfang, der als räumlicher Umfang im Rahmen des Bauantrags (= Entwurfsplanung) konkret beantragt wird. Alles andere am vorhandenen Bauwerk bleibt bis auf Weiteres unberührt. Das bedeutet, dass der Bauantrag sich insoweit nicht auf das gesamte Bauwerk bezieht, sondern nur auf den räumlichen Umfang, der von Planung und Bauantrag betroffen ist. Dahinter stecken zwei Grundsätze, die fürs Tagesgeschäft von Bedeutung sind:
- 1. Der inhaltliche Leistungsumfang des Planers (und damit der Zeitaufwand) sind eindeutig begrenzt, wenn der Planungsumfang in allen Zeichnungen und textlich gut definiert ist. Es wird nur geplant, überwacht und dafür gehaftet, was innerhalb der markierten vertraglichen Umfänge liegt.
- 2. Genehmigt wird auch nur das, was beantragt wird (also der bei Teilumbauten grafisch eingegrenzte räumliche Planungsumfang als Teil des bestehenden Gebäudes). Der Rest bleibt außen vor (= nicht beplanter Baubestand mit Bestandsschutz, wenn eine alte rechtswirksame Baugenehmigung vorliegt).
Die Genehmigungsbehörden akzeptieren grundsätzlich den Bestand vorhandener Altbauten und vertrauen darauf, dass diese (als sie errichtet oder schon mal umgebaut wurden) über eine wirksame Genehmigung verfügen. Damit werden sich auch Abstimmungen mit den Genehmigungsbehörden, die Kostenermittlungen und die Baubeschreibung nur auf den so markierten räumlichen anteiligen Umfang beziehen.
Steht im Projektverlauf eine Änderung des räumlichen Planungsumfangs an, liegen beste Voraussetzungen für einen Nachtrag zum Planungsvertrag vor. Denn die Änderungen gegenüber den vereinbarten Leistungen ergeben sich offenkundig als Folge der räumlichen Begrenzung des Planungs- bzw. Bauantragsumfangs.
Der genehmigungsrechtliche Hintergrund
Grundsätzlich genießen bestehende Gebäude aufgrund ihrer damals (rechtmäßig) erteilten Genehmigung Bestandsschutz. Daran kann das Amt in den weitaus meisten Fällen nicht rütteln. Diesen Bestandsschutz sollte man bei Teilumbauten oder Bauabschnitten, die auf mehrere Jahre verteilt sind, nicht leichtfertig verspielen, wenn die Leistungsumfänge der anstehenden Teilumbauten unklar sind. Dann hätte man doppeltes Pech, nämlich unklare Vertragsverhältnisse und darüber hinaus unnötigen Erörterungs- und Koordinierungsaufwand in Bezug auf den räumlichen Bauantragsumfang.
Praxistipp | Deshalb ist es wichtig, in allen Zeichnungen und textlichen Ausführungen des Bauantrags den räumlichen Bereich, der durch die aktuelle Umbauplanung verändert werden soll, genau zu markieren. Die entsprechende vorherige Vereinbarung mit dem Bauherrn sollte im Zuge der Lph 2, spätestens in der Lph 3 getroffen werden. |
Thema betrifft alle Leistungsbilder
Das Thema betrifft alle Leistungsbilder. Deshalb sollten sich neben dem Objektplaner auch die Planer von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen sowie die Fachplaner TA und Tragwerk damit auseinandersetzen.
Abgrenzung ist auch für Planungsinhalte wichtig
Planerische Änderungen (= räumlicher Planungsumfang und räumlicher Bereich des Bauantrags) rühren oft daher, dass bei bestehenden Bauteilen ggf. auch außerhalb des vereinbarten räumlichen Planungsumfangs zeitgemäße Anforderungen planerisch berücksichtigt werden müssen.
Denken Sie z. B. an
Praxistipp | Im Ergebnis schaffen Sie mit dieser konsequenten, mit dem Bauherrn abgestimmten, Definition des räumlichen Änderungsbereichs eine sehr wichtige Planungsgrundlage. Sie dient nicht nur als eindeutige Grundlage und Bestandteil des Bauantrags. Sie „bestimmt“ auch Ihren Arbeitsaufwand und das spätere Haftungsrisiko. |
- brandschutztechnische Ertüchtigungen (z. B. wenn ein Fluchtwegekonzept zehn Jahre alt ist) und der Rettungsweg auch außerhalb des räumlichen Planungsbereichs modernisiert werden muss.
- Qualitätsanpassungen bei Fluchttreppenhäusern, Deckenkonstruktionen oder Fassaden (Feuerüberschlagswege),
- die erstmalige Herstellung von barrierefreien Räumen, insbesondere bei öffentlichen Bauwerken oder
- die Umsetzung denkmalpflegerischer Anforderungen außerhalb des räumlichen Planungsumfangs.
Räumliche Leistungsgrenze ist auch nach Vertragsabschluss ziehbar
Ist es beim Abschluss des Planungsvertrags noch nicht möglich, den räumlichen Planungsumfang einzugrenzen, bietet es sich an, diese Begrenzung in der Lph 2 zu regeln. Denn hier müssen Sie entsprechende zeichnerische Leistungen erbringen und eine Kostenschätzung erarbeiten.
Praxistipp | Nutzen Sie die in der Lph 2 erforderliche Vorabstimmung mit der Baubehörde zur Genehmigungsfähigkeit, um gleichzeitig über die räumliche Begrenzung Einvernehmen zu erzielen. |
Planungsinhalte und Bauantrag müssen spiegelbildlich passen
Wird der Planungs- und Bauantragsumfang nicht räumlich eingegrenzt, könnte das für die zu erteilende Genehmigung zum Problem werden. Denn es muss aus der Genehmigung konkret hervorgehen, was aktuell genehmigt wird und was unverändert bestehen bleibt.
Praxistipp | In der Objektplanung ist deshalb die „Beschaffung von Unterlagen, die für das Vorhaben erheblich sind“, in den Besonderen Leistungen geregelt (Lph 1, Aufzählung 7). Gemeint sind u. a. die früheren Genehmigungen, damit erkennbar ist, worauf sich die damaligen Genehmigungen beziehen und was jetzt zu beachten ist. |
Keine Regel ohne Ausnahme – Behörde darf mehr verlangen
Die Genehmigungsbehörde darf allerdings ausnahmsweise Ertüchtigungen fordern, die über den räumlichen Planungs- und Bauantragsbereich hinausgehen. Das setzt aber voraus, dass eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der Benutzer des umzubauenden Gebäudes besteht. Hier trägt die Genehmigungsbehörde die Herleitungspflicht. In dem Fall entfällt dann der darauf bezogene Bestandsschutz auf Anordnung der Behörde.
Zusatzforderungen der Behörde = Nachtrag zum Planungsvertrag
Verlangt die Genehmigungsbehörde im Zuge der Bearbeitung des Bauantrags auch Ertüchtigungen im darüber hinaus gehenden räumlichen Bereich, fällt eine Planungsänderung mit zusätzlichen anrechenbaren Kosten (= neue Kostenberechnung mit geändertem Honorar für den so erweiterten Planungsumfang) an. In einem solchen Fall ist der Nachtrag zum Planungsvertrag also leicht hergeleitet.
Eine solche Forderung einer Behörde hat ihre Ursache im Regelfall im aktuell eingereichten Bauantrag und der Prüfung. Sie gilt daher als behördliche Vorgabe zur Erweiterung der Modernisierung oder des Umbaus. Sie darf unberührt von der vorherigen Abstimmung über die Genehmigungsfähigkeit (Lph 2 und 3) erfolgen. Beispiele sind
Fazit | Beim Bauen im Bestand bestehen teils umfangreiche Ermessensspielräume im Genehmigungsverfahren. Eine klare räumliche Begrenzung des Antrags- (= Planungsumfangs) sorgt für eindeutige Begrenzung der Leistungen, der Abstimmungen und des späteren Haftungsrisikos. Sollten sich dann zusätzliche Leistungen ergeben, sind Nachträge zum Planungsvertrag leichter durchsetzbar. |
- die bauliche Ertüchtigung eines kompletten Rettungswegs bis ins Freie,
- eine Entrauchungsanlage für Treppenraum, deren Ablufttrasse auch durch andere Bereiche geführt werden muss, die nicht zum räumlichen Planungsgegenstand gehöre oder
- die Anpassung an aktuelle Baubestimmungen für Bauteile, die außerhalb des räumlichen Bauantragsumfangs liegen.
AUSGABE: PBP 1/2022, S. 8 · ID: 47809858